stellungnahme a11, a09, a19 - Landtag NRW

Stadträtin
DIANE JÄGERS
Beigeordnete der Stadt Dortmund
LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
16. WAHLPERIODE
STELLUNGNAHME
16/2777
An die
Präsidentin des Landtags
Nordrhein-Westfalen
Frau Carina Gödecke
nur per Mail
anhoerul1fZ01landtafZ.l1lw.de
A11, A09, A19
08.06.2015
Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen!
hier: Stellungnahme zum Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP zur Sitzung des Ausschusses für Kommunalpolitik am 19.06.2015
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
zu den in dem oben genannten Antrag angesprochenen Positionen nehme ich aus Sicht der
Stadt DOlimund wie folgt Stellung:
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat am 07.05.2015 eine neue Prognose veröffentlicht, wonach nun mit 400.000 Erst- und 50.000 Folgeantragstellern in diesem
Jahr zu rechnen ist. Zur Begründung führt das BAMF drei Ursachen an:
I. unerwarteter zusätzlicher Migrationsdruck aus den Westbalkan-Staaten,
2. verstärk1:e Nutzung der Mittelmeerrouten,
3. weiterhin hohe Anreizfaktoren in Deutschland.
Bezogen auf die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Dortmnnd-Hacheney bedentet dies einen
zu erwartenden Zugang von ca. 121.000 bis 135.000 Menschen. Bei dieser Zahl wird davon
ausgegangen, dass aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre zwischen 27 und 30% aller
Asylsuchenden (Erst- und Folge antragsteller, Zuweisungen aus anderen Bundesländern) in
DOlimund ankommen werden. Zunl Stichtag 31.05.2015 sind bereits rd. 41.200 Menschen in
Hacheney angekommen, das entspricht 2/3 der Zugänge des gesamten Vorjahres (rd. 63.500).
Seit dem 01.05.2015 ist die EAE Siegen-Wittgenstein mit den Standorten Burbach und Bad
Berleburg in Betrieb. Hinzu konnnen anl 01.07.2015 die EAE Unna-Massen und zum Jahresende die EAE in Essen. Bei den Einrichtungen Siegen-Wittgenstein und Unna handelt es sich
nicht um eine Ausweitung von Unterbringungskapazitäten, sondern um eine Umwandlung
bereits vorhandener Einrichtungen und damit vorhandener Platzangebote. Alle drei genannten
genarmten
Einrichtungen sind Einrichttmgen
Einrichumgen "neuer Art", d.h. Kombinationen von EAE und zentraler
Unterbringung (ZUE). Zumindest für das Jall[
Jahr 2015 ist nicht damit zu recmlen, dass sich
durch die bereits eröffueten bei den EAEen und die noch bevorstehenden Eröffnungen im
Geschäftsbereiche:
Dortmunder Statistik. Dortmunder Systemhaus • Rechtsami.
RechtsamI. Ordnungsamt. Bürgerdienste • Feuerwehr
5üdwall2-4 • 44122 Dortmund
5üdwaIl2-4'
Dor1mund • Telefon (0231) 50·2
SO·2 20 32 und 50·2l0
SO·220 52
S2 • Telefax (0231)
(0131) S0.237
50.2 37 19
E·Mai1:
E~Mai1: [email protected] • Sfadtbahnbahnhof Stadtgarten •.S~Bahn
S·Bahn Haltestelle Stadthaus
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zweiten Halbjahr die Zugangszahlen der Flüchtlinge in Dortmund Hacheney spürbar velTingern werden.
Dortmund Hacheney wird wegen seiner zentralen, verkehrs günstigen und vor allem in
Schlepperkreisen bekannten Lage weiterhin die erste AnlaufsteIle bleiben. Eine Entlastwlg
wird dadurch eintreten, dass ein Teil der Flüchtlinge ohne Registrierung, Röntgen und Aktenanlage unmittelbar nach Eintreffen weiterverteilt und diese administrativen Aufwände auch
andernorts anfallen werden. Bleiben wird zunächst der erhebliche Aufwand für die Logistik
der Weiterverteilung (Listenführwlg, Bustransfer etc.).
Das Land NRW unterni111111t große Anstrengungen, neue Einrichtungen aufzubauen und die
Bettenkapazitäten auszubauen. Die Bezirksregierung und das MIK akquirieren zudem fortlaufend neue NotLmterkünfte. Inwieweit diese Anstrengungen zu einer spürbaren weiteren Erhölmng der Plätze fiilrren werden, bleibt abzuwarten. Benötigt werden nach Einschätzung der
kommunalen Fachleute angesichts der sich melrr als verdoppelnden Zugangszahlen mindestens 20.000 Plätze allein in NRW.
Das BAMF hat begonnen znsätzliche Kräfte einzustellen (2.000 Einstellungen in drei Jalrren).
