ZEHNT-SCHEUNE AMELINGHAUSEN

BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
ZEHNT-SCHEUNE AMELINGHAUSEN
1.1
Vom Zehntwesen
Das Zehntwesen geht auf die Franken zurück und wurde in Niedersachsen im 8.
Jahrhundert als kirchliche Abgabe eingeführt.
Seit dem Hochmittelalter konnte die Abgabe verpachtet, verpfändet oder verkauft
werden und kam dabei vermehrt in die Hände von Laien.
Es wurde in Grossen oder Feld-Zehnt von Getreide (Weizen, Roggen, Hafer,
Gerste), sowie Buchweizen, Hanf und Flachs und Kleinem oder Schmal-, auch BlutZehnt von Fohlen, Kälbern, Lämmern, Ferkeln unterschieden.
Es gab ferner den Immenzehnt, der auf die Bienenstände des Hofes zu entrichten
war und den Rottzehnt, der auf neu kultivierte Flächen zugunsten des Landesherrn
erhoben wurde.
Die Bauern waren auch gehalten, bei den Reparaturen der Kirchen mitzuhelfen und
Hand- und Spanndienste beim Landesherrn zu leisten.
Obwohl die ländliche Bevölkerung tief gläubig war, war die Abgabe für sie eine Last.
Die Ernteerträge aus der Landwirtschaft waren nicht konstant und es wurde häufig
durch die Abgabepflicht die Existenzgrundlage der Bauern angegriffen. So ist es
nicht verwunderlich, wenn die Bauern sich immer wieder Wege überlegten, die
Abgaben zu mindern, obwohl dieses mit harten Strafen belegt war.
Der Zehnt wurde in Naturalien abgeliefert und in eigens dafür errichteten Gebäuden
(Zehntscheunen) gelagert. Dort wurde er weiterverarbeitet oder von dort
weiterverteilt.
Das Korn wurde nach der Ernte in Stiegen aufgestellt, war es einfahrbereit, wurde
der Zehntherr informiert, der es innerhalb einer brauchgemäßen Frist einfahren
musste, vorher durfte auch der Bauer sein Korn nicht einfahren. Hanf und Flachs
wurde im verarbeiteten Zustand abgeliefert.
Beim Blutzehnt war der Fohlenzehnt unbedeutend, da kaum eine Pferdezucht
stattfand. Auch der Kälberzehnt musste über Jahre angesammelt werden, da kaum
ein Hof 10 Kälber hatte.
Lukrativer war da der Lämmerzehnt und der Immenzehnt, da dies eine der
Haupterwerbsquellen der Heidehöfe darstellte.
Da die Bauern warten mussten, bis der Grundherr seinen Zehnten gezogen hatte,
waren sie in ihrer Wirtschaft stark eingeschränkt. Das Warten kostete Zeit und häufig
verstrich gutes Erntewetter. Daher gingen sie oftmals dazu über, den Zehnten vom
Grundherren für einige Jahre zu pachten.
Im Zuge der Agrarreformen seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts wurden mit der
Ablösungsverordnung von 1831 auch die Abgaben abgeschafft und mit einer
einmaligen Zahlung in Höhe des 25-fachen Jahreswertes der bisherigen
Abgabenleistung abgelöst. Dies erfolgte in den folgenden Jahrzehnten von 1840 bis
1880.
Obwohl sich viele Bauern damit hoch verschuldeten, gelang es den meisten, sich
durch den folgenden Aufschwung, den die Landwirtschaft durch die Reformen und
den kräftig gestiegenen Bedarf an Lebensmitteln bekam, eine eigene Existenz
aufzubauen.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
2.1
Die Zehntscheune der Meyerschen Ho fanlage
Die beschriebene Zehntscheune wurde 1704 auf dem Grundstück der jetzigen Kote
Nr. 9 errichtet, die zu diesem Zeitpunkt im Besitze der Familie von Wittorf war. Es hat
mit Sicherheit einen Vorgängerbau gegeben, der aber nicht mehr nachweisbar ist.
Die Familie von Wittorf war Grund - und Zehntherr der Gefälle von Amelinghausen
und war selbst durch ihren Stand von den Zehntabgaben befreit.
