konzept - Kindernet

Inhaltliche Konzeption:
Barbara Rössl-Krötzl
KONZEPT
zur durchgängigen Spr achförder ung
in oberöster r eichischen Kinder gär ten
Spr achbildung im pädagogischen
Alltag – Spezifische Spr achförder ung
Das vorliegende Konzept dient als Grundlage für
die qualitätsvolle Förderung derjenigen Kinder,
für die mittels der Sprachstandsbeobachtung
mit dem Beobachtungsbogen zur Erfassung der
Sprachkompetenz (BESK OÖ. DaE und DaZ) spezifischer
Sprachförderbedarf ermittelt wurde.
1
H AU P TZ I E LE aller sprachfördernden Maßnahmen im Kindergar ten sind
⟩
die Unterstützung des Erwerbs der deutschen Sprache als Verkehrssprache.
Kinder gebrauchen in angemessener Weise Sprache zur Erfüllung sozial-kommunikativer Zwecke.
⟩
die Grundlegung für den Erwerb der deutschen Sprache als Bildungssprache der Schule.
Kinder sind in der Lage, mit Hilfe von Sprache Wissen aufzubauen und zu organisieren
(kognitive Funktion von Sprache).
Aufgabe des Kindergartens ist es, Kinder gemäß ihrem individuellen Sprachentwicklungsstand in
ihrem Spracherwerb zu unterstützen. Es gilt daher, die Zielformulierungen im Hinblick auf die jeweils
vorhandenen Kompetenzen der Kinder abzustufen.
Für jüngere Kinder bzw. für Kinder mit einer kürzeren Lerndauer des Deutschen sind folgende Ziele zu
verfolgen:
1. Sicherstellung der sprachlichen Grundqualifikationen in deutsch (Kompetenzstufe 1)
⊛ Verständnis und Gebrauch des Deutschen in Aktivitäten und kommunikativen Situationen
des konkret-anschaulichen Alltags
Sprachliche Mittel: Lautwahrnehmung und -bildung, Basiswortschatz, häufige Wendungen
und Routineformeln, einfacher Satzbau, Verständnis einfacher Aufträge,
Äußern von Bedürfnissen und Wünschen
Für die älteren Kinder und/oder diejenigen, die bereits länger Deutsch lernen und sich im letzten
Kindergartenjahr befinden, ist hingegen zusätzlich folgendes Ziel anzustreben:
2. ausbau und differenzierung der Sprachqualifikationen in deutsch (Kompetenzstufe 2)
⊛ Sprachkenntnisse zu Bildungs- und Sachthemenbereichen1
⊛ Entwicklung einer abstrakteren, vom situativen Kontext entbundenen Sprachverwendung
(Anbahnung der kognitiv orientierten Bildungssprache der Schule)
Sprachliche Mittel: Erweiterter und differenzierter Wortschatz, komplexe Satzgefüge,
verfeinerte Wortgrammatik, Verständnis komplexerer Äußerungen,
Verstehen und Erzählen von Geschichten, Erklären, Begründen, Planen,
Konflikte verbalisieren, Gesprächsregeln einhalten
Konkrete Grundlagen für die durchgängigen sprachfördernden Maßnahmen jedes Kindergartens in OÖ sind:
⟩
Rahmenziele des Bildungsplan-Anteils zur frühen sprachlichen Förderung2
⟩
Linguistische Qualifikationen (“Kriterien”) aus dem BESK OÖ. unter Berücksichtigung der
Kompetenzstufen
1
Bildungsbereiche wie Naturwissenschaft, Musik, Bewegung, …; Sachthemen wie Pflanzen, Tiere, Musikinstrumente, …
2
Charlotte Bühler Institut im Auftrag des BMUKK (2009). Bildungsplan-Anteil zur sprachlichen Förderung in elementaren Bildungseinrichtungen (Aktualisierte Version). Wien: BMUKK.
2
Die Inhalte von Bildungsplan-Anteil zur sprachlichen Förderung und BESK OÖ.
Die beiden Ansätze ergänzen sich gegenseitig und sind ineinander verschränkt: Während der linguistische
Ansatz des BESK OÖ. eine vertiefende, differenzierte Sicht auf einzelne Kategorien von Sprache (etwa
Satzbau, Grammatik, Wortschatz) wirft, verfolgen die Rahmenziele des Bildungsplan-Anteils zur frühen
sprachlichen Förderung vorwiegend den Erwerb von kommunikativ-sozialen, sprachhandlungs- und
themenbezogene Kompetenzen (etwa Gesprächskultur, Philosophieren). Für das Kind ist beides
wesentlich: Der erfolgreiche Erwerb der spezifischen linguistischen Qualifikationen sichert das Verfügen
über diejenigen sprachlichen Mittel, die das Kind für das Erreichen der Rahmenziele des BildungsplanAnteils zur sprachlichen Förderung benötigt. Und umgekehrt: In der Auseinandersetzung mit den
verschiedenen Bereichen der Rahmenziele erwirbt das Kind die erforderlichen sprachlichen Mittel.
WIE, WO und DURCH WEN erfolgen die sprachfördernden Maßnahmen im Kindergar ten?
Grundsätzlich bietet der pädagogische Alltag reichhaltige Möglichkeiten zur Unterstützung des
Spracherwerbs. Alle Kinder profitieren in diesem Rahmen durch die förderlichen Anregungen der
gruppenführenden Pädagogin/dem Pädagogen. Manche Kinder benötigen jedoch zusätzliche
Unterstützung in Form einer spezifischen, gezielten und systematisch ausgerichteten Sprachförderung,
um in ihrer Sprachentwicklung die erwartbaren Fortschritte vollführen zu können (s. “Spezifische
Sprachförderung”, S. 5–19). Kinder mit erhöhtem Sprachförderbedarf profitieren prinzipiell sowohl von
der Sprachbildung des pädagogischen Alltags als auch von der spezifischen Sprachförderung in der
Kleingruppe.
