Materialmappe EIN SOMMERNACHTSTRAUM

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EIN SOMMERNACHTSTRAUM
von William Shakespeare
INHALT
INHALTSANGABE ..................................................................................................................................... 3
WER WAR WILLIAM SHAKESPEARE? ....................................................................................................... 5
DER MENSCH ........................................................................................................................................... 5
SHAKESPEARS SPIELSTÄTTEN .................................................................................................................. 5
DAS WELTBILD IM ELISABETHANISCHEN ZEITALTER ............................................................................... 6
DIE SPRACHE............................................................................................................................................ 7
ÜBERSETZUNGSVERGLEICH………………………………………………………………………………………………………………..9
DIE STRUKTUR VON SHAKESPEARES KOMÖDIEN .................................................................................. 10
DIE ANTIKOMISCHE GESELLSCHAFT ...................................................................................................... 10
PERIODE DER VERWIRRUNG ................................................................................................................. 10
DIE WIEDERGEWINNUNG DER IDENTITÄT IN DER KOMÖDIE ............................................................... 11
SELF-FASHIONING = SICH SELBST GESTALTEN....................................................................................... 12
GLOSSAR ................................................................................................................................................ 13
TEXTAUSZUG 1………………………………………………………………………………………………………………………………….17
1.Szene .................................................................................................................................................. 15
TEXTAUSZUG 2 ...................................................................................................................................... 18
2.Szene .................................................................................................................................................. 18
TEXTAUSZUG 3 ...................................................................................................................................... 21
4. Szene ................................................................................................................................................. 21
IMPULSTEXT 2........................................................................................................................................ 26
IMPULSTEXT 3........................................................................................................................................ 27
IMPULSTEXT 4........................................................................................................................................ 28
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INHALTSANGABE
William Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum" wurde um das Jahr 1595 verfasst
und wenige Jahre später vermutlich vor Königin Elisabeth I. persönlich uraufgeführt.
Die dramaturgischen Konflikte dieser Komödie, deren Wurzeln in den romantischen
Problemen der Hauptpersonen liegen, sind jedoch nicht als herkömmliche
Liebesgeschichten angelegt. Vielmehr gelang es Shakespeare im Sommernachtstraum,
seinem Publikum die nötige Distanz zum Geschehen auf der Bühne zu gewähren, um sich
an den Emotionen der Figuren zu belustigen und die Qual der Liebe als humoristisches, dem
menschlichen Leben immanentes Element wahrzunehmen.
Im Sommernachtstraum verschränken sich auf ingeniöse Weise drei völlig unterschiedliche
Personenkreise. Da ist zuerst die halbmythologische höfische Welt Athens, repräsentiert
durch Herzog Theseus und seiner Braut Hippolyta, den Edelmann Egeus und seiner Tochter
Hermia, die der Vater zur Ehe mit Demetrius zwingen will, obwohl sie und Lysander einander
lieben. Zu diesem Kreis gehört auch die einst von Demetrius angebetete, jetzt aber um
Hermias willen von ihm verschmähte Helena. In der Hoffnung den Treulosen wieder für sich
zu gewinnen, verrät ihm Helena, dass Hermia und Lysander sich außerhalb Athens heimlich
trauen lassen wollen, und heftet sich dann Demetrius, der das fliehende Paar verfolgt, an die
Fersen. Mit dieser etwas blass skizzierten Gesellschaft, deren Gefühle sich vorwiegend in
theoretischen Betrachtungen der Liebe äußert, kontrastiert die zweite Personengruppe, eine
parodistisch charakterisierte Schar von Handwerkern. Sie probt in demselben Wald, in dem
die verliebten Paare herumirren, ein für das Hochzeitsfest des Herrscherpaares bestimmtes
Theaterstück „Die höchst jammervolle Komödie und der höchst grausame Tod von Pyramus
und Thisbe“. Dieses Spiel im Spiel, eine – von den Darstellern unbeabsichtigte – Persiflage
der großen Tragödie, demonstriert, wie sich die hehren Gefühle und die schicksalshaften
Komplikationen des hohen Liebesdramas aus der Perspektive des beschränkten, wenn auch
bildungsbeflissenen Alltagsverstands ausnehmen. Der dritte Gestaltenkomplex, das
Elfenreich mit seinem seit geraumer Zeit entzweiten Königspaar Oberon und Titania,
umgreift und durchdringt die beiden ersten. Von ihm, insbesondere von Oberon und seinem
koboldhaften Diener Puck, gehen die Impulse aus, die das Geschehen in einem Wirbel von
Verwechslungen kulminieren lassen, es dann wieder entwirren und zu einem für alle
Beteiligten erfreulichem Ende führen. Oberen will sich mit einem bösen Schabernack an
seiner Gemahlin rächen, die sich weigert, ihm einen indischen Edelknaben zu übergeben. Er
träufelt der schlafenden den Saft einer von Puck herbeigeschaffenen Wunderblume auf die
Augen, damit sich Titania beim Erwachen in das nächstbeste lebende Wesen verliebe. Der
in dem ganzen Stück freischaltende Zufall führt ihr einen in der Nähe probenden Handwerker
namens Zettel zu, den Puck aus reinem Übermut mit einem Eselskopf ausgestattet und so
auch äußerlich zu dem gemacht hat, was der selbstgefällige Schwätzer im Grunde immer
gewesen ist. Der Zufall will es auch, dass Puck nicht, wie Oberon befahl, Demetrius den
Leidenschaft erzeugenden Zaubersaft ins Auge träufelt, sondern Lysander, der daraufhin
beim Erwachen die – wiederum zufällige – auftauchende Helena mit Liebesschwüren
überschüttet. Oberons Eingreifen bewirkt nur, dass sich nun auch Demetrius in Helena
verliebt. Damit ist das Labyrinth von Missverständnissen und fehlgeleiteten Gefühlen
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vollkommen. Mit Hilfe eines Gegenzaubers, der auch Titania von ihrer Verliebtheit in den
Esel befreit, macht der Elfenkönig schließlich der Wirrsal der Liebenden ein Ende. Bei ihrer
Rückkehr nach Athen werden die Paare Hermia und Lysander, Helena und Demetrius
gemeinsam mit Theseus und Hippolyta getraut. Die Elfenkönige haben sich auch Versöhnt
und die Handwerker zeigen nun endlich ihr Theaterstück.
Der Grundton der Dialoge und die verwendete Sprache sind so heiter und unbeschwert,
dass die Zuschauer von Anfang an nie den Zweifel daran hegen, dass die Geschichte ein
gutes Ende nehmen wird. Damit gestattet der Dramatiker seinem Publikum, die Komödie zu
genießen, ohne die Spannung eines ungewissen Ausgangs zu erleben, die das Vergnügen
trüben könnte.
