Georgia: Republikaner wollen Lizenz zum Diskriminieren

Georgia: Republikaner wollen Lizenz zum Diskriminieren
Trotz Appellen von Geschäftsleuten und LGBT-Aktivisten hat das Parlament ein Gesetz beschlossen, das die Diskriminierung von Schwulen und Lesben erlaubt.
Im Südstaat Georgia – der Heimat von Coca-Cola, UPS und CNN – bahnt sich
ein Kampf um ein homophobes Gesetz an: Beide Kammern des Parlaments
haben am Mittwoch mit den Stimmen der Republikaner ein sogenanntes "Gesetz
für Religionsfreiheit" beschlossen, das sich ausschliesslich gegen Homosexuelle richtet. Das Gesetz HB 757 gibt vor, Glaubensgemeinschaften davor zu
schützen, gleichgeschlechtliche Ehen durchführen zu müssen. Allerdings geht
es in der beschlossenen Fassung noch weiter: So enthält es unter anderem eine
Garantie, dass gemeinnützige Organisationen Homosexuelle oder auch andere unerwünschte Minderheiten diskriminieren dürfen und trotzdem staatliche Zuschüsse erhalten können.
LGBT-Aktivisten warnen vor einer "Lizenz zum Diskriminieren", die besonders die Ärmsten treffen
würde. So würden etwa viele Obdachlosenheime oder Tafeln, die grossteils aus Steuergeldern finanziert werden, von Kirchen betrieben. Diese hätten danach die Möglichkeit, gezielt Homosexuelle –
oder auch andere unerwünschte Personen wie unverheiratete Paare – unter Verweis auf dieses Gesetz abzuweisen. Da das Gesetz schwammig formuliert sei, gebe es eine ganze Reihe von Diskriminierungsmöglichkeiten.
Die Bürgerrechtsorganisation Anti-Defamation League verweist darauf, dass das Gesetz die Uhren
in Georgia um 50 Jahre zurückdrehen könnte. "Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass während
der Bürgerrechtsbewegung genau die gleichen Argumente angewandt worden, um Afro-Amerikaner
zu diskriminieren. Genau wie wir damals diese Argumente abgelehnt haben, müssen wir heute HB
757 ablehnen."
Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kammern
Das Repräsentantenhaus hat das Gesetz mit 104 zu 65 Stimmen beschlossen, im Senat erhielt es
eine Mehrheit von 37 zu 18 Stimmen. Damit hat es in beiden Kammern eine Zweidrittelmehrheit gewonnen, die ein eventuelles Veto des republikanischen Gouverneurs Nathan Deal überstimmen würde. Deal hat einen Monat Zeit, das Gesetz zu unterschreiben oder sein Veto einzulegen. Er hatte in
der Vergangenheit davor gewarnt, diskriminierende Gesetze zu beschliessen.
LGBT-Aktivisten und Industrieverbände haben an Deal appelliert, trotz der grossen Mehrheit im Parlament das Gesetz zu stoppen. Sie hoffen, dass das Parlament danach das Gesetz nicht wieder auf
die Tagesordnung bringt, um Schaden vom Staat abzulenken. Insbesondere Geschäftsleute befürchten eine Boykottwelle gegen Georgia, sollte das Gesetz in Kraft treten. Bereits im letzten Jahr wurden
auf diese Weise zwei gegen Schwule, Lesben und Transsexuelle gerichtete Gesetze in den Staaten
Indiana und Arkansas gestoppt, die bereits vom Parlament beschlossen worden waren.
Unternehmen drohen mit Konsequenzen
Auch in Atlanta erklärte die Handelskammer: "Derzeit bietet Georgia die beste Atmosphäre für Unternehmen im ganzen Land. Das Gesetz würde uns schaden, die Jobs hier zu halten und neue Jobs zu
schaffen, auf die die Familien in Georgia angewiesen sind." Aus der Wirtschaft reagierten bereits
mehrere Unternehmen: Der Telekommunikationsanbieter 373K hat etwa angekündigt, wegen der homophoben Atmosphäre im Staat seinen Hauptsitz nach Delaware zu verlegen. Ausserdem erklärte
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der Softwarekonzern Salesforce, er werde seine Investionen in Georgia reduzieren, sollte das Gesetz
in Kraft treten. Eine geplante Konferenz würde dann in einen Bundesstaat verlegt werden, "der eine
bessere Umgebung für LGBT" bietet".
Insgesamt haben laut "Georgia Against Discrimination" über 400 im Bundesstaat aktive Firmen an
die Politik appelliert, das diskriminierende Gesetz fallen zu lassen, darunter Unilever, Dell, Microsoft,
Delta und Virgin.
Auch in mehreren anderen konservativen US-Staaten werden derzeit ähnliche Gesetze debattiert.
Erst am Dienstag beschloss etwa der Senat von Kentucky ein Gesetz, das es religiösen Menschen
erlaubt, Homosexuellen aufgrund des eigenen Glaubens Dienstleistungen zu verweigern. Hinzu
kommt, dass es in der Hälfte der Bundesstaaten – darunter auch Georgia – kein Antidiskriminierungsschutz für Schwule und Lesben gibt. Arbeitgeber können also Menschen aufgrund ihrer sexuellen
Orientierung feuern.
queer.de / 23.3.2016
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