Kühe besamen ohne Brunstbeobachtung

GESUNDHEIT
Kühe besamen ohne
Brunstbeobachtung
Viele Betriebe haben
keine Zeit für die
Brunstbeobachtung.
Hier bietet sich die
hormonelle Zyklussteuerung an. Dann
können die Kühe
blind besamt werden.
I
n wachsenden Familienbetrieben
und in Lohnarbeitsbetrieben ist häufig zu
wenig Zeit für eine sorgfältige Brunstbeobachtung vorhanden. Die Folgen sind
häufig umrindernde Kühe, eine verlängerte Güst- und Zwischenkalbezeit und
sogar Abgänge leistungstarker Kühe wegen Unfruchtbarkeit. Deshalb verzichten
bereits viele wachsende Betriebe auf die
Besamung und setzen wieder verstärkt
Deckbullen ein.
dass mehrere Kühe in einer Gruppe zusammengefasst werden können (Synchronisation) und somit die Brunstbeobachtung auf nur etwa sechs Tage beschränkt wird.
Der Nachteil des Prostaglandin-Programmes ist, dass trotz der Zyklussteuerung eine Brunstbeobachtung durchgeführt werden muss, da der Eisprung nicht
termingenau erfolgt, sondern über einen
Zeitraum von sieben Tagen stattfinden
kann.
Beim Ovsynch-Programm (Ovulations-Synchronisation) kann hingegen die
Besamung punktgenau geplant werden.
Bei diesem Verfahren wird der Eisprung
oder Glandin N angeboten.
Wie das Ovsynch-Programm abläuft,
zeigt Übersicht 2: Rund zehn Tage vor
dem geplanten Besamungstermin, z. B.
am 50 Laktationstag, werden alle vorgemerkten Kühe mit GnRH gespritzt. Nach
sieben Tagen erfolgt die PGF2α−Gabe.
Nach zwei weiteren Tagen wird nochmals GnRH gespritzt. Innerhalb von
8 bis 24 Stunden nach der zweiten
GnRH-Injektion werden die Kühe dann
blind besamt.
In Einzelfällen kann es vorkommen,
dass Kühe bereits nach der ersten
GnRH-Gabe eine deutliche Brunst zeigen. Diese Tiere sollten dann sofort be-
Die Hormone werden in die Muskulatur gespritzt, vorzugsweise am Hals,
dazu muss das Tier
gut fixiert werden.
Fotos: Heil
Gesteuerte Fruchtbarkeit
Als Alternative zum herkömmlichen
Fruchtbarkeitsmanagement (Brunstbeobachtung mit anschließender Besamung) bietet sich die gezielte hormonelle Steuerung der Fruchtbarkeit an. Dabei muss man zwei Programme unterscheiden:
■ Das Prostaglandin-Programm
■ Das Ovsynch-Programm
Beim Prostaglandin-Programm werden die Zyklen der Kühe mit Hilfe des
Hormons Prostaglandin F 2α (PGF2α) so
gesteuert, dass die Brunsten mehrerer
Kühe in einem engen vorhersagbaren
Zeitraum auftreten (Brunst-Synchronisation).
Die Kühe werden dabei im Abstand
von 11 bis 14 Tagen mit PGF2α gespritzt.
In den darauffolgenden Tagen sollten die
Kühe dann in Brunst kommen und besamt werden.
Der Vorteil dieses Programmes ist,
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zeitlich so exakt ausgelöst, dass die Kühe
blind besamt werden können, ohne dass
vorher eine Brunstkontrolle durchgeführt werden muss.
Das Ovsynch-Programm wurde 1994
von Prof. Milo Wiltbank an der Universität von Madison (USA) entwickelt. Es
basiert auf einer kombinierten Verabreichung der Hormone GnRH (Gonadotropin Releasing Hormon) und PGF2α
(Prostaglandin). Bekannte GnRH-Präparate sind Receptal oder Fertagyl,
PGF2α-Präparate werden unter den Handelsnamen Iliren C, Estrumate, Dinolytic
samt und das Programm abgebrochen
werden.