Die Zehntscheune, die schon 1482 zur Aufnahme des Zehntkorns und der
Getreideabgaben belegt ist, gehörte seit dem Mittelalter zum Rittergut
Amelinghausen.
Seit 1402 sind die v. Berfelde Inhaber des Gutes, 1532 erwerben die v. Dageförde
das Gut als Lehnsbesitz und bleiben bis 1616. Dann wird der Wolfenbüttler Kanzler
Eberhard v. d. Weyhe belehnt und 1623 von der Lehnspflicht befreit.
Mitte des 17. Jahrhunderts erwarben die v. Wittorfs das Gut.
Sie ließen 1704 die neue Scheune bauen, um die Zehntabgaben der Hofstellen in
Amelinghausen vor dem Weitertransport dort zu sammeln.
Amelinghausen in der Kurhannoverschen Landesaufnahme 1778
Amelinghausen um 1800 Die Zehntscheune liegt auf der Hofstelle 9 am rechten
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
oberen Bildrand (Eintragungen von Herrn Dr. Reineke, Salzhausen)
Magnus Hans von Wittorf zu Lüdersburg vererbte die Gebäude und die Grundstücke
an den Landkommissar Karl Friedrich von Wittorf , der es nach nur 2 Jahren an
Ludolf Otto von Estorff 1731 verkaufte.
1741 erstand der Bürger Christian Lorenz Melbeck das Anwesen, der es dann 1755
an die Familie von Meding verkaufte.
Nach weiteren Wechseln kaufte 1803 der Amtsvogt Johann Konrad Meyer das
Restgut. 1843 wurde der Zehnt für 4.500 Reichstaler abgelöst, und 1899 für 6.000
Reichstaler ein neues Wohnhaus gebaut. Das Restgut mit der Zehntscheune wurde
Kote und entsprechend der Stellung im Dorf erhielt es die Nr. 9.
Die Nachfahren von Johann Konrad Meyer bewohnen das Haus noch heute,
Eigentümer ist Friedrich Meyer aus Verden / Aller, bewohnt wird es durch seine
Schwester Ilse Meyer.
2.2
Struktureller Aufbau der Zehnt Scheune Amelinghausen
Anhand der Befunde im Gebäudeinneren ergibt sich eine eindeutige Raumstruktur.
Das Gebäude ist als Vierständerbau in der Längsachse dreigeteilt. Die beiden
inneren Stä nderreihen teilen den Innenraum nahezu gleichmäßig auf. Während
jedoch die klassische Vierständerscheune als Längsdurchfahrtsscheune offene
seitliche Bansen hat, die der Heulagerung oder auch der Vieh-Unterbringung dienen,
sind hier die Längs-Mittelwände geschlossen. Das östliche Schiff ist durch
Querwände weiter unterteilt, so dass sich unte rschiedliche Räume für die Lagerung
und Unterbringung der Zehntabgaben ergeben haben.
Die Frage, welche Abgaben wo gelagert wurden, lässt sich nicht leicht beantworten.
Die Aktenlage gibt hier nichts her, so dass sich die folgenden Ausführungen auf
Annahmen stützen.
Das westliche Schiff, welches über die gesamte Hauslänge geht und damit 1/3 der
Nutzfläche einnimmt, ist lediglich über eine Tür an der Nordseite von außen
zugänglich. Der Schriftzug über der Tür (GOTT GIEBT VOM VIEH DIE SPEISE
…siehe 2.4) könnte auf die Unterbringung von Vieh hindeuten, dagegen spricht
jedoch die Größe des Raumes und die relativ geringe Bedeutung des Viehs für das
Zehntwesen. Auch die Reste eines Gipsestrichs am südliche n Ende des Raumes
sprechen dagegen. Vielmehr kann angenommen werden, dass hier der sog.
Sackzehnt, also das gedroschene Getreide gelagert wurde, der eine n sauberen
Untergrund benötigte. Die Tür zwischen Mitteldiele als Durchfahrt könnte dies
bestätigen. Denn über diese Tür könnte das in der Diele gedroschene Getreide in
den benachbarten Raum zur Lagerung verbracht worden sein.
