Horizon Holdings III, Paris, Frankreich, Horizon Holdings II

Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 20.10.2015 über die Befreiung gemäß § 37 WpÜG i.V.m.
§ 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf die Saint-Gobain Oberland Aktiengesellschaft, Bad Wurzach
Mit Bescheid vom 20.10.2015 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) auf
entsprechende Anträge die Horizon Holdings III SAS („Antragstellerin zu 1)“), Horizon Holdings II
SAS („Antragstellerin zu 2)“), Horizon Holdings I SAS („Antragstellerin zu 3)“), Horizon Holdings
SAS („Antragstellerin zu 4)“), Horizon Intermediate Holdings S.C.A. („Antragstellerin zu 5)“), Horizon UP S.a r.l. („Antragstellerin zu 6)“), Horizon Parent Holdings S.à r.l. („Antragstellerin zu 7)“),
AP VIII Horizon Holdings L.P. („Antragstellerin zu 8)“), AP VIII Horizon Holdings Ltd. („Antragstellerin zu 9)“), AIF VIlI Euro Leverage, L.P. („Antragstellerin zu 10)“), Apollo Advisors VIlI (EH), L.P.
(„Antragstellerin zu 11)“), Apollo Advisors VIlI (EH-GP), Ltd. („Antragstellerin zu 12)“), APH Holdings, L.P. („Antragstellerin zu 13)“), Apollo Principal Holdings III GP, Ltd. („Antragstellerin zu 14)“),
APO Asset Co., LLC („Antragstellerin zu 15)“), Apollo Management VIII, L.P. („Antragstellerin zu
16)“), AIF VIII Management, LLC („Antragstellerin zu 17)“), Apollo Management, L.P. („Antragstellerin zu 18)“), Apollo Management GP, LLC („Antragstellerin zu 19)“), Apollo Management Holdings,
L.P. („Antragstellerin zu 20)“), Apollo Management Holdings GP, LLC („Antragstellerin zu 21)“),
APO Corp. („Antragstellerin zu 22)“), Apollo Global Management, LLC („Antragstellerin zu 23)“),
AGM Management, LLC („Antragstellerin zu 24)“) und BRH Holdings GP, Ltd. („Antragstellerin zu
25)“ und zusammen mit den Antragstellerinnen zu 1) bis 24) die „Antragstellerinnen“) gemäß § 37
WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von der Verpflichtung, gemäß § 35 Abs. 1
Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung an der Saint-Gobain Oberland Aktiengesellschaft, Bad Wurzach
zu veröffentlichen und gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG ein Angebot an die Aktionäre der Saint-Gobain
Oberland Aktiengesellschaft abzugeben, befreit.
Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:
1.
Die Antragstellerinnen werden jeweils für den Fall, dass sie im Zusammenhang mit dem Vollzug des am 30.09.2015 abgeschlossenen Kaufvertrags über den Erwerb verschiedener, von
der Compagnie de Saint-Gobain, Courbevoie, Frankreich, unmittelbar bzw. mittelbar gehaltener Gesellschaften die Kontrolle über die Saint-Gobain Oberland Aktiengesellschaft, Bad
Wurzach, erlangen, gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜGAngebotsverordnung von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Saint-Gobain Oberland Aktiengesellschaft, Bad Wurzach, zu veröffentlichen
sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1
WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2.
Der Bescheid ergeht mit der Auflage, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 31.12.2015 Folgendes nachzuweisen: Vollzug des
Kaufvertrags gemäß Ziffer 1 dieses Tenors.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:
I.
Gegenstand der Anträge ist der geplante Erwerb des Geschäftsbereichs Spezialglasverpackungen
(„Verallia-Geschäft“) der Compagnie de Saint-Gobain mit Sitz in Courbevoie, Frankreich, und der
hierdurch eintretende mittelbare Kontrollerwerb über die Saint-Gobain Oberland Aktiengesellschaft,
Bad Wurzach („SG Oberland AG“).
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1.