Etwa 32 bis 38 Tage nach der erfolgten Besamung sollten alle Kühe auf eine
Trächtigkeit hin untersucht werden. In
diesem frühen Trächtigkeitsstadium bietet sich eine Ultraschalluntersuchung an
(siehe top agrar 6/99). Alle Kühen, die
sich dabei als nichttragend herausstellen,
sollten dann erneut in das Ovsynch-Programm eingegliedert werden (GnRHPGF2α-GnRH).
Das Ovsynch-Programm funktioniert
aber nur dann, wenn die Fütterung und
R I N D
Der richtige Besamungszeitpunkt ist oft der Schlüssel
zum Erfolg. Hier kann das
Ovsynch-Programm helfen.
Wiltbank fand heraus, dass
91 Prozent aller Kühe ovulierten, die sich zum Zeitpunkt der ersten GnRH-Injektion in der ersten Zyklushälfte befanden. Dagegen lag
der Synchronisationsgrad bei
den Kühen, die sich bereits in
der zweiten Zyklushälfte befanden, nur bei 80 Prozent.
Das bedeutet, dass 20 Prozent der Kühe, die sich gerade in der zweiten Zyklushälfte befinden, nicht tragend
werden können, da zum Besamungszeitpunkt kein Eisprung erfolgt.
Gleiche
Trächtigkeitsraten
Übers. 1: Zeitablauf des Ovsynch-Programmes
PGF2α
GnRH
7 Tage
Mo
Di
Mi
Do
GnRH
2 Tage
Fr
Sa
So
Mo
Di
Besamung
20 Std.
Mi
Die beiden Hormone müssen in genauem zeitlichen Abstand verabreicht werden.
Nach der dritten Spritze werden die Kühe blind besamt.
die Haltungsbedingungen (Kuhkomfort)
im Betrieb stimmen. Fruchtbarkeitsstörungen, die auf grobe Fütterungsfehler zurückzuführen sind, können mit dem
Programm nicht „repariert“ werden.
„Kühe die nach dem Kalben zu viel an
Gewicht verlieren, sprechen nicht auf das
Programm an“, erklärt Tierarzt Dr. Eller
aus Hofheim. Eller setzt das Programm
bereits in der Praxis ein.
Auch wenn die Fruchtbarkeit ein Bestandsproblem ist, sollte das Ovsynch-
Verfahren nicht angewandt werden.
„Das Programm sollte nur dann eingesetzt werden wenn die Herdenfruchtbarkeit gut ist“, erklärt Dr. Wemheuer
von der Besamungsstation Göttingen.
„Wenn im Bestand Infektionen oder sonstige Krankheiten wie BVD Probleme
bereiten, dann funktioniert es nicht.“
Auswirkungen auf die Synchronisationsrate und auf den Besamungserfolg
hat auch der Zyklusstand der Kühe beim
Start des Ovsynch-Programmes. Prof.
Wie sind die Besamungsergebnisse beim OvsynchVerfahren? In mehreren
wissenschaftlichen Untersuchungen konnten zwischen
Kühen, die dem OvsynchProgramm unterzogen wurden und den Kontrollkühen,
die aufgrund einer beobachteten Brunst besamt wurden,
bei der Trächtigkeitsrate keine Unterschiede festgestellt
werden.
Untersuchungen der Arbeitsgruppe
Wiltbank an 785 Hochleistungskühen in
den USA zeigen, dass beim OvsynchProgramm der Erstbesamungserfolg bei
rund 40 % liegt und somit gleich hoch ist
wie bei den „unbehandelten“ Kühen. Bei
diesen niedrigen Erstbesamungsraten
(Anzahl Besamungen pro trächtige Kuh)
von nur 40 Prozent muss berücksichtigt
werden, dass es sich um Kühe mit mehr
als 10 000 kg Milch gehandelt hat.
Neue Untersuchungen, die in sieben norddeutschen Milchviehbetrieben
durchgeführt wurden, bestätigen dieses
Ergebnis. Wie die Wissenschaftlerin
Prof. Hoedemaker von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover kürzlich
berichtete, war in diesem Versuch mit
505 Kühen und einer durchschnittlichen
Leistung von 8 128 kg Milch, die Erstbesamungsrate bei den Ovsynch-Kühen
deutlich niedriger als bei den Kontrollkühen. Die Trächtigkeitsrate unterschied
sich hingegen nur geringfügig zwischen
den beiden Gruppen. Die mit dem Ovsynch-Programm behandelten Kühe hatten sogar eine geringfügig kürzere Güst-
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GESUNDHEIT
R I N D
zeit als die hormonell
Übersicht 2: Fruchtbarkeitsnicht behandelten Kühe
kennzahlen bei Ovsynch
der Kontrollgruppe.