Aufgrund der bereits jetzt bestehenden Arbeitsrückstände und der derzeitigen Personalausstattung ist eine kurzfiistige Verfalrrensbeschlewligung zumindest fraglich. Hier ist zusätzlich zu
beriicksichtigen, dass der Zeitraunl zwischen AntragsteIlung und Bescheiderteilung durch das
BAMF unabhängig von der Unterbringung zu betrachten ist, da dies in Einzelfällen unterschiedlich gehandhabt wird. So werden bestinrrnte Fälle zügig aus den ZUEn in die Kommuneri verteilt, wn das Asylverfalrren von dort zu betreiben, was allein schon Verzögerungen
impliziert. Andererseits werden z.B. die kosovarischen Antragsteller möglichst lange in den
ZUEn untergebracht und vom BAMF vOlTangig bearbeitet um die RÜckführung zu beschleumgen.
Hinsichtlich der Asylsuchenden aus dem Kosovo ninmlt die ZAB Dortmund an dem Projekt
einiger Bundesländer (unter anderem Bayern, Baden-Württemberg, NRW) teil, diese Personen möglichst sclmell in ilrre Heimat zurückzuführen. Im Rahrnen der laufenden Asylverfahren werden möglichst viele kosovarische Staatsangehörige in den Landesunterkünften ohne
weitere Verteilung in die Konrrnunen untergebracht, um sie von dort nach erfolglosem Abschluss ihres Asylverfahrens gesammelt zurückfiillren zu kömlen. Die Maßnallmen zeigen
erste Wirkung. So werden z.B. verstärk1: Chmierflüge seitens der Zentrale Stelle des Landes
NRW für Flugabsclliebungen (ZF A) Bielefeld mit dem MIK organisieri.
Grwldsätzlich sind die inl vorliegenden Antrag gestellten Forderwlgen, die Kapazitäten in den
Lmldeseinrichttwgen auszubauen lwd die Verfallren bei der Bearbeittwg der Asylanträge zu
beschleunigen, zu unterstützen. Ebenfalls richtig ist die Forderung, dass Flüchtlinge bis zu
drei Monaten in den Lmldeseinrichtwlgen verbleiben, wn im Fall eines abgelehnten Asylantrags die RückfiilITWlg aus der LandeseinrichtLwg zu veranlassen.
Dies setzt allerdings voraus, dass das Asylverfalrren deutlich beschleunigt werden muss. Der
Hinweis, dass eine Beschlagnahmung von Objekten zur Unterbringung von Flüchtlingen die
Akzeptanz in der Bevölkerung insgesmnt schädigt, ist richtig, allerdings nicht, wie im Antrag
fOlTlluliert, falrrlässig, da die Verhinderung von Obdachlosigkeit oberste Priorität haben muss.
Obwohl die Forderung nach der Weiterleittwg der Bundesmittel fiir KommWlen in voller Höhe nachdrücklich unterstützt wird, sind die Kommunen der Ansicht, dass diese BWldesmittel
deutlich zu gering ausfallen. Grundsätzlich ist ein neues Finanzierungsmodellmit dem Ziel zu
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entwickeln, die Kommunen in voller Höhe von den finanziellen Lasten für die Unterbringung,
Gesundheitsversorgung und Integr·ation der Flüchtlinge in die Stadtgesellschaft zu befreien.
Da es sich hierbei Lm1 eine gesamtgesellschaftliche und damit gesamtstaatliche Aufgabe handelt, ist der Bund gefordert, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. Alle Maßnahmen, die eine Förderung von mehr Wohnraum für Flüchtlinge zum Ziel haben, sind
grundsätzlich zu unterstützen. Zusätzlich wäre eine Bundesratsinitiative durch das Land NRW
sinnvoll, die die volle KostenübernaIm1e durch den Bund zum Ziel hat.
Die Betrachtung des Umgangs mit geduldeten Flüchtlingen, die aus wllerschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden kÖlmen, fehlt in der Anfrage. Auch sie muss diskutiert werden.
Hier steht die Integration der Flüchtlinge im MittelpLmki, da diese Menschen in der Regel in
den Kommunen verbleiben. Ohne weitere staatliche Hilfe gelangen die Kommunen an die
Grenze ihrer - nicht nur finanziellen - Leistungsfähigkeit.
Abschließend erlauben Sie mir einige wenige ZaI11en zur Situation der kOlmnunal zugewiesenen Flüchtlinge in Dortmund zu nelmen (Flüchtlinge nach Asylbewerberleistungsgesetz
(AsylbLG); Stand 26.05.2015):
In diesen Zahlen nicht mehr enthalten:
Übergang in SGB II1XII seit der Gesetzesänderung ab 01.03.2015
- gesamt
- im Durchschnitt pro Woche
mit
Tendenz
393
844
38
Gerne erläutere ich Einzelheiten meiner StellungnaIune in der Sitzung des Ausschusses für
Koml11unalpolitik am 19.06.2015.
Mit frew1dlichen Grüßen
Diane Jägers