Die Mauerkrone, DEGA 11/2004

ARBEITSVERFAHREN
Mauerbau
Der Mauer die
Krone aufsetzen
Nord-West-Friedhof in Karlsruhe. Krone als Abdeckstein in Satteldachform. Planung: Klahn + Singer,
Karlsruhe
Jede Mauer braucht
aus baukonstruktiven und
gestalterischen Gründen
in irgendeiner Form
einen soliden Abschluss,
eine Mauerkrone. Diese
kann ein betonendes
Element sein oder
ein eher unauffälliges und
untergeordnetes
Detail.
Trockenmauer mit Rollschicht aus schräg stehenden Platten. Feldmauer in Mittelengland
M
auern aus Mörtelmauerwerk müssen in den
meisten europäischen
Klimazonen eine solide Abdeckung erhalten, um eindringendes Regenwasser fernzuhalten und damit Frostschäden
vorzubeugen. Aber auch bei
unvermörtelten Mauern muss
die Ausführung des Mauerkopfs
wohl überlegt und gut gestaltet
sein, denn sie bestimmt ganz
wesentlich das Erscheinungsbild und langfrsitig gesehen die
Unversehrtheit der Konstruktion.
Trockenmauer mit Rollschicht aus unbehauenen Steinen. Friedhofsmauer in Schottland, Orkney Islands
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Mauerkrone beim
Natursteinmauerwerk
Bei Natursteinmauern bestehen
besonders vielfältige Möglichkeiten in der Ausführung der
Mauerkronen, sowohl bei
Trockenmauern als auch bei
Mauern, die mit Mörtel aufgesetzt sind oder bei hinterbetonierten Mauern.
Die einfachste und traditionellste Ausführung der Mauerkrone ist der Abdeckstein. Der
obere Abschluss von Mauern
durch eine dickere letzte
Schicht, mit großer Einbindetiefe und relativ langen Steinen
verlangt ein großes handwerkliches Geschick. Eine passgenaue handwerkliche Bearbeitung sorgt für Fugenschluss auf
der gesamten Einbindetiefe.
Durch wechselnde Schichthöhen der Abdecksteine werden sie nahtlos in den Mauerverband integriert, wodurch
der Charakter des Mauerwerksverbands bis hin zur Abdeckung konsequent beibehalten wird. Eine in dieser Art ausgeführte Mauerkrone hat keinen Überstand.
Bei Mauern mit Anlauf erhält
der Abdeckstein denselben Anlauf wie die Mauer. Um das
Wasser abzuleiten, wird der
Abdeckstein mit Gefälle ausgeführt, bei Stützmauern wird
zum Hang hin entwässert. Die
Abdecksteine können auch in
Satteldachform oder als halbrund bearbeitete Werksteine
ausgeführt werden. Abdecksteine auf Trockenmauern tragen durch ihr hohes Eigengewicht und die Verzahnung mit
dem Mauerwerksverband zur
Stabilität des Gesamtgefüges
bei.
Abdeckung mit
Rollschicht
Abdeckung von Trockenmauern durch Rollschichten, wie
man sie weltweit in vielen bäuerlichen Kulturlandschaften als
Feldmauern findet, verleihen
den Mauern einen ganz besonderen Charakter. Als Rollschicht werden relativ gleichartige Steine als durchgehende
Lage auf einen ebenmäßig ausgeführten Abschluss der Mauer
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aufgesetzt. Während das Mauerwerk eine horizontale Schichtungstruktur zeigt, stellt sich
die Rollschicht als eine vertikale oder schräg verlaufende
Struktur dar. Durch Verkeilen
oder Schrägsstellung wird die
Mauerkrone stabilisiert. Meist
haben die Steine der Rollschicht ein paar Zentimeter
seitlichen Überstand, sodass
ein sattes Aufliegen gewährleistet ist. Ursprünglich wurden
derartige Mauern vor allem als
Einfriedung von Weideflächen
errichtet. Die oft etwas ruppige
und spitzige Rollschicht hatte
auch den Vorteil, dass die Weidetiere am Übersteigen der
Mauern gehindert wurden.
