Nr. 13, Türen - Eintrittspforten in Haus und Räume

Türen – Eintrittspforten in Haus und Räume
Der Erhalt von alten Türen –
Schmuckstücke des Hauses
Themenblatt 13
Eingänge bzw. Ausgänge eines Hauses oder eines Raumes
haben eine Sonderstellung innerhalb der Bauteile eines
Gebäudes. Ohne sie wäre ein Haus oder Raum nicht betretund erlebbar. Türen markieren Übergänge, ermöglichen
durch ihr Öffnen einerseits dynamisches Bewegen und Fluss
in Häusern und Räumen, vermögen andererseits durch ihre
Verschliessbarkeit Schutz, Ruhe, Geborgenheit und Intimsphäre zu gewährleisten.
An Türen und ihren Rahmungen alter Häuser fällt auf, dass
sie sorgfältig gestaltet und bearbeitet wurden und oftmals
regelrechte Zierstücke darstellen. Je repräsentativer ein Haus
oder Raum war, je aufwändiger war die Gestaltung und
Ausformung des Türgewändes und des Türblattes.
Charakteristisch für die Rahmungen alter Türen ist auch die
Ausformung einer Schwelle. Je älter das Gebäude, desto
höher oftmals die Schwellen. Diese waren nicht immer nur
konstruktiv bedingt für heutige Verhältnisse hoch, sondern
auch gewollt so angesetzt, damit der Benutzer den Schritt
in die Sphäre eines Hauses oder Raumes bewusster vollzieht.
An diesen Pforten des Hauses, der Wohnungen oder Räume
verbanden sich hochwertige Handwerkerleistungen; der
Schreiner, der das Türblatt fertigte, der Schmied, welcher
die Beschläge (Bänder, Drücker und Schloss) formte, der
Giesser, der ab dem 19. Jahrhundert bei Eingangstüren
formschöne Ziergitter fertigte, der Glaser, der die Gläser
konfektionierte, der Ätzer, welcher vor allem um die Jahrhundertwende bei Wohnungseingangstüren zierlichste
Ornamente ins Glas arbeitete und schliesslich der Maler,
welcher bei gestrichenen Ausführungen für eine meist
Aufwendig gearbeitete Türe eines Wohnhauses
von 1889 mit geziertem Gussgitter
Haustüre in Eiche (Nachbau aus den 1930er Jahren) in
Sandsteinrahmung eines Appenzellerhauses von 1734
mehrfarbige gehaltvolle Bemalung besorgt war oder das
Türblatt aus Weichholz in der Erscheinung von Eichenholz
maserierte.
Damit nicht genug; den Rahmungen der Türen wurde ebenso grosse Aufmerksamkeit zuteil. Waren es durch den Steinmetz kunstvoll bearbeitete und geformte Natursteingewände oder hölzerne Futter und Verkleidungen mit Profilierungen, welche der Schreiner fertigte – immer wurde
der Rahmen in Form, Ausgestaltung und Farbe sorgfältig
auf das Türblatt abgestimmt.
Nussbaumtüre eines Seeländer Bauernhauses
von 1800 mit handgeschmiedetem Messingdrücker
www.ig-altbau.ch
Zimmertüre mit abgeplatteten Füllungen und
Fischbändern, um 1880
Themenblatt 13
Haustüren
Die Eingangstüren von Altbauten verdienen besondere
Beachtung. Einerseits wollen sie – als Visitenkarte des
Hauses – in ihrer teilweise aufwändigen Gestaltung und
Materialisierung sorgfältig restauriert und renoviert werden,
andererseits sollen sie punkto Dichtigkeit und thermischem
Isolationswert verbessert werden. Dass bei Renovationen
und Sanierungen ausgerechnet beim letzten Punkt oftmals
die Existenzfrage gestellt und ein Ersatz der Eingangstüre
zugunsten einer dichten Wärmehülle erwogen wird, ist verständlich. Mit einem Einfräsen von Dichtungen in den Türfalz und dem Einsetzen einer Isolierverglasung als Ersatz für
das Türglas ist thermisch allerdings schon viel erreicht. Ist
das Türblatt sehr dünnschichtig aufgebaut und hat beispielsweise bei den abgeplatteten Füllungen nur wenig
Substanz, kann das alte Türblatt auch auf eine neue Klimatüre mit Doppeldichtung aufgedoppelt werden. Um das Bild
allfälliger Füllungen auch für den Innenraum zu reproduzieren, kann innenseitig ein neues Doppel aufgesetzt werden.