Fasst man die derzeit
Kennzahl
Ovsynch Kontrolle
verfügbaren VersuchserErstbesamungsrate
%
39,8
54,3
gebnisse zusammen, so
1)
lässt sich festhalten, dass
Trächtigkeitsindex
1,86
1,69
die mittlere Rastzeit
Rastzeit
Tage
74,3
88,1
nach Ovsynch niedriger
Güstzeit
Tage 112,1
115,0
ist. Die durchschnittliche
Güstzeit unter 115 Tage
%
60,2
57,1
Güstzeit und die Träch1)
tigkeitsrate bleiben aber
Trächtigkeitsindex: Anzahl Besamungen pro tragend
bei behandelten und ungewordenem Tier
Quelle: Hoedemaker
behandelten Tieren annähernd gleich.
te und 15 bis 18 DM auf die tierärztliche
Im Klartext: Mit dem Ovsynch-ProBehandlung.
gramm kann in der Praxis die FruchtbarWird in einem 80 Kuhbestand das Prokeit gezielt geplant werden. So wird mittgramm komplett angewendet, so fallen
lerweile auch bei uns das Ovsynch-Projährlich insgesamt zusätzliche „Fruchtgramm von einigen fortschrittlichen
barkeitskosten“ von 4 500 bis 6 000 DM
Tierärzten in der Praxis eingesetzt. Die
an. „Im Familienbetrieb rechnet sich das
Tierärzte nutzen das Programm aber vor
nicht“, erklärt Dr. Wemheuer. „Wirtallem zur Behandlung von Fruchtbarschaftlich interessant wird das Progamm
keitsproblemen, z.B. bei Zystenkühen
erst dann, wenn Trächtigkeitsraten von
oder Tieren, die noch keine Brunst zeigmehr als 50 Prozent erreicht werden.“
ten. Durch das Verfahren können diese
Doch das werde in den meisten Fällen
Tiere wieder in einen 21 Tage-Zyklus gekaum erreicht, so Wemheuer weiter. „Zu
bracht werden (siehe Seite R 9).
dem Programm gehört auch die Trächtigkeitsdiagnose mit einem Ultraschallgerät,
Nachteil: Hohe Kosten
damit ich nichttragende Kühe schnellstDer Nachteil des Ovsynch-Programmöglich erkenne und nicht zuviel Zeit
mes sind die Kosten für die eingesetzen
verliere, denn sonst ist der wirtschaftliche
Hormone und die tierärztlichen BehandVorteil wieder weg.“ Eingesetzt werden
lungen. Pro Kuh und Besamung ist mit
sollte das Programm seiner Meinung
Kosten in Höhe von 35 bis 60 DM zu
nach vor allem zur Behandlung von
rechnen. Davon entfallen rund 20 bis
Fruchtbarkeitsproblemen, da hier gute
40 DM auf die eingesetzten MedikamenErfolge zu verzeichnen seien.
G E HGnRHI R N
Hypothalamus
Anders ist die Situation in den USA,
wo das Programm vor allem in großen
Herden angewandt wird. Dort sind die
Arzneimittelpreise niedriger als bei uns
und es fallen keine Tierarztkosten an,
weil die Herdenmanager die Medikamente selbst verabreichen. Deshalb rechnet sich Programm in den USA besser.
Ein weiterer Nachteil des OvsynchProgrammes: Für Färsen eignet sich das
Programm nicht. Sie sprechen nicht in
erhofftem Umfang auf die hormonelle
Zyklussteuerung an. Versuche zeigen,
dass nur 35 Prozent aller Erstbesamungen bei Färsen erfolgreich sind, bei unbehandelten Färsen wurden hingegen
74 Prozent der Tiere tragend. Die Wissenschaftler vermuten, dass bei Färsen die Follikelreifung innerhalb des
21 Tage-Zyklus noch nicht regelmäßig
abläuft.