Kontinuierliche sprachliche
Anregungen im
pädagogischen Alltag
“SPRACHBILDUNG”
im pädagogischen Alltag
Verzahnung
Individuelle, systematische
Förderung in der
Kleingruppe
“SPEZIFISCHE
SPRACHFÖRDERUNG”
Sprachbildung richtet sich an alle Kinder im pädagogischen Alltag. Die Pädagogin/der Pädagoge setzt
Angebote, die zum Ziel haben, alle Kinder zu erreichen. Sie/Er ermöglicht aber auch individualisierte,
auf das einzelne Kind abgestimmte Sprachaktivitäten, wie Dialogführung, spezielle Spiele oder das
Vorlesen in Kleingruppen.
Die beiden Sprachförderformate Sprachbildung und spezifische Sprachförderung sind keineswegs
gegensätzliche, sich ausschließende Methoden, sondern ergänzen sich durch ihre jeweils speziellen
Vorteile und Potenziale.
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Eine inhaltlich-thematische Abstimmung bzw. Verzahnung zwischen spezifischer Sprachförderung
und der alltäglichen Sprachbildung in der Gruppe trägt zu einer Erhöhung der Lerneffekte beim Kind
bei. Dadurch wird eines der unerlässlichen Prinzipien der effektiven Sprachförderung, das Prinzip der
Wiederholung von sprachlichen Formen, Strukturen und Wortschatz in unterschiedlichen Spiel- und
Redeanlässen, angewendet. Es trägt dazu bei, dass das Kind das Gelernte langfristig speichert. (Zur
Gestaltung der Sprachfördersituation s. Abschnitt 4, S. 16–19).
Hauptverantwortliche für sowohl sprachbildende als auch sprachfördernde Inhalte und Maßnahmen
ist die gruppenführende Pädagogin/der Pädagoge. Sie/Er koordiniert gegebenenfalls das Geschehen
in den beiden Formaten in Absprache mit der Sprachförderin/dem Sprachförderer.
Die sprachbildenden Maßnahmen des pädagogischen Alltags zielen auf das breite Spektrum der
Inhalte des Bildungsplan-Anteils zur sprachlichen Förderung ab.
auFGaben der SPrachbildunG im pädagogischen alltag
Rahmenziele des Bildungsplan-Anteils zur sprachlichen Förderung
⊛ Unterstützung des Deutscherwerbs durch Sicherstellung eines kontinuierlichen pädagogigschen
Angebots an deutschfördernden Anregungen
⊛ Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit durch tatsächlich praktizierte interkulturelle
Pädagogik und aktive Wertschätzung der vorhandenen Erstsprache(n)
⊛ Förderung von Kommunikation und Gesprächskultur durch Schaffung vieler Gelegenheiten zum
Kommunizieren bei stabiler Beziehungsebene zu Bezugspersonen
⊛ Förderung von Buchkultur und Literacy durch aktive Auseinandersetzung mit Büchern und
modernen Medien bzw. adäquatem Umgang mit Buch-, Erzähl- und Schriftkultur
⊛ Deutschförderung durch philosophische Gespräche mit Kindern durch geduldige Auseinandersetzung mit vorhandener kindlicher Neugier und Experimentierfreudigkeit ( Warum-Fragen), um auch
abstraktere Kommunikation, Gesprächskultur, Urteils- und Argumentationsfähigkeit zu fördern
⊛ Sprachförderung durch Verbesserung von Transitionsprozessen, die den Kindern emotional
positiv erlebte Transitionserfahrungen ermöglichen. Zum Beispiel durch gezielte Kooperationen mit
Eltern, etc.
⊛ Beobachtung und Dokumentation der Entwicklung der deutschen Sprache durch die Planung,
Durchführung, Dokumentation, Interpretation und Folgerungen
auFGabe der SPeziFiSchen SPrachFÖrderunG
ist vor allem die Unterstützung des Erwerbs der Sprachqualifikationen des BESK OÖ.
(Siehe S. 5 - 19)
Selbstverständlich sind die Übergänge zwischen spezifischer Sprachförderung und der Sprachbildung
im Kindergartenalltag in der Praxis nicht trennscharf, sondern fließend. Die sprachlichen Inhalte werden
sich im Rahmen einer natürlichen, authentischen Sprachverwendung in beiden Förderformaten
naturgemäß überlappen.
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D U R C H G Ä N G I G E S P R A C H F Ö R D E R U N G im K indergar ten
SPEZIFISCHE
SPRACHFÖRDERUNG
Pä d a go gisch er Allt a g
WER?
Gruppenführende/r
Pädagogin/Pädagoge
WIE?
Situationsorientiert: Situationen des
Alltags, alle Bildungsangebote
WAS?
Sprachhandlungen, Wortschatz,
kommunikative Kompetenzen,
Mehrsprachigkeit, Erzählkompetenzen, Verstehen
und/oder
Ausführende/r:
Pädagogin/Pädagoge oder
Sprachförderin/Sprachförderer
Zielgruppe: Kinder mit ermitteltem
spezifischen Förderbedarf
(Basis: BESK OÖ.)
Sozialform: Dyade (Zweiersituation)
und Kleingruppe
Sprachförderin/Sprachförderer
Individuell in Kleingruppen,
Systematisch nach Kompetenzstufen
Im Fokus: Satzbau, Verbbeugung, Wortschatz, Erzählkompetenzen.
Sprachbewusstheit, -aufmerksamkeit
Bildungsplan-Anteil zur
sprachlichen Förderung
SPEZIFISCHE SPRACHFÖRDERUNG
1. ZIELE und INHALTE - Allgemein
Das Ziel der spezifischen Sprachförderung ist die Steigerung der sprachlichen Kompetenzen der Kinder
mit spezifischem Förderbedarf. Die konkreteren Zielformulierungen leiten sich schwerpunktmäßig von den
Kriterien des BESK OÖ. ab.
kinder mit deutsch als zweitsprache
Kriterienliste 1:
⟩ Produktion von Aussagesätzen mit einteiligem sowie zweiteiligem Prädikat
⟩ Verstehen von einfachen W-Fragen sowie einfachen Aufträgen
⟩ Produktion des Basiswortschatzes von Verben und Nomen
Kriterienliste 2:
⟩ Produktion von W-Fragesätzen und Entscheidungsfragesätzen
⟩ Verstehen von schwierigeren W-Fragen sowie komplexeren Handlungsaufforderungen
⟩ Produktion des erweiterten Wortschatzes von Verben und Nomen sowie Erzählen
eigener Erlebnisse
kinder mit deutsch als erstsprache
Kriterienliste 1:
⟩ Produktion von Entscheidungsfragesätzen und flexiblen Satzstrukturen
⟩ Verstehen von einfachen W-Fragen sowie einfachen Aufträgen
⟩ Produktion von Verben und Nomen von konkreter Bedeutung
Kriterienliste 2:
⟩ Produktion von Nebensätzen
⟩ Produktion von Verben und Nomen abstrakterer Bedeutung
⟩ Nacherzählen einer Geschichte sowie Erzählen eigener Erlebnisse
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Der linguistische Schwerpunkt der spezifischen Förderung liegt im gezielten Nahebringen
der Strukturen des Deutschen wie Satzbau und Verbbeugung sowie des Nomen- und
Verbwortschatzes, der Erzählkompetenzen und der Verstehensfähigkeit, in Abhängigkeit zur
angezielten Kompetenzstufe.
