1 Liebe Mitglieder und interessierte kritische Leser Ich fühle mich als Präsidentin der Stiftung Eternal Spirit aufgefordert, zu den unglaublichen Anschuldigungen und Verleumdungen durch die Presse Stellung zu nehmen. Erlauben Sie mir, einen langen Bericht mit all den Punkten zu schreiben, die mich schon lange beschäftigen: Immer wieder, so auch im Artikel des Wirtschaftsredaktors Herrn Peter Burkhardt in der Sonntagszeitung vom 9. August 2015, wird über Begriffe gestritten („Etikettenschwindel“ laut Ärztevereinigung Vems). Mir ist ganz wichtig, dass wir beim begleiteten Freitod nicht von Suizidhilfe oder Sterbehilfe, sondern von Freitodbegleitung (FTB) sprechen. Es ist für chronisch leidende Menschen eine Erlösung, das Leben selbst und ohne weiteres Leiden beenden zu dürfen, begleitet von verständnisvollen Mitmenschen, akzeptiert von der Familie. Dies hat mit der Gewalttätigkeit und der Verzweiflung eines Suizides nichts zu tun, aber auch nicht mit der Sterbehilfe, welche die Palliativmedizin anbietet. Dort wird ein Schwerstkranker liebevoll weiter gepflegt, bis der Tod auf natürliche Art eintritt. Wie lange das Sterben dann dauert, liegt nicht in der Hand des Sterbenden. Was spricht dagegen, dass wir für unser Sterben Verantwortung übernehmen dürfen, wenn doch verlangt wird, dass wir für unser ganzes Leben Verantwortung übernehmen müssen? Warum wollen uns Ärzte, Behörden und religiöse Glaubensvertreter beim Sterben und bei chronischem Leiden dreinreden? Können sie denn wirklich unser Leiden nachvollziehen? Können sie sich vorstellen, was es heisst, 24 Stunden pro Tag Schmerzen zu haben, die nur mit Medikamenten vermindert werden können, die das Bewusstsein des Leidenden reduzieren, sodass er vernebelt wird? Nicht weil ich Geld verdienen will, setze ich mich für die FTB ein, sondern weil ich der Ansicht bin, dass jedem Menschen das Recht zusteht, sein Leben, wenn es dann ein unerträgliches Leiden geworden ist, in Sicherheit, Geborgenheit und unter Akzeptanz der Familie beenden zu dürfen. Jeder auf seine Art. Nicht vorwiegend durch eine FTB, sondern wie die Erfahrung zeigt, vorwiegend durch natürliches Sterben. Der Kardiologe Michel Romanens, Präsident des Vems, ist laut Presse der Ansicht, dass schwerkranke Menschen nicht fähig sind, „Selbstbestimmung“ und „freie Entscheidung“ auszuüben. Ich erlebe dies anders. Die Menschen, welche die Hilfe des Vereines lifecircle und, wenn dann das Leiden unerträglich geworden ist, die Hilfe der Stiftung Eternal Spirit anfordern, sind sehr wohl fähig, über ihr Leiden und ihr Leben selber zu entscheiden. Der Wunsch nach FTB ist in jedem Falle gereift, wohlerwogen und langanhaltend! Allzu oft erlebe ich es, dass Ärzte, insbesondere Onkologen und Neurologen, ihren Patienten nicht zuhören, sondern sie zu weiteren Therapien überreden. Dass die Patienten sich dann irgendwann nicht mehr gegen dieses Überreden wehren mögen und weitere Therapien akzeptieren, erlebe ich immer wieder. Diese Kranken werden von der modernen Medizin und der Therapiewut der Ärzte überrollt, weil sie nicht 2 mehr die Kraft haben, sich gegen Übertherapie zu wehren. Würden gerade Palliativmediziner nicht nur zuhören, sondern auch die Meinungen und Wünsche ihrer Patienten respektieren, würden wir nicht immer wieder diese unerträgliche Phrase hören, dass die „schwachen, verletzlichen und beeinflussbaren“ Kranken vor Freitodbegleitungsorganisationen geschützt werden müssen, die „sich in der Schweiz