Fazit
In Milchviehbetrieben, auf denen die
regelmäßige Brunstbeobachtung nicht
möglich ist, kann das Ovsynch-Programm zur Planung der Fruchtbarkeit
eingesetzt werden. Die Besamungsergebnisse unterscheiden sich nicht vom herkömmlichen Fruchtbarkeitsmanagement.
Der Vorteil des Ovsynch-Programmes liegt im planbaren Fruchtbarkeitsmanagement und im Wegfall der kompletten Brunstbeobachtung. Nachteilig
sind die hohen Kosten und die schlechten
Ergebnisse bei Färsen.
G. Veauthier
LH
Eisprung
Tag 0
Tag 21
Eierstock
an versch.
Tagen des
Zyklus
Tag 17
Gelbkörper
Tag 4
Gelbkörper bildet
Progesteron
Tag 10
Rückbildung
d. Gelbkörpers
Progesteron
Östrogen
FSH
Eiblase
PgF2 alpha
R 8 top agrar 1/2000
Schwache Brunst und ein unregelmäßiger oder fehlender Zyklus sind häufige Befunde, wenn die Fruchtbarkeit
nicht in Ordnung ist und die Kälber ausbleiben. Bei solchen Problemtieren, die
auch über mehrere Wochen nach der Abkalbung keine Brunst zeigen, kann das
Ovsynch-Programm eingesetzt werden.
Fruchtbarkeitsstörungen, die mit Ovsynch behandelt werden können, sind:
■ Brunstlosigkeit und
■ Eierstockszysten
Im folgenden erläutern wir, warum
man mit Ovsynch bei Zysten und funktionslosen Eierstöcken gute Erfolge erzielt.
Zysten haben zwei
Gesichter
Beginnen wir mit der Behandlung von
Zysten. Als Zysten bezeichnet man
große Blasen am Eierstock. Häufig haben sie einen Durchmesser von 2 – 5 cm.
Die Diagnose „Zyste“ darf aber erst gestellt werden, wenn die Blase bei einer
Nachuntersuchung acht Tage später immer noch angetroffen wird.
Für die Entstehung von Zysten werden viele Gründe angegeben, z.B. Ei-
So läuft die Brunst ab
D
Hirnanhangsdrüse
Problemkühe erfolgreich
mit Ovsynch behandeln
Gebärmutter
Die Abläufe am
Eierstock und in
der Gebärmutter
werden von Hormonen gesteuert.
Diese werden sowohl im Gehirn
als auch in den
Geschlechtsorganen selbst
gebildet.
Grafik: Bendig
as Schema zeigt die hormonellen Abläufe im Brunstzyklus. Das Gehirn
ist als hormonelle Steuerungszentrale
den Eierstöcken bzw. der Gebärmutter
übergeordnet. Um die Abläufe im
Brunstzyklus deutlich zu machen, ist der
Eierstock an mehreren Zyklustagen dargestellt.
Am Ende des 21-tägigen Brunstzyklus
bildet sich am Eierstock die Eiblase (Follikel) heran. Beim Eisprung (Ovulation)
wird die Eizelle freisetzt. Das Wachstum
und die Reifung des Follikels werden
durch dieHormone FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierungshormon) bewirkt. Die Freisetzung
beider Hormone aus der Hirnanhangsdrüse wird durch das Freisetzungshormon GnRH veranlaßt. GnRH wird in einem Gehirnabschnitt mit der Bezeichnung Hypothalamus gespeichert.
Die wachsende Eiblase produziert
weibliche Geschlechtshormone (Östro-
gene), die für die Ausprägung der
Brunstsymptome verantwortlich sind.
Gleichzeitig verstärken sie die weitere
GnRH-Ausschüttung, wodurch es am
Ende der Follikelreifung zu einem
kurzfristigen LH-Anstieg im Blut
kommt. Dieser LH-Anstieg führt zur
Ovulation (Tag 0 des Zyklus).
Der ehemalige Follikel wandelt sich
nun in einen sogenannten Gelbkörper
um. Dieser bildet das Schwangerschaftshormon Progesteron, welches
eine weitere GnRH-Ausschüttung
hemmt und somit den Zyklus blockiert.