Die stilistischen Elemente, die die Melodramatik der Liebe auf satirische Weise darstellen,
werden durch die Gegenüberstellung von in ihrem Aussehen drastisch entgegengesetzten
Charakteren, die herrlich groteske Liebespaare abgeben, weiter unterstrichen. Ebenso
arbeitet Shakespeare mit Figurenkonstellationen, die aus dem Gleichgewicht geworfen
werden und deshalb in ihren Liebeswirren eine Dramaturgie des Chaos bedingen. Die
Geschehnisse spielen sich in einer fantastischen Traumwelt ab, die einerseits die
übernatürliche Kraft der Liebe symbolisiert, andererseits der Handlung freien Raum lässt,
gänzlich ohne Logik und Erklärungen auszukommen.
Quelle: Kindlers neues Literaturlexikon, J.B. Metzler Verlag GmbH 1999
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WER WAR WILLIAM SHAKESPEARE?
DER MENSCH
William Shakespeare wuchs in dem kleinen Ort Stratford-upon-Avon auf. Wir wissen über
ihn, dass er am 26. April 1564 getauft wurde, was schlussfolgern lässt, dass er
wahrscheinlich wenige Tage zuvor geboren wurde. Sein genaues Geburtsdatum ist jedoch
nicht bekannt.
William war das dritte von acht Kindern seines Vaters John Shakespeare und seiner Mutter
Mary Arden. Über Williams Kindheit ist nahezu gar nichts bekannt.
Im November 1582 heiratete er die acht Jahre ältere Anne Hathaway, im Jahr darauf wurde
Tochter Susanna geboren. Später kamen die Zwillinge Judith und Hamnet dazu.
Über Shakespeares Familienleben weiß man wenig. Er selbst tauchte 1592 in London auf,
wo er als Schauspieler und Stückeschreiber lebte. In der Hauptstadt zu leben war in diesem
Metier geradezu Pflicht, denn dort befanden sich die Theater. Er war erfolgreich genug, um
seine Familie von London aus finanziell zu unterstützen. Und um sowohl die Aufmerksamkeit
von Neidern aber auch Gönnern auf sich zu ziehen.
Neben dem Schreiben von Stücken verdiente sich Shakespeare sein Geld dadurch, dass er
bald Teilhaber einer Schauspieltruppe und eines Theaters war, des Globe Theatre. Dort
wurden auch seine Stücke gespielt und sie waren so populär, dass Shakespeare bald ein
reicher Mann wurde.
Pflichtbewusst schickte er seiner Familie Geld nach Stratford–upon-Avon, bis er schließlich
eines der größten Häuser dort erwarb, wo er bis zur Heirat seiner Töchter wohnte. Sein Sohn
Hamnet verstarb bereits im Kindesalter.
Shakespeare starb am 23. April 1616 in seinem Geburtsort Statford-upon-Avon. Ihm wurde
eine Ehre zuteil, die sonst nur den alten Adelsfamilien vorbehalten war: er erhielt eine
Grabstätte im Chorraum der Holy Trinity Church. Schon wenige Jahre nach seinem Tod
wurde ihm in der Nähe seines Grabsteins ein Denkmal gebaut.
SHAKESPEARS SPIELSTÄTTEN
Die Theater hatten zu Shakespeares Zeiten einen schlechten Ruf, sie galten als Orte ohne
Moral und waren aus London verbannt. Doch das konnte die Schauspieler nicht aufhalten.
Sie bauten sich ihre Spielstätten einfach außerhalb der Stadt.
So erbaute Shakespeare sein Globe Theatre* im Süden der Stadt in der verrufenen Gegend
Sauthwark (sprich Satherk) auf der anderen Seite der Themse.
Sehr lange Zeit wusste man nicht viel über William Shakespeares Globe Theatre. Historiker
fügten die Bruchstücke der Erkenntnisse zusammen, die sie im Laufe der Zeit über die
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Bühne im „elisabethanischen Zeitalter“ gesammelt hatten. Eine Beschreibung lieferte der
Autor sogar selbst. In seinem Stück „König Heinrich der Fünfte“ schreibt er: „...hielte dies
runde O aus Holz auch nur die Helme, die dort bei Agincourt die Luft erschreckten?“
1989 entdeckten Bauarbeiter zufällig den Standort des ersten Globe Theatres. Unter den
schwierigen Bedingungen, dass ein Gebäude auf dieser Entdeckung stand, wurden die
Grundmauern von Archäologen untersucht. 1997 wurde unweit des Originals ein neues
Globe Theatre erbaut, wo heute natürlich wieder gespielt wird. Mittlerweile weiß man auch,
dass es zu Shakespeares Zeiten zwei Globe Theatres existierten. Eines davon fiel 1613
einem Brand zum Opfer. Es wurde jedoch wieder aufgebaut.
Das „runde O aus Holz“ hatte einen Durchmesser von ca. 30 Metern und war oben offen –
ein Freilichttheater also. Die Bühne maß etwa 15 mal 7 Meter und sie ragte in den
Zuschauerraum hinein, so dass die Schauspieler von drei Seiten beobachtet werden
konnten. Direkt um die Bühne standen Zuschauer, dies waren die „Groundlings“, sie zahlten
am wenigsten für den Eintritt.
Gegen Aufpreis konnte man Sitzplätze in den Galerien ergattern, die die Wände des
Gebäudes bildeten. Besondere Logenplätze waren noch teurer. Im „Globe Theatre“ hatten
ca. 3000 Menschen Platz – mehr, als heute in den meisten Theatern üblich ist.
Die Ausstattung der Bühne war eher einfach gehalten. Große Kulissen waren nicht üblich.
Die Stücke waren so geschrieben, dass die Szenen fließend ineinander über gingen und
keine große Umbauten erlaubten. Doch die alten Rechnungsbücher, die noch immer
existieren, beweisen, dass an den Kostümen nicht gespart wurde. Es war schließlich wichtig,
dass ein König aussah wie ein König.
Neben dem „Globe Theatre“ fing Shakespeare an, um 1608 ein weiteres Theatergebäude zu
nutzen. Das „Blackfriars Theatre“ war ein geschlossenes Theater, kleiner als das „Globe“
und der Eintritt war wesentlich teurer. Vielleicht war diese Exklusivität der Grund dafür, dass
es so nahe an den Stadtmauern von London stehen durfte. Wahrscheinlich war das
Publikum, das dort verkehrte, ebenfalls „exklusiver“.
DAS WELTBILD IM ELISABETHANISCHEN ZEITALTER
Die zentralen Themen in Shakespeares Stücken sind nach wie vor noch immer aktuell. Vor
400 Jahren wurde die Menschheit schon genauso von Geiz, Begierde, Ehrgeiz, Feigheit und
anderen zutiefst menschlichen Gefühlen geplagt wie heute auch. Doch andere Dinge wie
Monarchie, Hierarchie oder Geburtsrecht sieht man heutzutage natürlich anders als damals.
So ist uns auch das Recht des Vaters seine Tochter zu verheiraten wie im
„Sommernachtstraum“ und die Strafe die Hermia bei Verstoß gegen dieses Gesetz zu
erwarten hat (den Tod oder ins Kloster gehen), nicht vertraut.
Zu Shakespeares Zeiten hatte jeder seinen Platz in der natürlichen Ordnung. Könige waren
Könige, Bauern waren Bauern. Man wurde in einen Stand hineingeboren, in dem man auch
heiratete und in dem man sein Leben lebte, wie es sich eben für diesen Stand auch schickte.
