Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei Neuauflage von «Mein

8.1.2016
Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei Neuauflage von "Mein Kampf" ­ Katholische Kirche Schweiz, Politik und Gesellschaft
Pro
SCHWEIZ
Hitlers «Mein Kampf» | © 2016 Keystone
Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei
Neuauflage von «Mein Kampf»
0
Zürich, 8.1.16 (kath.ch) Am heutigen 8. Januar erscheint eine kommentierte
Neuauflage von Hitlers Buch «Mein Kampf». Wie reagieren Schweizer Juden auf
diese Veröffentlichung? kath.ch hat nachgefragt.
Sylvia Stam
Per Ende 2015 sind die Urheberrechte an Hitlers Streitschrift «Mein Kampf» erloschen.
Das Münchner Institut für Zeitgeschichte hat aus diesem Anlass eine kommentierte
Neuauflage erarbeitet, die am 8. Januar erscheint. Das Institut sieht diese Ausgabe als
«Beitrag zur historisch-politischen Aufklärung». Es will «Hitler und seine Propaganda
nachhaltig dekonstruieren», um einem «ideologisch-propagandistischen Missbrauch
des Buches entgegenzuwirken», wie es auf der Homepage des Instituts heisst.
Wie aber reagieren Juden in der Schweiz auf eine Neuerscheinung jenes Buches,
welches die ideologische Grundlage zur Ermordung von Millionen europäischer Juden
geliefert hat?
Verantwortung der Herausgeber
https://www.kath.ch/newsd/schweizer­juden­zur­neuauflage­von­mein­kampf­aufklaerung­allein­genuegt­nicht/
1/4
8.1.2016
Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei Neuauflage von "Mein Kampf" ­ Katholische Kirche Schweiz, Politik und Gesellschaft
«‹Mein Kampf› ist ein antisemitisches Machtwerk, das eine kriminelle Ideologie
verkörpert», sagt Jonathan Kreutler vom Schweizerischen Israelitischen
Gemeindebund (SIG) gegenüber kath.ch. Als solches falle es unter die RassismusStrafnorm. «Wenn es Neuausgaben geben soll, dann müssen diese unserer Meinung
nach mit kritischen Bemerkungen und der Veranschaulichung der historischen
Zusammenhänge publiziert werden.» Der SIG ist nicht grundsätzlich gegen eine solch
kommentierte Neuauflage, weil sie zu einem besseren Verständnis des Dritten
Reiches beitragen könne. Der Herausgeber müsse sich jedoch seiner Verantwortung
ebenso bewusst sein wie jene Menschen, welche die Ausgabe benutzten, etwa in
Bildungsinstitutionen.
«Aufklärung erreicht Menschen mit Ressentiments nicht»
Auch Michel Bollag, Co-Leiter am Zürcher Institut für interreligiösen Dialog (vormals
Zürcher Lehrhaus), findet die kommentierte Neuausgabe vor allem für Historiker und
Politologen sinnvoll. Er warnt aber vor einer Überbewertung des aufklärerischen
Effekts in Sachen Rassismus-Bekämpfung: «Aufklärung erreicht Menschen mit
Ressentiments nicht.» Dadurch könne auch das Aufkommen solcher Ressentiments
aufgrund gesellschaftlicher, sozialer oder politischer Verhältnisse nicht verhindert
werden. «Sie wirkt nur bei solchen Menschen, die gegen Ressentiments schon immun
sind», so Bollag gegenüber kath.ch. Solche Ressentiments liessen sich nur mit
ganzheitlichen Ansätzen angehen, nämlich in der Seelenstruktur dieser Menschen.
Bollag spricht sich klar für ein Verbot der Publikation von «Mein Kampf» aus, wenn
diese unkommentiert bleibe.
Verbot wäre Zeichen von Respekt gewesen
Kritischer äussert sich aus nicht-jüdischer Sicht Erik Petry, Historiker und
stellvertretender Leiter des Zentrums für Jüdische Studien an der Univresität Basel. Es
gehe nicht nur um den Inhalt, sondern in hohem Masse um die Symbolik, die das
Buch repräsentiere, schreibt er in seiner Antwort an kath.ch. «Es hätte der
Bundesrepublik Deutschland gut zu Gesicht gestanden, das Erscheinen des Buches
schlicht zu verbieten, und zwar als symbolische Handlung, um Verantwortung und
Respekt gegenüber den Ermordeten und den Überlebenden zu zeigen.» Petry bezieht
sich mit dem Verbot explizit auch auf die kritische Edition.
Das Institut für Zeitgeschichte in München präsentiert am 8. Januar eine
wissenschaftlich kommentierte Neuauflage von Hitlers «Mein Kampf». Das zwei Bände
umfassen rund 2000 Seiten. Enthalten sind mehr als 3500 Anmerkungen. (sys/kna)
Deutschland: Zentralrat der Juden begrüsst kommentierte Ausgabe «Mein Kampf»
https://www.kath.ch/newsd/schweizer­juden­zur­neuauflage­von­mein­kampf­aufklaerung­allein­genuegt­nicht/
2/4
8.1.2016
Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei Neuauflage von "Mein Kampf" ­ Katholische Kirche Schweiz, Politik und Gesellschaft
© Katholisches Medienzentrum, 08.01.2016
Die Rechte sämtlicher Texte sind beim Katholischen Medienzentrum. Jede Weiterverbreitung ist
honorarpflichtig. Die Speicherung in elektronischen Datenbanken ist nicht erlaubt.
News ›
08.01.2016 | 10:01 Deutschland: Zentralrat der Juden begrüsst kommentierte Ausgabe «Mein
Kampf»
08.01.2016 | 10:01 Schweizer Juden mahnen zur Vorsicht bei Neuauflage von «Mein Kampf»
08.01.2016 | 07:10 Andreas Thiel: Satire muss sich auch aggressiver Kritik aussetzen
07.01.2016 | 17:39 Papst nimmt Morgenmessen wieder auf
07.01.2016 | 17:20 Mehr Dialog mit Menschen ausserhalb der Kirche – Feedback an kath.ch
älter
NEWS ›
Medienspiegel ›
08.01.2016 | 09:29 Ab Sommer 2017 rollt Bruder Klaus durch die Schweiz Neue
Nidwaldner Zeitung
08.01.2016 | 09:21 Ohne Priester keine Pfarrei? Neue Luzerner Zeitung
08.01.2016 | 09:12 Brig ist Mekka Radio Rottu
08.01.2016 | 09:07 Auf dem Sofa: Ex-Gardist Franziskus Wetter Tele Ostschweiz
08.01.2016 | 08:55 Ein Jahr nach Charlie Hebdo: Dialog wird auch in der Schweiz wichtiger Radio Life Channel
älter
MEDIENSPIEGEL ›
https://www.kath.ch/newsd/schweizer­juden­zur­neuauflage­von­mein­kampf­aufklaerung­allein­genuegt­nicht/
3/4