Ist eine Befruchtung erfolgt, bleibt der
Gelbkörper über die gesamte Trächtigkeit erhalten. War die Besamung hingegen erfolglos, bildet die Gebärmutterschleimhaut nach 16 – 18 Tagen das
Hormon Prostaglandin (PGF2α). Dies
ist in der Lage, den Gelbkörper zurückzubilden. Erst dann kann ein neuer Follikel bis zum Eisprung heranreifen.
weißüberschuß in der Trockensteherration, Vitamin- und Mineralstoffdefizite,
Licht- und Bewegungsmangel. Diese
Störfaktoren können das geordnete Zusammenspiel der Geschlechtshormone
aus dem Lot bringen. Wahrscheinlich
spielt auch das sogenannte Luteinisierungshormon (LH) bei der Entstehung
von Zysten eine Rolle. Es steuert nicht
nur Wachstum und Reifung der Eiblase
(Follikel), sondern es leitet auch den Eisprung (Ovulation) ein. Voraussetzung
für einen erfolgreichen Eisprung ist ein
plötzliches Hochschnellen der Konzentration von LH im Blut. Bleibt dies aus,
wächst die Eiblase weiter, ohne aber ihre Eizelle freizusetzen. Die Eizelle stirbt
daraufhin ab und es bildet sich die Eierstockszyste.
Entsprechend ihrem Aufbau werden
zwei Zystentypen unterschieden:
■ Die eher dünnwandigen Follikelzysten treten oft zu mehreren an einem Eierstock auf und können sehr groß sein.
Weil die Follikelzysten weibliche Geschlechtshormone (Östrogene) produzieren, können die Kühe Brunstsymptome zeigen, bis hin zur Dauerbrunst.
■ Luteinzysten sind dickwandig und
kommen meist alleine an einem Eierstock vor. Sie enthalten Gelbkörpergewebe (Luteingewebe), welches das Hormon Progesteron produziert. Progesteron ist im normalen Zyklus für die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit verantwortlich. Da Progesteron den Zyklus
blockiert, werden auch keine Brunstsymptome beobachtet.
Die sichere Unterscheidung beider
Zystentypen ist in der Regel nur mit einem Ultraschallgerät möglich. Da diese
Möglichkeit in der Praxis jedoch meist
nicht gegeben ist, wird eine gezielte Therapie der Zysten schwierig.
Ovsynch „knackt“ alle
Zysten
Die im Ovsynch-Verfahren vorgesehene Kombination der Hormone GnRH
und PGF2α wird den Besonderheiten beider Zystentypen gerecht. Prof. Wiltbank
aus Wisconsin (USA) beschreibt die Wirkung von Ovsynch auf Eierstockszysten
folgendermaßen:
■ In Follikelzysten wird durch die erste
GnRH-Gabe Gelbkörpergewebe (Luteingewebe) gebildet. Vereinfacht gesagt
wird die Follikelzyste in eine Luteinzyste
umgewandelt. Da Prostaglandin in der
Lage ist, Gelbkörpergewebe zurückzu-
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GESUNDHEIT
Diese Kennzahlen
sollten Sie schaffen
B
etriebe mit gutem Fruchtbarkeitsmanagement zeichnen sich durch
folgende Kennzahlen aus, die auch für
Hochleistungsherden gelten:
■ Rastzeit: Zeitraum von der Abkalbung bis zur ersten Besamung.
Die mittlere Rastzeit der Kühe sollte
weniger als 85 Tage betragen (Abkalbung bis erste Besamung).
■ Güstzeit: Zeitraum von der Abkalbung bis zum ersten Trächtigkeitstag.
Die durchschnittliche Güstzeit sollte
100 Tage nicht überschreiten.
■ Erstbesamungsindex: Anzahl sämtlicher Besamungen geteilt durch die Anzahl der Erstbelegungen.
Bei der erstmaligen Besamung sollten bereits 55 bis 60 Prozent aller Tiere tragend werden (Erstbesamungserfolg).
■ Trächtigkeitsindex: Anzahl der Besamungen bei tragenden Tieren geteilt
durch die Anzahl der tragend gewordenen Tiere.
Pro Trächtigkeit sollten im Herdendurchschnitt nur maximal 1,7 bis 2,0 Besamungen benötigt werden.