Ein weiterer Schwerpunkt der spezifischen Sprachförderung in der Kleingruppe liegt in der Förderung
der differenzierten sprachlichen Aufmerksamkeitsfähigkeit, der Stärkung des sprachbezogenen
Selbstkonzepts des Kindes sowie in der Unterstützung der interaktiven Fähigkeiten wie
Dialogführung und des Einhaltens von Gesprächsregeln.
2. ZIELE und INHALTE – Individuell auf das Kind abgestimmt
Für jedes einzelne Kind werden auf Basis der Ergebnisse aus der Beobachtung mit dem BESK OÖ.
individuelle Zielvorgaben abgeleitet und unter Berücksichtigung des stufenförmigen Erwerbsverlaufs
möglichst präzise formuliert. Sie sind Grundlage für die Förderplanung.
Die konkreten Inhalte und Angebote der Sprachförderung richten sich nach den individuell formulierten
Zielen aus.
BEISPIEL Murat:
ergebnisse aus der ersten Beobachtung mit der Kriterienliste 1 (grau):
z.B. Satzbau, Kriterium1: Nennformbildungen: Ich Garten gehen.
ziel:
Bildung von Aussagesätzen mit dem Prädikat an der 2. Stelle im Satz und
Übereinstimmung mit dem Subjekt
inhalt/Methode:
• einfache Aussagesätze: z.B. in Ich-Du-Dialogen (1., 2. Pers.),
• in didaktischen Spielen (1., 2. od. 3. Pers. Einzahl),
• durch Wimmelbilderbuchbetrachtung (3. Pers. Einzahl) etc.
Detaillierte Förderansätze finden sich in Abschnitt 3 „Systematische Förderung“, S. 7–15.
Zentrales Ziel der spezifischen Sprachförderung ist der Erwerb der Sprachqualifikationen der
entsprechenden Kompetenzstufe („Kriterienliste“ – BESK OÖ.).
Die Zielerreichung wird durch ein systematisches, planvolles, individuell abgestimmtes Fördervorgehen angestrebt.
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3. SYSTEMATIS CH E FÖ RD ER U N G anhand der Kompetenzstufen des BESK OÖ.
Wie Befunde aus der Spracherwerbsforschung zum Erst- und zum Zweitspracherwerb zeigen, laufen die
Erwerbsprozesse nicht völlig chaotisch oder beliebig ab, sondern folgen einer bestimmten Erwerbslogik.
Demnach erwerben Kinder die verschiedenen sprachlichen Kategorien, wie etwa Satzbautypen oder
grammatische Kennzeichnungen, in einer bestimmten Reihenfolge. Die systematische Förderung
orientiert sich an der natürlichen Erwerbslinie, indem sie versucht, die Inhalte der Förderung darauf
abzustimmen. Die Kompetenzstufen des BESK OÖ. bilden in ihren beiden Kriterienlisten den Ausschnitt
des stufenförmigen Erwerbsprozesses im Kindergartenalter ab. Sie bieten daher eine Orientierung für
den Aufbau der Inhalte der spezifischen Sprachförderung.
Auch bei der systematischen Förderung gilt stets der Grundsatz, dass die Angebote in authentische
(nicht vordergründig als Förderung angelegte) Gesprächs- und Spielabläufe eingebettet werden
müssen, damit sie für das Kind von Relevanz und Interesse sind. Innerhalb des Förderrahmens ist –
wie auch im Praxisalltag – auf die Vielfältigkeit des Sprachangebots zu achten, d.h. die Äußerungen
der Pädagogin/des Pädagogen sollen verschiedene Satztypen enthalten. Einzelne Förderaspekte, wie
bestimmte Strukturen und Wortschatz, werden zwar in der gezielten Förderung jeweils besonders in den
Fokus genommen und hervorgehoben. Sie als isolierte Einheiten zu üben, ist allerdings nicht zielführend.
Hingegen kann durch das Herbeiführen von Kontrasten bzw. leichten Variationen der zu lernenden
Einheit (z.B. die Beugung des Verbs) auf die entscheidenden Merkmale aufmerksam gemacht und
dem Kind das Erkennen der relevanten Veränderungen erleichtert werden, etwa im Aussagesatz durch
Änderungen der Personalform (spiel -e, -st, -t, -en). Dies wird durch die Realisierung in authentischen,
kooperativen Gesprächen, in der das Kind einen aktiven, gestaltenden Part hat, erreicht. (Weitere
Leitprinzipien für die Gestaltung s. Abschnitt 4, S. 16–19).
Die folgende Zusammenstellung linguistisch orientierter Förderaspekte ist nicht als ein in sich
abgeschlossenes „Förderprogramm“ zu verstehen, das strikt in die Praxis zu übernehmen ist. Vielmehr
versteht sie sich als ein Leitfaden für die linguistische Aufbereitung der Sprachförderinhalte gemäß einer
stufenförmigen Erwerbsprogression.
Die jeweils angegebenen Methoden zur Gestaltung der Sprachfördersituation sind beispielhafte
Anregungen, die auf Basis der im Abschnitt 4, S. 16–19, detailliert dargestellten methodisch-didaktischen
Gestaltungsmöglichkeiten zu erweitern und anzureichern sind. Eine angemessene Methodenvielfalt
wird dem sprachlernenden Kind entgegenkommen und die Effektivität der Sprachangebote steigern.
Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
Für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache liegt der Schwerpunkt der Förderung
⊛ in der Stabilisierung und im Ausbau der grundlegenden Satzstrukturen sowie
⊛ in der kontinuierlichen Erweiterung des Wortschatzes
⊛ im Anbahnen von zusammenhängendem Erzählen
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
Förderung der Qualifikationen der Kompetenzstufe I = graue Kriterienliste
S y n tax / S at z b au – P r o d u k t i o n
Ziel
Aussagesatz mit einteiligem Prädikat an der 2. Stelle
M ethode
Verwendung von Verben: Handlungsbegleitendes Sprechen, Ich-Du-Dialoge, die
sich auf den aktuellen Kontext beziehen oder Bildbetrachtungen, um die dargestellten
Vorgänge unter Verwendung von Verben zu versprachlichen, Wimmelbilderbuchbetrachtung
Sprache / I nhalte
z. B. Kontrastierende Strukturen wie:
Ich bin da. Und du bist da. Gabriela ist ja auch da!
Das Fenster ist zu. Die Türen sind offen.
Ich habe einen roten Ball. Ah, du hast einen grünen Ball. Hamza hat einen gelben Ball.
Ich male ein Haus. Malst du auch ein Haus? – Du malst ja einen Baum! Ramira malt einen Fisch!
z. B. Kombinationen wie:
Die Maus ist müde. Sie schläft. Bist du auch müde? Ich bin müde. Ich schlafe jetzt.
Ziel
Aussagesatz mit zweiteiligem Prädikat an der 2. Stelle und am Satzende, “Satzklammer”
Anmerkung: Das Erreichen dieser Kompetenz ist schon durch die Realisierung einer der möglichen
Satzklammerkonstruktionen (z.B. Modalverbkonstruktion) gegeben.
Ziel der Förderung sollte aber dennoch die Beherrschung der drei möglichen Satzklammerstrukturen sein
(Modalverbkonstruktion, Sätze mit trennbaren Verben, Perfektstrukturen). Sie gehören dem
alltagssprachlichen Repertoire an, eignen sich daher gut für die Förderung in authentischen Gesprächen.
M ethode
Dialogisches Sprechen (Modalverbsätze), Vorlesen, Erzählen von vergangenen Ereignissen und/oder
gemeinsamen Aktivitäten, Rollenspiele
Sprache / I nhalte
1) Separierung von finiten und infiniten Verbteilen bei Modalverbkonstruktionen
z.B. in Willensbekundungen, Erklärungen etc. (können, müssen, sollen, dürfen, wollen, mögen & Verb
in der Nennform)
Kannst du mir bitte helfen? Ja, ich will dir gerne helfen!
Was möchtest du spielen? Ich möchte jetzt lieber Ball spielen.
Du kannst aber gut zuhören!
2) Sätze mit trennbaren Verben: z.B. zumachen, aufmachen, aufhängen
Ich komme mit. Kommst du auch mit?
Ich mache die Türe zu. Machst du bitte die Türe zu?
Ich hänge die Hose auf. - Du hängst die Jacke auf.
Ich räume den Ball weg. - Ich räume die Puppe weg.
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
3) Perfektstrukturen
im Dialog:
Ich habe ein buntes Haus gemalt. Zeig mir: Was hast du denn gemalt?
Ah, du hast ja einen ganz großen Baum gemalt!
beim Erzählen:
Stell dir vor, ich war gestern im Zoo. Dort habe ich einen Affen gesehen.
Der Affe hat eine ganze Banane gegessen. Dann ist er auf den Baum geklettert.
w o r t s c h at z – r e z e p t i o n
Ziel
W-Fragen verstehen: Wer? Wo? Was?
M ethode
W-Fragen sind im Gespräch mit Kindern allgegenwärtig; Geschichten, Wimmelbilderbücher: nach
unterschiedlichen Aspekten der Handlung fragen; Spiel, in dem Kinder nacheinander auf gezielte
Fragen der Pädagogin/des Pädagogen den Fortlauf bestimmen dürfen.
Für die Unterstützung dieser Qualifikation bietet sich besonders auch das pädagogische Geschehen
im Alltag an!
Ziel
Einfache Aufträge verstehen
M ethode
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Alltag
Für die Unterstützung dieser Qualifikation bietet sich besonders auch das pädagogische Geschehen
im Alltag an!
w o r t s c h at z – p r o d u k t i o n
Ziel
Nomen und Verben des Basiswortschatzes
M ethode
Benennen von Gegenständen (Nomen), Handlungen (Verben) in herbeigeführten Handlungs- und
Spielanlässen durch ein intensives Angebot an themenbezogenen Wortfeldern. Stets Einbettung der
neuen Wörter in Sinnzusammenhänge, d.h. in sprachliche und situative Kontexte. Wimmelbilderbücher,
Didaktische Spiele, Bewegungsspiele, inszenierte Spielanlässe mit realen Gegenständen, …
z. B. zum Wortfeld Wohnen:
Nomen: Haus, Bett, Tisch, Zimmer, …
Verben: gehen, liegen, sein, schlafen, essen, haben, …
Anmerkung: Auf dieser Stufe des Zweitspracherwerbs kann nicht erwartet werden, dass das Kind
bereits den korrekten Artikel vor ein Nomen setzt. Das Einfordern des korrekten Artikels seitens der
Pädagogin/des Pädagogen ist auf dieser Stufe daher verfrüht und könnte sich sogar kontraproduktiv
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
auswirken, indem das Kind den Artikel aufgrund der Überforderung überhaupt auslässt. Wesentlich
dagegen ist die Vorbildwirkung der Pädagogin/des Pädagogen: Ein natürlicher, der sprachlichen
Situation entsprechender Einsatz von bestimmtem bzw. unbestimmtem Artikel in authentischen
Gesprächssituationen ist für das Kind hilfreicher als ein unnatürlicher, starrer Einsatz des bestimmten
Artikels in unangemessenen sprachlichen Kontexten.
