Bock, Hans (der Ältere), Bildnis Cristoffel Burckart, Öl auf Föhrenholz

Bock, Hans (der Ältere), Bildnis
Cristoffel Burckart, Öl auf
Föhrenholz, 17,2 x 14 cm
Bearbeitungstiefe
Name
Bock, Hans (der Ältere)
Namensvariante/n
Bokh, Hans (der Ältere)
Lebensdaten
* um 1550/52 Zabern (Elsass), † 16.3.1624 Basel
Bürgerort
Basel
Staatszugehörigkeit CH, F
Vitazeile
Maler, Zeichner und Kartograf. Ab 1570 durch Dekorationszeichnung in
Basel als Geselle von Hans Hug Kluber nachweisbar. Vater von
Emanuel dem Älteren, Felix, Hans dem Jüngeren, Niklaus und Peter
Bock
Tätigkeitsbereiche
Wandmalerei, Malerei, Fassadenmalerei, Zeichnung
Lexikonartikel
Hans Bock der Ältere wurde als Sohn eines Steinmetzen im Elsass
geboren und kam um 1570 als Geselle nach Basel in die Werkstatt des
Malers Hans Hug Kluber. Wo er seine Lehrjahre verbrachte, ist nicht
bekannt, wahrscheinlich jedoch ist ein Aufenthalt in Strassburg, da
schon seine frühesten Basler Zeichnungen Stilmittel dort ansässiger
niederländischer Maler erkennen lassen. 1572 war er Meister und trat in
die Basler Malerzunft Zum Himmel ein; im folgenden Jahr wurde er
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eingebürgert und verheiratete sich wenig später mit Elisabeth
Kleinmann. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor, davon fünf Knaben
(um 1576 Hans der Jüngere; 1578 Felix; 1584 Emanuel; 1587 Peter;
1590 Niklaus), die alle in der Werkstatt des Vaters das Malerhandwerk
erlernten. Später arbeiteten sie bei manchen Grossaufträgen Bocks, zum
Beispiel den Wandmalereien am Basler Rathaus, mit. 1587 konnte Bock
das Haus seines verstorbenen Meisters Kluber erwerben und bewohnte
es mit seiner Familie bis zu seinem Tod.
Aus Bocks Frühzeit zu Beginn der 1570er-Jahre sind vor allem
Zeichnungen überliefert, Scheibenrisse und Entwürfe zu
Fassadenmalereien, die ihn bereits als eigenständigen, virtuos und
einfallsreich komponierenden Künstler ausweisen und seine besondere
Begabung für grossangelegte Wanddekorationen zeigen. Noch als
Geselle bei Kluber entwarf er für das Haus des Basler
Medizinprofessors Theodor Zwinger zwei Versionen einer
Fassadenmalerei, deren phantastische Scheinarchitektur von der
berühmten Dekoration Hans Holbeins des Jüngeren am Haus Zum Tanz
inspiriert ist. Ab 1577 erhielt Bock dann erste Bildnisaufträge (Porträt des
Ratsherren Melchior Hornlocher und seiner Frau, Öffentliche
Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum) und zwei Jahre später auch den
ersten grossen öffentlichen Auftrag: Im Grossratssaal des Basler
Rathauses schuf er die Kopie eines schadhaften Wandgemäldes von
Holbein dem Jüngeren auf Leinwand, die vor die Mauer gespannt wurde
(nicht erhalten). Um 1585 entstand das Bildnis des Theodor Zwinger
(Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum).
In der Folgezeit wurde Bock zum hochgeschätzten und vielfach
beauftragten Künstler, den man in gelehrten Basler Kreisen nicht nur zu
künstlerischen, sondern auch zu wissenschaftlichen und
dokumentarischen Aufgaben heranzog. So rekonstruierte er für den
Mediziner Felix Platter in Ölfarben das Abbild des vermeintlichen
«Luzerner Riesen», dessen Gebeine – eigentlich Mammutknochen –
1577 bei Reiden (LU) gefunden worden waren. Da er auch das
Handwerk des Geometers verstand, zeichnete Bock um 1585–1590 im
Auftrag des Rechtsgelehrten Basilius Amerbach Pläne und Risse von
den ersten systematischen Ausgrabungen der römischen Ruinen in
Augst. Die Stadt Basel hatte er 1588 in Grund gerissen, und auch in
späteren Jahren war er neben seiner künstlerischen Tätigkeit mit
grösseren Vermessungsaufträgen beschäftigt, so 1611–16 in Colmar,
wo er die Stadt und ihre Umgebung aufnahm, und 1619–1623 wiederum
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mit der Vermessung des Basler Gebiets.