Ziergitter können sandgestrahlt und z.B. mit Eisenglimmerfarbe gespritzt, wieder eingesetzt werden. Fehlt ein Türgriff
oder alter Zierknauf, kann ein passendes Exemplar mit
etwas Glück bei Händlern alter Bauteile gefunden werden.
Wohnungstüren
Die heutigen Anforderungen an Wohnungstüren sind vielgestaltig. Da sind einerseits die Brandschutzvorschriften, die
den Weiterbestand alter Türfronten in Treppenhäusern von
Mehrfamilienhäusern in Frage stellen, andererseits genügen
diese oftmals nicht mehr den gewünschten schalltechnischen Anforderungen. Ferner sind viele Wohnungsabschlüsse thermisch aus heutiger Sicht ungenügend ausgebildet und dämmen gegenüber dem unbeheizten
Treppenhaus zu wenig. Schliesslich ist auch der Einbruchschutz zu erwähnen, welcher bei alten Türfronten zu wünschen übrig lässt.
Drücker von Wohnungstüre eines Mehrfamilienhauses von 1911, Guss mit Horngriff
Substanzverträgliche Lösungen, die auch wirtschaftlich tragbar sind, können hier meist nur im engen Zusammenwirken
vom altbauerfahrenen Architekt, Schreinermeister und
Feuerschutzbeamte gefunden werden. Aufdoppelungen
von speziellem Brandschutzglas kann bei kleinen Glasflächen eine Lösung sein. Bei grossen Fronten wiegen diese
allerdings zu schwer für die filigranen Alttüren. Mit einer
Aufdoppelung können diese oftmals verstärkt werden, falls
die Bänder genug stabil sind. Bei zu dünnwandigen Türen
ist ein kompletter Nachbau zu prüfen. Auch wenn dieser
kostenintensiv ist, vermag eine gute Schreinerei alle originalen Profilierungen, z.B. in Eichenholz, wieder auszubilden,
um die reichhaltige Gestaltung solcher Abschlüsse im Gesamtbild des Treppenhauses erhalten zu können. Werden
zudem die alten Ziergläser dem modernen Brandschutzglas
vorgesetzt, können erstaunlich authentische Lösungen
erreicht werden.
Zimmertüren
Gestemmte Zimmertüren beleben das Bild eines jeden Altbaus und sind aus einem stimmigen Raumgefüge nicht
wegzudenken. Dazu gehören die schönen und vielgestaltigen Türgriffe, welche teils Griffhülsen aus Horn oder Bakelit
hatten oder vor dem 20. Jh. in besseren Häusern aus Messing gefertigt wuren.
Die Türbänder wurden in früheren Zeiten besonders stabil
gebaut und formschön ausgebildet. Fischbänder mit Ziereicheln aus der Gründerzeit und Jahrhundertwende haben
eine Lebensdauer von mehr als 100 Jahren. Das Holz der
Türblätter wurde damals luftgetrocknet und sorgfältig ausgewählt. Es lohnt sich daher, den Erhalt solcher Türen, auch
wenn sie nicht mehr optimal schliessen, unbedingt anzustreben. Defekte an Schwellen, Türfries und Füllungen können von einem guten Schreiner problemlos repariert werden, was der Türe dadurch nochmals ein langes „Weiterleben“ ermöglicht.
Handgeschmiedeter Türdrücker in Messing mit
reicher Zierung in Jugendstilvilla von 1907
Barockes Türband in Appenzellerhaus von 1787
Weitere Angaben über das angesprochene Thema erhalten Sie gerne bei der Geschäftsstelle der IG altbau:
Sabine A. Michel, Sigismühle 8, CH-5703 Seon, Tel. 062 775 39 35, Fax 062 775 39 37, [email protected]
© IG altbau, Text und Fotos: Philipp Hostettler, Juli 2015
Abdruck jederzeit, auch auszugsweise, jedoch nur unter der Quellenangabe möglich.
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