Leseprobe

Einleitung
1 Einleitung
Klettern ist eine Bewegung, die uns allen bekannt ist.
Fast jeder von uns ist in seiner Kindheit schon einmal
einen Baum, eine kleine Mauer oder vielleicht sogar
eine Kletterwand oder einen Berg hinauf geklettert.
Klettern ist jedoch nicht nur eine Sportart für Kinder;
vielmehr lässt sich das Klettern unabhängig von Alter,
Geschlecht und Fitnesszustand von jedem, der Lust
dazu hat, betreiben. Viele Familien verbringen ihren Familientag in der Kletterhalle oder bei schönem Wetter
draußen im Klettergarten. Ich finde, dass dies sehr gut
beschreibt, wie gut das Klettern als altersübergreifende
Aktivität verschiedener Personengruppen geeignet ist.
So ist es auch nicht weiter überraschend, dass die
Sportart Klettern immer häufiger Einzug in das Fach
Sport an unseren Schulen erhält. Ein moderner Sportunterricht zeichnet sich durch seine Vieldimensionalität aus. Hierfür ist Klettern ein gutes Beispiel, da
es verschiedenste Dimensionen des Sportunterrichts
aufgreift. Trotzdem ist und bleibt Klettern eine sehr
spannende und damit für die Schülerinnen und Schüler höchst motivierende Sportart. Neben der eigentlichen Bewegung steht hier die Verantwortung für mich
selbst und meinen Kletterpartner im Vordergrund. Aber
auch Kooperation, Verständigung und Teamfähigkeit
gehören zu den wichtigen Aspekten im Klettersport.
Neben den Perspektiven, die Klettern in der Schule
vermittelt, ist der Abenteuersport Klettern natürlich
eine schöne Freizeitaktivität, die Sportler jeden Könnens anzieht und fasziniert. Das Tolle an dieser Sportart ist, dass sie von jedem ausgeübt werden kann. Der
Profikletterer kann seine schwierigen Projekte klettern
und der Einsteiger probiert sich an den ersten Routen
aus. Trotz dieser Ungleichheiten können diese beiden
Sportler zusammen klettern gehen. Diese, aber noch
viele weitere, faszinierende Seiten, wie die Möglichkeit
drinnen und draußen zu klettern, an künstlichen Griffen oder echtem Fels, machen die Sportart Klettern für
die Freizeit so ungemein interessant.
Aufgrund der hohen Nachfrage nach Klettergelegenheiten und Ausbildungsmöglichkeiten haben sich viele
Vereine gegründet, die sich dem Klettern widmen. Viele
von ihnen haben eine eigene Kletterhalle. Hier gibt es
häufig die Möglichkeit, so wie man es auch aus anderen Sportarten kennt, ein Training zu besuchen. Dies
gibt es sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für
die Erwachsenen. Man trifft sich einmal wöchentlich
mit gleichgesinnten Menschen und geht seinem Hobby nach, gleichzeitig tut man noch etwas für seinen
Körper, da Klettern eine ausgesprochene Ganzkörpersportart ist. Aber auch für andere Vereine ist Klettern
eine interessante Aktivität. Man kann hier sehr gut die
Teamfähigkeit und die Kooperation schulen, da es beim
Klettern niemals ohne ein Team geht. Auch oder gerade
für sozialpädagogische Projekte oder Einrichtungen ist
Klettern eine spannende Erfahrung, da Grenzen sicher
erfahren werden und verantwortungsvolles Handeln
erlebt werden kann.
Dieses Buch beschäftigt sich sowohl mit dem Hallenklettern als auch mit dem Felsklettern. Um sicheres
und freudvolles Klettern zu gewährleisten, geht dieses
Buch systematisch vom Sichern und Klettern im Toprope, also dem Klettern mit bereits hängenden Seilen,
über den Vorstieg in der Halle bis hin zum Vorsteigen
am natürlichen Fels vor. Sowohl das benötigte Material als auch die Sicherungstechniken für das jeweilige
Klettern werden ausführlich beschrieben und erklärt.
Ebenso wird das methodische Vorgehen mit den dazugehörigen Tipps in jedem Kapitel berücksichtigt. Auch
grundlegende Klettertechniken, die ein sauberes und
kraftsparendes Klettern ermöglichen, werden anhand
vieler Bilder erklärt. Für die Schule oder den Verein werden zusätzlich Möglichkeiten dargestellt, wie man eine
geplante Kletteraktion außerhalb der Kletterhalle in
einer normalen Sporthalle vorbereiten kann.
Dieses Buch kann und soll natürlich auch als Nachschlagewerk verstanden werden, um sich zur Vorbereitung einer Kletteraktion nochmals Knoten, Sicherungstechnik und methodische Hinweise in Erinnerung
zu holen. Aber auch für den Wiedereinsteiger oder den
Einsteiger kann dieses Buch eine Hilfestellung sein, um
zu einem sicheren Kletterer zu werden, egal welchen
Niveaus.
Dieses Buch ist jedoch kein Ersatz für einen vollwertigen Kletterkurs, wie ihn viele Kletterhallen anbieten.
Erst dieser führt zu der notwendigen praktischen Erfahrung, die nötig ist, um die Freude und die Sicherheit
am Klettersport zu vermitteln.
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Das Topropeklettern
3 Das Topropeklettern
Die mittlerweile am häufigsten genutzte Form des
Kletterns ist wohl das Topropeklettern in der Halle
Foto 3. Diese Art des Kletterns ist besonders bei Gruppenevents und einmaligen Kletteraktionen beliebt.
