AK TUE LL Zwei Musiker auf neuen Wegen: Der Sänger verkauft jetzt Lebensmittel, der Geiger will die Kinoleinwand erobern Peter Maffay David Garrett Seit über 40 Jahren Vollblutmusiker – gerade arbeitet Peter Maffay (64) an seiner neuen CD Mein Glücksrezept: Trecker fahren und Rock ’n’ Roll Ich bin stur – und deshalb erfolgreich Er ist erfolgreicher Rocksänger, engagiert sich für Kinder in Not, verkauft jetzt sogar Bio-Produkte für den guten Zweck. Wir trafen ihn auf seiner Mallorca-Finca Er ist der Rocker unter den klassischen Musikern, trägt Jeans und T-Shirt statt Smoking. Jetzt spielt der 33-Jährige im Kino sein Idol, den „Teufelsgeiger“ Paganini B ILD der FRAU: Herr Garrett, wie aufgeregt sind Sie wegen des Schauspieldebüts? David Garrett: Ich bin niemand, der oft Lampenfieber hat. Aber eine leichte Nervosität ist, glaube ich, ganz normal. Sie spielen im Film Niccolò Paganini. Was fasziniert Sie an dem „Teufelsgeiger“? Paganini war der Musiker, der die Geige revolutioniert und konzertfähig gemacht hat. Durch ihn ist sie zu einem Solisteninstrument geworden. Sie gelten als Rockstar unter den Geigern … Ich glaube, das hat was mit der Lebensart zu tun, nicht mit der musikalischen Stilrichtung. Für mich ist ein Rockstar jemand, der seine eigene Meinung hat und der ziem- B Feinste Bio-Produkte aus Mallorca: Auf www.sureda.de kann man Maffays Feinkost auch online bestellen 24 BILD der FRAU 45 /2013 der Insel gibt es Ferien-Camps für Kinder … Es sind Kinder aus ganz Europa, die Misshandlung und Gewalt erfahren haben. Wir versuchen diesen Kindern Werte zu vermitteln, Respekt vor der Natur und der Schöpfung … Und irgendwann hat das auch mit Essen zu tun! Wie meinen Sie das? Wenn sie beim Brotbacken dabei sind, sollen sie riechen und ganz bewusst schmecken: Brot ist wertvoll! Oder wenn sie ihr Brot nicht aufessen, sagen wir: Schmeiß es nicht weg, gib es den Hühnern – dafür kriegst du ein Ei! Klingt philosophisch! Ja. Wir ernten, was wir säen! Wenn man bedenkt, dass Sie früher ein wildes Leben führten, haben Sie eine große Wandlung durchgemacht, oder? Ich kann auch heute noch feiern! Aber ich würde es vorziehen, abseits des Trubels zu leben. Leben Sie heute asketisch? Ich trinke Wein, ich mag Schokolade, esse Fleisch – asketisch würde ich das nicht nennen. Aber ich achte auf ein gesundes Maß und auf mein Gewicht. Sind Sie heute mehr Familienmensch als Musiker? Glaube ich nicht! Wenn ich nicht für die Stiftung unterwegs bin, sitze ich auch mal nächtelang im Studio. Auf der anderen Seite lass ich mir es nicht nehmen, meinen Sohn Yaris jeden Morgen zur Schule zu bringen. Arbeitet Ihre Frau Tania auf dem Hof mit? Miguel, der Verwalter, hat die Federführung, auch Tania führt ein paar Bereiche. Auf einem Hof geht nie die Arbeit aus, jeder packt an. Und was meine Frau angeht: Ich bewundere sie! Ich habe selten ein Mädchen gesehen, dass dermaßen ohne Zögern oder Angst in den Dreck greift wie sie! Und Sie packen auch mit an? Klar. Man sieht mich durchaus auf dem Feld oder beim Treckerfahren. Das macht glücklich. Und auch das Olivenpflücken macht einen großen Teil meines Lebens aus! Es gibt kaum ein besseres Fitness-Training! CLAUDIA KIRSCHNER ZUR PERSON GEBURTSTAG: 30. August 1949 (Jungfrau) in Kronstadt (Rumänien). KARRIERE: 1970 erste Single „Du“, 1977 erste Deutschland-Tournee. Seit 2000 kümmert er sich mit seiner „Peter Maffay Stiftung“ um traumatisierte Kinder. PRIVAT: Seit 2003 4. Ehe mit Tania (39). KINDER: Nina (28, adoptiert) und Yaris (10, mit Tania). So backt man Brot! Peter Maffay mit Reporterin Claudia Kirschner Fotos: actionpress, laif, Thomas & Thomas (2), SummerstormDorConstuctionBRArte/Universal (2) Auf seiner Finca „Ca’n Sureda“ (bei Pollença) packt der Rockstar bei der Ernte selbst gerne mit an ILD der FRAU: Vom Rock ’n’ Roll zur Feinkost! Wie erklären Sie diese Reise? Peter Maffay: Ich war nie nur Rock ’n’ Roller! Ich war auch immer ein Country-Boy. Egal wo ich bin – immer habe ich