Die oben angeführten Sprachqualifikationen sind besonders charakteristisch für die Kompetenzstufe I
und fungieren daher im BESK OÖ. als Indikatoren. Neben der Förderung dieser sprachlichen Bereiche ist
es aber auch wichtig, den Aufbau der folgenden Kompetenzen zu unterstützen:
Weitere Ziele auf Kompetenzstufe I
w o r t S c h at z
Adjektive des Basiswortschatzes:
Adverbien, Partikel:
klein, groß, schön, rot, gut, …
auch, wieder, nicht
Förderung der Qualifikationen der kompetenzstufe ii = weiße Kriterienliste
S y n tax / S at z b au – P r o d u k t i o n
Ziel
W-Frage
M ethode
Bewegungsspiele, inszenierte Spielanlässe, Betrachten von Wimmelbilderbüchern, bei denen Kinder
etwas erfragen dürfen, etwa die Rolle der Pädagogin/des Pädagogen übernehmend; Einsatz einer
Handpuppe, Fingerpuppe, von Stabfiguren, Didaktische Spiele
Sprache / I nhalte
Wo ist der Ball? Wo ist die Schnur?
Wer holt den Ball? Wer trinkt Wasser?
Ziel
Entscheidungsfrage
M ethode
Fragespiele, Quizes, dialogisches Sprechen der Kinder untereinander; Einsatz einer Handpuppe
Sprache / I nhalte
Spielst du mit mir? - Kann ein Affe schwimmen?
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
w o r t s c h at z – r e z e p t i o n
Ziel
W-Fragen verstehen: Wann? Warum?
Ziel
Zwei- oder dreiteilige Aufträge verstehen
M ethode
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Alltag
Für die Unterstützung dieser beiden Kompetenzen bietet sich besonders auch das pädagogische
Geschehen im Alltag an!
w o r t s c h at z – P RODUKTION
Ziel
Nomen und Verben des erweiterten Wortschatzes
M ethode
Der Wortschatz wird erweitert und ausgebaut, indem differenziertere Begriffe basierend auf
Themenfeldern eingeführt werden. Stets Einbettung der neuen Wörter in Sinnzusammenhänge, d.h.
in sprachliche und situative Kontexte. Wimmelbilderbücher, Didaktische Spiele, Bewegungsspiele,
inszenierte Spielanlässe mit realen Gegenständen, …
z. B. zum Wortfeld Wohnen:
Nomen: Haus, Bett, Tisch, Zimmer, …
Verben: gehen, liegen, sein, schlafen, essen, haben, …
erzählen
Ziel
Erzählen eigener Erlebnisse oder einer bekannten Geschichte
M ethode
Dialogisches Vorlesen, interaktives Erzählen von Erlebnissen, Handpuppe (s. Ausführungen auf S.18)
Die oben angeführten Sprachqualifikationen sind besonders charakteristisch für die Kompetenzstufe II
und fungieren daher im BESK OÖ. als Indikatoren. Neben der Förderung dieser sprachlichen Bereiche ist
es aber auch wichtig, den Aufbau der folgenden Kompetenzen zu unterstützen:
Weitere Ziele auf Kompetenzstufe II
S ATZBAU / G RA M M ATIK
Satzergänzungen im 4. Fall:
Ich nehme den Ball. Du nimmst die Puppe.
Ich packe den Ball ein. Ich packe die Puppe ein.
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache gemäß dem BESK OÖ.
Pluralformen: Hier ist nur ein Apfel. Aber im Korb sind viele Äpfel.
Steigerungsformen des Adjektivs: Wer war schneller als ...? Wer war am schnellsten?
WORT S CHATZ
Adjektive des erweiterten Wortschatzes: breit, lang, hoch, bunt, dunkel, hell, …
Raumpräpositionen: auf, unter, in, neben, zwischen, über, …
Oberbegriffe: Spielzeug, Tiere, Möbel, Kleidung, …
Zeitliche und räumliche Adverbien: dann, jetzt, dort, nachher, gestern, …
Der Erwerb des Wortschatzes ist besonders auch im Gruppenalltag durch entsprechende
Angebote zu unterstützen.
Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Erstsprache gemäß dem BESK OÖ.
Für Kinder mit Deutsch als Erstsprache liegt der Schwerpunkt der Förderung …
⊛ in der Erweiterung des Satzbaus hin zu komplexeren Sinneinheiten bzw. Konstruktionen
⊛
⊛
(Nebensätze)
in der Differenzierung der Begrifflichkeiten (Wortschatzes)
in der Hinführung zur kontextungebundenen Sprachverwendung (Erzählen)
Förderung der Qualifikationen der Kompetenzstufe I = graue Kriterienliste
S y n tax / S at z b au – P r o d u k t i o n
Ziel
Entscheidungsfrage
M ethode
Fragespiele, Quizes, dialogisches Sprechen der Kinder untereinander; Einsatz einer Handpuppe
Sprache / I nhalte
Spielst du mit mir? - Kann ein Affe schwimmen?
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Erstsprache gemäß dem BESK OÖ.
Ziel
Flexible Satzstruktur
M ethode
Betrachten eines Wimmelbilderbuches,
Zusammenhängendes Erzählen, Vorlesen.
Gemeinsames
Planen
der
nächsten
Ereignisse,
Anmerkung: Die Bildung sinnvoller flexibler Satzstrukturen ist stark abhängig vom Beherrschen
verschiedener Adverbien. Es ist daher in der Sprachförderung darauf zu achten, dass diese den Kindern zur
Verfügung stehen.
Sprache / I nhalte
Dort / da / hinter dem Baum / auf dem Dach sitzt eine Katze und …
Vorher haben wir gespielt. Jetzt räumen wir die Puppenecke auf. Dann gehe ich mit dir in den Garten.
W o r t s c h at z – R e z e p t i o n
Ziel
W-Fragen verstehen: Wer? Wo? Was?
M ethode
W-Fragen sind im Gespräch mit Kindern allgegenwärtig; Geschichten, Wimmelbilderbücher: nach
unterschiedlichen Aspekten der Handlung fragen; Spiel, in dem Kinder nacheinander auf gezielte
Frage der Pädagogin den Fortlauf bestimmen dürfen
Für die Unterstützung dieser Qualifikation bietet sich besonders auch das pädagogische Geschehen
im Alltag an!
Ziel
Einfache Aufträge verstehen
M ethode
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Gruppenalltag
Für die Unterstützung dieser Qualifikation bietet sich besonders auch das pädagogische Geschehen
im Alltag an.
