Hot Topics Steuerrecht Deutschland Dezember 2015 Neues Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Australien setzt BEPS-Empfehlungen um Am 12. November 2015 unterzeichneten Deutschland und Australien ein neues Doppelbesteuerungsabkommen ("DBA"), welches das bisherige Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den beiden Ländern von 1972 ersetzt. Das neue DBA ist eines der ersten Doppelbesteuerungsabkommen seit der Umsetzung des BEPS-Aktionsplans der OECD und wird voraussichtlich wegweisend für nachfolgende Doppelbesteuerungsabkommen sein. Es setzt zahlreiche Empfehlungen der finalen BEPS-Reporte um: Verhinderung von Abkommensmissbrauch Entsprechend den Empfehlungen des BEPS-Reports zum Aktionspunkt 6 weist das neue DBA insbesondere folgende Änderungen zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch auf: Unsere Expertise Steuerrecht Der Titel des DBA und seine Präambel wurden dahingehend geändert, dass diese nunmehr ausdrücklich auch die Verhinderung der Steuerumgehung als einen weiteren Zweck des DBA benennen und darüber hinaus klarstellen, dass das DBA keine Möglichkeiten zur Nichtoder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung (einschließlich missbräuchlicher Gestaltungen durch Treaty-Shopping) schaffen soll. Des Weiteren sieht das DBA vor, dass doppelt ansässige Gesellschaften von den Vergünstigungen des DBA nicht profitieren können, wenn entweder (i) nicht bestimmt werden kann, in welchem Staat sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet oder (ii) sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in keinem der beiden Staaten befindet und die Ansässigkeit auch nicht durch eine Verständigungsvereinbarung der zuständigen Behörden der beiden Staaten bestimmt werden kann. Eine weitere BEPS-Maßnahme zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch ist die Aufnahme einer "Limitation-on-Benefits"-Klausel ("LoB") zur Beschränkung von Abkommens-vergünstigungen. Diese versagt die Entlastung für natürliche Personen, deren Einkünfte oder Gewinne in dem anderen Staat nur aufgrund ihres Status als vorübergehend ansässig von der Steuer befreit sind. Ferner wird eine Vergünstigung nach dem DBA nicht gewährt, wenn deren Erlangung einer der wesentlichen Zwecke der konkreten Gestaltung oder Transaktion war, es sei denn diese steht im Hot Topics Einklang mit dem Sinn und Zweck des DBA. Außerdem ist zusätzlich die Anwendung nationaler Vorschriften zur Verhinderung von Steuerverkürzung oder Steuerumgehung neben dem DBA erlaubt. Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte: Entsprechend den Empfehlungen des BEPS-Reports zum Aktionspunkt 7 wurde die Definition der Betriebsstätte und damit das Besteuerungsrecht des jeweiligen Quellenstaats erheblich erweitert: In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der OECD sieht das neue DBA vor, dass die in Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2014 genannten Tätigkeiten nur dann keine Betriebsstätte mehr begründen, wenn es sich dabei jeweils um Vorbereitungs- bzw. Hilfstätigkeiten handelt. Des Weiteren gilt für diese Tätigkeiten nunmehr die sog. "antifragmentation"-Regel. Danach findet die Ausnahme für Vorbereitungsbzw. Hilfstätigkeiten keine Anwendung, wenn das jeweilige Unternehmen oder ein anderes Konzernunternehmen im selben Vertragsstaat eine "vollwertige" Betriebstätte unterhält oder wenn sich die Gesamttätigkeit zweier oder mehrerer Hilfsbetriebsstätten insgesamt nicht mehr als bloße Vorbereitungs- bzw. Hilfstätigkeit