Espey_Neues aus der Versuchsanstalt

Neues aus der Versuchsanstalt
Thorsten Espey, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau,
Weinsberg
Die LVWO Weinsberg untersteht als landwirtschaftliche Landesanstalt dem BadenWürttembergischen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und
verfolgt unter anderem zwei Hauptaufgaben: Einerseits werden in fachlichen
Ausbildungsgängen unter anderem Weinbautechniker, sowie Obst- und
Weinbaumeister ausgebildet und andererseits erfolgt in beiden Sparten
praxisorientiertes Versuchswesen, welches in den Außenbetrieben der LVWO
durchgeführt wird. Dies erfolgt in enger Verzahnung von Versuchs- und
Bildungswesen. Die Arbeitsschwerpunkte im Bereich Steinobst bilden vor allem die
Kulturen Süßkirsche und Zwetsche; daneben spielen auch Sauerkirschen, Aprikosen,
sowie Pfirsiche und Nektarinen eine Rolle.
Erste Erfahrungen mit neuen Süßkirschsorten
Insbesondere im Reifebereich der bewährten Standardsorte Kordia brachte die
Züchtung in jüngster Zeit eine größere Menge neuer Sorten hervor. Hierzu zählen auch
,Tamara’ und ,Areko’. Diese Sorten haben mit ihrer Vergleichssorte eine starke
Konkurrentin, weshalb die Schwächen von ,Kordia’ bei diesem Vergleich genau
abgewogen werden müssen. Zu diesen Schwächen zählt bei ,Kordia’ ein teilweise
schlechter Fruchtansatz, der besonders nach schlechten Witterungsbedingungen im
Frühjahr und zur Blüte zu beobachten ist. Der hängende Wuchs durch die dünnen
Triebe ist bei Kordia ein Aspekt im Rahmen der Baumformierung. Stärken der Sorte
sind vor allem in der hohen Fruchtqualität, der günstigen Fruchtgrößenverteilung, der
hohen Robustheit der Früchte und dem guten Aroma zu sehen. Die SüßkirschSortenprüfung an der LVWO Weinsberg erfolgt auf der Unterlage GiSelA5 unter
Überdachung und mit Zusatzbewässerung.
,Tamara’ reift am Versuchsstandort der LVWO kurz vor ,Kordia’. Auffallend sind die
großen Früchte mit den breiten Schultern. Der Geschmack der Früchte wird als gut
eingeschätzt und die Fruchtqualität als gut. Hierzu zählen insbesondere die gute
Fruchtfleischfestigkeit und eine attraktive dunkelrote Farbe. Eine Schwäche
gegenüber ,Kordia’ wird in der höheren Platzanfälligkeit gesehen: Während ,Kordia’
als sehr platzfest einzustufen ist, stellt ,Tamara’ tendenziell eine typische Dachkirsche
dar, welche bei viel Regen schnell aufplatzt. Typisch für ,Tamara’ ist ein sehr
basislastiger Wuchs, welcher ebenfalls in der Erziehung Herausforderungen mit sich
bringt.
Die Sorte ,Areko’ (Der Sortenname deutet auf die Kreuzungspartner ,Regina’ und
,Kordia’ hin) hat im Wuchsverhalten positive Eigenschaften von der Muttersorte
,Regina’ übernommen: Ein aufrechter Wuchs mit gleichmäßiger, nicht zu ausladender
Seitenverzweigung ist bisher als günstig zu verzeichnen. Ebenfalls günstig erscheint
bisher die Fruchtgrößenverteilung: Der Anteil an Früchten mit einem Durchmesser von
über 28 mm liegt bei rund 80%. Damit weist Areko bis zu jetzigen Zeitpunkt die
günstigste Fruchtgrößenverteilung im Vergleich auf, da gleichzeitig vergleichsweise
hohe Erträge erzielt wurden. Das Aroma der Sorte wird als mittel bis gut eingeschätzt.
Das Aroma von ,Kordia’ wird als attraktiver bewertet als das von ,Areko’. Aufgrund der
S-Allele von ,Areko’ ist eine Pflanzkombination ausschließlich mit Regina nicht
möglich, da diese Sorte die gleichen S-Allele aufweist, während die S-Allele von
,Kordia’ sich zumindest zu 50% zu denen von Regina unterscheiden. In diesem
Zusammenhang ist auf eine Anpassung der Befruchtungssituation zu achten.
