Arzneimittelfälschungen, ein zunehmendes Problem?

Arzneimittelfälschungen, ein
zunehmendes Problem?
Dr. Léonie Zimmermann
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Richtlinie 2011/62/EU zur Verhinderung des Eindringens von
gefälschten Arzneimitteln (human) in die legale Lieferkette
Beschluss der Einführung bzw. Präzisierung der europ. Anforderungen bzgl.
 speziell Wirkstoffe  Herkunft
 Authentifizierung, Manipulationsschutz  Sicherheitsmerkmal, Packungsebene
 Lieferkette  Gute Vertriebspraxis
 Inverkehrbringen  Logo zur Identifizierung legaler Internetapotheken
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Behördliche Gefahrenabwehr
 Europäische Anforderung eines nationalen Systems zur behördlichen
Kommunikation und Gefahrenabwehr
Artikel 117a der Richtlinie 2001/83/EG
Forderung eines Systems zur Annahme und Bearbeitung von Meldungen mutmaßlich
gefälschter Arzneimittel und Qualitätsmängel
National umgesetzt in der Verordnung zum Stufenplan nach § 63 AMG
 Vorschriften zur Kooperation und Gefahrenabwehr zwischen deutschen
und europäischen Behörden
Artikel 3 der Richtlinie 2003/94/EG
System beschrieben in den Gemeinschaftsverfahren für Inspektionen und
Informationsaustausch (CoCP)
Europäisch umgesetzt im Schnellwarnsystem /„Rapid Alert System“
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Fälschungen - Produkt
Produktbezogene Fälschungen
 Kopien
 Gestohlene Arzneimittel
 Gefälschte Herkunft
 Verunreinigter Wirkstoff
 Geminderter Wirkstoffgehalt, kein Wirkstoff
 Andere Wirkstoffe als deklariert
Fälschungen / Täuschungen
 Arzneimittel ohne legales Original
 “Nachahmer” mit bekanntem Wirkstoff –z.B. “Kamagra”
 “Wundermittel”
 Als Nahrungsergänzungsmittel deklarierte Arzneimittel
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Fälschungen - Vertrieb
Illegaler Vertrieb an Verbraucher
 über nicht zugelassene Apotheken
 über sonstige Portale oder Vertriebswege
Einschleusen in die legale Kette
 Fälschung von Vertriebs- und Lieferunterlagen und Verkauf an legale Großhändler (und
nachfolgend Apotheken)
 Vertrieb gefälschter AM via zugelassene Großhändler (auch über weitere Großhändler) an
Parallelimporteure
 Vertrieb illegaler AM über nicht zugelassene Großhändler weiter an legale Akteure
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Zunahme von Fälschungen –Beobachtungen
außerhalb der Arzneimittelüberwachung
 Sprunghafter Anstieg des Handels mit gefälschten Arzneimitteln
gemäß deutscher Zollstatistik
 2014 ca. 46.000 Fälle registriert, entsprechend einem Anstieg um
72 % gegenüber 2013
 Nach Zahlen des Zollkriminalamtes (ZKA) stiegen die
Ermittlungsverfahren wegen Arzneimittelschmuggels von 2008 bis
2013 von gut 400 auf mehr als 1.850 Fälle.
 Nach Erkenntnissen der Kriminal- und Strafverfolgungsbehörden
organisiert sich der Handel mit gefälschten Arzneimitteln offenbar
zunehmend.
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Fälschungsfälle BfArM
Anzahl Fälle
70
60
50
40
30
20
10
0
2010
2011
2012
2013
2014
2015*
2015 *hochgerechnet basierend auf Fallzahl Ende August
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Management durch BOB in Bezug auf Fälschungen
 „Single point of contact“, Koordinierung im Rapid Alert System zw.