In seinen Stücken verarbeitete William Shakespeare diese Unterschiede, indem er den
Figuren eine unterschiedliche Sprache zuordnete. Könige oder Adlige sprachen in der Regel
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Blankvers, Diener Prosa. Shakespeare nutzte also die Sprache als Mittel, die sozialen
Stellungen der Figuren herauszuarbeiten.
Die soziale Stellung war eine Folge der Geburt. Jeder Mensch und jedes Tier erfüllte seine
Position in der natürlichen Ordnung. Theoretisch. In der Praxis sah das schon ein bisschen
anders aus. Könige wurden abgesetzt, die Mittelklasse heiratete nach oben und Aristokraten
nach unten. Doch ein Durchbrechen der natürlichen Ordnung provozierte immer wieder ein
Desaster für den einzelnen und auch für die Gesellschaft.
Im Grunde spielt die natürliche Ordnung in allen Stücken Shakespeares eine Rolle.
Manchmal wird sie im Kleinen durcheinandergebracht, zum Beispiel, wenn jemand eine
Stellung anstrebt, die über seiner natürlichen Stellung liegt. Doch am Ende des Stückes wird
die Ordnung immer wieder hergestellt und die Figuren wieder in ihre natürliche Position
gerückt. Oder Shakespeare verleiht der Rolle einen Charakter (beispielsweise besondere
Tugendhaftigkeit), der es rechtfertigt, dass sie (die Rolle) ihre Position in die Stufe darüber
wechseln darf.
Logischerweise sind Shakespeares Stücke von diesem Weltbild geprägt, die Charaktere so
erschaffen, dass das Antasten der natürlichen Ordnung zwar immer wieder Thema war, es
sich aber zum Schluss immer wieder fügt. Wie Puck im Sommernachtstraum zu sagen
pflegt: „Gebt jedem das, was ihm geziemt“.
DIE SPRACHE
Zunächst muss man sich klar machen, dass Shakespeare seine Texte nicht als Lesetexte,
sondern als Theatertexte verfasst hat. Und dies für Schauspieler, die keine üppige
Bühnenausstattung zur Verfügung hatten oder über die Technik Effekte einbringen konnten.
Es war alles in den Text gepackt, von der Tages- und Jahreszeit über die Beziehung
zwischen den Figuren bis hin zur Seelenlage jeder einzelnen Rolle.
Entsprechend komplex sind diese Texte. Eine Bedeutung als literarische Texte erhielten
seine Stücke erst mit den Jahren, nach seinem Tod.
Shakespeare schrieb Stücke in Versform, mehr oder weniger mit Prosa vermischt.
Die Versform hatte für den Schauspieler den Vorteil, dass es einfacher war, sie auswendig
zu lernen. Der Rhythmus, dem sie unterliegt, macht es einfacher, sie im Kopf zu behalten. Es
ist eigentlich logisch: wenn man ein Lied lernen muss, tut man sich ja auch leichter, wenn
man die Melodie kennt.
William Shakespeares Versform war der häufig der Blankvers mit dem Rhythmus des
fünfhebigen Jambus. Der Blankvers ist ein Vers, der sich nicht reimt. Der fünfhebige Jambus
bedeutet, dass auf eine unbetonte Silbe eine betonte folgt und in jeder Zeile fünf betonte
Silben vorkommen.
Wenn man bedenkt, dass diese Stücke ja schon 400 Jahre alt sind und sich die Sprache in
dieser Zeit weiterentwickelt und verändert hat, dass Worte oder Redewendungen, die
damals normal waren, gar nicht mehr existieren, wundert man sich nicht, wenn die
Menschheit Schwierigkeiten hat, diese Texte zu verstehen. Aber es kann sehr spannend und
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auch witzig sein, sich damit auseinander zu setzen. Denn Shakespeares Sprache,
vollgepackt mit Informationen über Figurenbeziehung, Charakteristik oder politischen
Problemen, ist einzigartig.
Mehr als 40 Übersetzer haben in den vergangenen Jahrhunderten versucht, uns
Shakespeare näher zu birngen. Einer der für uns wichtigsten ist August Wilhelm von
Schlegel. Er hat in den Jahren 1797 bis 1810 nahezu die Hälfte aller Shakespeare-Werke
übersetzt. Seine Übersetzungen lehnen sich stark an die Versform des englischen Originals
an. Doch eine Ausgabe seines Gesamtwerks hat es bei uns seit über hundert Jahren nicht
mehr gegeben.
Übung:
Sehen Sie dazu mit Ihrer Klasse denn Übersetzungsvergleich auf Seite 8 von Helenas
Monolog.
Quelle: http://www.theaterwerkstatt-heidelberg.de
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Helena
How happy some o'er other some can be!
Through Athens I am thought as fair as she.
But what of that? Demetrius thinks not so;
He will not know what all but he do know:
And as he errs, doting on Hermia's
eyes,
So I, admiring of his qualities:
Things base and vile, folding no quantity,
Love can transpose to form and dignity:
Love looks not with the eyes, but with the
mind;
And therefore is wing'd Cupid painted blind:
Nor hath Love's mind of any judgement taste;
Wings and no eyes figure unheedy haste:
And therefore is Love said to be a child,
Because in choice he is so oft beguiled.
As waggish boys in game themselves
forswear,
So the boy Love is perjured every where:
For ere Demetrius look'd on Hermia's eyne,
He hail'd down oaths that he was only mine;
And when this hail some heat from Hermia
felt,
So he dissolved, and showers of oaths did
melt.
I will go tell him of fair Hermia's flight:
Then to the wood will he to-morrow night
Pursue her; and for this intelligence
If I have thanks, it is a dear expense:
But herein mean I to enrich my pain,
To have his sight thither and back again.
William Shakespeare (um 1598)
Helena
Wie kann das Glück so wunderlich doch
schalten!
Ich werde für so schön als sie gehalten.
Was hilft es mir, solang Demetrius
Nicht wissen will, was jeder wissen muß?
Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu
hangen,
Vergöttr ich ihn, von gleichem Wahn
befangen.
Dem schlechteren Ding an Art und an Gehalt
Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt.
Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den
Augen,
Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.
Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.
Auch malt man ihn geflügelt und als Kind,
Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen,
In seiner Wahl so häufig wird betrogen.
Wie Buben oft im Scherze lügen, so
Ist auch Cupido falscher Schwüre froh.
Eh Hermia meinen Liebsten mußt entführen,
Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren;
Doch kaum erwärmt von jener neuen Glut,
Verrann, versiegte diese wilde Flut.
Jetzt geh ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen;
Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen.
Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß,
So kauf ich ihn um einen teuren Preis.
Doch will ich, mich für meine Müh zu laben,
Hin und zurück des Holden Anblick haben.
August Wilhelm von Schlegel (1798)
Helena
Die einen haben Glück, die andern nie!
Für ganz Athen bin ich so schön wie sie.
Was hilfts, solange er nicht glaubt ich seis.
Er will nicht wissen, was sonst jeder weiß.