W o r t s c h at z – p r o d u k t i o n
Ziel
Differenzierte Nomen und Verben, auch aus dem konkret-anschaulichen Begriffsfeld
M ethode
Benennen von Gegenständen (Nomen), Handlungen (Verben) in herbeigeführten Handlungs- und
Spielanlässen durch ein intensives Angebot an themenbezogenen Wortfeldern. Stets Einbettung der
neuen Wörter in Sinnzusammenhänge, d.h. in sprachliche und situative Kontexte. Wimmelbilderbücher,
Didaktische Spiele (z.B. Zusammensetzung von Nomen), Bewegungsspiele, inszenierte Spielanlässe
mit realen Gegenständen, ...
z. B. zum Wortfeld Wohnen:
Nomen: Haus, Bett, Tisch, Zimmer, Lampe, Türschnalle, Polster, Matratze, …
Verben: sitzen, liegen, schlafen, essen, kochen, aufräumen, putzen, abwischen, …
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Erstsprache gemäß dem BESK OÖ.
Die oben angeführten Sprachqualifikationen sind besonders charakteristisch für die Kompetenzstufe I
und fungieren daher im BESK OÖ. als Indikatoren. Neben der Förderung dieser sprachlichen Bereiche ist
es aber auch wichtig, den Aufbau der folgenden Kompetenzen zu unterstützen:
Weitere Ziele auf Kompetenzstufe I
w o r t S c h at z
Adjektive aus dem konkreten Bereich: klein, groß, schön, schwer, schnell, riesig, …
Adverbien, Partikel: jetzt, später, morgen, gestern, danach, plötzlich, mehr, …
Einfachere Raumpräpositionen: auf, unter, in Oberbegriffe: Spielzeug, Tiere, Möbel, Kleidung, …
Der Erwerb des Wortschatzes ist besonders auch im pädagogischen Alltag durch entsprechende
Angebote zu unterstützen.
Förderung der Qualifikationen der kompetenzstufe ii = weiße Kriterienliste
S y n tax / S at z b au – P r o d u k t i o n
Ziel
Nebensatz
M ethode
Bewegungsspiele, inszenierte Spielanlässe; Dialoge mit entsprechendem Frage-Antwort-Schema:
Erklärungen, Begründungen formulieren, Generalisieren von Beobachtetem, DidaktischeSpiele
Sprache / I nhalte
Wann bleibt ihr stehen? - Wenn ich klatsche, bleibt ihr stehen.
Wann freust du dich? - Ich freue mich, wenn ich mitspielen darf.
Ich freue mich, wenn wir in den Garten gehen.
Wenn ich gelb und blau mische, erhalte ich grün.
Ich sehe, dass der Hund in seiner Hütte sitzt. Ich sehe, dass sich der Eisbär in der Höhle versteckt.
Warum läuft die Maus davon? Weil die Katze sie jagt.
w o r t S c h at z – P r o d u k t i o n
Ziel
Reichhaltige Nomen und Verben, auch aus abstrakten (zeitlichen, psychisch-mentalen)
Begriffsfeldern
M ethode
Der Wortschatz wird erweitert und verfeinert:
• Sprechen über verschiedene Sachthemen
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Leitfaden für die Förderung von Kindern mit Deutsch als Erstsprache gemäß dem BESK OÖ.
• Weiterführen von Themen über den unmittelbaren Kontext hinaus, z.B. im Rahmen naturwissenschaftlicher Phänomene
• Argumentieren und Begründen
erzählen
Ziel
Nacherzählen einer Geschichte
M ethode
Dialogisches Vorlesen (s. Ausführungen auf S.18)
Ziel
Erzählen eigener Erlebnisse
M ethode
Interaktives Erzählen von Erlebnissen (s. Ausführungen auf S.18)
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4.L EIT PRINZI PIEN für die GESTA LTUN G d e r S P R ACH FÖ R D E R S I T UAT I O N
D IDAKT IS C H-METH O DISCH E A nr e g ung e n
Die Wahl des Kleingruppenformats für die spezifische Sprachförderung enthält viele Potenziale, die
Kindern mit einem erhöhten Bedarf an sprachlicher Zuwendung und Unterstützung entgegenkommt.
Gleichzeitig muss aber auch bedacht werden, dass diese Form der Sprachförderung als eine vom
situationsorientierten Gesamtgeschehen des Kindergartenalltags entkoppelte Aktivität allzu leicht
Gefahr läuft, einer schulähnlichen, stark formalisierten Übungssituation gleichzukommen, die nicht
kindgerecht ist und auch nicht zu den intendierten Zielen führt.
Hinweise für die pädagogische und sprachliche Gestaltung und Aufbereitung von kindgerechten
spezifischen Sprachfördersituationen:
Schaffung einer förderlichen Lernumgebung
⊛ Positives, angenehmes Lernklima, vertrauensvolle Beziehung
⊛ Blickkontakt zum Kind / zu den Kindern halten
⊛ Angenehmer, ruhiger Raum: auch wenn leise gesprochen wird, kann man sich gegenseitig
hören und verstehen
⊛ Hohe Aktivität der Kinder, hohe Redeanteile der Kinder: Kinder als aktive Lerner, die sich direkt
und eigenaktiv mit Themen/Sachen auseinandersetzen; Lernen durch eigenes Sprechen
⊛ Abwechslungsreiche Angebote, Methodenvielfalt: Sprechen, Zuhören, Bauen, sich Bewegen,
etwas Gestalten, Singen etc. ermöglichen verschiedene Zugänge zu einem Thema und dadurch
Wiederholung des themenfeldbezogenen Wortschatzes
⊛ Hohe Anteile von Aufmerksamkeit: Abwechslungsreiche Gestaltung der Angebote sowie
Abstimmung mit den Bedürfnissen und Interessen des Kinder zur Erhöhung der Aufmerksamkeit
⊛ Kommunikation unter den Kindern fördern: z.B. durch Gespräche der Kinder untereinander und
Rollenspiele
Prinzipien für die inhaltlich-thematische Planung und Gestaltung
⊛ Thematischen Schwerpunkt setzen: Optimal ist ein Bezug zu einem aktuellen Thema des
pädagogischen Alltags der Gruppe, die Sprachförderung nutzt so die Möglichkeiten der
vertiefenden Wiederholung.
