Kernthemen Französisches Energiewendegesetz in Kraft getreten von Hartmut Lauer Etwa 14 Monate, nachdem die französische Regierung den Entwurf für ein "Energiewendegesetz für grünes Wachstum" (loi de transition energetique pour Ia croissance verte) auf dem Weg hatte, wurde das Gesetz am 18. August 2015 offiziell im Amtsblatt (Journal Officiel) verkündet. Vorlaufend war das 215 Artikel umfassende Gesetz mit 970 Änderungen im Vergleich zum Ursprungstext am 22. Juli 2015 im Plenum der französischen Nationalversammlung in dritter Lesung endgültig verabschiedet worden. Der französische Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel), der von der Senatsfraktion (Oberhaus) der Partei des ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy "Les Republicains" angerufen worden war, hatte das Gesetz mit geringfügigen Änderungen am 13. August 2015 gebilligt. Hauptstreitpunkte waren die Festlegung einer Frist (bis 2025) für die Absenkung des Anteils der Kernenergie am französischen Strommix auf 50% und die Begrenzung der installierten Leistung des französischen Kernenergieparks auf aktuell installierte 63,2 GW. Der Verfassungsrat erklärt diese Festlegungen aber für verfassungskonform. Fast 150 Durchführungsbestimmungen bzw. Verordnungen (decrets d' application, ordonnances) werden das Gesetz flankieren, etwa die Hälfte davon sollen laut der für Energie zuständigen Ministerin Ségolène Royal bis Ende 2015 publiziert werden. Die wichtigsten übergeordneten Ziele blieben gegenüber dem ersten Gesetzesentwurf vom Juni 2014 weitestgehend unverändert: 1) Senkung der Treibhausgasemissionen um 40% bis 2030 (im Vergleich zu 1990) sowie bis 2050 auf ein Viertel der Emissionen von 1990 (Faktor 4) 2) Reduzierung des fossilen Energieverbrauchs um 30% bis 2030 (im Vergleich zu 2012) 3) Senkung des Endenergieverbrauchs um 50% bis 2050 (im Vergleich zu 2012) mit einem Zwischenziel von 20% Absenkung bis 2030 (im Vergleich zu 2012) 4) Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch auf 23% bis 2020 (27% an der Stromerzeugung) und auf 32% bis 2030 (40% an der Stromerzeugung). 5) Reduzierung des Kernenergieanteils an der Stromerzeugung auf 50% bis 2025 (heute ca. 75%) und Begrenzung der installierten Leistung des französischen Kernkraftwerkparks auf 63,2 GW, was dem heutigen Stand entspricht. Rein rechnerisch müsste EDF nach Inbetriebnahme des EPR in Flamanville (1650 MW) zur Einhaltung der Leistungsobergrenze anderweitig Kernkraftwerke in gleichem Leistungsumfang vom Netz nehmen. Die vom französischen Staatspräsidenten François Hollande im Wahlkampf 2012 angekündigte Stilllegung des KKW Fessenheim bis Ende 2016 ist im Energiewendegesetz jedoch nicht explizit festgeschrieben. Völlig offen ist, wie die Reduzierung des Nuklearstromanteils am französischen Strommix auf 50% bis 2025 erreicht werden soll. Gemäß einer Studie vom September 2014 im Auftrag der französischen Finanzkommission (Commission des finances de l'Assemblee nationale) würde die Reduzierung des Kernenergieanteils auf 50% die Stilllegung von etwa 20 Kernkraftwerken bedeuten. Insgesamt würden sich die Kosten zur Erreichung der 50% am Strommix bis 2025 auf rund 40 Mrd. € belaufen. Nach Verlautbarungen des französischen Verfassungsrats vom 13.8.2015 könne EDF für die vorzeitige Stilllegung von Kernkraftwerken vom Staat eine Entschädigung verlangen. Der Anteil der Kernenergie am Stromerzeugungsmix in Frankreich wird also auch in Zukunft heiß debattiert werden. Die nächsten Wahlen des Staatspräsidenten und des Parlaments finden 2017 statt. Je nach Wahlausgang ist eine Anpassung des Energiewendegesetzes nicht ausgeschlossen.
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