Zielgesellschaft ist die SG Oberland AG, eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Bad
Wurzach, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter der Handelsregisternummer
HRB 610192. Das Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 26.000.000,00 ist in 1.000.000
auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital in Höhe von
EUR 26,00 eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0006851603 zum Handel
im regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Im Geschäftsjahr 2014 erzielte
die Zielgesellschaft Umsätze in Höhe von rund EUR 394 Mio. und ein Jahresergebnis in Höhe von
rund EUR - 57,5 Mio. Die Bilanzsumme der Zielgesellschaft betrug zum 31.12.2014 rund EUR 332,3
Mio. Im konsolidierten Zwischenabschluss des Konzerns der Zielgesellschaft zum 30.06.2015 hat
diese Umsatzerlöse in Höhe von rund EUR 242,7 Mio. und ein operatives Ergebnis von rund EUR
15,5 Mio. ausgewiesen. Die Bilanzsumme zum 30.06.2015 betrug rund EUR 444,7 Mio.
2.
Bei der Antragstellerin zu 1) handelt es sich um eine französische société par actions simplifiée. Die
Antragstellerin zu 1) wird von sämtlichen weiteren Antragstellerinnen beherrscht.
3.
Die Saint-Gobain Emballage S.A. ist eine französische société anonyme mit Sitz in 18 avenue
d'Alsace, 92400 Courbevoie, Frankreich („SG-S.A."). Sie hält derzeit 966.683 Aktien der Zielgesellschaft (entspricht rund 96,67 % des Grundkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft) und ist
damit deren Hauptaktionärin. Die SG Emballage ist ihrerseits ein 100%-iges Tochterunternehmen der
Compagnie de Saint-Gobain S.A., einer französischen société anonyme mit Sitz in Courbevoie,
Frankreich („SG-H"). Die Aktien der SG-H sind unter der ISIN FR0000125007 an der NYSE EURONEXT gelistet.
Der Buchwert der Beteiligung der SG-S.A. an der Zielgesellschaft beträgt zum 31.12.2014
EUR 119.576.306,00. Das gesamte buchmäßige Aktivvermögen der SG-S.A. beträgt zum 31.12.2014,
unter
Abzug
von
Rechnungsabgrenzungsposten
in
Höhe
von
EUR 7.230.734,00,
EUR 909.357.772,00.
Mit Schreiben vom 14.10.2015 hat die SG-S.A. bestätigt, dass sich der Buchwert ihrer Beteiligung an
der Zielgesellschaft seit dem 31.12.2014 nicht verändert hat. In dem Schreiben vom 14.10.2015 bestätigt die SG-S.A. außerdem, dass sich das im Jahresabschluss der SG-S.A. ausgewiesene Aktivvermögen bis zum 14.10.2015 nicht wesentlich verringert hat. Anhaltspunkte, welche die Annahme
rechtfertigen würden, dass sich das buchmäßige Aktivvermögen der SG-S.A. zwischenzeitlich erheblich verringert hat, liegen nicht vor. Insbesondere hat die SG-H keine entsprechende Ad hocMitteilungen oder Finanzberichte veröffentlicht. Im Geschäftsjahr 2014 erzielte die SG-S.A. Umsätze
in Höhe von rund EUR 677,8 Mio. und einen Jahresgewinn in Höhe von rund EUR 93,3 Mio. Die Bilanzsumme der SG-S.A. betrug zum 31.12.2014 rund EUR 916.6 Mio. Unter Zugrundelegung des
Schlusskurses (XETRA) für Aktien der Zielgesellschaft am 19.10.2015 in Höhe von EUR 390,00 betrug der Marktwert der Beteiligung der SG-S.A. an der Zielgesellschaft rund EUR 390 Mio.
4.