Die Rollschichten können je
nach verwendetem Material
ganz unterschiedliche Strukturen haben. Werden nicht bearbeitete Feldsteinbrocken verwendet, wirken die Mauerkronen dementsprechend grob,
werden schiefrige Materialien
verwendet, kann sich ein sehr
Klinkersichtmauerwerk
mit Rollschicht
schöner, feingliedriger Mauerabschluss ergeben. Das Erscheinungsbild wird immer
sehr stark vom verwendeten
Gesteinsmaterial und nicht so
sehr von der handwerklichen
Ausführung geprägt.
Abdeckplatten
Abdeckplatten sind heute die
wohl gängigste Art der Ausführung von Mauerkronen bei
Natursteinmauern. Die Platten
sind aus dem gleichen Natursteinmaterial wie die Mauer
selbst und werden als vorgefertigte Elemente bezogen, meist
mit bossierten Rändern und gestockten Oberflächen, in Längen von 1 m und mehr. Durch
ihre relative Länge kann auf der
Baustelle zügig gearbeitet werden. Der Mauerwerksabschluss
wird gezielt betont.
Es ist unbedingt darauf zu
achten, dass die Dicke der Abdeckplatte zur Schichtung, zur
Höhe und zum Fugenbild der
Abdeckplatte ohne Überstand.
Planung: Mader, Zimmermann
Solide Zinkblechabdeckung in
Pultdachform
Abdeckung aus 4 mm dickem
feuerverzinkten Stahlblech
Abdeckplatte ohne Tropfnase.
Typisches Schadensbild
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Natursteinmauer passt. Bei
Mauern von mehr als 1 m Höhe
sollten die Abdeckplatten 8 bis
10 cm Stärke haben. Eine zu
dünne Platte wirkt unbefriedigend, und eine zu dicke Abdeckplatte kann die Mauer optisch erdrücken.
Da die Mauer auf ganzer
Breite von einem Stein abgedeckt wird, ist der Schutz vor
eindringendem Wasser besonders gut. Lediglich die Stoßfugen stellen gewisse Schwachstellen dar und müssen besonders sorgfältig verfugt werden.
Meist werden Abdeckplatten
mit Überstand ausgeführt, und
sie sollten dann unbedingt eine
Tropfnase haben. Bei Mauern
mit Anlauf empfiehlt sich aber
ein bündige Ausführung, da der
Überstand ansonsten extrem
groß sein müsste, um das abtropfende Wasser wirklich effektiv von der Mauer fernzuhalten.
Mauerkrone beim
Sichtmauerwerk
Sichtmauerwerk – zum Beispiel
aus Klinker oder Kalksandsteinen – wird traditionell mit einer Rollschicht abgeschlossen,
das heißt mit einer hochkant
vermauerten Steinschicht. Bei
der Rollschicht ist auf eine absolut hohlraumfreie Vermörtelung und eine sehr sorgfältige
Verfugung zu achten. Es dürfen
keinesfalls gelochte Klinker verwendet werden. Sichtmauerwerkskronen mit Rollschicht
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sind in den Niederlanden, England, Dänemark und Norddeutschland ein weit verbreiteter Standard. Durch den hohen
Fugenanteil ist diese Ausführung jedoch sehr stark
durch Frostangriffe gefährdet,
und in den meisten Regionen
Deutschlands ist sie nur unter
Vorbehalt
empfehlenswert.
Hier ist die Ergänzung der Rollschicht mit einer Abdeckplatte,
einem Betonfertigteil oder einer Blechabdeckung angeraten.