erschreckend frei entfalten“. Ja, beeinflussbar sind die erschöpften Kranken, so wie der Mann, der mich kürzlich ins Spital zu sich gerufen hat. Als ich sein Zimmer betrat, streckte er mir die Hand entgegen und sagte «Frau Preisig, retten Sie mich!». Er war sterbend, mit einem Krebsleiden. Er hatte sich zwei Tage vorher von den Ärzten zu einer weiteren, noch stärkeren Chemotherapie überreden lassen, weil er die Kraft nicht mehr hatte, sich gegen den Druck «Du darfst nicht aufgeben» zu wehren. Ich nahm mir Zeit, hörte ihm zu, nahm ihn ernst. Am Folgetag verabschiedete er sich beim Pflegepersonal, und zwei Tage später fuhr ihn die Ambulanz nach Hause. Er ging mit einem Lächeln im Gesicht und dem Blick aus seiner Stube in eine FTB, seine Söhne und Schwiegertöchter waren bei ihm. Ich hatte ihn „gerettet“, indem ich auf ihn gehört hatte, seinen dringlichen, wohlerwogenen und anhaltenden Wunsch respektiert hatte, sein unheilbares Leiden zu beenden und sich im Jenseits mit seiner Frau wieder zu vereinen. Ich liebe meine Arbeit in der Freitodbegleitung, weil ich nirgendwo so viel positives Feedback erhalte wie hier. Früher gab es eine Sterbekultur. So wie man heute die sanfte Geburt kennt, und jede Frau auf die Weise gebären darf, die sie für richtig hält, müssen wir wieder eine Sterbekultur aufbauen. Die Mitglieder von lifecircle, die nach langer Krankheit im Kreise ihrer liebsten Freunde und Verwandten eine FTB eingehen, überraschen mich immer wieder mit ihrer Entschiedenheit und Dankbarkeit, mit der sie ihr Leben beschliessen. Dies ist Sterbekultur, Akzeptanz und Nächstenliebe der mitfühlenden Angehörigen. Wenn nun die Staatsanwaltschaft wegen Selbstbereicherung eine Strafanzeige machen will, beunruhigt mich dies nicht, obwohl es sehr weh tut. Da ich solchen Anschuldigungen vorbeugen wollte, haben wir neben dem Verein lifecircle, der sich für ein langes Leben und die Verbesserung der Lebensqualität trotz Behinderung einsetzt, auch noch die Stiftung Eternal Spirit gegründet. Alle Zahlungen, die für eine FTB geleistet werden, müssen an die Stiftung bezahlt werden. Sollte eine Person keine Finanzen zur Verfügung haben um eine FTB zu zahlen, übernimmt die Stiftung alle entstehenden Kosten. Sollte dann noch ein Gewinn vorhanden sein, wird dieser entsprechend den Statuten an den Verein lifecircle und von dort an gemeinnützige Organisationen verteilt, u.a. an die Spitalexterne Onkologiepflege, die Kinderspitex, die Tagesstätte für Menschen mit geistiger Einschränkung usw. Sollten Sie eine Anregung haben, welcher gemeinnützigen Organisation lifecircle noch spenden sollte, melden Sie sich bitte bei der Präsidentin des Vereines, Frau Beatrice Zurbrügg. Die Bilanz und Erfolgsrechnung sowie der Jahresbericht des Kassiers werden in Zukunft jährlich nicht nur der Stiftungsaufsichtsbehörde vorgelegt, sondern auch hier auf der Website veröffentlicht. Ebenfalls finden Sie hier das Schreiben, welches der 3 Anwalt des Vereines, Herr Moritz Gall, als Pressemitteilung letzte Woche an alle Pressevertreter geschickt hat. Darin finden Sie die Kosten, die bei Freitodbegleitungen entstehen. Hier ist zu beachten, dass wir bei den Schweizern keine Bestattungskosten haben und der Ablauf massiv einfacher ist, dass der Hausarzt beurteilt und nur ein Arzt für die Stiftung zusätzlich beurteilen muss, nicht zwei. Auch fällt bei Schweizern der ganze Aufwand mit Besorgen der Zivilstandsakten und das Organisieren der internationalen Todesurkunde