Einfach knoten, aber zweifach regeln

Fahrbericht
Claas Quadrant 5200:
Einfach knoten,
aber zweifach regeln
SONDERDRUCK
aus 09/2015
Mit der Quadrant 5200 als Nachfolger der 3200 mit 120 x 70 cm großem
Kanal führt Claas erstmals eine aktive Pressdruckregelung ein. Außerdem
wurde der Einfachknoter noch einmal gründlich überarbeitet, um ihn
für die zukünftigen Anforderungen fit zu machen. Was es sonst
noch Neues gibt, haben wir beim Pressen von Heu und Weizenstroh
herausgefunden.
Hubert Wilmer
D
ie erste Neuheit kann man bereits
an der Pickup entdecken: Wahlweise kann der Einzug der Quadrant 5200 nämlich hydraulisch per
„Power beyond“ vom Schlepper aus angetrieben werden (40 l/min).
Vorteil: Man kann die Pickup, den oberen
Rollenniederhalter und das „PowerFeeding-System“ in der Drehzahl variieren — bis
zu 10 % schneller für höchsten Durchsatz
und bis zu 25 % langsamer bei empfindlichen Früchten wie Luzerne oder bei schmalen Heu-/Silageschwaden. Wie erste Erfahrungen zeigen, muss man dann nämlich
weniger „pendeln“, um den Kanal auf voller
Breite zu beschicken. Noch wichtiger dürfte
vielen aber die Möglichkeit sein, den Einzug
reversieren zu können — sehr gut!
profi 9/2015
Einen höheren Durchsatz wollen die
Konstrukteure unter anderem durch
ein neues Raffergetriebe mit deutlich höherer Absicherung erzielen: Mit 8 400 Nm ist
das Auslösemoment sage und schreibe 30 %
größer als beim Vorgängermodell. Außerdem hat Claas die Kolbenfrequenz von
51 auf 56 Hübe pro Minute gesteigert.
Nichts geändert hat sich dagegen an der
Rotordrehzahl und am Schneidwerk. Neben
dem 25-Messer „RotoCut“ gibt es auch die
5200 mit dem 51-Messer „FineCut“ (profi
9/2012). Leider hatten wir keine Gelegenheit, die neue Quadrant 5200 im Vergleich
zur Quadrant 3200 zu fahren. Aber schon
dieser Presse haben wir seinerzeit im Praxistest (profi 4/2011) mit 45 t/h (ohne Messer, ohne Wendezeiten) eine sehr gute
Durchsatzleistung bescheinigt. Reduzierte
damals der volle Messersatz den Durchsatz
noch erheblich, ist dieses „Nadelöhr“ laut
Claas bei der 5200 „FineCut“ beseitigt, da
der Raffer die Vorkammer sehr viel besser
räumt (10 % schneller, 30 % mehr Drehmoment).
In Sachen Pressdichte wird neben
der höheren Kolbenfrequenz (geringere Schichtdicke) sicher auch der um 40 cm
verlängerte Presskanal (heute 3,85 m) einen
positiven Einfluss haben. Und zusammen
mit den verbreiterten Pressklappen sowie
zusätzlichen Rückhaltern vorne im Kanal
sorgt das auch für die deutlich bessere Ballenform — egal, ob bei viel oder extrem
wenig Durchsatz.
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Und genau hier setzt auch die neue Pressdruckregelung APC (Automatic Pressure
Control) an. Dazu nutzt Claas zwei unterschiedliche Regelgrößen: Zum einen gibt es
vorne an der Quertraverse des Hauptgetriebes ein Joch mit Sensor, das die durch die
Kolbenkraft verursachte „Verbiegung“ der
Pickup, Rollenniederhalter und PFSWalze können wahlweise per „Power
beyond“-Hydraulik
vom Schlepper angetrieben werden.
Dann kann man die
Drehzahl ändern —
und reversieren!
Per Parallelogramm
klappen die Stützräder unter 3 m.
Bei der Quadrant 5200
setzt Claas jetzt erstmals auf eine Pressdruckregelung — und
einen neu konzipierten
Einfachknoter. Außerdem ist der Presskanal
40 cm länger geworden.
Fotos: Wilmer, ­
Werkbilder (3)
Datenkompass
Claas Quadrant 5200FC
L/B/H
Ballenmaß
8,44 m/2,98 m/3,11 m
1,20 m breit/0,70 m
hoch/0,50 bis 3,00 m lang
Messerzahl/Schnittlänge
51/22 mm
Gruppenschaltung
51/26/13/12/0
Pickup-Breite
2,35 m
Stützräder
16 x 6.5-8
Rotorbreite/-durchmesser 120/50 cm
Anzahl Kolbenhübe
56 Hübe/min
Garnvorrat
2 x 12 Rollen
Bereifung
Tandem; 620/50 R 22.5
Preis ohne MwSt.
ab 190 610 €
Herstellerangaben
profi 9/2015
zwischen den Stirnseiten der Ballen zu groß,
wird bei der Quadrant der Presskanal ein
Stück geöffnet, bevor das Garn aus dem
Fadenhalter rutscht oder gar reißt.
Diesem systembedingten Nachteil steht
allerdings auch ein entscheidender Vorteil
gegenüber: Im Gegensatz zum Doppelkno-
Traverse misst. Zum anderen gibt es Kraftaufnehmer am ersten, dritten und sechsten
Knoter, die während des Pressvorganges die
Fadenspannung im Garnanleger messen.
Wird einer der beiden Einstellwerte „Kolbenkraft“ oder „Fadenspannung“ überschritten, reduziert die Presse den Druck
auf die Kanalklappen.
