Computational Dynamics III

Wintersemester 2015/2016
Dr. Stefan Klus & Dr. Karin Mora
Computational Dynamics III
Übungsblatt 1: Nichtglatte dynamische Systeme
Aufgabe 1.1 (5 Punkte) Gegeben ist das stückweise glatte dynamische System
F1 (x, µ), wenn H(x, µ) < 0
ẋ =
(1)
F2 (x, µ), wenn H(x, µ) > 0
wobei x ∈ D ⊂ R, Σ = {x ∈ D : H(x) = 0}. Der Glattheitsgrad dieses Systems is
2, und somit kann F2 in der Umgebung von Σ wie folgt approximiert werden
F2 (x, µ) = F1 (x, µ) + J(x, µ)H(x, µ)
wobei J : Rn+1 → Rn eine ausreichend glatte Funktion ist, so dass:
wenn H(x, µ) = 0, dann F1 = F2 .
Ein Punkt x ∈ D heißt zulässiger Gleichgewichtspunkt, wenn
F1 (x, µ) = 0 und H(x, µ) < 0 bzw. F2 (x, µ) = 0 und H(x, µ) > 0.
Ein Punkt x ∈ D heißt virtueller Gleichgewichtspunkt, wenn
F1 (x, µ) = 0 und H(x, µ) > 0 bzw. F2 (x, µ) = 0 und H(x, µ) < 0.
Ein Punkt x ∈ D heißt Rand-Gleichgewichtspunkt, wenn
F1 (x, µ) = F2 (x, µ) = 0 und H(x, µ) = 0.
Das System (1) hat am Punkt x = x∗ , µ = µ∗ eine boundary equilibrium Bifurkation (BEB), wenn ein x = x∗ existiert, so dass
• Fi (x∗ , µ∗ ) = 0,
• H(x∗ , µ∗ ) = 0,
• Fi,x (x∗ , µ∗ ) invertierbar ist,
−1 ∗
• Hµ (x∗ , µ∗ ) − Hx (x∗ , µ∗ )Fi,x
(x , µ∗ )Fi,µ (x∗ , µ∗ ) 6= 0,
wobei i = 1 und 2 ist.
a) Äquivalent zu Stoß-Hybrid-Systeme: Geben sie eine Definition für das
i. persistence Szenario (jeweils ein zulässiger Gleichgewichtspunkt für µ < µ∗
und für µ < µ∗ )
ii. nonsmooth fold Szenario (zwei zulässiger Gleichgewichtspunkte für µ < µ∗
(bzw. µ > µ∗ ) und keine zulässigen, also virtuelle, Gleichgewichtspunkte
für µ > µ∗ (bzw. µ < µ∗ ))
1
für einen BEB Punkt des Systems (1).
b) Formulieren sie einen Satz für die Verzweigung von Gleichgewichtspunkten an
einem BEB Punkt des Systems (1) (äquivalent zum Satz 6.13). Mit anderen
Worten: Unter welchen Bedingungen ist das persistence und das nonsmooth
fold Bifurkations-Szenario zu beobachten?
Aufgabe 1.2 (11 Punkte) Gegeben ist das Hybrid Stoß-System
ü + 2ζ u̇ + u = cos(2t) − µ,
u(t+ ) = u(t− ), v(t+ ) = −rv(t− ),
wenn u(t) > 0,
wenn u(t) = 0
(2)
(3)
wobei u ∈ R und v := u̇(t) ∈ R. Die Dämpfung ζ > 0, die konstante Erregung
µ ∈ R, die Newtonsche Stoßzahl r = 0.8.
a) Berechnen Sie die Grazing-Trajektorie, u(t) und v(t), und die Stoßzeit t∗ eines
periodischen Orbits mit einem einzigen Grazing-Stoß. (Hinweis: Betrachten Sie
die langzeit Dynamik).
b) Für welchen Wert µ = µ∗ hat das nichtglatte dynamische System einen regulären Grazing-Punkt x = x∗ . Einen solchen Punkt (x, µ) = (x∗ , µ∗ ) bezeichnet
man als Grazing-Bifurkation.
c) Veranschaulichen Sie die Dynamik des System (graphische Darstellung: Phasenraum und Zeitreihen) für einen Wert von µ < µ∗ , und einen Wert von
µ > µ∗ , jeweils wenn ζ = 0.26 und wenn ζ = 2.
d) Erstellen Sie ein Bifurkationdiagramm
– wenn ζ = 0.26 für den Bifurkationsparameter µ ∈ (−0.32, −0.31),
– wenn ζ = 2 für den Bifurkationsparameter µ ∈ (−0.1169, −0.105),
für kleine Anfangswerte (u(0), v(0)) < (0.001, 0.001). Verwenden Sie dafür die
Stroboskop-Abbildung (Poincaré Schnitt für t = nT , wobei T die Periode des
Systems ist).
e) Erklären Sie mithilfe der bisherigen Ergebnisse jeweils wenn ζ = 0.26 und
ζ = 2, was mit dem Grenzzyklus ohne Stoß (µ < µ∗ ) passiert, wenn der
Parameter µ in der Umgebung von µ = µ∗ variiert wird.
