Galleria Giosia

GOTTHARD
Vorhang
auf
Giosia Bullo Schmid
Tunnelpatin
Vom Berginnern an die Sonne: «Sissis» Bohrkopf
dient heute als Kletteranlage.
90 000 Teilen bestehen. Liebevoll bezeichnet man sie auch als «Riesenmaulwürfe». Der Bohrkopf der Sissi hat einen
Durchmesser von 9,43 Meter und wiegt
225 Tonnen. Der stählerne High-TechGigant presste 66 Rollenmeissel mit bis
zu 26 Tonnen auf den Fels, um das Gestein zu lösen. Je nach Gesteinsart betrug die Vortriebsleistung bis zu 38 Meter pro Tag. Mehr als 85 Kilometer der
beiden Hauptröhren, die insgesamt eine
Länge von 114 Kilometern haben, wurden mit Herrenknecht-Tunnelbohrmaschinen aufgebohrt und gesichert.
Nach dem Durchschlag wurde Sissi demontiert und in Segmenten aus dem
Tunnel geschafft – zeitgleich zum Endausbau der Tunnelröhre. Der Bohrkopf
wurde dann so behandelt, dass sein Originalzustand auch unter Einfluss der
Witterung erhalten bleibt. Denn seit
Juni 2012 steht er im Ausstellungsfreigelände des Verkehrshauses der Schweiz
in Luzern. Dort ist man stolz auf dieses
Objekt, das die visionäre und zukunftsgerichtete Bedeutung des Eisenbahntunnels erfahrbar macht. Ein Modell einer
Tunnelbohrmaschine und weitere Objekte des Schweizer EisenbahntunnelBaus befinden sich hingegen in der Halle
Schienenverkehr des Verkehrshauses.
Ein Besuch lohnt sich! ●
Nach dieser Frau wurde die
Oströhre des Gotthardtunnels
benannt: Giosia Bullo Schmid,
43, war Alptransit-Pressesprecherin, als sie offizielle Patin des
von der Tunnelbohrmaschine
«Sissi» durchbrochenen
Abschnitts zwischen Faido und
Sedrun wurde. «Der 6. Juli 2007
war ein spezieller Tag für mich»,
sagt sie. Seither tragen 17 Tunnel-Kilometer ihren Namen:
die Galleria Giosia. Obwohl es
viele Jahre lang ihre Aufgabe
gewesen war, die Grandiosität
des im Berginnern entstehenden Bauwerks im In- und Ausland im richtigen Licht erstrahlen
zu lassen, schien ihr das mit
dem eigenen Tunnelabschnitt im
ersten Moment etwas zu viel der
Ehre. Doch dann freute sie sich
und nahm es als Zeichen der
Anerkennung dafür, dass sie
neben dem Tunnel an sich
immer auch die Menschen, die
ihn in 2000 Metern Tiefe realisierten, hervorgehoben hatte.
Gern erinnert sich die Tunnelpatin auch an den letzten Durchschlag am 15. Oktober 2010, als
sie wie die Tunnelarbeiter durch
die nicht einmal 50 Zentimeter
grosse Bohrkopf-Öffnung auf die
andere Tunnelseite stieg. «Ich
musste meine Klaustrophobie
überwinden», erinnert sie sich.
NATALIA FERRONI
Coopzeitung · Nr. 40 vom 29. September 2015 119
Fotos: Mischa Christen, Nicola Demaldi
Galleria Giosia