Er ist verblendet, wenn er Hermia sieht,
So blind wie ich, seit ich an ihn geriet.
Was hässlich ist, was niemand je begehrt,
Die Liebe gibt ihm plötzlich einen Wert.
Die Liebe sieht nur das, was ihr gefällt,
Weshalb man Amor immer blind darstellt.
Ganz ohne Urteil, achtlos und in Hast,
Verschießt er seine Pfeile, wies ihm passt.
Deswegen sagt man auch, er sei ein Kind
Weil seine Schüsse selten Treffer sind.
Und wie auf Kinder, die im Spiel falsch
schwören,
Darf man auch nicht auf Amors Schwüre
hören.
Denn eh Demetrius auf Hermia blickte,
Bin ichs gewesen, der er Schwüre schickte.
Doch als er sich von ihr erhitzen ließ
War ich es, die er gnadenlos verstieß.
Jetzt geh ich zu ihm, steck ihm Hermias
Flucht.
Ich weiß, dass er sie dann im Walde sucht.
Für den Verrat wird er mich sicher schätzen
Und dieser Dank wird mich noch mehr
verletzen.
Doch seh ich ihn und spür ein wenig Glück
Den ganzen Hinweg und den Weg zurück.
Angela Schanelec (1983)
DIE STRUKTUR VON SHAKESPEARES KOMÖDIEN
Shakespeares Komödien haben bestimmte Qualitäten, die mit den Begriffen des
Konventionellen, Populären und Primitiven zusammenhängen. Um eine deutliche Vorstellung
von dieser Struktur zu gewinnen, hilft es, sich der rituellen Formen zu erinnern, die dem
Drama vorausgingen. Diese Rituale enthalten drei Elemente besonderer Bedeutung für die
komische Struktur. Das eine ist die Zeit der Vorbereitung und Erwartung, wie im Christentum
die Fastenzeit, eine strenge und düstere Zeit. Das zweite Element ist der Zeitraum der
Umkehrung der Werte, wie der Fasching, die Saturnalien (römisches Fest zu Ehren des
Gottes Saturn) oder Orgien. Das dritte ist die Zeit des Festes selber, das Gelage, die
Hochzeit oder der komos (altgriechisch‚ festlicher, fröhlicher Umzug) der der Komödie den
Namen gegeben habe soll. Die Elemente des Rituals treten nicht immer in dieser
Reihenfolge auf, aber diese Anordnung erscheint dramatisch besonders wirkungsvoll, und
wir finden sie auch in der typischen Shakespeare Komödie wieder.
DIE ANTIKOMISCHE GESELLSCHAFT
Zu dieser Struktur gehört eine anti-komische Gesellschaft, d.h. eine gesellschaftliche
Ordnung, die der komischen Handlung entgegensteht und die erst im Verlauf des Stücks
umgangen oder überwunden wird. Sie hat häufig die Gestalt eines barbarischen oder
vernunftwidrigen Gesetzes. Die meisten dieser unsinnigen Gesetze dienen der Absicht, den
Geschlechtstrieb in geregelte Bahnen zu lenken, und wirken so den Wünschen von Held und
Heldin entgegen, die den Hauptantrieb der komischen Handlung bilden. Zugleich steht die
anti-komische Gesellschaft für die gesellschaftliche Realität, die Widerstände, auf die unsere
Wünsche in der Welt, in der wir leben stoßen, während die neue Gesellschaft des Schlusses
die Verwirklichung eines Wunschtraumes darstellt, die wir in der Wirklichkeit kaum jemals
antreffen werden. Der dramatische Vorgang, der in dem festlichen Abschluss kulminiert, zielt
auf die Erschaffung einer neuen Wirklichkeit als etwas, das unmöglich und gleichwohl
wünschenswert ist.
PERIODE DER VERWIRRUNG
Den zweiten Zeitraum, die Periode der Verwirrung und sexuellen Freibriefe, könnten wir die
Phase der vorübergehenden verlorenen Identität nennen. Diese Phase wird gewöhnlich
durch das Primitive Mittel undurchschaubarer Verkleidungen (siehe Maskenball in „Viel Lärm
um nichts“)symbolisiert oder durch das Eingreifen von als unsichtbar geltenden Gestalten,
wie Puck („Ein Sommernachtstraum“)oder Ariel („Der Sturm“). „In Ende gut, alles gut“ und
„Maß für Maß“ findet sich das Motiv der Verkleidung: ein Mädchen wird in der Dunkelheit für
ein anderes ausgegeben, im „Sommernachtstraum“ werden Liebende im Schutze der
Dunkelheit vertauscht und eine ähnliche Konstellation dient der Verleumdung Heros in „Viel
Lärm um nichts“.
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DIE WIEDERGEWINNUNG DER IDENTITÄT IN DER KOMÖDIE
Die dritte und abschließende Phase bringt die Enthüllung bzw. den Wiedergewinn der
Identität. Dieser Vorgang kann viele Formen annehmen, die sich jedoch auf zwei
grundlegende zurückführen lassen: eine soziale und eine individuelle. Die Identität am Ende
einer Komödie ist in einem Fall die neue Gesellschaft, zu der die Mehrzahl der Personen
sich verbunden haben, im anderen das erneute Individuum, das eine Wandlung seines
Bewusstseins und seiner Gesinnung durchgemacht hat; bei Shakespeare findet man in der
Regel beides. Individuelle Identität wird Ereignis, wenn eine Person sich selbst auf eine ganz
neue Weise kennenlernt. Eine Person wird ganz und gar von einem bestimmten
Charakterzug beherrscht, der sie dazu nötigt, eine bestimmte Verhaltensweise mechanisch
zu repetieren. Deren Verhalten bildet einen der wesentlichen Anlässe des Lachens. Die
Handlung einer Komödie führt häufig zu einer Selbsterkenntnis, die die Person aus der
Knechtschaft ihres Verhaltens befreit.
Wir leben in einem skeptischen Zeitalter und neigen dazu, um mit Freud zu sprechen,
Wunscherfüllung als eine Angelegenheit des Traums zu betrachten: als ohnmächtigen und
schattenhaften Gegenspieler des Realitätsprinzips. Wenn wir eine Tragödie sehen, sind wir
beeindruckt von der Realität der Illusion. Im Zusammenhang einer Shakespeareschen
Komödienhandlung jedoch ist die Art von Wirklichkeit, die wir mit dem Begriff
Wunscherfüllung verbinden, nicht ohnmächtig oder lediglich eine Angelegenheit eines
Traums. Sie ist vielmehr eine Macht, die nicht weniger tief in Natur und Wirklichkeit
verwurzelt ist als ihr Gegenspieler, und wir sehen sie mit dem Fortgang der Handlung die
vorsehbare Welt verdrängen und durchdringen.
Northrop Freye
Quelle: Northrop Freye, Shakespeares Vollendung, München Nyphenburger Verlagshaus 1966, Wikipedia, Dramaturgie
Landestheater Niederösterreich
Übung:
Überprüfe diese Aussagen auf den Inhalt und die Textauszüge des
„Sommernachtstraums“!
Wer bildet im „Sommernachtstraum“ die Antikomische Gesellschaft?