Aber auch bei Freizeit- und Leistungskletterern ist diese Form des Kletterns eine beliebte und gern genutzte
Variante. Durch das sich bereits in der Wand befindende Seil ist das Topropeklettern eine sehr bequeme
und sichere Art, den Klettersport zu betreiben. Das Seil
läuft durch eine Umlenkung Foto 4 am Ende der Wand.
Es befinden sich beide Seilenden am Boden, sodass
sich der Kletterer und der Sichernde jeweils in ihr Seil­
ende einbinden können. Bei der richtigen Nutzung von
Topropekletterwänden können eigentlich keine weiten
Stürze passieren, da der Kletterer durch seinen Sichernden sofort gehalten wird.
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3.1 Materialkunde
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3.1.1 Der Klettergurt
Einer der wichtigsten Ausrüstungsgegenstände ist der
Klettergurt. Grundsätzlich unterscheidet man drei Arten von Klettergurten: den Hüftgurt, den Komplettgurt
Foto 5 und den Brustgurt. Eine alleinige Verwendung
des Brustgurtes ist jedoch nicht zulässig, da es hier zu
schweren Verletzungen kommen kann! Hüftgurt oder
Komplettgurt lassen sich jeweils alleine zum Klettern
nutzen. Beim Topropeklettern ist der Hüftgurt normalerweise der Gurt, welcher die häufigste Nutzung
erfährt. Bei einem Großteil der Kletterer ist diese Gurtart vollkommen ausreichend. Bei kleinen Kindern oder
stark übergewichtigen Personen ist jedoch die Verwendung eines Komplettgurtes oder einer Kombination
aus Hüft- und Brustgurt Foto 6 sinnvoll.
Sicherheitsrelevante Teile des Klettermaterials wie die
Gurte, Karabiner und Seile gehören zur persönlichen
Schutzausrüstung (PSA) und unterliegen damit Normen. Jedes in Europa verkaufte Teil muss die jeweilige
Norm erfüllen. Diese muss an dem Ausrüstungsgegenstand erkennbar sein. In jedem Falle sind dies die
EN-Normen. Teilweise erfüllen die Materialien auch
die strengeren Normen der UIAA, was dann ebenfalls
kenntlich gemacht ist.
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Klettergurte gibt es mit verschiedenen Verschlusssystemen. Ich werde hier die beiden am weitesten verbreitetsten Systeme vorstellen Foto 7.
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Bei dem einen System müssen die tragenden Gurtbänder des Gurtes nach dem Strammziehen nochmals gegenläufig durch die Verschlussschnallen durchgefädelt
werden Foto 8. Erst wenn dies geschehen ist, ist der
Gurt richtig und sicher verschlossen.
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Das andere System kann aufgrund anderer Schnallen auf das Zurückfädeln verzichten. Hierbei muss der
Gurt nur stramm gezogen werden, damit er richtig
und sicher sitzt Foto 9. Dieses Verschlusssystem hat
den Vorteil, dass es auf jeden Fall richtig verschlossen
ist, wenn man den Gurt an- und stramm gezogen hat.
Daher empfehle ich beim Kauf eines Gurtes eindeutig
dieses Verschlusssystem, sowohl für den Privatgurt, als
auch ganz besonders für Gurte, die im Kletterbetrieb
mit Klassen und Gruppen genutzt werden. Außerdem
können diese Gurte auch noch schneller an- und wieder ausgezogen werden.
Diese Verschlusssysteme sind gleichzeitig auch die
Verstellsysteme der Gurte. Je weiter man das Gurtband
aus der Schnalle herauszieht, desto größer ist der Umfang des Gurtes. Zusätzlich zu der Verstellmöglichkeit
im Hüftbereich verfügen viele Gurte auch über eine
Verstellmöglichkeit an den Beinschlaufen.
Damit kommen wir direkt zu der Frage, wie soll denn
so ein Hüftgurt überhaupt sitzen?
Ein Hüftgurt besteht aus mehreren Teilen: dem Hüftgurt, den beiden Beinschlaufen, der Einbindeschlaufe
(Verbindungsring zwischen Hüftgurt und Beinschlaufen), einem Gummiband, welches als Anziehhilfe dient
und Materialschlaufen.
Auch wenn der Name es vielleicht nahe legt, so soll
ein Hüftgurt nicht in der Hüfte sitzen, sondern darüber, also in der Taille. Der Hüftgurt des Gurtes muss
so stramm zugezogen sein, dass man den Gurt nicht
mehr über die Hüfte nach unten ziehen kann Foto 11,
jedoch nicht so fest, dass man im nächsten Moment
blau anläuft. Nachdem der Hüftgurt passend eingestellt ist, kann man die Beinschlaufen einstellen. Diese
müssen nicht ganz so fest sitzen wie der Hüftgurt. Es
ist ausreichend, wenn man eine flache Hand zwischen
Oberschenkel und Beinschlaufe Platz hat Foto 12.
Ab und zu sieht man in Kletterhallen Leute, die verzweifelt versuchen ihren Klettergurt richtig anzuziehen
und ihn dabei immer mehr verdrehen und ihn mehrmals an- und wieder ausziehen. Um sich diese nervenaufreibende Prozedur zu ersparen, ein paar Tipps, wie
man richtig und entspannt seinen Klettergurt anzieht:
1.Zunächst einmal sollte man seinen Gurt sortieren.
Hierbei schaut man, dass nichts an dem Gurt verdreht ist. Also der Hüftgurt gerade ist, die Einbindeschlaufe unverdreht ist und die beiden Beinschlaufen unverdreht nach unten hängen. (Bei Gurten mit
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