⊛ Einen Bezug zum lebensweltlichen Alltag der Kinder herstellen: möglichst reale Gegenstände
oder Umgebungen nutzen.
⊛ Abänderung des geplanten Angebots, wenn es von den Kindern nicht erwartungsgemäß
angenommen wird. Umdisponieren: entweder Zurückgreifen auf andere vorbereitete Aktivitäten
oder …
⊛ Eingehen auf die spontanen Interessen der Kinder: z.B. dem Bedürfnis eines Kindes von einer ihm
bedeutenden Begebenheit zu erzählen, soll nach Möglichkeit zeitnah nachgegeben werden
oder dies gegebenenfalls zu einem geeigneteren Zeitpunkt verlässlich ermöglicht werden.
⊛ Regelmäßige Wiederholungen zur Festigung und Vertiefung des Wortschatzes: Verzahnung mit
den Themen des pädagogischen Alltags ⇢ Wiederholung des Wortschatzes in unterschiedlichen
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sprachlichen und situativen Kontexten: Gespräche zu Aktivitäten mit authentischem Material, bei
der Buchbetrachtung, beim Vorlesen und Nacherzählen von Geschichten und in Rollenspielen.
⊛ Ev. wiederkehrende Rituale: z.B. Begrüßungslied, Verabschiedungsritual sorgen besonders bei
jungen Kindern für Sicherheit, schaffen vertraute Übergänge.
Sprachdidaktische Techniken
Gezielter Einsatz der Sprache durch die Pädagogin/den Pädagogen bzw. die Sprachförderin/den
Sprachförderer
Der bewusste Spracheinsatz beinhaltet, dass die Sprache an die Kompetenzen und die Bedürfnisse der
Kinder angepasst wird. Sprachmelodie, Struktur und Formen (Grammatik) sowie Wortschatz werden
bewusst gewählt und förderlich „modelliert“, um dem Kind das Erkennen der Lerninhalte zu erleichtern.
⊛ Sprechweise der Sprachförderin/des Sprachförderers: Pointierte Sprachmelodie, bewusstes
Verlangsamen, Betonen von Schlüsselwörtern und deutliche Aussprache, um die Aufmerksamkeit
der Kinder auf die spezifischen Merkmale der an sie gerichteten Sprache zu lenken.
⊛ Präsentation der zu lernenden Satzstrukturen: Die fördernde Person bietet in ihren Äußerungen
verstärkt die Zielform oder -struktur an.
Beispiel: Ziel: Vergangenheitsform und -struktur. Sie wird beim Sprechen über
stattgefundene Aktivitäten verstärkt in den Fokus gebracht, z.B. „Tugce hat ein
Haus gemalt. Du hast einen Baum gemalt. Und ich habe …“
⊛ Präsentation von neuen Wörtern: Die Zielwörter des Themenfeldes werden gehäuft angeboten
und stets in Sinnzusammenhänge eingebettet. Die langfristige Speicherung von Wörtern erfolgt
über den Aufbau von mentalen Bedeutungsnetzwerken. Ein „Eintrainieren“ von ausschließlich
isoliert dargebotenen Wörtern, etwa anhand von Wortkarten, ist nicht zielführend.
Beispiel:
Thema Obst: „Im Korb ist ein Apfel. Der Apfel ist rot. Ich schneide jetzt den
Apfel auf.“
⊛ Parallelsprechen: Versprachlichung bzw. Kommentierung kindlicher Intentionen.
Beispiel:
„Du möchtest, dass das länger hält, deshalb verwendest du …“
⊛ Sprachanregende Fragen: vor allem offene W-Fragen, Fragen nach Erklärungen.
Beispiel:
Wenn das Kind z.B. einen ganzen Satz als Antwort sprechen soll, eignen sich
offene Fragen, die eine längere Antwort erfordern: Warum? Was passiert hier?
Was macht er mit dem Ball? Im Gegensatz etwa zu Wo? oder Wer? – das sind
Fragen, die eine Ein-Wort-Antwort nahelegen.
Indirekte Korrekturen
Indirekte Korrekturen unterstützen Kinder bei der Annäherung an die Zielformen und -strukturen, d.h.
an die „korrekten“ Bildungen des Deutschen. Ein kindgerechter Umgang mit den Fehlern bedeutet,
dass die sprachfördernde Person das Kind nicht explizit auf die Fehler hinweist, sondern durch indirekte
Methoden der Sprachdidaktik die Fehler des Kindes in der eigenen sprachlichen Äußerung umwandelt.
⊛ Erweiterung bzw. Vervollständigung der Äußerungen des Kindes.
Beispiel:
„Fußball ...Tor“ – „Ja, der Fußball ist im Tor“.
⊛ Umformung der Äußerungen des Kindes.
Beispiel:
Aussagesatz zu Fragesatz, 1. Person zu 2. Person,
z.B. „Ich nehme das gelbe Stift.“ – „Ah, du nimmst den gelben Stift. Nimmst du auch
den blauen Stift?“
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⊛ Scaffolding: Dem Kind wird bei Ausdrucksnot ein Sprachlerngerüst, etwa in Form von
Anleitungen, Nachfragen etc. angeboten, welches die vom Kind benötigten sprachlichen Mittel,
wie Wortschatz und Satzstrukturen, beinhaltet.
Beispiel:
„Ich will das da“ – „Du brauchst die Schere.“
⊛ Korrektives Feedback: Fehlerhafte Äußerungen des Kindes werden nicht durch explizite
Beanstandung des Fehlers beantwortet, sondern durch implizite Korrektur.
Beispiel:
„Ich habe den Ball genehmt.“ – „Ah, du hast den Ball genommen.“
Die sprachdidaktischen Techniken sind nicht nur in der spezifischen Förderung einzusetzen, sondern
auch die vorrangige Methode der gruppenführenden Pädagogin/des Pädagogen im Alltagsgeschehen
des Kindergartens.
erzählen, Vorlesen/nacherzählen: angebote mit hohen Sprachlerneffekten
⊛ Interaktives Erzählen – Erzählen von Erlebnissen: Das Kind lernt durch die Hilfestellungen
der sprachfördernden Person, wie z.B. strukturierendes Nachfragen, Ereignisabfolgen
zusammenhängend zu erzählen und die dazu erforderlichen sprachlichen Mittel zu verwenden.