EMA (CMDh, CHMP)
Behörden anderer EU-Staaten
Deutscher Länderüberwachung
BOB (PEI, BVL)
BKA, ZKA
Ggf. sonstigen internationalen Partnern
 Koordinierung von nationalen Maßnahmen
 Mit Länderüberwachung
 Ggf. Abstimmung von Rote-Hand-Briefen
 Kommunikation an
 Arzneimittelkommissionen (AMK; AkdÄ)
 Presse (in Abstimmung mit Ländern)
 Information auf BfArM-Seiten
 Warnmeldungen zu Risiken für die Öffentlichkeit!
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Beispiele von Meldungen des BfArM
Häufig hochpreisige Präparate
für Indikationen mit hoher Morbidität
(Sutent 17.6. , Viread 22.4./10.4.,Pulmozyme 24.4., Neulasta 6.3. u.s.w.)
Häufig Fälschungen von Lifestylepräparaten oder deren
illegaler Vertrieb
(Viagra 2.7., Cialis 24.2., Sildaristo 12.2.)
aber auch von weniger lukrativen Präparaten wie Omeprazol 2013
Inzwischen auch Meldungen zum nicht autorisierten Handel
bestimmter Großhändler
(Bsp. Rückruf von Chargen von 45 Arzneimitteln von rumänischem
Großhändler 9.9.)
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Erkennbare Trends - Sicht des BfArM
 Zunahme der Fälschungsmeldungen in legaler Lieferkette
30-fache Steigerung in den vergangenen 5 Jahren
 Zunahme an Meldungen zu illegalen Aktivitäten über das WGEO-Netzwerk
Ein Rückgang dieser Aktivitäten zeichnet sich nicht ab und ist nicht zu erwarten
 Handelswege und Lieferketten überschreiten häufig nationale Grenzen und sind
dadurch (bewusst) komplex
 Nicht genehmigte Vertriebsaktivitäten inzwischen häufiger über das europäische RAS
gemeldet
 Regionale Häufungen bei Ursprungsländern erkennbar
 Kooperation aller beteiligten Behörden komplex (national und international,
Bundesoberbehörden mit Landesüberwachungsbehörden und Kriminal- und
Strafverfolgungsbehörden)
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Nationale Aktivitäten
Nach „Italienfall“
 Gründung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Koordinierung von
Maßnahmen zur Abwehr von Arzneimittelrisiken durch Fälschungen
 Intensivierung der bisherige Zusammenarbeit der Behörden von Bund & Ländern
 Ziel ist Maßnahmen auf Länder-, Bundes- und europäischer Ebene bestmöglich zu
koordinieren und ggf. laufende Ermittlungen zu unterstützen
 Mitglieder sind Vertreter der BOB, der Länderüberwachung, BKA, ZKA, BMG, ZLG
 Erfahrungsaustausch und Abstimmung des Vorgehens
 Identifikation von möglichen Problemfeldern
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Internationale Aktivitäten
Heads of Medicines Agencies (HMA) Working Group of Enforcement Officers
(human und veterinär) WGEO



Treffen halbjährlich
Mitglieder: 27 EU-MS, 3 EEA-Länder, CH, EMA, EU-Kommission
Partner: Europol, INTERPOL, EMA, WHO, Pharmaceutical Security Institute (PSI)
 Aktivitäten:





Globale Fälschungsermittlungen/Untersuchungen
Schnellwarnsystem (Rapid Alert System) - illegale
Vertriebskette
Trainings
Europaweite Informationssammlung - Fragebögen
Überwachung des Internetmarktes
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Serialisierung
Serialisierung und Verifizierbarkeit einzelner Packungen unterstützt
 Fälschungsschutz
 Vertriebswegkontrolle,
 Warenbewirtschaftung
 Rückrufe oder
 Management von Lieferengpässe
Aktuell vorgesehen End-to-End Verifizierung
Nach Inkrafttreten des delegierten Rechtsaktes 3 Jahre nationale
Implementierungsfrist
grenzüberschreitender Arzneimittelverkehr erfordert Integration der einzelnen
nationalen Systeme via „European Hub“
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Herausforderungen
 Nachvollziehbarkeit der Identität von AM im Verlauf komplexer
grenzüberschreitender Liefer- und Handelswege
 Management von Versorgungsengpässen verursacht durch Rückrufe bedingt
durch Fälschungen
 Verstärkte Erfordernis der engeren Koordination Arzneimittelüberwachung
und Kriminal- und Strafverfolgung
 Verstärkte Erfordernis der Kooperation der Akteure auf behördlicher Seite
national und europäisch und international
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
Fazit und Ausblick
Serialisierung von Arzneimitteln kann zur Fälschungssicherheit wesentlich
beitragen

Verifizierung serialisierter Packungen in jedem Schritt der Lieferkette wäre
langfristig wünschenswert (“Track and Trace”)

Überlegung: Hinterlegung einer lückenlosen Dokumentation der Akteure der
Lieferkette bei BOB für Parallel-und Re-Importe (analog „QP-Declaration“ f.
Wirkstoffe)

Regelmäßiger Austausch mit betroffenen Behörden im Rahmen der
nationalen Arbeitsgruppe

Einrichtung einer internen behördlichen Informationsplattform

Fortsetzung der internationalen Kooperation

Die Öffentlichkeit weiterhin informieren und sensibilisieren
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Kontakt
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Abteilung 7
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3
53175 Bonn
Ansprechpartner
Dr. Léonie Zimmermann
[email protected]
www.bfarm.de
Tel. +49 (0)228 99 307-3232
Fax +49 (0)228 99 307-4636
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