darstellt, wobei unerheblich ist, ob die jeweiligen Tätigkeiten am selben Ort oder an unterschiedlichen Orten im Betriebsstättenstaat ausgeführt werden. Die "anti-fragmentation"-Regel gilt allerdings nur dann, wenn sich die ausgeübten Geschäftstätigkeiten ergänzen und Teil eines zusammengehörigen Geschäftsbetriebs sind. Die Definition für abhängige Vertreter wurde in Übereinstimmung mit den OECD-Empfehlungen stark erweitert und erfasst nunmehr neben Personen, die mit Abschlussvollmacht agieren auch Personen ohne Abschlussvollmacht, wenn diese Personen "gewöhnlich den wesentlichen Beitrag zum Abschluss von Verträgen [leisten], die routinemäßig ohne wesentliche Änderung durch das Unternehmen abgeschlossen werden". Darüber hinaus können (Verkaufs-) Kommissionäre und Lohnfertiger unter dem neuen DBA ebenfalls eine Vertreterbetriebsstätte begründen. Die Sonderregelung für Lohnfertiger geht zwar über die OECD-Empfehlungen des Aktionspunkts 7 hinaus, ist aber auf die bereits im Doppelbesteuerungsabkommen von 1972 enthaltene Regelung zurückzuführen. Zwar scheidet die Annahme einer Vertreterbetriebsstätte nach wie vor aus, wenn der Vertreter seine Geschäftstätigkeit als unabhängiger Vertreter ausübt und im Rahmen dieser ordentlichen Geschäftstätigkeit für das ausländische Unternehmen tätig ist. Allerdings gilt ein Vertreter nach dem neuen DBA schon dann nicht mehr als unabhängig, wenn er ausschließlich oder nahezu ausschließlich für ein oder mehrere Unternehmen tätig ist, mit dem oder mit denen er eng verbunden ist. Eine "enge Verbundenheit" in diesem Sinne wird jedenfalls dann angenommen, wenn das Unternehmen selbst - unmittelbar oder mittelbar - mehr als 50 Prozent der Eigentumsrechte oder Gesamtstimmrechte und des Gesamtwerts der Anteile an dem Vertreter besitzt oder wenn eine andere Person unmittelbar oder mittelbar - mehr als 50 Prozent der Eigentumsrechte oder 2 Hot Topics Gesamtstimmrechte und des Gesamtwerts der Anteile an dem Vertreter und an dem Unternehmen besitzt. De-facto gilt die Rückausnahme für unabhängige Vertreter daher nicht bei Konzerngesellschaften. Ausschlussfristen Entsprechend den OECD-Empfehlungen des Aktionspunkts 14 sieht das neue DBA Ausschlussfristen zur Streitbeilegung vor. So wird die Möglichkeit der Berichtigung der Zurechnung von Gewinnen zu einer Betriebsstätte sowie zur Berichtigung der Gewinne selbst zeitlich auf 10 Jahre begrenzt. Mit dem gleichen Ziel wird die Einleitung eines Verständigungsverfahrens auf solche Fälle beschränkt, die innerhalb von 3 Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme vorgelegt werden. Sonstige wesentliche Änderungen Niedrigere Quellensteuersätze: Das DBA sieht eine komplette Steuerbefreiung von Dividenden vor, die an börsennotierte Gesellschaften (oder Tochtergesellschaften von solchen) und bestimmte andere Gesellschaften gezahlt werden, die mindestens 80 Prozent der Stimmrechte an der die Dividenden zahlenden Gesellschaft halten. Gleichzeitig knüpft die Befreiung aber an eine Haltedauer von 12 Monaten an. Im Übrigen gilt ein Quellensteuersatz zwischen 5 und 15 Prozent. Der allgemein geltende Quellensteuersatz für Zinsen bleibt bei 10 Prozent, wobei bestimmte staatliche Institutionen und Finanzinstitute davon befreit sind. Der Quellensteuersatz auf Lizenzgebühren wurde von 10 auf 5 Prozent reduziert. Bessere Zusammenarbeit zwischen Steuerbehörden: Das neue DBA enthält auch Artikel zur Gleichbehandlung und Amtshilfe bei der Steuererhebung einschließlich Steuervollstreckung und sieht umfassendere