// Strategie und Personal Ratschläge und Schläge Unternehmer haben zu Unternehmensberatern ein gespaltenes Verhältnis. Warum das so ist und wie Unternehmer den richtigen Berater finden. Von Joachim Kary und Nadine Peter LAUT SAGT ES kaum ein Unternehmer, in vertrauter Runde sind die Aussagen allerdings deutlich: „Wenn ich einen Unternehmensberater ins Haus hole, habe ich als Unternehmer versagt.“ Oder: „Im nächsten Leben werde ich Berater, dann muss ich keine Verantwortung übernehmen.“ Markige Sprüche wie diese fänden sich auch über die Bezahlung, die Trainees, die gestandenen Unternehmern ihr Geschäftsmodell erklären wollen, und die endlosen Pow30 M A R K T u n d M I T T E L S TA N D erpoint-Präsentationen. Gern erzählt wird auch immer wieder ein Witz, von einem fünfköpfigen Beraterteam, das ein Meeting bei einem mittelständischen Geschäftsführer hat. Der Unternehmer, wie gewohnt allein in seinem Büro, fragt: „Warum sind Sie denn zu fünft?“ Der Seniorberater antwortet: „Die beiden anderen Kollegen sind leider erkältet.“ Mund zu Mund // Nüchtern betrachtet bezieht sich die Kritik der Unternehmensseite dabei auf den Nutzen der Beratung, die Kosten, die Umsetzung sowie auf die Integration in dem Unternehmen und auf den Respekt gegenüber der geleisteten Arbeit. Mattias Lotz, Geschäftsführer des Wiesbadener Unternehmens Lotz Cutting, bezweifelt nicht den Nutzen von Beratern, Kritik übt er jedoch an den Kosten und der Transparenz: „Erst nachdem ich den Auftrag erteilt habe, kann ich das Wissen und Nutzen der Berater erkennen“, sagt er. Stimme die Leistung nicht, müsse trotzdem bezahlt werden. Der ehemalige Berater und Gründer von Comatch (einer Plattform zu Vermitt- 05 // Mai 2015 lung von freiberuflichen Managementberatern) Jan Schächtele bestätigt diesen Eindruck. „Gerade auf dem Markt der freiberuflichen Berater ist alles noch sehr intransparent“, sagt er. Bei Comatch werden, um die Qualität zu sichern, deshalb 40 bis 50 Prozent der Berater, die sich auf der Plattform gerne präsentieren möchten, abgelehnt. Ein anderer Unternehmer, der seinen Namen in der Presse nicht lesen möchte, hat die Erfahrung gemacht, dass die Beratung wenig konkret war. Als strategisches Kostensparmodell schlugen die Berater vor, bei Kundenterminen im Unternehmen nicht mehr Kaffee servieren zu lassen. Stattdessen sollten die Mitarbeiter den Kaffee für den Besuch aus der Maschine selbst holen. „Dies wurde als ernstgemeinter Vorschlag präsentiert“, sagt der Geschäftsführer. Von Marktanalysen und Prozessverbesserung keine Spur. Klaus Reiners vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater kennt solche Vorwürfe. Er begegnet diesen nüchtern. Seiner Erfahrung nach hat sich das Verhältnis zwischen Unternehmer und Berater geändert. Grund dafür sei die zunehmende Komplexität. „Inhaber kennen ihr Geschäft, ihre Produkte und die Märkte wie kaum ein anderer“, sagt er. Hier brauche es kaum Unterstützung. Anders sieht es laut Reiners aber bei anderen Themen aus. „Die Globalisierung und die Digitalisierung stellen Unternehmer immer schneller vor neue Fragen, die sie wahrscheinlich selbst nicht beantworten können“, erklärt er. Lotz stimmt ihm hier zu: „An manchen Punkten muss ich mir Expertise punktuell durch Beratung einkaufen“, beschreibt er die Praxis. Seiner Auffassung nach besteht jedoch die Gefahr, dass die Ahnungslosigkeit ausgenutzt wird >> // Strategie und Personal >> und die Qualität nicht überwacht werden kann. Unternehmer setzen in diesem Fall auf Empfehlungen durch befreundete Unternehmer aus ihrem Netzwerk. Dazu rät auch Professor Norbert Neu, der selbst als Berater bei DHPG tätig ist. An erster Stelle sollten sich Unternehmer bei der Suche nach Beratern nach persönlichen Empfehlungen aus ihrem Umfeld richten. „Im täglichen Geschäft kommt es auf die Kompetenz, Verlässlichkeit und Praxistauglichkeit von Beratungsunternehmen an“, erklärt er. Da sei es immer hilfreich, wenn Unternehmen an dieser Stelle auf die Erfahrungen anderen zurückgreifen können. Bei der Auswahl des richtigen Beraters gilt es aber die erprobten Ansätze und Methoden ohne große Anlaufschwierigkeiten projekt- und selbst industrieübergreifend anzuwenden. Die Auswahl des Beraters sollte daher nicht nur auf der reinen Erfahrung beruhen, der jeweils entscheidende Geschäftsführer sollte vielmehr auch „weichere Faktoren“ wie die Kompatibilität der Persönlichkeit des Beraters mit der Unternehmenskultur in die Entscheidung einbeziehen. Die Erfahrung von Unternehmerseite besagt, dass genau dieses Bauchgefühl häufig trügt. „Bei einem Bewerber verlasse ich mich auch nicht nur auf die Kompetenz, sondern frage diese konkret ab“, entgegnet ein Geschäftsführer. „Ganz wichtig ist, dass es menschlich passt“, „Berater stehlen einem erst die Uhr und sagen einem dann die Zeit.