Auch die entsprechenden Gestaltungs- und Strukturmerkmale der typischen Erzählform können
dem Kind auf diese Weise, aber auch durch Vorbildwirkung der erwachsenen Bezugsperson
nähergebracht werden: Einleitung – Höhepunkt/Komplikation – Auflösung – Coda.
⊛ Vorlesen – Nacherzählen ist eine der effektivsten Formen der sprachlichen Bereicherung der
Kinder. Gerade das Format der spezifischen Sprachförderung eignet sich hervorragend für das
Vorlesen von Kinderbüchern. Vorzugsweise wird auch bei der Auswahl der Bücher ein Bezug zu
den literarischen Angeboten und Themen des pädagogischen Alltags hergestellt.
Die Auswahl der Bücher sollte neben thematischen Gesichtspunkten insbesondere in
der spezifischen Sprachförderung auch linguistische Kriterien berücksichtigen: Spezieller
Wortschatz, bestimmte Satzstrukturen, die sich in der Erzählung gehäuft wiederfinden, etwa
in wiederkehrenden Mustersätzen (Ich-Du-Dialoge / Vergangenheitssätze etc.) und andere
sprachliche Formen, können systematisch für die gezielte Förderung eingesetzt und genutzt
werden1.
Beispiel: „Brauner Bär, wen siehst denn du?“ 2 Wiederkehrende Mustersätze in Variation.
W-Fragesatz, Aussagesatz in der 1., 2. und 3. Person.
„Brauner Bär, wen siehst denn du?“
„Ich seh einen roten Vogel, der schaut mir zu.“
„Roter Vogel, wen siehst denn du?“
„Ich seh eine gelbe Ente, die schaut mir zu“
Wie auch beim Erzählen eigener Erlebnisse ist die interaktive, dialogische Ausgestaltung der
Vorlesehandlung von Bedeutung: Das Kind ist nicht nur passiv reaktiv beteiligt, sondern steuert
durch Fragen oder Bemerkungen die Vorlesehandlung. Die Sprachförderin / Der Sprachförderer
erhält den dialogischen Charakter des Vorlesens durch verständnissicherndes Nachfragen
bewusst aufrecht.
1
Weitere Vorschläge für die sprachliche Nutzung von Kinderliteratur s. Webportal http://www.ooe-kindernet.at/
2
Carle, Eric & Martin, Bill (1997). Brauner Bär, wen siehst denn du? Verlag Gerstenberg
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In einem weiteren Schritt können Kinder die Geschichte nacherzählen oder in Rollenspielen
ausagieren: Das Nacherzählen vorgelesener Geschichten ist in hohem Maße dazu geeignet, die
Erzählkompetenz der Kinder zu steigern.
⊛ Reime, Sprüche und Lieder: Die spielerische Beschäftigung mit Sprache ist eine immens
wichtige Quelle für das Sprachenlernen. Im Vordergrund steht die spielerische Interaktion, die
Lust an der Wiederholung und an der Ästhetik von Sprache. Die Aufmerksamkeit des Kindes
wird auf die Sprache selbst gerichtet. Reime, Sprüche und Lieder bieten die Möglichkeit zur
imitierenden Wiederholung und damit zum Einüben von Redemitteln und Sprachmustern.
Sinnvoller Umgang mit Bildungsmittel / Medien
⊛ Materialunabhängigkeit, aber Situationsbezug: Grundsätzlich soll das Material nicht im Zentrum
der Sprachfördersituation stehen, sondern flexibel, als Impulsgeber für Redeanlässe genutzt
werden. Es geht darum, Situationen zu schaffen, die den Interessen der Kinder entsprechen und
darin möglichst viel Raum für die Äußerungen der Kinder zu lassen.
⊛ Materialien vor allem als Impulsgeber für die Beschäftigung mit sprachförderlichen Aktivitäten
einsetzen: Beschäftigung mit zusammenhängenden, vor allem erzählenden Texten, mündlichen
Erlebnisberichten, Mitmachgeschichten, Szenen mit Handpuppen, Reimen, Erfinden von
Quatschversen, Fingerspiele, Kreisspiele, Bewegungsspiele, …
⊛ Einsatz von Materialien wie Tastbaum, Tastmemory, Fühldomino, Tastsack: Hemmungen
werden abgebaut, es zeigen sich schnellere Erfolge, Konzentration stellt sich durch den Reiz der
Tastaktivität von selbst ein.
⊛ Beispiele für Sprachfördermaterialien: Ratz-Fatz-Spiele, Jahreszeiten-Wimmelbilderbücher
(Rotraut Susanne Berner), Papperlapapp – Sprachförderung aus dem Pappkarton, Bri-BraBrillenbär – Sprachspiele für Kinder in multikulturellen Gruppen, …
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Verwendete und empfohlene literatur
Belke, Gerlind (Hrsg.)(2012): Mit Sprache(n) spielen. Kinderreime, Gedichte und Geschichten für Kinder zum
Mitmachen und Selbermachen. Textsammlung. Baltmannsweiler: Schneider.
Jampert, Karin, Leuckefeld, Kerstin, Zehnbauer, Anne, Best, Petra (Hrsg.)(2006): Sprachliche Förderung
in der Kita. Wie viel Sprache steckt in Musik, Bewegung, Naturwissenschaften und Medien? Weimar u.a.: das
netz.
Knapp, Werner, Kucharz, Diemut & Gasteiger-Klicpera, Barbara (2010): Sprache fördern im Kindergarten.
Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis. Weinheim: Beltz.
Reich, Hans H. (2008): Sprachförderung im Kindergarten. Grundlagen, Konzepte und Materialien. Weimar
u.a.: das netz.
Siegmüller, Julia, Fröhling, Astrid (2010): Das PräSES-Konzept. Potenzial der Sprachförderung im KitaAlltag. München: Elsevier.
Tracy, Rosemarie (2008): Wie Kinder Sprachen lernen. Und wie wir sie dabei unterstützen können. Tübingen:
Narr.
Tracy, Rosemarie, Lemke, Vytautas (Hrsg.) (2009): Sprache macht stark. Berlin u.a.: Cornelsen.
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