weg, weshalb die Kosten bei Schweizern massiv tiefer sind. Ich hoffe, dass so auch für die Mitglieder, die nicht an der GV teilgenommen haben, die Finanzen von Verein und Stiftung und Kosten der FTB nachvollziehbar sind. Ist es nicht beruhigend, dass wir so einen hohen Zeitaufwand angeben dürfen bei der Betreuung unserer Mitglieder durch die Ärzte? Ist es nicht beruhigend, dass während der gesamten Zeit der FTB ein Arzt anwesend ist? Wie Sie wissen, arbeitet Eternal Spirit fast nur intravenös, d.h. die sterbewillige Person löst die vom Arzt gelegte Infusion selber aus, und der Arzt stellt sicher, dass wie bei einer Anästhesie im Spital nichts fehl läuft. Könnten Sie sich vorstellen, im Spital eine Operationsvorbereitung zu haben mit einer Anästhesie, bei der aber kein Arzt anwesend ist? Sind nicht bei einer Operation mindestens ein Anästhesist und ein operierender Arzt anwesend? Stellen die wohl kein Honorar? Ich wage zu behaupten, dass diese ein höheres Honorar beziehen als ein Hausarzt, der nach Tarmed knappe 200.-- pro Stunde verrechnen darf. Sollte ich jemals eine FTB wünschen, bin ich dankbar, wenn diese ärztlich geleitet und intravenös angeboten wird. Für mich ist das Leiten einer FTB eine der wichtigsten ärztlichen Handlungen, denn meine Verantwortung als Ärztin gegenüber meinem Patienten hört nicht auf, bevor sein Leben endet. Ich bin stolz darauf, dass lifecircle und Eternal Spirit sich beliebig viel Zeit nehmen für die Mitglieder, und diese alle Information erhalten, die sie wünschen und brauchen. Nicht nur über die Voraussetzungen einer FTB, sondern auch über Hospizbetreuung und Palliativmedizin. So ist Anfang August ein Mitglied nach den beiden sehr ausführlichen Arztgesprächen (diese dauern oft über 90 Minuten, und bei einem Besuch zu Hause mehr als einen Tag) wieder heimgereist, da die Dame durch die Gespräche spürte, dass sie doch noch Lebensqualität mobilisieren kann. Nun lebt sie weiter mit dem Wissen, dass der Notausgang für sie offen bleibt, sollte der Todeswunsch wieder anhaltend werden. In diesem Fall darf sie erneut einen Antrag auf FTB stellen, der vom Stiftungsrat und zwei Ärzten geprüft werden wird. Bei Eternal Spirit ist der Arzt bei der FTB mindestens 5 Stunden anwesend und führt am Vortag mit dem Mitglied ein ärztliches Gespräch, um alle Punkte entsprechend den Guidelines der Stiftung abzuklären. Für dieses Gespräch braucht er inklusive Wegaufwand und Schreiben des Berichtes deutlich mehr als die an ihn entschädigten 2,5 Stunden. Die Stiftung entschädigt nicht mehr als 2,5 Stunden, da ohne eine obere Limite der Entschädigungsanspruch massiv höher wäre. Ich selber komme pro Beurteilung im Hotel mit Weg und Berichtschreiben nie unter einem Zeitaufwand von 4 Stunden weg. Oft sind die Gespräche so intensiv, dass schnell 4 einmal deutlich mehr als 1,5 Stunden reine Gesprächszeit vergangen sind. Nach der FTB ist es unabdingbar, dass sowohl der Begleiter wie auch der Arzt für die Nachbetreuung der Angehörigen und für die Abklärungen durch die Behörden bis zum Schluss anwesend sind. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, indem wir die Verwandten betreuen und warten, bis das Bestattungsinstitut den Verstorbenen in den Sarg gelegt und ins Krematorium mitgenommen hat. Unsere Verantwortung gegenüber dem Verstorbenen ist erst beendet, wenn seine Asche und die Todesurkunde an dem von ihm gewünschten Zielort angekommen sind. Oft haben wir danach noch lange mit den Angehörigen Kontakt per Mail oder Telefon. Diese Nacharbeiten werden uns nie zusätzlich entschädigt, sie werden aus Dankbarkeit für das uns entgegengebrachte Vertrauen geleistet. In der Sonntagszeitung vom 9. August 2015 kann man lesen: „Nichts gratis gibt es dagegen bei lifecircle, nicht einmal Auskünfte“. Hierzu möchte ich darauf verweisen, dass diverse Mitarbeiter der Stiftung unzählige Stunden ehrenamtlich Auskünfte erteilen für Menschen, die sich erkundigen aber nie Mitglied werden, weil sie zum Beispiel an einer psychischen Störung leiden und wir diese Menschen zwar betreuen, aber nicht begleiten können, da wir noch keinen Psychiater gefunden haben, der psychisch Kranke betreffend Urteilsfähigkeit beurteilt. Zudem stellen sich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Vereines und der Stiftung immer wieder ohne Honorar ehrenamtlich zur Verfügung für internationale Anlässe wie Podiumsdiskussionen, Vorträge und Produktion von Filmdokumentationen wie die DVD «Notausgang» von Medienprojekt Wuppertal. Ich möchte Ihnen hier nicht vorrechnen, wie viel ich für ehrenamtliche Arbeit im Sekretariat von Eternal Spirit sowie im In- und Ausland leiste. Das Wort Freizeit existiert für mich kaum mehr, weshalb ich es schlecht ertrage, wenn die Medien als Dank für meinen ehrenamtlichen Aufwand mit infamen Anschuldigungen aufwarten und ohne Rücksicht auf die Person eine gute Sache zu zerstören versuchen. Ich möchte alle Leser dieser Stellungnahme einladen, an folgende zwei in der Region Basel stattfindende Veranstaltungen zu kommen: Am 10. Oktober: Veranstaltung Podiumsdiskussion zum Thema Sterbehilfe organisiert durch den Förderkreis Stationäres Hospiz am Buck Titel: `Sterben auf Wunsch oder Leben bis zu letzt` Samstag, 10.10.2015 um 10.15 - 11.45 Uhr im Dreiländermuseum in Lörrach, Hebelsaal, Basler Straße 143, 79540 Lörrach http://www.dreilaendermuseum.eu/de/Infos+Service/%C3%96ffnungszeiten -/-Preise Moderator Matthias Zeller, SWR 5 Teilnehmer Frau Prof. Dr. med. Dipl.-Theol. Dipl.-Caritaswiss. Gerhild Becker, Ärztliche Direktorin der Klinik für Palliativmedizin Freiburg, Herr Prof. Dr. Reiner Marquard, Professor für Evangelische Theologie Rektor der Evangelischen Hochschule FreiburgTheologie, Frau Dr. med. Erika Preisig, Präsidentin lifecircle und Eternal Spirit, Ärztin Biel-Benken, Angefragt wird derzeit noch ein Politiker oder Politikerin Am 18. November: GUTES STERBEN – SANFT ENTSCHLAFEN Wo? Wie? Von wem begleitet? Der Verein «Senioren für Senioren Pratteln-Augst» lädt ein zu einem Podiumsgespräch über das Sterben zuhause – im Pflegeheim – im Hospiz -- im Spital Mittwoch, 18. November 2015, 14.30 Uhr im ref. Kirchgemeindehaus, St. Jakobstrasse 1, Pratteln Auf dem Podium diskutieren: Kerstin Ahke, Pflegedienstleiterin Alters- und Pflegeheim Madle, Pratteln Cornelia Huber, Pflegedienstleiterin Nägelin-Stiftung, Pratteln Margrit Wälti, Leiterin des Bereichs Krankenpflege der Spitex Pratteln- AugstGiebenach Ludwig Hesse, katholischer Spitalseelsorger i.R., Frenkendorf Daniel Baumgartner, Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Pratteln-Augst Dr. Erika Preisig, Hausärztin und Präsidentin der Stiftung Eternal Spirit (Lebens- und Sterbehilfeorganisation Lifecircle), Biel-Benken Dr. Heike Gudat Keller, Hospiz im Park, Klinik für Palliative Care, Arlesheim Mit den besten Wünschen Frau Dr. med. Erika Preisig Hausärztin und Präsidentin Der Stiftung Eternal Spirit www.lifecircle.ch
© Copyright 2024 ExpyDoc