Zum Erwerb des Verallia-Geschäfts hat die Antragstellerin zu 1) am 30.09.2015 einen Kaufvertrag mit
der SG-H und verschiedenen ihrer Tochterunternehmen abgeschlossen („SPA"). Im Einzelnen wird
die Antragstellerin zu 1) danach Geschäftsanteile an der SG-S.A., der Saint-Gobain Vidros S.A., der
Saint-Gobain Vicasa S.A. und der Obale erwerben. Die von der Antragstellerin zu 1) mit dem SPA
gekauften Anteile an der SG-S.A. repräsentieren fast das gesamte Grundkapital und Stimmrechte der
SG-S.A. Die Parteien des SPA haben vereinbart, dass der Kauf der vorgenannten Geschäftsanteile
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als einheitliches Geschäft betrachtet werden soll und SG-H und ihre Tochterunternehmen nicht einzeln an die Antragstellerin zu 1) verkaufen dürfen. Das SPA soll am 29.10.2015 vollzogen werden. Die
SG-H schätzt den Unternehmenswert des gesamten Verallia-Geschäfts in ihrem Zwischenbericht zum
30.06.2015 auf rund EUR 2,9 Mrd. Nach dem Zwischenbericht der SG-H zum 30.06.2015 erwirtschafteten die das Verallia-Geschäft bildenden vorgenannten Gesellschaften im ersten Halbjahr 2015 einen Umsatz in Höhe von rund EUR 1,19 Mrd. und ein operatives Ergebnis in Höhe von EUR 130 Mio.
Die Bilanzsumme betrug rund 2,3 Mrd.
5.
Mit Schriftsatz vom 09.09.2015 haben die Antragstellerinnen beantragt, sie im Hinblick auf deren mittelbaren Kontrollerwerb an der SG Oberland AG von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
WpÜG, die Erlangung der Kontrolle über die SG Oberland AG zu veröffentlichen, sowie von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und
gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 S. 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung zu
befreien.
II.
Den Anträgen war stattzugeben, da sie zulässig und begründet sind.
1.
Die Anträge sind zulässig. Sie wurden insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜGAngebotsverordnung) vor der erst mit Vollzug des Verallia-Geschäfts zu erwartenden Kontrollerlangung gestellt. Über die Anträge konnte auch vor dem Kontrollerwerb der Antragstellerinnen entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar (BT-Drs.
14/7034 v. 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum
Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider,
WpÜG, 2. Aufl. 2013, § 8 WpÜG-Angebotsverordnung, Rn. 8 f.) darstellt. Dies ist vorliegend gegeben.
So hat die Antragstellerin zu 1) das SPA bereits abgeschlossen. Mit Vollzug des SPA erwirbt die Antragstellerin zu 1) daher das Verallia-Geschäft und wird damit auch die Kontrolle über die SG Oberland AG erwerben. Dieser Kontrollerwerb würde sich dann in den die Antragstellerin zu 1) beherrschenden, übrigen Antragstellerinnen fortsetzen.
2.
Die Anträge sind begründet. Tragender Befreiungsgrund ist vorliegend § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜGAngebotsverordnung als Konkretisierung von § 37 Abs. 1 2. Alt. WpÜG.
2.1
Der Befreiungsgrund nach § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung setzt voraus, dass der Antragsteller die Kontrolle über die Zielgesellschaft im Wege der Erlangung der Kontrolle über die Gesellschaft im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung erlangt. Möglich ist ein solcher
mittelbarer Kontrollerwerb, wenn der Antragsteller die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft
erwirbt, so dass diese zu seiner Tochtergesellschaft im Sinne von § 2 Abs. 6 WpÜG wird. In diesem
Fall werden dem Antragsteller die von der Gesellschaft gehaltenen Stimmrechte in der Zielgesellschaft gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 WpÜG zugerechnet.
Vorliegend würde die Antragstellerin zu 1) mit Vollzug des SPA 99,99 % der Stimmrechte in der SGS.A. erwerben. Gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 HGB würde diese daher zu einem Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 1). Mit Vollzug des SPA würden der Antragstellerin zu 1) daher Stimmrechte aus 966.683 Aktien der Zielgesellschaft (entspricht rund 97% der
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Stimmrechte), die von der SG-S.A. unmittelbar gehalten werden, gem. § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 3, § 2
Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet. Mit Vollzug des SPA würde die
Antragstellerin zu 1) daher die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG überschreiten. Da es sich bei
der Antragstellerin zu 1) um ein (mittelbares) Tochterunternehmen aller übrigen Antragstellerinnen
handelt, gilt entsprechendes auch für die übrigen Antragstellerinnen.