mich am liebsten aufs Fahrrad gesetzt. Bodenhaftung ist mir sehr wichtig. Auf Ihrer Finca bauen Sie auf ökologische Weise Obst, Gemüse und Oliven an, halten Ziegen, Schafe und Schweine. Und verkaufen jetzt Ihre Produkte auch im Online-Handel. Wie kam es dazu? Seit zwölf Jahren lebt unsere Stiftung davon, dass wir Geld in unsere Projekte stecken. Und das müssen wir verdienen. Wir brauchen eine Million Euro pro Jahr, damit wir weiterhin jährlich über 1000 Kindern helfen können. Gab es einen konkreten Auslöser für Ihren Wunsch, Gutes zu tun? Das schlechte Gewissen! Ich konnte mir dank meines Erfolges ein sehr gutes Leben leisten – und hatte das Bedürfnis, davon etwas abzugeben. Dann entdeckt man durch Hinschauen, wo es Not gibt. Und dann geht es schlicht darum, seinen Popo zu bewegen! Sie sind zweifelsfrei in Bewegung. Gerade sind Sie aus Rumänien zurückgekehrt, wo Sie helfen, das Dorf Radeln aufzubauen. Hier auf Leidenschaftlich und genial: David Garrett als „Teufelsgeiger“ Paganini im gleichnamigen Film David Garrett (33) lebt für seine Musik, ist nur vier Wochen im Jahr zu Hause in New York. 2014 ist er wieder in Deutschland auf Tour Sie sind ständig auf Reisen, das lich stur ist. Das passt zu mir. Klingt anstrengend … Wie äußert macht auch einsam, oder? sich diese Sturheit? Natürlich habe auch ich einsame Ach, die ist sehr positiv in meinem Momente – obwohl ich ständig Leben. Vielleicht ist sie für die mit vielen Menschen zusammen Menschen um mich hebin. Dieses Gefühl geCD-TIPP rum manchmal anhört zum Leben dazu. strengend, aber im End- „Garrett vs. Paganini“ Irgendwie macht es die effekt immer von guten (ca. 15 €). Das neue schönen Momente mit Entscheidungen und Er- Album von David den Liebsten doch nur folg gekrönt. noch wertvoller, wenn Ein Beispiel für Ihre man weiß, wie sich EinSturheit? samkeit anfühlt. Wenn ich nicht immer Paganini sagt, die Mumeinen Kopf durchgesik ist die Liebe seines setzt hätte, wäre ich Lebens. Gilt das auch nicht da, wo ich bin. für Sie? Soll heißen: Was der Meister sagt, Musik hat sicherlich einen ganz ist Programm? hohen Stellenwert für mich. Aber Nein. Das heißt: Ich höre allen zu, das Allerwichtigste? Ich glaube, aber im Endeffekt tue ich das, was die Zeit wird mir zeigen, ob die ich für richtig halte (lacht). Musik wirklich bis zum Lebens- ZUR PERSON GEBURTSTAG: 4. September 1980 (Jungfrau) in Aachen. KARRIERE: Als Vierjähriger beginnt er mit dem Geigespielen, mit 10 Jahren Konzertdebüt und Beginn seiner internationalen Karriere. 1999 Umzug nach New York. 2008 kommt er als schnellster Geiger der Welt ins Guinness Buch der Rekorde. INTERNET: www.davidgarrett.com ende mein Allerheiligstes ist. Ich wünsche mir, dass es ein gesundes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben geben wird. Also könnte irgendwann Familie auf Ihrem Plan stehen? Ja, warum nicht! Ich sehe jetzt aber noch nicht die Notwendigkeit. Verpass ich was? Ich weiß es nicht. Ich finde, man kann so was nur aus dem Moment heraus entscheiden. Ich bin sicher, wenn es so weit ist, werde ich das auch sehen. Was ist Heimat für Sie? Für mich heißt das, an irgendeinem Ort der Welt mit Menschen zusammen zu sein, die ich mag. Was brauchen Sie, um sich „heimisch“ zu fühlen? Haben Sie Dinge, die auf Reisen immer dabei sein müssen? Nein! Ich reise mit meinem Koffer und dem Geigenkasten um die Welt. Immer nur das Nötigste! Was ist der größte Luxus für Sie? Der absolute Luxus ist, sich von Sachen trennen zu können. Auch von Menschen? Natürlich muss man sich auch von Menschen manchmal trennen. Wenn jemand einen schlecht behandelt, dann darf man keine Angst davor haben zu sagen: „So nicht!“ Man muss sich schützen. WIBKE THIEDEMANN KINO-TIPP „Der Teufelsgeiger“, im Kino. Garrett spielt in seinem Filmdebüt den genialen Geiger Niccolò Paganini († 1840). Im Film bahnt sich eine zarte Romanze mit Charlotte (Andrea Deck) an … 45 /2013 BILD der FRAU 25
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