Beschreibe die Periode der Verwirrung auf Grund deiner Textkenntnisse.
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SELF-FASHIONING = SICH SELBST GESTALTEN
Die Zeit der Renaissance* gilt als Zeit der epochalen Veränderungen, in der sich die
intellektuellen, sozialen, psychologischen und ästhetischen Strukturen in der Gesellschaft
grundlegend wandelten. Die Kunst entdeckte die Perspektive, und man begann die Welt zu
vermessen. Der Mensch glaubte, sowohl die Welt als auch sich selbst formen zu können.
Über die Steuerung der eigenen Wahrnehmung und des eigenen Verhaltens sollte die
Persönlichkeit aktiv gestaltet werden. Exemplarisch für diese Zeit steht das Wort „fashion“
mit seinen verschiedenen Bedeutungen: zum einen bezeichnet es den Prozess des Formens
und Gestaltens, zu zweiten die äußere Erscheinung selbst und zum dritten das Formen des
inneren und äußeren Selbst einer Person. Vor allem die Aristokratie der Renaissance sah in
der Formgebung der menschlichen Identität einen kunstvollen Prozess. Die konstruktive
Macht, die bis dahin Gott zugeschrieben wurde, sollte der Mensch nun selbst in die Hand
nehmen und sein Handeln allein durch seinen freien Willen motivieren, um bleibende
Zeichen in der Welt zu setzten und dem Ich eine konstante und klare Gestalt zu verleihen.
In Il Principe schrieb Machiavelli, dass es der Fürst verstehen müsse, Mensch oder Tier zu
spielen. In der Trennung zwischen Mensch und Tier, der Herausbildung des humanen
Strebens und der Zurückdrängung des triebhaften Verlangens sahen die Menschen die
Grundlage für die Gestaltung des Selbst.
Die Fiktion und Theatralik der menschlichen Existenz trat vor allem im öffentlichen Leben der
Renaissance deutlich zutage. Die Vorlieben König Heinrich VIII., sich luxuriös zu kleiden,
Bankette und Maskenbälle abzuhalten, waren Ausdruck seiner fanatischen Leidenschaft für
Verkleidung, Abwechslung und gigantischen Pomp. Thomas More, Zeitgenosse
Shakespeares, bezeichnete die Welt als theatralisch verrückt und sich selbst in dieser Welt
als Schauspieler, der sich seines eigenen Status als geistige Schöpfung jedoch deutlich
bewusst war. In dieser Gesellschaft und vor allem innerhalb der Aristokratie, deren Macht
beständig wuchs, dominierten Täuschung und Maskierung, und die Beziehung des
Intellektuellen zur Macht wurde neu definiert. Die Rhetorik wurde zum primären sprachlichen
und intellektuellen Instrument der Selbstschöpfung und Kunst gepflegt. Doch ging es in der
Rhetorik nicht allein um die Kunstfertigkeit der Rede. Das Ideal der Zeit sah jede Art des
Streits als Diskurs an, die Poesie als darstellende Kunst und die Literatur als
Ausstellungsraum menschlicher Lebensmodelle.
Die komplexe, selbst-bewusste, theatralische Anpassung an die Welt, die wir als
charakteristisch für die moderne Individualität ansehen hat ihre Wurzeln in der Renaissance.
Stephen Greenblatt
Quelle: Stephen Greenblatt Renaissance Self-Fashioning From More to Shakespeare, 1980
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GLOSSAR
Elisabethanisches Zeitalter ist der Name für die Regierungszeit von Königin Elisabeth I.
von 1558–1603. Es wird oft als das goldene Zeitalter der englischen Geschichte bezeichnet in diese Periode fallen der Höhepunkt der englischen Renaissance und eine Blütezeit der
englischen Literatur. Das elisabethanische Theater blühte auf, die Stücke William
Shakespeares und anderer revolutionierten die Art, Dramen zu schreiben. Engländer
erforschten die Welt, die Expansion nach Nordamerika begann. In England selbst festigte
sich der Protestantismus.
Farce ist eine Komödie, die das Ziel hat, die Zuschauer durch die Darstellung von
unwahrscheinlichen oder extravaganten, aber häufig denkbaren Situationen, Verkleidungen
und Verwechslungen zu unterhalten. Sprachlicher Humor inklusive Wortspielen und
sexueller Anspielungen, ein schnelles Tempo, das im Verlaufe des Stückes noch schneller
wird, und bewusste Absurdität sind ebenfalls häufig in einer Farce zu finden.
First Folio nennt man die erste Gesamtausgabe von William Shakespeares Dramen. Sie
erschien 1623, sieben Jahre nach seinem Tod, im Folio-Buchformat (Buchrückenhöhe von
ca. 40 cm). Offiziell trug die Folio-Ausgabe den Titel Mr. William Shakespeare’s Comedies,
Histories and Tragedies. Von diesen existieren heute noch etwa 230.
Globe Theatre ist der Name eines elisabethanischen Theatergebäudes am Südufer der
Themse in London, das vor allem durch Aufführungen von Werken William Shakespeares
einen bedeutenden Platz in der Theatergeschichte einnimmt. Es wurde 1599 erbaut. Auch
mehrere moderne Nachbauten dieses Theaters in London und an anderen Orten tragen den
Namen Globe.
Komödie (altgriechisch: eigentlich „singender Umzug“, meist übersetzt als „Lustspiel“) ist ein
Drama mit erheiterndem Handlungsablauf, das in der Regel glücklich endet. Die
unterhaltsame Grundstimmung entsteht durch eine übertriebene Darstellung menschlicher
Schwächen, die neben der Belustigung des Publikums auch kritische Zwecke haben kann.
Melodram oder Melodrama (melos: „Lied, Sprachmelodie“, drama: „Handlung“) ist seit dem
späteren 18. Jahrhundert das populäre Gegenstück zur aristokratischen Tragödie. Im
Gegensatz zur Tragödie kann das Melodram ein glückliches Ende haben und hat den
Schwerpunkt in Sitten- und Zeitbildern.
Novellistik ist eine der reichhaltigsten und beliebtesten Gattungen der mittelalterlichen
Erzählliteratur. Sie zeichnet sich durch kürzere Verserzählungen über List und Betrug,
Ehebruch und treue Liebe, erotische Besessenheit und feinsinnige Minne, aus.
Shakespeare bediente sich für seine Komödien gerne solcher Vorlagen.
Quarto bezeichnet man die Ausgaben der Shakespeare-Dramen, die zu seinen Lebzeiten
veröffentlicht wurden. Der Name meint eigentlich nur das Papierformat Quart, auf dem sie
gedruckt wurden.
Renaissance (französisch: Wiedergeburt) beschreibt die Kunstepoche der mit ihr
beginnenden Neuzeit, im 15. und 16. Jahrhundert. Die Bezeichnung wurde im 19.
Jahrhundert geprägt und gibt die Vorstellung wieder, nach dem Mittelalter habe die
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europäische Kultur sich erneut an der griechischen und römischen Antike orientiert. Typisch
für die Renaissance ist der Gedanke an den Menschen als Einzelperson, als schöpferisches
Individuum.
