A H E FORUM Datierung und Restaurierung eines frühgotischen Meßkelch (13.Jhd) von Dirk Meyer Beschreibung des Kelches Der Meßkelch besteht aus mehreren Teilen, die nicht zu einander passen. Fuß, Schaft und Kuppa stammen von verschiedenen Kelchen. Der Fuß hat eine romanische Form, die beiden Schäfte und der Nodus zeigen gotische Formen. Auf dem Fuß ist ein Schriftband mit 23 gotischen Majuskeln graviert. Die Kuppa hat auf den ersten Blick weder eine romanische noch eine gotische Form. Bei genauer Analyse jedoch fällt auf, dass die Kuppa in ihrer Form verändert wurde. Deutliche Treibspuren sind noch heute zu sehen. Ursprünglich war es eine gotische Kuppa, die eindeutig eine trichterförmige Form besaß, erst viel später wurde sie in Ansicht des Nodus mit den Gotischen Majuskeln Detail des „A“ Kuppa Silberlot eine perfekt gleichmäßige Lötfuge hergestellt. Im 19. Jhd kopierte man den Stil, nicht jedoch ein Stück aus dieser Zeit. 2. Das Schriftband gibt heute noch Rätsel auf und ist nicht zu deuten. Auf einer Kopie des 19. Jhd hätte man der Schrift einen Sinn gegeben. Korb oder Unterteil Schaft Fuß Nodus mit Knöpfe (Rauten) Fußhals Schriftband (Majuskeln) Zarge eine barocke Form gebracht. Auffallend ist das der Kelch keine Marken besitzt, weder eine Herstellermarke noch ein Beschauzeichen. Das macht eine eindeutige und genaue Datierung sehr schwer. Gotische Majuskeln „ O,H,B,D“ Der Hang nach Perfektionismus war größer als der Wunsch einer detailierten Kopie eines Kelches aus dem 13.- 14. Jhd. Der Schaft und der Nodus stammen ebenfals aus dem 14. Jhd, warscheinlich aber von einem anderen Kelch. Der Fuß wurde nachträglich dem Schaft angepasst, was am Halsende gut zusehen ist. Die Kuppa gehörte zu Schaft und Nodus, wurde aber leider später umgeschmiedet und weist heute eine barokke Form auf. Die Entschlüsselung des Schriftbandes mit seinen eindeutigen gotischen Majuskeln würde die Datierung konkretisieren. Um den Sinn der Schrift näher auf den Grund zu gehen, suchte ich Herrn Dr. Fuchs (Fachmann für deutsche Inschriften) vom Wissenschaftlichen Institut der Akademie der Wissenschaften in Mainz auf. Der kupferne und feuervergoldete Kelch stammt wohl aus dem 13. oder vom Anfang des 14. Jahrhundert. Der Fuß weist eindeutig romanische Elemente auf: die glatte runde Form und die gerillte Zarge. Die Majuskeln auf dem Schriftband sind allerdings gotisch. Dieses ist ein Inditz das der Fuß frühgotisch ist. Mehrere anerkante Kunsthistoriker, denen ich den Kelch zur Begutachtung vorlegte, bestätigten meine Vermutung. Eine Kopie aus dem 19. Jhd kann aus mehreren Gründen ausgeschlossen werden: 1. Die Zarge ist mit Kontaktlot (chemisches Lot) mit dem Fuß verlötet worden. Im 19.Jhd hätte man diese umständliche Variante nicht angewandt, sondern mit 26 A H E FORUM Die Analyse von Herrn Dr. Fuchs sagt folgendes aus: Die beiden Inschriften auf Fuß und Nodus passen nicht genau zueinander. Sie unterscheiden sich im Stiel, zeitlich liegen sie aber dicht beieinander. Die gotischen Majuskeln im Nodus kann man einwandfrei deuten. Sie ergeben das Wort „ MARIA O“. Ähnliche Majuskeln mit dem Nahmen „Maria“ finden sich auf mehreren Kelchen des 13.,14. und 15. Jhd wieder. Vergleichbare Inschriften des Fußes gibt es auf Bronzeglocken des 13. und 14. Jhd aus dem Raum Jena. Diese können ebenfals bis jetzt nicht entziffert werden. Die gotischen Majuskeln scheinen wahllos und ohne Sinn aneinandergereiht zu sein. Die Buchstaben des Schriftbandes stammen aus dem lateinischen Alphabet und nicht um byzantinische oder griechische Buchstaben. Außergewöhnlich und einzigartig ist der nicht entschlüsselbare Schriftband des Fußes. Der vorliegende Kelch stammt aus dem Besitz des emaligen Zisterzienskloster Adersleben. Das Zisterzienserinnen - Kloster wurde vom Bischof Volrad von Halberstadt 1260 in Adersleben gegründet und besetzte es mit Nonnen aus dem St. Burchardikloster aus Halberstadt. 10 Jahre später vereinigt man das Kloster mit der Pfarrei von Adersleben, in dieser Zeit existierte der kleine Konvent in völliger Abhängigkeit vom Mutterkloster. In den folgenden 40 Jahren wuchs der Grundbesitz und das Vermögen des Kloster durch Schenkungen enorm an, es war die Glanzzeit des Klosters. Das ist auch die Zeit der Entstehung des Kelchfußes, kurze Zeit später wurde die anderen Teile ergänzt. 27
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