2.2
Bei der vorliegenden mittelbaren Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft durch die Antragstellerinnen handelt es sich um eine in § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung umschriebene Konstellation.
Nach der gesetzgeberischen Wertung ist ein Antragsteller auch dann befreiungswürdig, wenn der
Buchwert der Beteiligung, den die Zielgesellschaft bei der vom Bieter unmittelbar erworbenen Gesellschaft (hier: SG-S.A.) hat, weniger als 20% des buchmäßigen Aktivvermögens der unmittelbar erworbenen Gesellschaft beträgt. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall im Rahmen einer typisierten Betrachtung davon aus, dass die Zielgesellschaft – anders als die Gesellschaft, an der der Bieter die
unmittelbare Kontrolle erworben hat – regelmäßig nicht das eigentliche Ziel des Erwerbs, sondern
lediglich dessen mittelbare Folge ist. Tritt der Wert der Zielgesellschaft gegenüber dem Gesamtwert
der Gesellschaft, an der die Bieterin die Kontrolle erworben hat, wirtschaftlich in den Hintergrund,
bestünde bei einer uneingeschränkten Angebotspflicht die Gefahr, dass das Ziel des WpÜG, Übernahmen weder zu fördern, noch zu behindern, konterkariert wird (Reg. Begr. BT-Drs. 14/7034 S. 82).
Als buchmäßiges Aktivvermögen sind die in § 266 Abs. 2 HGB mit den Buchstaben A und B bezeichneten Positionen anzusehen. Dies umfasst das Anlage- und Umlaufvermögen, nicht jedoch die mit
dem Buchstaben C bezeichneten Rechnungsabgrenzungsposten und Bilanzierungshilfen. Der Buchwert der Beteiligung der SG-S.A. an der Zielgesellschaft beträgt zum 31.12.2014 EUR
119.576.306,00. Das gesamte buchmäßige Aktivvermögen der SG-S.A. beträgt zum 31.12.2014, unter Abzug von Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von EUR 7.230.734,00, EUR 909.357.772,00.
Der Buchwert der Zielgesellschaft entspricht somit rund 13,15% des buchmäßigen Aktivvermögens
der SG-S.A. zum 31.12.2014.
Allerdings ist der Wert des Aktivvermögens nach dem Jahresabschluss nur als Indiz heranzuziehen;
maßgeblich ist der Buchwert zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zwischengesellschaft Tochterunternehmen des Antragstellers i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG wird und der Antragsteller deshalb die mittelbare Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt (Versteegen, in: Kölner Kommentar WpÜG, § 37 Anh. – § 9
AngebVO Rn. 53). Anhaltspunkte dafür, dass sich das buchwertmäßige Aktivvermögen der SG-S.A.
und der maßgebliche Buchwert der (mittelbaren) Beteiligung an der Zielgesellschaft in dem Zeitraum
nach dem 31.12.2014 bis zum (geplanten) Vollzug des SPA am 29.10.2015 verändern wird, bestehen
jedoch nicht. Mit Schreiben vom 14.10.2015 hat die SG-S.A. bestätigt, dass sich der Buchwert ihrer
Beteiligung an der Zielgesellschaft seit dem 31.12.2014 nicht verändert hat. In dem Schreiben vom
14.10.2015 bestätigt die SG-S.A. außerdem, dass sich das im Jahresabschluss der SG-S.A. ausgewiesene Aktivvermögen bis zum 14.10.2015 nicht wesentlich verringert hat. Zudem liegen keine auf
eine erhebliche Veränderung des Aktivvermögens der SG-S.A. deutenden Veröffentlichungen der
ebenfalls börsennotierten SG-H vor.
Die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m.
§ 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung liegen danach vor.
2.3
Befreiungen nach § 37 WpÜG stehen im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Im Rahmen der danach erforderlichen Ermessensabwägung ist auch zu untersuchen, ob sich
aus sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es dem Antragsteller darauf ankam,
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gerade auch die Kontrolle über die Zielgesellschaft zu erlangen. Oftmals spiegelt der Buchwert die
tatsächliche
wirtschaftliche
Bedeutung
der
Zielgesellschaft
nicht
zutreffend
wider
(Strunk/Salomon/Holst in: Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, Aktuelle Entwicklungen im
Übernahmerecht S. 42). Vorliegend sind derartige Anhaltspunkte aber nicht ersichtlich.