Regelungen zum Verständigungsverfahren und zum Informationsaustausch vor. Hybride Gesellschaften: Eine Reihe von Regelungen behandeln erstmals hybride Gesellschaften, unter anderem Artikel 1 (2) und das Protokoll zum DBA. Für den Fall, dass die unterschiedliche Behandlung hybrider Gesellschaften zu einer Doppelbesteuerung führt, fordert das Protokoll die zuständigen Behörden der beiden Staaten auf, eine angemessene Lösung zur Beseitigung der Doppelbesteuerung zu finden. Anwendung Laut Information des Bundesministeriums der Finanzen soll die Ratifikation des neuen DBA so schnell wie möglich erfolgen, wird aber voraussichtlich aufgrund verfahrensrechtlicher Anforderungen nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 2016 möglich sein. Ähnlich hat auch Australien angekündigt, dass die zur Umsetzung des DBA in das nationale Recht erforderliche Gesetzgebung so schnell wie möglich erfolgen soll. Angesicht der limitierten Anzahl der verbleibenden Parlamentssitzungen im laufenden Jahr ist allerdings damit nicht vor Februar 2016 zu rechnen. Sollte das DBA von beiden Staaten im Laufe des Jahres 2016 ratifiziert werden, so wird es für Deutschland allgemein ab dem 1. Januar 2017 3 Hot Topics anwendbar sein. Für Australien wird es allerdings nur im Hinblick auf Quellensteuern bereits ab diesem Zeitpunkt anwendbar sein. Im Übrigen ist es ab dem 1. April 2017 für Steuern auf Gehaltsnebenleistungen (fringe benefit tax) und ab dem 1. Juli 2017 für sonstige Steuerarten anwendbar. Zusammenwirken mit der australischen Multinational Anti-Avoidance Law ("MAAL") Entsprechend den BEPS-Empfehlungen des Aktionspunkts 6 sieht das DBA im Absatz 3 der LoB-Klausel vor, dass nationale Missbrauchsvorschriften neben dem DBA Anwendung finden können. Die australische MAAL, die Bestandteil der allgemeinen Missbrauchsvorschriften ist, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine nationale Missbrauchsvorschrift i.S.d. der LoB, so dass die MAAL im Verhältnis zum DBA wohl nicht als Treaty-Override zu beurteilen ist. Und selbst wenn die MAAL keine Missbrauchsvorschrift i.S.d. LoB wäre, würde die MAAL aus australischer Sicht dennoch Vorrang vor dem DBA haben. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass die australische MAAL eine Betriebsstätte von deutschen Unternehmen auch dann fingieren (und dieser Betriebsstätte in Australien steuerpflichtige Gewinne und Lizenzgebühren/Zinsen zurechnen) kann, wenn nach der Definition des DBA keine Betriebsstätte gegeben ist. 4 Hot Topics Für weitere Fragen stehen Ihnen unsere Spezialisten zur Verfügung: Dr. Christian Port E-Mail: christian.port@ bakermckenzie.com John Walker E-Mail: john.walker@ bakermckenzie.com Ludmilla Maurer, MIntTax E-Mail: ludmilla.maurer@ bakermckenzie.com Tom Roth E-Mail: tom.roth@ bakermckenzie.com Sonja Klein E-Mail: sonja.klein@ bakermckenzie.com Baker & McKenzie - Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mbB Berlin Friedrichstraße 88 / Unter den Linden 10117 Berlin Tel.: +49 (0) 30 2 20 02 81 0 Fax: +49 (0) 30 2 20 02 81 199 Frankfurt/Main Bethmannstraße 50-54 60311 Frankfurt/Main Tel.: +49 (0) 69 2 99 08 0 Fax: +49 (0) 69 2 99 08 108 Düsseldorf Neuer Zollhof 2 40221 Düsseldorf Tel.: +49 (0) 211 3 11 16 0 Fax: +49 (0) 211 3 11 16 199 München Theatinerstraße 23 80333 München Tel.: +49 (0) 89 5 52 38 0 Fax: +49 (0) 89 5 52 38 199 www.bakermckenzie.com Get Connected: Dieses Mandantenrundschreiben dient ausschließlich der Information. 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