Das mittlere Schiff lässt sich mit seinen gegenüberliegenden Einfahrtstoren eindeutig
als Durchfahrtsdiele identifizieren. Hier wird der Feldzehnt über den Erntewagen in
den Dachraum verbracht worden sein, der durch lose aufgelegte Dielen vom
Erdgeschoß getrennt war. Später wurde das Getreide in der Diele gedroschen und
im benachbarten Raum zwische ngelagert.
Das östliche Schiff ist durch 2 Querwände in 3 Bereiche geteilt, die keine Verbindung
untereinander hatten. Der mittlere Raum ist nur ein Fach breit und in der Mitte der
Hauslänge angeordnet. Das Einfahrtstor weist auf die Einfahrt eines Wagens hin,
bietet jedoch keine seitlichen Arbeitsflächen. Von daher ist anzunehmen, dass der
Wagen hier untergeste llt wurde, wenn er nicht benötigt wurde.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
Es ergeben sich jetzt 2 weitere Räume mit jeweils 3 Fach Länge in der nordöstlichen
und südöstlichen Ecke.
Der Raum an der nordöstlichen Ecke hat ein Einfahrtstor am Giebel und eine
seitliche Tür, diese o hne Spruchbalken. Da der Lämmerzehnt eine große Bedeutung
hatte und für das Eintreiben ein Tor benötigt wurde, wie die zahlreichen Schafställe
zeigen, wird hier der Raum für die Lämmer vermutet.
Der verbleibende Raum an der südöstlichen Ecke könnte dann der Lagerung von
Flachs und Hanf gedient haben. Der Raum ist nur über eine Tür an der Traufseite
zugänglich, die Öffnung hat eine durchgehende Schwelle, insofern scheint die
Unterbringung von Pferden, die der Spruchbalken annehmen lässt,
unwahrscheinlich.
Der Bodenbelag bestand aus einem Lehmestrich, dies lässt jedoch keinen Schluss
auf eine bestimmte Abgabengruppe zu.
Wo wurde nun das Vieh untergebracht? Möglicherweise war das westliche Schiff
doch geteilt, und diente neben dem gedroschenen Getreide auch der Unterbringung
von Vieh. Der Spruch über der relativ breiten Tür könnte dies wieder bestätigen.
Befunde für eine Teilung waren jedoch nicht vorhanden.
2.3
Konstruktionsbeschreibung
Bei der Zehnt Scheune handelt es sich um eine Fachwerkkonstruktion in
Vierständerbauweise. Die Fassade ist geprägt von mehreren Einfahrten und
Eingängen, die auf eine Untergliederung der inneren Fläche schließen lässt.
Das Fachwerk ist durchgehend in Eiche errichtet, die Dachkonstruktion in Nadelholz.
Die Abmessungen betragen ca. 13,34 x 21,52 m, dies entspricht einer Größe bei
einem Fußmaß von ca. 27 cm 50 x 80 Fuß. Eine weitere Untersuchung der
Größenverhältnisse bringt folgende Ergebnisse:
- Teilung von Ost nach West 15,5 Fuß, 16 Fuß, 16 Fuß.
- Lichte Binderabstände 10 ½ Fuß,
- Lichte Höhe unter den Deckenbalken 12 ½ Fuß,
- Höhe bis unter den First 45 Fuß.
Nordgiebel:
Dieser zur Straße orientierte Giebel ist 10 Gefache breit mit 2 Riegelreihen.
Die beiden linken Gefache nehmen ein Tor auf mit Sturzbalken und Kopfbändern, die
ein Kreissegment bilden. Das Tor, ursprünglich einwärts schlagend, ist außen mit
einfachen Langbändern angeschlagen. Der linke Bundständer zeigt mit Fuß- und
Kopfstrebe eine Mannfigur. Darauf folgt über die nächsten beiden Gefache ein
weiteres Tor, welches den mittleren Teil der Scheune erschließt. Beide Tore weisen
Inschriften auf, die unter 2.4 beschrieben sind. Der rechts anschließende
Bundständer hat lediglich ein Kopfband, da rechts wohl ein Türdurchgang in den
rechten Teil der Scheune gewesen ist. Eine Inschrift im Kopfriegel lässt darauf
schließen. Die Riegel verlaufen über 2 Gefache und sind auf den mittigen Ständer
von außen aufgeblattet. Bei den nächsten beiden Gefachen wird ebenso verfahren.