Zwar spricht das Verhältnis weiterer Unternehmenskennzahlen für eine etwas höhere wirtschaftliche
Bedeutung der Zielgesellschaft im Verhältnis zur SG-S.A. Das Verhältnis des Umsatzes SGS.A./Zielgesellschaft beträgt rund 58%, das Verhältnis der Bilanzsummen rund 36%. Allerdings darf
vorliegend der Erwerb der SG-S.A. nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr stellt der Erwerb der SGS.A. aus der Sicht der Antragstellerinnen nur einen Teil einer größeren Gesamttransaktion, nämlich
des Erwerbs des Verallia-Geschäfts, dar. Im Verhältnis zu dieser Gesamttransaktion ist die Bedeutung
der Zielgesellschaft vergleichsweise gering. Nach dem Halbjahresfinanzbericht der SG-H erwirtschaftete die das Verallia-Geschäft bildenden vorgenannten Gesellschaften im ersten Halbjahr 2015 einen
Umsatz in Höhe von EUR 1,19 Mrd. und ein operatives Ergebnis in Höhe von EUR 130 Mio. Die Bilanzsumme betrug EUR 2,3 Mrd. Dem stehen laut konsolidierten Zwischenabschluss des Konzerns
der Zielgesellschaft zum 30.06.2015 Umsatzerlöse in Höhe von EUR 242,7 Mio. (rund 20% des gesamten Verallia-Geschäfts), ein operatives Ergebnis von EUR 15,5 Mio. (rund 11,92% des gesamten
Verallia-Geschäfts) und eine Bilanzsumme von EUR 444,7 Mio. gegenüber (rund 19,3% des gesamten Verallia-Geschäfts).
Die relativ geringe Bedeutung der Zielgesellschaft im Rahmen der Gesamttransaktion spiegelt sich
auch in der Bewertung der Zielgesellschaft durch den Kapitalmarkt wider. Die SG-H schätzt den Unternehmenswert des gesamten Verallia-Geschäfts auf rund EUR 2,9 Mrd. Die Marktkapitalisierung der
Zielgesellschaft am 16.10.2015 betrug laut Schlusskurs im XETRA-Handel EUR 390 Mio. Dies entspricht rund 13% des Unternehmenswerts des gesamten Verallia-Geschäfts. Vor diesem Hintergrund
ist daher von einem geringen wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerinnen an der Zielgesellschaft
auszugehen.
Anhaltpunkte dafür, dass das Interesse außenstehender Aktionäre an der Abgabe eines Pflichtangebots das Interesse der Antragstellerinnen an der Vermeidung eines zeit- und kostenintensiven Pflichtangebotsverfahrens dennoch überwiegt, sind nicht ersichtlich. Aus dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung ist ein besonderes Gewicht der Interessen der Antragstellerinnen zu folgern, denn der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hat insoweit die
Interessenabwägung in Teilen antizipiert.
3.
Rechtsgrundlage für die Auflage unter Ziffer 2. des Tenors dieses Bescheides ist § 36 Abs. 2 Nr. 4
VwVfG. Die Auflage ist geeignet und erforderlich.
Die Auflage soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht in die Lage versetzen, zu überwachen, ob die Antragstellerinnen die Kontrolle über die Zielgesellschaft tatsächlich im Rahmen des
mitgeteilten Sachverhalts erlangten. Nur in diesem Fall ist eine Befreiung der Antragstellerinnen von
den mit dem Kontrollerwerb über die Zielgesellschaft verbundenen Pflichten sachlich gerechtfertigt.
Da es sich lediglich um eine Nachweispflicht handelt, ist sie auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
Gründe warum die Antragstellerinnen nach Vollzug des SPA an der Erfüllung dieser Pflicht gehindert
sein könnten, sind nicht ersichtlich.
Bei einem Verstoß gegen die Auflage kann die Befreiung gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG widerrufen werden.
6. November 2015
Horizon Holdings III SAS, Paris, Frankreich
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