Sonett (Plural: die Sonette, von lat. sonus ‚Klang, Schall‘, auch: Klanggedicht oder auch lat.
sonare ‚tönen‘ und ital. sonetto ‚Klinggedicht‘) ist eine Gedichtform. Der Name bedeutet
„kleines Tonstück“ und wurde im deutschen Barock als „Klinggedicht“ übersetzt. Das
englische Sonett wurde auch als „Shakespeare-Sonett“ nach seinem bedeutendsten
Vertreter bekannt.
Tragödie ist eine Form des Dramas und neben der Komödie die bedeutsamste Vertreterin
dieser Gattung. Sie lässt sich bis in das antike Griechenland zurückführen. Kennzeichnend
für die Tragödie ist der schicksalhafte Konflikt der Hauptfigur. Ihre Situation verschlechtert
sich ab dem Punkt, an dem die Katastrophe eintritt. Das Scheitern des Helden ist in der
Tragödie unausweichlich; die Ursache liegt in der Konstellation und dem Charakter der Figur.
Quelle: Shakespeare und seine Zeit, Louis B.Wright; Wikipedia; Literatur Brockhaus
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TEXTAUSZUG 1
1.Szene
LYSANDER
Was ist mit dir? Warum bist du so blass?
HERMIA
Dass wahre Liebe immer Leiden ist,
Steht also fest wie ein Erlass des Schicksals.
LYSANDER
Höre Hermia:
Wenn du mich liebst,
Schleich morgen Nacht aus deines Vaters Haus,
Und eine Meile vor der Stadt, im Wald,
Wo ich dich damals traf mit Helena,
Weißt du, dort will ich auf dich warten.
HERMIA
Mein Lysander!
Ich schwöre dir bei Amors stärkstem Bogen,
Bei seinem besten Pfeil mit goldner Spitze,
Den reinen Tauben überm Venusfest,
Bei dem, was Liebende sich finden lässt,
Der Königin Karthagos, die verbrannte,
Als sich der falsche Trojer von ihr wandte,
Den Schwüren, die die Männer je gebrochen,
Und das sind mehr, als Frauen je gesprochen,
An jener Stelle, die wir ausgemacht,
Treff ich dich morgen gegen Mitternacht.
LYSANDER
Dann wart ich da. Schau, da kommt Helena.
HERMIA
He, schöne Helena. Wo gehst du hin?
HELENA
Du nennst mich schön, ich weiß, dass ichs nicht bin.
Demetrius liebt dich, glückliche Schöne.
Wär Schönheit Krankheit, sucht ich deine Nähe,
Und steckt mich bei dir an, bevor ich gehe.
Zeig mir die Kunst, durch die es dir gelang,
Dass es ihm so Verstand und Herz bezwang.
HERMIA
Mein Blick ist bös, er liebt mich trotzdem noch.
HELENA
Ach hätt mein Lächeln diese Wirkung doch.
HERMIA
Und meine Flüche ernten Leidenschaft.
HELENA
Ach hätten meine Seufzer solche Kraft.
HERMIA
Trotz allergrößtem Hass verfolgt er mich.
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HELENA
Trotz allergrößter Liebe hasst er mich.
HERMIA
Sein Wahnsinn ist doch keine Schuld von mir.
HELENA
Doch deine Schönheit; läg die Schuld bei mir.
HERMIA
Nur Mut, denn mein Gesicht ist bald hier fort,
Ich fliehe mit Lysander diesen Ort.
LYSANDER
Dir, Helena, enthülln wir unsern Plan.
Wenn morgen Nacht der Mond auf seiner Bahn
Sein silbernes Gesicht im See beschaut,
Mit feuchten Perlen dann das Gras betaut,
Wenn Dunkelheit und Schlaf die Flucht verhehlen,
Dann werden wir aus dieser Stadt uns stehlen.
HERMIA
Und in dem Wald, wo du und ich oft lagen,
Und jede hört das Herz der andern schlagen,
Wir wussten bald schon alles voneinander,
Da treffen wir uns, ich und mein Lysander.
Wir blicken nie mehr nach Athen zurück
Und suchen uns woanders unser Glück.
Leb wohl, Gefährtin, bete für uns beide,
Und Glück verwandle deinen Schmerz in Freude.
Halt Wort Lysander; bald ist damit Schluss,
Dass unser Blick nach Liebe hungern muss.
LYSANDER
Versprochen, Hermia.
Hermia ab.
Helen, ich muss fliehn.
Vernarrt sei er in dich, wie du in ihn.
Lysander ab.
HELENA
Die einen haben Glück, die andern nie!
Für ganz Athen bin ich so schön wie sie.
Was hilfts, solang Demetrius nicht glaubt ich seis.
Er will nicht wissen, was sonst jeder weiß.
Er ist verblendet, wenn er Hermia sieht,
So blind wie ich, seit ich an ihn geriet.
Was hässlich ist, was niemand je begehrt,
Die Liebe gibt ihm plötzlich einen Wert.
Die Liebe sieht nur das, was ihr gefällt,
Weshalb man Amor immer blind darstellt.
Ganz ohne Urteil, achtlos und in Hast,
Verschießt er seine Pfeile, wies ihm passt.
Deswegen sagt man auch, er sei ein Kind
Weil seine Schüsse selten Treffer sind.
Und wie auf Kinder, die im Spiel falsch schwören,
Darf man auch nicht auf Amors Schwüre hören.
Denn eh Demetrius auf Hermia blickte,
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Bin ichs gewesen, der er Schwüre schickte.
Doch als er sich von ihr erhitzen ließ
War ich es, die er gnadenlos verstieß.
Jetzt geh ich zu ihm, steck ihm Hermias Flucht.
Ich weiß, dass er sie dann im Walde sucht.
Für den Verrat wird er mich sicher schätzen
Und dieser Dank wird mich noch mehr verletzen.
Doch seh ich ihn und spür ein wenig Glück
Den ganzen Hinweg und den Weg zurück.
Ab.
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TEXTAUSZUG 2
2.Szene
SQUENZ
Alle da?
ZETTEL
Am besten, du rufst alle zusammen auf, Mann für Mann,
wie es auf deinem Zettel steht.
SQUENZ
Hier ist die Tabelle mit den Namen von jedem Mann, der für fähig gehalten wird von
ganz Athen, in unserem kleinen Zwischenspiel mitzuspielen vor dem Herzog und der
Herzogin, an seinem Hochzeitstag nachts.
ZETTEL
Erst, lieber Peter Squenz, sag, wovon das Stück handelt,
dann lies die Namen der Schauspieler vor; und dann ist gut.
SQUENZ
Verflucht noch mal, unser Stück ist ‚Die höchst beklagenswerte
Komödie und der höchst grausame Tod von Pyramus und Thisby.’
ZETTEL
Ein sehr gutes Stück Arbeit, mein lieber Mann, und lustig. Jetzt, lieber Peter Squenz, ruf
deine Schauspieler auf, nach der Tabelle.
SQUENZ
Antwortet, wie ich euch aufrufe. Klaus Zettel, der Weber.