Mauerkrone bei
verputzten Mauern
Bei verputzten Mauern ist der
Anspruch an die Wasserundurchlässigkeit besonders groß,
weil zwischen Putz und Mauerwerk eindringendes Wasser
hier unvermeidlich zu Schäden
führt. Eine Abdeckung aus
Edelstahl- oder Zinkblech ist
versehen und perfekt, ohne
Dellen ausgeführt werden,
sonst ergibt sie kein befriedigendes Bild. In der Regel wird
ein auf der Mauer befestigtes
Holz „verblecht“. Es empfiehlt
sich, zur Befestigung mit Klemmprofilen zu arbeiten, sodass die
Bleckabdeckung nicht geschraubt werden muss, denn
durch die sonst notwendigen
Bohrungen würden Schwachstellen geschaffen, an denen
Wasser eindringen kann.
Sehr gebräuchlich, technisch
korrekt und kostengünstig sind
Abdeckungen aus Natursteinoder Betonplatten. Diese Platten müssen Gefälle, Überstand
und Tropfnase haben. Eine
Schwachstelle sind die Stöße
zwischen den einzelnen Elementen, weil die Mörtelfugen
durch
Frosteinwirkungen
schnell aufreißen und hier
dann Wasser eindringt. Dieses
Sichtmauerwerk
wird traditionell mit
einer ROLLSCHICHT
abgeschlossen
eine solide Lösung und kann
sehr gut aussehen. Von einer
Abdeckung mit Kupferblech ist
eher abzuraten, weil sie oft grüne Flecken verursacht.
Blechabdeckungen müssen
gut proportioniert sein. Sie
müssen im Abstand von wenigstens 5 m mit Schiebenähten
Problem kann man durch eine
dauerelastische
Verfugung
nicht befriedigend lösen, denn
die synthetischen Verfugungsmaterialien haben im Freiraum
wegen der hohen UV-Einwirkungen nur eine begrenzte Lebensdauer und verschmutzen
außerdem sehr stark. Mörtelfu-
gen ist der Vorzug zu geben, jedoch sollte an den Stößen zwischen den einzelnen Abdeckplatten ein V-förmig gefaltetes
Blech oder ein halbrundes,
kaum sichtbares Kunststoffprofil unterlegt werden, um von
oben eindringendes Wasser
nach außen abzuleiten. Die Fugen sollten nicht zu schmal,
sondern eher reichlich bemessen werden (8 bis 10 mm), um
sie einwandfrei mit Mörtel ausfugen zu können. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass
auch in der Mörtelfuge mit der
Fugenkelle eine kleine Tropfnase ausgebildet wird.
Eine besonders schöne, aber
auch sehr teure Art der Verfugung ist das Ausgießen mit Blei,
wie man es gelegentlich bei
sehr hochwertigen denkmalgeschützten Objekten sieht.
Mauerkronen mit eingemörtelten Ziegelabdeckungen, sowohl Profilziegel als auch Biberschwanzziegel, waren in
den 50er und 60er Jahren weit
verbreitet. Diese Art der Mauerkrone wirkt sehr rustikal und
ist nur in einem stilistisch entsprechenden Umfeld anzuraten. Sie ist aber baukonstruktiv
eine sehr gute und im Vergleich
auch sehr preisgünstige Lösung.
Mauerkrone einer
Betonmauer
Da eine Betonmauer kein Mauerwerksgefüge, sondern eine
monolithische Masse ist, kann
hier sowohl bautechnisch als
auch gestalterisch auf eine Abdeckung verzichtet werden. Eine Blechabdeckung wird üblicherweise nur dann ausgeführt,
wenn die Mauer gezielt vor
Verschmutzungen geschützt
werden soll, wie dies zum Bespiel bei gestrichenen oder farbig lasierten Betonmauern oft
der Fall ist. Eine Blechabdeckung verhindert, dass der
Staub, der sich auf der Mauerkrone abgesetzt hat, bei Regengüssen hässliche Streifen
auf der Mauer hinterlässt.
Günter Mader, Ettlingen
Elke Zimmermann, Hergatz
Bilder: Mader, Zimmermann
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