Hinweis: Für die Simulation können sie den ode45-Solver von Matlab mit der event Funktion
benutzen. Es ist dann zu empfehlen die ode45 Toleranzen ’RelTol’ und ’AbsTol’ auf 10−9 zu
setzen.
2
Aufgabe 1.3 (12 Punkte) Gegeben ist die Abbildung
fL = λxn + µ,
wenn xn < 0
√
xn+1 =
fR = − xn + µ, wenn xn > 0
(4)
wobei xn ∈ R, λ ∈ (0, 1) und µ ∈ R. Die Abbildung (4) hat einen Fixpunkt x = x∗L ,
wenn µ < 0 mit positivem Eigenwert λ ∈ (0, 1). Die Dynamik von (4) für µ > 0,
wenn µ klein ist, hängt von λ ab. Man unterscheidet zwischen drei Fällen: weakly
stable, intermediate und strongly stable case (siehe Satz 8.3 aus der Vorlesung).
a) Die folgenden Teilaufgaben dienen dazu den weakly stable case dieses Satzes
(der Fixpunkt x = x∗L verzweigt sich in einen chaotischen Attraktor für µ = 0)
zu beweisen.
i) Betrachten Sie die Menge W = {x : 0 < x ≤ µ}. Sei x0 ∈ W . Zeigen Sie,
dass x1 < 0.
ii) Eine große Anzahl m − 1 von xn , wobei 1 ≤ n ≤ m − 1 können auf fL
liegen. Warum? Geben Sie den Ausdruck für xn = xn (µ, λ, x0 ) an.
iii) Sei xm der erste Iterat, der wieder in W liegt. Welche Eigenschaft hat
dann die Menge W ?
iv) Sei
x0 (1 − λ)
y0 = 1 −
µ
eine Koordinaten Transformation. Ermitteln Sie die neue Menge V , die
der Menge W entspricht, und ym , welches xm entspricht.
v) Gegeben ist die Abbildung F : V → V durch F (y0 ) = ym . Somit representiert F den maximalen periodischen Orbit mit der Symbolsequenz
Lm R. Die Abbildung F ist stetig, wenn m konstant ist. Wenn m ab- oder
zunimmt, dann ist F nicht stetig.
Wenn x0 = µ, dann erreicht die Anzahl der Iterationen m, so dass xm ∈ V
liegt, ein Maximum N := max(m). Somit folgt: wenn y0 = λ dann ist
m = N.
Zeigen Sie, dass, für N groß,
2
λ
(5)
F (λ)/µ
selbstähnlich ist wenn µ → λ2 µ und N → N + 1.
vi) Sei s die Approximation von (5) mit der selbstähnlichen Eigenschaft.Somit
ist der periodische Orbit Lm R skalierbar.
Zeigen Sie, dass s ∈ (λ2 , 1] liegt.
vii) Sei k = N − m, wobei k ∈ N0 und N groß im Vergleich zu k ist.
Zeigen Sie, dass die Abbildung
1/2
1 − y0
1−k −1/2
G(y0 , s) := λ s
1−λ
3
die Quantität F (y0 )/λ approximiert.
viii) Sei z = y0 . Zeigen Sie, dass ∂G(z, s)/∂z abnimmt, wenn z zunimmt. Was
folgt dann, für die Fixpunkte von G.
ix) Beweisen Sie den Fall weakly stable case. (Hinweis: Betrachten Sie den
kleinsten Fixpunkt von G.)
b) Erstellen Sie ein Bifurkationsdigramm für jeden der frei Fälle:
– weakly stable case: Bifurkationsparameter µ ∈ (−0.05, 0.15),
– intermediate case: Bifurkationsparameter µ ∈ (−0.05, 0.16),
– strongly stable case: Bifurkationsparameter µ ∈ (−0.01, 0.05).
Abgabetermin 20.01.2016, in der Vorlesung.
Bitte vergessen Sie nicht, auf den Abgabezetteln Ihren Namen und ihre Matrikelnummer anzugeben.
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