■ Zwischenkalbezeit: Zeitraum von einer Abkalbung bis zur nächsten Abkalbung. Die durchschnittliche Zwischenkalbezeit sollte auch in Beständen
mit hohen Milchleistungen 400 Tage
nicht überschreiten.
bilden, bewirkt die Injektion von PGF2α
sieben Tage später eine Rückbildung der
Luteinzyste. Erst dann, wenn kein Gelbkörpergewebe mehr am Eierstock vorhanden ist, kann eine neue Eiblase auch
bis zum Eisprung heranreifen. Die zweite GnRH-Injektion unterstützt diese
Reifung.
■ Auf Luteinzysten hat GnRH keine
direkte Wirkung. Allerdings kann die
hemmende Wirkung der Zyste auf das
Wachstum anderer Eiblasen mit GnRH
durchbrochen werden: Eine entwicklungsfähige Eiblase reift heran und es
kommt eventuell schon nach der ersten
GnRH-Gabe zum Eisprung. Aus der
Eiblase bildet sich dann ein Gelbkörper.
Dieser wird durch PGF2α zurückgebildet, und eine neue Brunst kann eingeleitet werden. Da die Zyste Gelbkörpergewebe enthält, wird sie durch das
Prostaglandin ebenfalls zurückgebildet.
Über sehr gute Erfahrungen mit der
Anwendung des Ovsynch-Programmes
in der Behandlung von Zysten berichtet
auch der Tierarzt und Landwirt Dr.
Jäkel aus Arnstadt in Thüringen. Die
A
u
s
wertung von 124 Kühen mit der Diagnose „Zyste“ ergab folgendes Ergebnis:
Während 110 Tiere zu Behandlungsbeginn keine erkennbare Brunst zeigten,
waren bei 14 Tieren Brunstanzeichen
vorhanden. Die Behandlung führte bei
102 Tieren (82,3%) zu einer Trächtigkeit. Von 22 Tieren, die zunächst nicht
erfolgreich besamt werden konnten,
wiesen jedoch 16 einen normalen 21-Tage-Zyklus auf.
Wenn die Brunst
ausbleibt
Kommen wir nun zur Behandlung
der Brunstlosigkeit (funktionslose Eierstöcke). Die Brunstlosigkeit in den ersten
sechs bis acht Wochen nach der Kalbung
geht häufig mit einem Energiedefizit einher, aus dem die Kuh sich nur langsam
„herausfressen“ kann. Die negative
Energiebilanz hat aber Folgen für die
hormonellen Abläufe im Körper.
Ähnlich wie bei der Entwicklung der
Zysten, stellt wahrscheinlich das Hormon LH den Dreh- und Angelpunkt dar:
Es wird vermutet, dass ein Energiemangel zu einem Defizit an notwendigem
LH-führt.
Die Verabreichung von GnRH im
Rahmen eines Ovsynch-Programmes
kann helfen, den Zyklus „anzuschieben“.
GnRH kann die LH-Ausschüttung erhöhen und unter Umständen den LHMangel beheben.
In einer Untersuchung von Prof. Sobiraj an der Universität Leipzig wurde
das Ovsynch-Verfahren an 266 Tieren
getestet. Bei rund 75% der Tiere war
zum Tag 60 nach der Kalbung keine
Eierstockstätigkeit nachweisbar. Dennoch kamen alle Tiere noch während der
Therapie oder termingerecht nach der
zweiten GnRH-Injektion in Brunst.
Kühe, bei denen die anschließende Besamung erfolglos blieb, wurden ohne
Ausnahme wieder brünstig. 90% dieser
Kühe rinderten regelmäßig nach ca.
21 Tagen.
Fazit
Der Einsatz des Ovsynch-Verfahrens
zur Behandlung von Problemkühen hat
sich in der Praxis bewährt. Besonders
Brunstlosigkeit und Zysten stellen zwei
wichtige Entgleisungen des Hormonhaushaltes dar, denen man mit Ovsynch
entgegensteuern kann.
Allerdings muß – wie bei der Anwendung aller Verfahren zur Zyklusregulation – folgendes beachtet werden: Die
Folgen einer mangelhaften Fütterung,
schlechter Haltungsbedingungen oder
klinischer Erkrankungen, können durch
dieses Programm nicht kompensiert werden
Rolf Nathaus
top agrar 1/2000
R 11