Erfahrungen mit neuen Zwetschensorten
Aufgrund einer produktiven Zwetschenzüchtung in den vergangenen Jahren wird eine
Vielzahl von Zuchtklonen an der LVWO auf ihre Anbaueignung überprüft. Besondere
Zuchtziele sind die Hypersensibilität gegenüber der Scharka-Virose sowie eine hohe
Fruchtqualität. Die Zwetschen-Sortenprüfung am Versuchsstandort der LVWO erfolgt
mit Zusatzbewässerung.
Die Sorte ,Jofela’ ist eine Kreuzung aus der hypersensiblen Sorte ,Jojo’ und der Sorte
,Felsina’, welche am Standort der LVWO zwischen ,Jojo’ und ,Hauszwetsche’ reift;
dabei schwankt die Erntezeit in Relation zu den anderen Sorten von Jahr zu Jahr leicht.
Die Besonderheit von ,Jofela’ ist eine hochgradige Hypersensibilität gegenüber dem
Scharkavirus. Die Fruchtgröße liegt im Durchschnitt bei 38 mm und das Aroma wird
als vergleichsweise gut eingeschätzt. Die Ertragshöhe ist im oberen Mittelfeld
einzustufen. Typisch für den Wuchs bei ,Jofela’ ist ähnlich wie bei ,Jojo’ eine relativ
flach verzweigende Baumkrone. Die Fruchtform ist gekennzeichnet durch einen in
Richtung Stiel schlank werdenden Hals, an welchem sich mit zunehmender Reife
Risse bilden können, die unter Umständen Eintrittspforten für pilzliche Erreger
darstellen können.
,Azura’ ist eine Kreuzung aus ,Hanita’ x ,Cacaks Schöne’, deren Reifezeit von Jahr zu
Jahr und in Abhängigkeit von der Behangstärke zwischen den Reifezeiten ihrer
Elternsorten schwankt. Der Name deutet auf die früh einsetzende und optisch
attraktive hellblaue Beduftung hin. Diese starke Beduftung verleitet unter Umständen
zu einer zu frühen Ernte; daher ist bei ,Azura’, ähnlich wie bei der Sorte ,Jojo’ darauf
zu achten, dass nicht zu früh geerntet wird. Das Aroma von ,Azura’ ist vergleichsweise
flach. Die Erträge der Sorte sind als hoch einzustufen.
Erste Erfahrungen mit Aprikosenunterlagen
Aprikosen zählen auch in Baden-Württemberg zu den Randkulturen; besonders die
sehr frühe Blüte stellt in Spätfrostjahren ein enormes Anbaurisiko dar. Außerdem
stellen die Pseudomonas-Bakteriose und die Europäische Steinobstvergilbung(ESFY)
große Herausforderungen an den Obstbau. Am Versuchsstandort der LVWO hat sich
in den vergangenen Jahren die Pflaumenunterlage Wavit als günstigste Unterlage
erwiesen. Im Vergleich zu anderen Unterlagen wurden bei Aprikosenbäumen mit
dieser Unterlage der geringste Anteil an ausgefallenen Bäumen verzeichnet und
gleichzeitig gute Erträge erzielt. Die Wuchsstärke von Wavit weicht nicht signifikant
von der Wuchsstärke von anderen momentan diskutierten Unterlagen ab und ist als
schwächer wachsend als zu St. Julien A einzustufen. Währenddessen scheinen bis
zum jetzigen Zeitpunkt die Unterlagen Ute und Citation als weniger geeignet für den
Versuchsstandort der LVWO: Hier wurden deutlich höhere Baumausfallraten und
niedrige Erträge bzw. ungünstige Fruchtgrößen verzeichnet.
Abb. 1: Fruchtgrößenverteilung und Einzelbaumerträge bei verschiedenen Süßkirschsorten
2014
Abb. 2: Einzelbaumerträge bei den Aprikosensorten ,Kioto’ und ,Orangered’ auf
verschiedenen Unterlagen