Der Eckständer hat Fuß- und Kopfstrebe.
Das Obergeschoss hat 9 Gefache mit einer Riegelreihe. Einige Ständer sind im
Wechsel mit doppelten Fußstreben versehen. Die Ausfachung des
Obergeschossgiebels erfolgte in Ziegelmauerwerk, hochkant vermauert. In jedem 2.
oberen Gefach ist eine Lüftungsöffnung in der Größe von einem halben Stein
ausgespart. Ein leichter Bogen ist im überdeckenden Stein ausgespart.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
Abbildung Nordgiebel
Ob das Erdgeschoss ebenfalls hochkant ausgemauert war, lässt sich nicht
festste llen, ist aber zu vermuten. Die jetzt vorhandene, liegende Ausmauerung, ist
späteren Datums. Der Giebel ist mit einem Halbwalm versehen. In der Spitze
befindet sich eine Lüftungsöffnung (Eulenloch).
Der Nordgiebel ist bis auf die Schließung der o. g. Tür unverändert geblieben.
Südgiebel:
Dieser zum Hof orientierte Giebel weist umfangreiche Veränderungen auf.
Er ist nach dem gleichen konstruktiven Prinzip erbaut wie der Nordgiebel mit jedoch
nur einem mittigen Tor, mit 9 Gefachen und ebenfalls 2 Riegelreihen.
Abbildung Südgiebel
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
In der Ausfachung des Erdgeschosses sind einige Lüftungsöffnungen vorgesehen
worden. Die mittlere Toröffnung ist bis zu den Bundständern und die
Oberstockschwelle geöffnet worden, ebenso wurde mit dem Bereich rechts neben
dem Tor verfahren. So wurden große Einfahrten geschaffen, die jedoch die
Aussteifung des Giebels aufgehoben haben. Links neben dem Tor ist eine kleinere
Toröffnung entstanden unter Herausnahme einer Fußstrebe und eines Ständers.
Die noch verbliebenen Bereiche der Schwelle sind im Erdreich verschwunden und
dort wohl ze rstört.
Die Inschrift der Oberstockschwelle ist erhalten und nachfolgend beschrieben.
Das Konstruktionsprinzip des Obergeschossgiebels folgt dem Nordgiebel.
Statt der Lüftungsöffnungen gibt es 2 Holzluken, die vermutlich nachträglich
vorgesehen wurden.
Der Giebel ist auch hier mit einem Halbwalm und einer Lüftungsöffnung im First
versehen.
Östliche Traufwand:
Die östliche Traufwand weist 14 Gefache auf mit ebenfalls 2 Riegelreihen. Die
Fassade wird gegliedert durch eine mittige Einfahrt und 2 Türen jeweils im 4. Gefach
von der Gebäudeecke. Das Tor und die linke Tür weisen Inschriften auf.
Die 2. Tür im 5. Gefach von links ist später eingebaut worden.
Die Ständer in den Binderachsen sind mit Kopf- und Fußstrebe versehen, die
Fußstreben der Eckständer und der Torständer sind 2 Gefache hoch. Die Schwe lle
ist erhalten und auf Findlingen abgelegt, die Längenverbindung erfolgte mit einem
Hakenblatt. Das Rähm ist aus Nadelholz und an den Enden überkragend.
Abbildung östliche Traufwand
Westliche Traufwand:
Die westliche Traufwand weist ebenfalls 14 Gefache auf mit 2 Riegelreihen.
Die Fassade weist keine Öffnungen auf. Die Ständer der Binderachsen sind mit ca.
25 cm deutlich stärker dimensioniert als die dazwischen liegenden mit 18 cm.