“ Mattias Lotz, Geschäftsführer, Lotz Cutting trotz persönlicher Empfehlung, wichtige Dinge im Vorfeld mit dem Berater zu klären. „Unternehmer sollten unbedingt auf die bisherigen Referenzen des Beraters schauen. Außerdem sollte der Berater erste Lösungsansätze oder Referenzen aus vergleichbaren Projekten für das entsprechende Problem präsentieren können“, erklärt Michael Jung, Vorstand beim Beratungsunternehmen ROI. Schächtele rät Unternehmern zudem, sich ein Stück auf die Kompetenz der Berater zu verlassen. „Gerade Berater mit Erfahrung bei den großen Strategieberatungen haben gelernt, sehr strukturiert zu arbeiten und sich schnell in neue Organisationen und Aufgabengebiete einzuarbeiten. Dies befähigt sie, 32 M A R K T u n d M I T T E L S TA N D ergänzt Neu. „Die Chemie zwischen Berater und Unternehmensführung muss stimmen“, sagt er. Dabei kommt es nicht auf Sympathie oder Harmonie an, sondern auf eine kritische und konstruktive Zusammenarbeit, in der es auch zu Auseinandersetzungen kommen kann. Veränderte Sicht // Reiners sieht bei den Beratungsansätzen die deutlichste Veränderung. „Das Verständnis geht weg von der Strategieberatung hin zur konkreten Umsetzungsberatung“, erklärt er. Lediglich ein kleiner Anteil sei noch reine Strategieberatung. Viele Mittelständler haben inzwischen erkannt, dass Berater zudem nicht nur Krisenmanager sind, sondern auch eine Hilfe sein können, um Zukunftspläne umzusetzen. „Ein erfolgreicher Unternehmer hat den Blick nach vorne gerichtet und greift auf einen Berater zu, wenn er weiterkommen will“, sagt Berater Jung. Generell hat sich die Einstellung von Mittelständler zu Beratern in den vergangenen Jahren gewandelt. In Konzernen und großen Firmen gehören Berater zum Alltag. Auch im Mittelstand hat sich die Abneigung gegen Beratern gewandelt. Vor 10 bis 15 Jahren waren die kleinen Unternehmen Beratern gegenüber noch restriktiver. „Aber auch für die kleinen ändert sich nun die Welt immer schneller. Viele Themen können sie allein gar nicht mehr managen“, weiß Jung. Aus einst lokalen werden zunehmend globale Player. „Bei diesem Prozess bedarf es dem Zukauf externen Wissens. Und diese Einsicht ist im Mittelstand da“, beobachtet Jung. Egal bei welcher Form der Beratungsleistung: Unternehmer sollten, wie bei Dienstleistungsverträgen üblich, klare Ziele formulieren sowie Zwischenziele zur Erfolgskontrolle mit in das Vertragswerk aufnehmen. „So kann auch im laufenden Prozess gegengesteuert werden“, sagt Reiners. Üblich ist auch, dass die Zahlungszeitpunkte mit an das Erreichen der Ziele gekoppelt ist. Mit der Unterschrift unter den Vertrag sollte der erste Teil des Honorars überwiesen werden, ein weiterer Teil nach Erreichen der definierten Zwischenziele, der letzte Teil der Bezahlung erfolgt nach Abschluss des Projekts. Teil der Organisation // Die Integration des Beraters in das Unternehmen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg. Dabei hören die Externen immer wieder, dass sie sich abschotten und im stillen Kämmerchen Ideen und Projekte entwickeln würden, die dann ad hoc 05 // Mai 2015 umgesetzt werden müssten und oberste Priorität hätten, mit dem Unternehmensalltag aber wenig zu tun hätten. Damit Projekte funktionieren und auch den Praxistest bestehen, plädiert Reiners dafür, die Berater so eng wie möglich in die Projektumsetzung zu integrieren. „Der Projektverantwortliche muss aber in der Regel aus dem Unternehmen kommen“, sagt er. Der Berater ist so Teil des Teams und wird geführt. So fließt nach Ansicht von Reiners der Blick von außen und der Erfahrungsschatz des Beraters in das Projekt mit ein. Die Umsetzbarkeit und die Notwendigkeit wird aber immer wieder durch den Projektverantwortlichen abgeglichen. „Es darf nie ein reines Beraterprojekt sein. Die komplette Projektorganisation sollte man auf beiden Seiten – also im Unternehmen und beim Berater – spiegeln“, rät Berater Jung. Zudem ist eine offene Kommunikation im zu beratenden Unternehmen wichtig. Mitarbeiter sollten schon bevor der Berater seine Arbeit aufnimmt, über Sinn und Zweck des Projekts informiert sein. „Leider wird in die Kommunikation mit dem Berater aber oft zu wenig Zeit gesteckt“, sagt Schächtele. Am besten ist es, wenn sowohl die Geschäftsleitung als auch der Berater so früh wie möglich die Vorhaben und Ziele mit der Belegschaft teilen. Ein Berater braucht durch alle Mitarbeiterebenen hindurch stetige Akzeptanz. Diese wird am ehesten erreicht, wenn die Kommunikation, sowohl von der Geschäftsführung als auch vom Berater kommend, tief in der Hierarchie nach unten geht – über alle Projektphasen hinweg. „Das schafft Vertrauen“, sagt Jung. << [email protected]
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