ZETTEL
Hier. Sag mir die Rolle und dann weiter.
SQUENZ
Du, Klaus Zettel, bist hier als Pyramus aufgeführt.
ZETTEL
Was ist Pyramus? Ein Liebhaber oder ein Tyrann?
SQUENZ
Ein Liebhaber, der sich äußerst tapfer selber umbringt, aus Liebe.
ZETTEL
Das wird einige Tränen kosten bei entsprechender Darstellung. Wenn ich es mache,
muss das Publikum auf seine Augen achten. Ich werde Stürme auslösen. Jetzt die
Andern – aber meine eigentliche Veranlagung ist der Tyrann. Ich könnte den Herrn Kules
einmalig spielen, oder eine Rolle, wo ich richtig die Sau raus lassen kann und es kracht.
Der Felsen ruckt
Die Erde zuckt
Der Schlund verschluckt
Des Kerkers Tor.
Und Phibbus’ Karrn,
Kommt angefahrn
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Und macht erstarrn
Der Parzen Chor.
In der Richtung. Jetzt den Rest der Schauspieler. Das war der Stil von Herrn Kules,
Tyrannenstil, ein Liebhaber ist mehr kondolierend.
SQUENZ
Franz Flaut.
FLAUT
Hier.
SQUENZ
Flaut, du musst Thisby übernehmen.
FLAUT
Was ist Thisby? Ein fahrender Ritter?
SQUENZ
Es ist das Fräulein, das Pyramus lieben muss.
FLAUT
Nein, bitte, ich will keine Frau spielen. Ich bin zu alt.
SQUENZ
Das ist egal: du sprichst es so hoch, wie du kannst.
ZETTEL
Wenn ich mein Gesicht verstecken darf, lass mich auch die Thisby spielen. Ich werde mit
einer fürchterlich feinen Stimme sprechen. ‚Thösne, Thösne!’ – ‚Ah! Pyramus, mein
Liebster mein, die Thisby dein und Fräulein fein.’
SQUENZ
Nein, nein, du musst den Pyramus spielen, und du Flaut, Thisby.
ZETTEL
Gut, dann weiter.
SQUENZ
Ich spiele die Löwenrolle. Und damit, hoff' ich, ist das Stück gelaufen.
ZETTEL
Lass mich den Löwen auch noch spielen. Ich werde brüllen, dass alle Herzen höher
schlagen, wenn sie mich hören. Ich werde brüllen, dass der Herzog sagen wird: ‚Lasst
ihn noch mal brüllen, lasst ihn noch mal brüllen.’
SQUENZ
Und wenn du es zu fürchterlich machst, erschreckst du vielleicht die Herzogin und die
Damen, sie würden kreischen, und das würde reichen, uns alle an den Galgen zu
bringen.
FLAUT
Wir können uns aufhängen, einer wie der andere.
ZETTEL
Klar, wenn die Damen vor Schreck ihren Verstand verlieren, dann wird ihnen nichts
anderes mehr einfallen, und sie hängen uns auf. Aber ich werde meine Stimme so
exaltieren, dass ich brüllen werde so sanft wie ein saugendes Täubchen, ich werde euch
brüllen, als wärs eine Nachtigall.
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SQUENZ
Du kannst keine andere Rolle spielen als den Pyramus, denn Pyramus ist ein schöner
Mann; ein eleganter Mann, wie man ihn nur sonntags sieht; ein äußerst feiner,
kavaliersmäßiger Mann, deswegen musst du ihn spielen.
ZETTEL
Gut, dann übernehm ich ihn.
SQUENZ
Meisters, hier sind eure Rollen; und ich muss euch bitten, ermahnen und dringend
ersuchen, sie bis morgen Nacht auswendig zu lernen; wir treffen uns im Wald, eine Meile
vor der Stadt, bei Mondschein; dort wollen wir proben, denn wenn wir uns in der Stadt
treffen, werden wir beobachtet, und die Sache fliegt auf. Ich werde inzwischen eine
Requisitenliste anlegen. Ich flehe euch an, lasst mich nicht hängen.
ZETTEL
Wir werden kommen. Da können wir ganz intim und ungeniert dramatisieren. Gebt euch
Mühe, seid perfekt. Adieu.
SQUENZ
Im Mondschein treffen wir uns.
ZETTEL
Ja, ja! – Also: Hals- und Beinbruch.
Alle ab.
20
TEXTAUSZUG 3
4. Szene
TITANIA
Komm, einen Tanz und noch ein Elfenlied,
Dann fort mit dir, für ein Minutendrittel.
Sollst Raupen töten in den Rosenknospen;
Den Fledermäusen ihre Flügel stehlen,
Um kleine Mäntel draus zu nähn. Verscheuch
Den lauten Kauz, der kreischt und nichts versteht
Von zartem Zauber. Sing mich jetzt in Schlaf;
Dann folg meinem Befehl und lass mich ruhn.
Die Elfe singt.
ELFE
Jetzt ist es gut.
Ich bleibe auf der Hut.
Elfe ab.
Oberon tritt auf.
OBERON
Was du siehst nach dem Erwachen,
Soll dich wild vor Liebe machen,
Deine ganze Lust entfachen.
Sei es Bär, Luchs, Jaguar,
Wildes Schwein mit Borstenhaar,
Wird dein Auge es gewahr,
Seid ihr gleich ein Liebespaar.
Komme dir ein Scheusal nah.
Oberon ab. Aufritt Lysander und Hermia.
LYSANDER
Mein Lieb, dich schwächt das Wandern durch den Wald;
Und, Hand aufs Herz, ich hab den Weg verpasst.
Wenn du es willst, dann machen wir hier halt,
Und bleiben, bis der helle Mond verblasst.
HERMIA
Genau, Lysander. Schlaf du einfach dort,
Ich bleibe hier, ich schlafe auch sofort.
Lysander nähert sich ihr.
HERMIA
Lysander, nein; um meinetwillen, Lieber,
Lieg weiter weg; leg dich doch dort hinüber.
21
LYSANDER
O Süße, kannst du mich denn nicht begreifen?
Aus Liebe muss doch auch Vertrauen reifen.
HERMIA
Doch teurer Freund, aus Liebe und Respekt,
Rück weiter weg, mir ist das zu direkt.
LYSANDER
Hier ist mein Bett. Ich wünsch dir gute Nacht.
HERMIA
Wünsch ich dir auch. Und sei von Gott bewacht.
Auftritt Puck.
PUCK
Bin die Suche langsam leid,
Kein Athener weit und breit,
Um am Auge zu probieren
Wie die Tropfen stimulieren.
Nacht und Schweigen – was ist das?
Ein Athener liegt im Gras.
Und zwar der, um den es geht.
Der sein Mädchen so verschmäht.
Ja, hier liegt sie, schläft ganz fest
In dem feuchten, dunklen Nest.
Hübsches Ding! Sie traut sich nicht
Näher ran an diesen Wicht.
Kerl, in deine Augen spritzt
Was dir Herz und Blut erhitzt:
Kannst auf Schlaf bald nicht mehr hoffen,
Lust hält dir die Augen offen.