Die Eckständer und 2 weitere sind mit 2 Gefach hohen Fußstreben versehen, auf die
die Riegel aufgeblattet sind. Schwelle und Rähm sind vor kurzem erneuert worden,
wobei die Schwelle ca. 25 cm angehoben und mit einem Betonfundament versehen
wurde.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
Abbildung westliche Traufwand
Das Dach, ursprünglich mit einer Reetdeckung versehen, ist bereits seit der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts mit einem Blechtafeldach gedeckt worden, welches
kürzlich durch ein Metall-Trapezblech ersetzt wurde.
Innere Konstruktion:
Die Zehntscheune ist in 4-Ständerbauweise konstruiert. Die tragenden Achsen sind
die Außenwände (Achse A und D) sowie 2 innere Längswände (Achse B und C), die
die innere Gliederung in 3 etwa gleich große Bereiche herstellen.
Die innere Wand in Achse B weist Schwelle und Kopfriegel auf und schließt mit dem
Rähm ab. Die Ständer in Achse 3 und 6 sowie die Ständer der Giebelwände sind mit
Fußstreben 2 Gefache hoch ausgesteift.
Abbildung Ausfachung mit Lehmstakenwänden und sichtbaren Abbundzeichen
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
Die Wand ist komplett mit einer Lehmstakenwand ausgefacht, nur zwischen Achse 4
und 5 hat sich eine Tür befunden. Dieser Bereich, der immerhin 1/3 der Fläche der
Scheune einnimmt, ist also nur über 2 Türen zugänglich gewesen. Weitere
Öffnungen waren nicht nachweisbar. In diesem Bereich befinden sich am südlichen
Ende Reste eines Gips-Estrichs.
Die innere Wand in Achse C weist ab Achse 5 nur Schwelle und Kopfriegel auf, von
Achse 1 bis 5 Schwelle, Brust- und Kopfriegel. Auch diese Wand ist mit einer
Lehmstakenwand ausgefacht, Öffnungen in der Wand waren nicht nachweisbar.
Dieser Bereich, das mittlere Drittel, ist über 2 Tore in den Giebelwänden zugänglich
gewesen.
Zur östlichen Traufwand sind 2 Querwände in den Achsen 4 und 5 angeordnet
worden. Diese waren durch 2 Ständer, mit Kopf und Brustriegel gegliedert. Die
Ausfachung erfolgte auch hier mit Lehmstakenwänden. Dieser Bereich zwischen
Achse C und D ist somit 3-fach untergliedert gewesen. Der südliche Teil war über die
Tür in der Ostwand zugänglich, hier sind noch Reste eines Lehmbodens vorhanden,
der mittlere Teil über das Tor der Ostwand und der nördliche Teil von Osten über die
Tür und von No rden über das Tor.
Grundriss der Zehntscheune heutiger Zustand, das Tor des Südgiebels (links) zwischen
Achse C und D ist später ergänzt
Die Ausfachungen der Innenwände sind bis auf Fragmente nicht mehr vorha nden,
ein Teil der Ständer und Querriegel sind entfernt sowie Teilbereiche der Schwelle
und des Rähm. Die Wandkonstruktion besteht aus Eiche, das Rähm und die
Dachsparren aus Nadelholz.
Die Längswände sind mit Deckenbalken überdeckt, die zu den Ständern einseitig mit
Kopfbändern ausgesteift wurden. Die Sparren sind in die Deckenbalken eingezapft
zu einem stabile n Dreiecksverband und mit 2 Kehlbalken verbunden. Der untere
Kehlbalken ist entfernt und durch eine schräge Stütze ersetzt worden. Die
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
Obergeschossgiebel sind auf die Deckenbalken durch einen Ankerbalken gesichert,
um den Schub der Walmsparren aufzunehmen. Eine weitere Untergliederung des
Dachraumes ist nicht festzustellen.
Neben der westlichen Traufwand weisen auch die Deckenbalken erhebliche
Reparaturspuren auf.
2.4
Inschriften:
Die Einfahrten und bauzeitlichen Eingänge sind mit Inschriften versehen, die
weitgehend religiösen Inhalt haben, zum Teil der Bibel entlehnt, zum Teil
volkstümlichen Inhalt haben.
Giebel Nordseite; Linkes Tor:
SORGE UND SORGE NICHT ZU VIHL, DOCH KOMMT WAS GOTT HABEN WIL
DEN. 9.
