Julian Charrière

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Julian Charriere
Julian Charriere
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ynopsis: Julian Charrière gehört zu den jungen konzeptuell arbeitenden Künst-
lern, die sich durch künstlerische Forschung ihren Themen nähern und so neue
Einblicke in bekannte Fragestellungen gewähren. Mit Fotografie, Performance, Ins-
tallation und Videoarbeiten öffnet er den Blick auf andere Perspektiven, hinterfragt
Gelerntes, Gewohntes und Übersehenes. Seine dabei komplexen Werke sind nicht
wertend, sondern inspirieren den Betrachter, seine eigenen Antworten zu finden.
Er ist ein Shootingstar der internationalen Kunstszene, seitdem er mit Julius
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extremer Spezialisierung, brauchen wir weit mehr Ressourcen. Paradoxer-
weise verliert der Mensch in dieser immer schnelllebigeren Zeit gerade diese
aus seinem Blick. Die geologische Landschaft, die diese Grundlagen liefert,
wird verändert, ohne dass jene immensen Eingriffe und deren langfristige
Bedeutung für die Zukunft wahrgenommen werden.
Charrière tritt hier einen Schritt zurück, wenn er seinen Blick auf die Ge-
genden lenkt, die uns heute Rohstoffe liefern. Er führt dem Betrachter vor
von Bismarck für die Architekturbiennale einigen Tauben auf Venedigs Markusplatz
Augen, welche einschneidenden Veränderungen wir oft unbeachtet vornehmen,
um die zwei, drei Sekunden Irritation, die der Passant braucht, um das Gesehene
lichen Bedeutung „durch Graben Gewonnenes“ – eine Landschaft aus be-
Farbe verlieh. Dabei ging es bei Some Pigeons Are More Equal Than Other (2012)
zu begreifen – um die Veränderung in der Wahrnehmung, wenn nur ein Element
der „Normalität“ verändert wird.
Es sind die Gegensätze, die Charrière anziehen, besonders jene zwischen Natur
und Kultur. Es ist die Kultur des Menschen, die uns vorantreibt, Dinge zu verän-
dern. In einer Welt, in der wir bestimmt sind von technologischem Fortschritt und
Julian Charrière
wie in der Installation Future Fossil Spaces (2014), Fossil hier in seiner wört-
schichteten Stahlbecken, gefüllt mit Salzsäure aus argentinischen Lithium-
Minen, umgeben von Mäuerchen aus rechteckigen schlanken Salzblöcken.
Zeigen die Blöcke die Zeitspanne, die nötig war, um das Salz überhaupt ent-
stehen zu lassen, ist das Lithium in der Salzsäure Ausdruck unserer Zukunft,
ein Rohstoff, der grundlegend ist für unsere technologischen Errungenschaften
wie Computer oder Handys.
Vom Forschen in Zeit und Raum
Julian Charrière,
Julius Von Bismarck,
Clockwork, 2014, Installation mit
12 Betonmischern und Steinen.
Die Betonmischer zerstören,
was normalerweise eine Skulptur
ausmacht: Steine. Vergänglichkeit
und der Zahn der Zeit stehen im
Mittelpunkt dieser Zusammenarbeit
von Charrière und von Bismarck.
L i a n e We n d t