Wach nur auf, ich lauf davon,
Denn ich muss zu Oberon.
Ab.
Demetrius und Helena treten auf.
HELENA
Geliebter, schlag mich tot, nur bleib bei mir.
DEMETRIUS
Verfolg mich nicht, geh weg, befehl ich dir.
HELENA
Du lässt mich hier im Dunkeln? Bitte nein.
DEMETRIUS
Du bleibst, ich warne dich. Ich geh allein.
Demetrius ab.
HELENA
O ich bin atemlos vor törichtem Getu.
22
Ich fleh ihn schamlos an, er hört nicht zu.
O ich bin so hässlich wie ein Stier,
Sogar die Tiere fürchten sich vor mir.
Kein Wunder, dass Demetrius mich flieht,
Wenn jeder mich als Ungeheuer sieht.
In trügerische Spiegel blickte ich,
Als ich mit Hermias Schönheit mich verglich.
Doch wer liegt hier? Lysander? Ja, und jetzt?
Gestorben? Müde? Er scheint nicht verletzt.
Lysander, wenn du lebst, steh auf, werd wach.
LYSANDER
Und renn für dich durch Feuer tausendfach.
O Helena, du durchsichtiges Wesen,
Ich kann dein Herz in deinem Busen lesen.
Wo ist Demetrius? Der Name reicht,
Dass ihn mein Schwert aus deinem Herzen streicht.
HELENA
Sag das nicht, sprich nicht so, Lysander, nein.
Wenn er auch Hermia liebt, Gott, was soll sein?
Sie liebt dich trotzdem, also sei zufrieden.
LYSANDER
Zufrieden? Nein. Soviel vertane Zeit
An ihrer Seite tut mir bitter leid.
Nicht Hermia, Helena ist jetzt mein Leben.
Den Raben will ich für die Taube geben.
Der Wille wird von der Vernunft belehrt,
Und die Vernunft sagt mir, du bist mehr wert.
HELENA
Bin ich geboren, um verhöhnt zu werden?
Musst du dich auch wie ein Idiot gebärden?
Genügt es nicht, genügt nicht, junger Mann,
Dass es mir niemals, nie gelingen kann,
Den süßen Blick des Liebsten wert zu sein,
Und du verspottest mich in meiner Pein?
Bei Gott, das ist nun wirklich nicht gerecht,
Denn dein Verlangen ist doch gar nicht echt!
Lass es dir gut gehen, tschüss, ich sag dir ehrlich,
Die Unverschämtheit ist mir unerklärlich.
Wird man von einem Mann erst abgehängt,
Wird man vom Nächsten umso mehr gekränkt.
Ab.
LYSANDER
Bleib liegen, Hermia,
Und komm Lysander niemals wieder nah.
Wie Abscheu, Überdruss an süßen Dingen,
Den Magen endlich zum Erbrechen bringen,
So bist du Täuschung, Überdruss für mich,
23
Man muss dich hassen, und ich hasse dich.
Zu Helen’ ströme kraftvoll mein Begehren.
Gleich einem Ritter will ich sie verehren.
Lysander ab.
HERMIA
Lysander, Hilfe, hilf mir, sieht du nicht,
Die Schlange, die mir um den Busen kriecht!
Was war das? Nur ein Traum? Jetzt ist sie weg.
Lysander, sieh, ich zittre noch vor Schreck.
Die Schlange schien an meinem Herz zu fressen
Und du hast lächelnd neben mir gesessen.
Lysander! Sprich! Lysander! Bist du fort?
Kannst du mich hören? Nein? Kein Laut, kein Wort.
Wo bist du, sag? Wenn du mich hörst, dann sprich!
Ich fall’ in Ohnmacht. Sprich, ich bitte dich!
Nein? Nichts? Dann bist du weg. Wo bist du hin?
Ich sterbe, wenn ich nicht gleich bei dir bin.
ÜBUNG:
Vergleiche die Sprachen der einzelnen Personengruppen.
Was ist charakteristisch für die Sprache der Handwerker in Textauszug 2, wie werden
die Figuren dadurch beschrieben?
Wie verläuft das Aufeinandertreffen der Menschen und der Elfenwelt in Textauszug 3?
24
IMPULSTEXT 1
Shakespeares Dramen sind nicht nach dem Gesetz der Einheit der Handlung gebaut,
sondern nach dem Prinzip der Analogie, der doppelten, dreifachen und vierfachen Fabel, die
dasselbe Grundthema wiederholt, sie sind ein System von konkaven und konvexen
Spiegeln, die ein und die selbe Situation spiegeln, vergrößern und parodieren. Das selbe
Thema wiederholt sich in Dur und Moll in allen Registern der Shakespeareschen Musik, es
klingt abwechselnd lyrisch und grotesk, pathetisch und ironisch.
Jan Kott
25
IMPULSTEXT 2
Das trunkene Lied
O Mensch! Gib Acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!
Friedrich Nietzsche
26
IMPULSTEXT 3
Obwohl der Diskurs der Liebe lediglich ein Schwarm von Figuren ist, die sich in
unvorhersehbarer Reihenfolge, nach Art der Zickzackflüge einer Fliege im Zimmer jagen,
kann ich der Liebe doch, wenigstens retrospektiv, imaginär, ein geregeltes Werden und
Entstehen bezeugen: durch eben diese historische Phantasie mache ich daraus manchmal:
ein Abenteuer. Der Liebeswettstreit scheint also in drei Etappen (drei Akten) vor sich zu
gehen: zu Anfang, spontan, die Inbesitznahme (ich bin von einem Bild hingerissen); darauf
eine Folge von Begegnungen (Rendezvous, Telefonanrufe, Briefe, kleine Reisen), in deren
Verlauf ich geradezu trunken die Vollkommenheit des geliebten Wesens »erforsche«, das
heißt die unerwartete, deckungsgleiche Annäherung eines Objektes und meines Verlangens:
das ist die Süße des Anfangs, die eigentliche Zeit der Idylle. Dieser glücklichen Zeit erwächst
ihre Identität (ihre Abgeschlossenheit) daraus, dass sie sich (wenigstens in der Erinnerung)
gegen die »Fortsetzung« sträubt: die »Fortsetzung« ist die lange Schleifspur der Leiden,
Verletzungen, Ängste, Nöte, Ressentiments, Verzweiflungen, Peinlichkeiten und Fallen,
deren Beute ich werde, wenn ich fortan unablässig unter der Drohung eines Verlustes lebe,
der gleichzeitig mich, den Anderen und die zauberhafte Begegnung beträfe, die uns einander
zuvor zu erkennen gegeben hat.
Roland Barthes
27
IMPULSTEXT 4
Sie trug den Becher in der Hand
− Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand −,
So leicht und sicher war ihr Gang,
Kein Tropfen aus dem Becher sprang.
So leicht und fest war seine Hand:
Er ritt auf einem jungen Pferde,
Und mit nachlässiger Gebärde
Erzwang er, dass es zitternd stand.
Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzu schwer:
Denn beide bebten sie so sehr,
Dass keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.
Hugo von Hofmannsthal
28