MAII.
Giebel Nordseite; Mittleres Tor:
GOTT WIRCKET ALLE DINGE NACH DEM RAHT SEINES WILLENS
ANNO
1704
Giebel Nordseite; ehemalige Tür rechts, jetzt geschlossen:
GOTT GIEBT VOM VIEH DIE SPEISE
DAS UNSER HERTZ IHN PREISE
Während die Sprüche über den Toren keine erkennbare Entsprechung in der Bibel
haben und damit als volkstümlich anzusehen sind, kann von dem Spruch über der
Tür auf die Unterbringung des abgelieferten Viehs als Zehnt Abgabe geschlossen
werden.
In den Bogenzwickeln der Tore findet sich die Datierung des Gebäudes.
Giebel Südseite; Schwellenbalken:
TRACHTET AM ERSTEN NACH DEM REICH GOTTES UNDT NACH SEINER
GERECHTIGKEIT SO WIRD EUCH DAS ANDERE ALLES ZU FALLEN
(Matthäus 6.33)
Das Einfahrtstor ist wohl schon um die Jahrhundertwende beseitigt worden, hier wird
auch ein Spruch gewesen sein, der jedoch nicht überliefert ist.
Traufe Ostseite, Mittleres Tor:
HERR BLEIBE DU BEI UNS UND WIER BEI DER SO KÖNNEN WIER NICHT
VERDERBEN ( Lukas 24.29)
Die Initialen in den Bogenzwickeln
M. H. V. W.
A. M. V. B.
verweisen auf die Erbauer Magnus Hans von Wittorf
und seiner Ehefrau Abel Maria von Pentz.
Über der linken Tür links vom Tor befindet der folgende Spruch:
ES LIEBET DAS PFERD DEN KNECHT
DER SEINER PFLEGET RECHT.
Hier könnte auf die Unterbringung von Pferden geschlossen werden, es gibt jedoch
keinen baulichen Hinweis darauf.
Die Tür rechts von der Durchfahrt weist keinen Spruch auf.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
2.5
Abbundzeichen:
Die Abbundzeichen sind gut sichtbar und zur Unterscheidung der Bauteile in jeweils
grundsätzlich anderer Ausformung angebracht:
Die westliche Traufwand Achse A weist die
klassische Lösung einer Zählung in römischen
Ziffern auf, beginnend am nördlichen Ende, zählend
bis 14, auf dem Eckstä nder ist kein Zeichen mehr
sichtbar.
Die Innenwand Achse B zählt mit Halbkreisen, die
mit einem Hohleisen geschlagen wurden.
Angeordnet an der östlichen Seite, beginnend am
südlichen Fassadenstä nder, zählend bis 8,
ausgebildet mit bis 8 Halbkreisen. Waagrecht oder
senkrecht a ngeordnet.
Abbildung Abbundzeichen
Die Innenwand Achse C zählt mit Punkten,
beginnend am südlichen Fassadenstä nder.
Angeordnet an der westlichen Seite, zählend bis
12, ausgebildet mit bis 12 Punkten, die ersten 5
Punkte in einer Reihe, dann in 2 Reihen. Wegen
fehlender Ständer ist die Zählung unvollständig.
Die östliche Traufwand Achse D zählt mit einer
Linie, auf der dreieckige Fähnchen angeordnet
sind. Angeordnet an der Außenseite, beginnend
am südlichen Eckstä nder, zählend bis13, der
nördliche Eckständer ist vom Giebel bezeichnet.
Bis 9 sind die Fähnchen auf einer Linie
angeordnet, dann auf 2 Linien.
Die nördliche Giebelwand ist mit senkrechten Linien, von 1 bis 7 nebeneinander
angeordnet, gekennzeichnet.
Auf der südlichen Giebelwand ließen sich keine Zeichen feststellen.
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG
BAUHISTORISCHE BESTANDSDOKUMENTATION – BESCHREIBUNG
ZEHNTSCHEUNE ZUM LOPAUTAL 3
21385 AMELINGHAUSEN
HEINZ HENSCHKE
DIPL.-ING. ARCHITEKT
21337 LÜNEBURG