Als Porträtist der Basler Ratsherren- und Gelehrtenkreise war Bock zu
seiner Zeit führend (Bildnis des Thomas I. Platter, 1581;
Ganzfigurenporträt des Arztes Felix Platter, 1584; Brustbildnis des
Basilius Amerbach, 1591, alle Öffentliche Kunstsammlung Basel,
Kunstmuseum). Einige der Gemälde befanden sich schon zu Lebzeiten
des Künstlers in der Sammlung seines berühmten Gönners Amerbach,
der auch Bilder eigens konzipierter humanistischer Themen bei Bock
bestellte wie die beiden Allegorien Der Tag und Die Nacht (1586,
Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum). Kopien nach Hans
Holbein dem Jüngeren (Leichnam Christi im Grabe, um 1580/1590,
Kunstmuseum Solothurn; das Christuskind aus der Solothurner
Madonna mit bezeichnender protestantischer Auslegung des
Schlangensymbols, Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum)
und Genremalerei (das sogenannte Bad zu Leuk, 1597, Öffentliche
Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum) gehörten ebenso zu seinem
Repertoire wie religiöse Tafelbilder, die er für katholische Auftraggeber
ausführte. Für die Abtei St. Blasien (Schwarzwald) entstand um 1600 ein
Marienzyklus in 18 Bildern (heute im Kloster Einsiedeln), ein
Musterbeispiel geschickt verwendeter Bildzitate nach Vorlagen
niederländischer und italienischer Manieristen.
Bocks eigentliches Gebiet war jedoch die Wandmalerei, die seinem
Talent für grosszügige dekorative Komposition und bewegte Szenen die
besten Möglichkeiten bot, wohl auch seinem Renommeebedürfnis
besonders gelegen kam. Dass die 1592 an der Basler Münsteruhr
angebrachten Malereien Anstoss erregten und auf obrigkeitliche
Anordnung wieder übermalt werden mussten, tat seiner Wertschätzung
keinen Abbruch. Der grösste und repräsentativste Auftrag seiner
Laufbahn war die komplette malerische Ausschmückung des Basler
Rathauses: 1608–1611 schuf er mit Hilfe seiner Söhne die
Wandgemälde an der Fassade, im Hof und in der Torhalle, deren
allegorische Darstellungen und Historien der Gerechtigkeits- und
Herrschaftsthematik des Gebäudes verpflichtet sind (teilweise erhalten;
restauriert). 1619 schliesslich, schon in vorgerücktem Alter, entwarf und
malte er für das Nebentor des Grossbasler Rheintors einen neuen
Reiter, nachdem das alte Reiterbild seines ehemaligen Meisters Kluber
bei der Erneuerung des Tores untergegangen war.
Hans Bock der Ältere war zu Lebzeiten ein über die Grenzen Basels
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hinaus sehr gefragter Künstler, und seine vielseitige, rege
Auftragstätigkeit ist Zeugnis für diese Wertschätzung. Neben Tobias
Stimmer und Wendel Dietterlin (1550 oder 1551–1599) gehörte er in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu den führenden Malern der
Gebiete an Hoch- und Oberrhein. In Basel selbst war er der eigentliche
Erneuerer der nach der Reformation brachliegenden Malerei.
Bocks Werke zeigen ihn als typischen Vertreter des nordischen
Manierismus, der sich vor allem an den herrschenden Vorbildern der
internationalen Hofkunst orientiert. Er kopiert und variiert Bildzitate aus
druckgrafischen Reproduktionen nach Werken von Hubertus Goltzius
(1526–1583), Federico Barocci (1526 oder 1535–1612), Federico Zuccari
(um 1540–1609) und andern, verwendet jedoch auch Elemente von
Holbein der Jüngere. Dabei geht er mit den Vorlagen weniger
schöpferisch um als vielmehr kompilierend und schlicht zitierend, was
seinen Kompositionen meist eine steife Künstlichkeit verleiht. Bei seinen
Porträts steht der Eindruck trockener Schilderung im Vordergrund; es
sind gute Handwerksarbeiten, jedoch ohne eigentliche künstlerische
Intuition. Bocks Stärke liegt ohne Zweifel im Dekorativen, in der Anlage
ornamental und figural reich ausgestatteter Szenen, die er mit sicherem
Blick für monumentale Wirkung kombiniert. Auch hierin ist sein
Erfindungsreichtum prinzipiell der Mode seiner Zeit verpflichtet, die
Originalität des Einfalls und der Kombination ebenso wie die gesuchte
Zurschaustellung virtuosen Könnens zum Primat künstlerischen
Ausdrucks erhoben hatte.
Werke: Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum und
Kupferstichkabinett; Basel, Rathaus; Benediktinerstift Einsiedeln;
Benediktinerstift St. Paul (A).
Maria Becker 1998, aktualisiert 2011
Literaturauswahl
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Nachschlagewerke
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Archiv
SIK-ISEA, Schweizerisches Kunstarchiv, HNA 17
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Letzte Änderung
09.02.2016
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AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum
des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008,
2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz,
http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom
13.9.2012.
Seite 6/6, http://www.sikart.ch