Während die Kolbenkraft auch bei
anderen Herstellern zur Pressdruckregelung üblich ist, ist die Fadenspannung als
Regelgröße dem System mit Einfachknotern
geschuldet. Denn im Gegensatz zum Doppelknoter müssen die Einfachknoter das
Garn während des gesamten Pressvorganges festhalten. Wird die Reibung der Fäden
ter bleiben beim Binden keine Garnreste auf
dem Ballen zurück, die die Landwirte gerade
bei der Bergung von Silageballen oder Futterstroh schon mal stören können.
Claas setzt nicht zuletzt deshalb weiter auf den Einfachknoter und hat diesen komplett überarbeitet. So gibt es auf
dem verstärkten Knoterbock jetzt nicht nur
größere Garn-Klemmplatten mit Federabstützung (wie von der Quadrant 3400
bekannt). Die neu gestalteten Garnanleger
öffnen auch nur noch, wenn die Nadeln
arbeiten. So haben sie während des gesamten Pressvorganges ebenfalls eine Klemmfunktion und entlasten die Garnklemmung
am Knoter selber.
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Fahrbericht
Strohablagerungen an den verschiedensten
Stellen zu reduzieren.
Gefreut haben wir uns, dass die Seitenklappen jetzt geteilt sind und sich
Die Seitenklappen sind jetzt geteilt und öffnen
zukünftig noch weiter. Es bleibt aber bei nur
2 x 12 Rollen Garnvorrat.
Das Gebläse hat jetzt
eine aktive, elek­
trisch angetriebene
Luftführung zur
Knoterreinigung.
Ein Sensor misst die Fadenspannung. Droht
dieser (trotz der federunterstützten Garn­
klemmung) aus dem Knoter zu rutschen oder
gar zu reißen, reduziert sich der Pressdruck.
Der größere Winkel zwischen Garnklemmung
und Knoterschnabel sorgt für längere Garn­
enden am Knoten. Der konische Schnabel mit
größerer Öffnung erfasst das Garn besser, der
Knoten gleitet leichter ab.
Zweiter wichtiger Punkt der Weiterentwicklung war eine noch höhere Bindesicherheit bei hohen Pressdichten. So
wurde der Winkel zwischen Garnklemmung
und Knoterschnabel vergrößert, um am fertigen Knoten längere Garn-Enden zu bekommen. Das reduziert die Gefahr, dass sich
diese „durchziehen“, wenn der Ballen nach
Verlassen des Kanals expandiert. Und der
profi 9/2015
konische Schnabel mit größerer Öffnungsweite erfasst das Garn besser und erleichtert das Abgleiten des fertigen Knotens.
Außerdem wurde das Kurvenstück für
dickeres Garn vergrößert.
Optional lassen sich auch alle Knoter
mit der Überwachung der Fadenspan-
„Easy on board“ nennt Claas die
Möglichkeit, die Maschinen jetzt auch per
„Wireless Interface“ mit einem iPad bedienen zu können. Wir hatten allerdings die
Variante mit dem Communicator II-Terminal,
dessen Oberfläche nach wie vor zu blendempfindlich ist. Gut gefallen hat uns aber
die individuelle Menüstruktur. So kann man
die Anzeigen individuell kombinieren, und
es gibt 20 Auftragszähler.
nung ausstatten. So bekommt man eine
zuverlässige Fehlermeldung, wenn sich
oben der Faden gelöst hat oder — noch
Fazit: Claas bleibt auch bei der
schlimmer — gerissen ist,
und so ein größeres Knoneuen Quadrant 5200 dem
terproblem droht. Man
Prinzip des Einfachknoters
kann deshalb sogar im
treu. Um ihn den Anforderungen anzupassen, wurde er
Einstellmenü für jede
Garnqualität eine „Bruchallerdings komplett überargrenze“ hinterlegen, so
beitet. Neu ist auch die Pressdass der Pressdruck hier
druckregelung: Neben der Kolschon vorher automatisch
benkraft messen die Claasianer
angepasst wird.
zusätzlich die Fadenspannung,
Um es erst gar nicht erst
um hier Problemen vorzuDie Bedienung kann entweder
zu einer Fehlbindung kom- über das (leider nicht blendfreie)
beugen.
men zu lassen, hat Claas Claas-Terminal oder zukünftig
Eine tolle Sache ist der optiallerdings vorgesorgt. Das sogar per iPad erfolgen.
onale hydraulische Pickuphydraulisch angetriebene
Antrieb mit ReversiermögKnotergebläse hat jetzt eine (elektrisch
lichkeit, und auch die Ballenform kann sich
dank des neuen Kanals sehen lassen. Was
angetriebene) aktive Luftführung. Damit
wird der „Orkan“ vor den Knotern hin und
noch fehlt, ist ein größerer Garnvorrat.
Außerdem bot die (Vorserien-) Presse Kurzher geschwenkt und hält diese blitzsauber
— ganz im Gegensatz zur Presse selber. Hier
stroh und Kaff noch zu viele Ablagerungswill Claas noch nachbessern, um die (Kurz-)
möglichkeiten.
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An der Traverse des Hauptgetriebes wird
neben dem „Havarie-Ventil“ jetzt die Kolbenkraft für die Pressdruckregelung gemessen.
so besser handhaben lassen (zumal Claas
die Kinematik und Öffnungsweite zum Serienstart noch verbessern will). Fehlt nur
noch ein größerer Garnvorrat (es bleibt bei
nur 2 x 12 Rollen) und eine Neukonstruktion der vorderen Abdeckung über dem
Schwungrad. Andererseits gibt es schöne
Details, wie LED-Leuchten an den Garnkästen, den Knotern und dem Garneinlauf.