Dipl. Sozialpädagoge René Körfer-Losen Durchwahl: 02406/9857-51 [email protected] 24.05.2015 Habt Ihr bereits Erfahrung mit dem Tauchen im Schulsport? Welche? Wie waren diese und warum war es so? Seit 2011 existiert an der Gesamtschule Herzogenrath die Tauch-AG, die Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren den Erwerb eines international anerkannten Tauchscheins ermöglicht. Unser Ziel ist es, dass alle Schüler die dieses Angebot nutzen wollen, egal welche Nationalität, finanzieller Hintergrund oder körperlicher Einschränkung, sich im sicheren Tauchen mit Gerätschaft ausprobieren können. Mittlerweile gehen wir ins 5. Jahr. Unterstützt werden wir von einem Tauchfachgeschäft mit dazugehörigen Tauchlehrern. Die Tauchärztliche Untersuchung wird kostenlos von einer Mutter eines Schülers durchgeführt, die selbst Ärztin ist und eng mit anerkannten Tauchmedizinern zusammenarbeitet. Die Stadt stellt uns unterschiedliche Schwimmbäder nach Absprache zur Verfügung, je nach Bedarf und Möglichkeit (Lehrschwimmbecken/Freibad/ Hallenbad). Unsere Schüler lernen, den Bewegungsraum Wasser sicher zu genießen. Theoretischer Unterricht und praktische Übungen im Schwimmbad finden nach Unterrichtsende von 16.00 bis 18.00 Uhr statt. Die Freilandtauchgänge werden in einem Tauchsee in den Niederlanden absolviert. Im letzten Jahr haben zum ersten Mal auch Inklusionsschüler mit sozial/emotionalen Auffälligkeiten an der TauchAG teilgenommen. Im Rahmen der bundesweiten "72-Stunden"- Sozialaktion hat eine Gemeinschaftsaktion unserer Tauch-AG und einer Förderschule für geistig-und körperbehinderte Kinder stattgefunden. In diesem Jahr werden wir mit der Förderschule eine gemeinsame „Ostereierunterwassersuche“ im Lehrschwimmbecken veranstalten. Kennt Ihr die aktuelle Erlasslage des Landes NRW für den Schulsport? Wie seht Ihr das fürs Tauchen und wie ist Eure Beurteilung bzw. Einschätzung? Einige wichtige Erlässe des Landes findet man unter anderem hier: http://www.schulsportnrw.de/fileadmin/user_upload/schulsportentwicklung/pdf/sicherheit_aufsicht_ erste_hilfe.pdf Die Lehrkraft hat vor einer Tauchübung zu klären, ob Erkrankungen vorliegen, die die Tauchfähigkeit der Schülerin oder des Schülers beeinträchtigen (Selbsterklärung zum Gesundheitszustand). • • • • • Die Einzelbeaufsichtigung beim Tief- und Streckentauchen muss bis zum sicheren Erreichen des Beckenrandes der oder des Tauchenden erfolgen. Die Tauchausrüstung muss in einem sicherheitstechnisch einwandfreien Zustand sein und dem Stand der Technik entsprechen. Schülerinnen und Schüler, die im Schulsport Sporttauchen mit Presslufttauchgerät betreiben, müssen eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten vorlegen und beim Tauchen im Schwimmbad im Besitz des Deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze sein bzw. beim Tauchen im Freigewässer im Besitz des Deutschen Jugendschwimmabzeichens - Silber sein. Bei der Durchführung von Tauchgängen im Freiwasser oder in künstlichen Tauchanlagen müssen sowohl die Lehrkraft als auch die Schülerinnen und Schüler im Besitz einer gültigen Tauchtauglichkeitsbescheinigung sein. Lehrkräfte, die mit Schülerinnen und Schülern im Schulsport Sporttauchen mit Presslufttauchgerät betreiben, müssen im Besitz der VDST-DOSB-Trainer C Breitensport Lizenz sein. Für das Tauchen im Freigewässer muss die VDST-CMASTauchlehrer (TL1) Lizenz vorliegen. Grundsätzliche Schwierigkeiten zu Beginn unserer Tauch-AG hatten wir mit folgendem Passus: http://www.schulsportnrw.de/fileadmin/user_upload/sicherheits_und_gesundheitsfoerderung/pdf/ErlassSicherheitsfoerderung_im_Schulsport.pdf Lehrkräfte, die mit Schülerinnen und Schülern im Sportunterricht bzw. im außerunterrichtlichen Schulsport Sporttauchen mit Presslufttauchgerät betreiben, müssen im Besitz der Übungsleiter-F-Lizenz des Verbandes Deutscher Sporttaucher e. V. oder einer entsprechenden fachlichen Qualifikation sein. Das Betreiben des Sporttauchens mit Presslufttauchgerät in Freigewässern ist im Schulsport nicht zulässig. Da uns die Rechtsabteilung der Bezirksregierung dazu damals keine rechtsverbindliche Erklärung abgeben konnte, haben wir folgende Lösung gefunden: - Die Tauch-AG findet nicht im regulären Sportunterricht statt, ist also gesondert zu betrachten. Die Freiwassertauchgänge finden in der Freizeit statt, sind von den Eltern durch eine Einverständniserklärung genehmigt und durch die Tauchschule versichert! Gibt es curriculare Vorgaben, die sogar eine Einbindung in den Regelunterricht rechtfertigen könnten? Meines Wissens nach nicht. Wir bieten die Tauch-AG im Rahmen der AG-Zeiten und darüber hinaus (samstags abends, sonntags) an. Möglich wären auch Angebote während einer Projektwoche. Wie sieht es aus mit G8/G9, ist offener Ganztag evtl. Chance? Unsere Erfahrung zeigt, dass Schule zeitlich immer mehr zum Lebensmittelpunkt für unsere Schülerinnen und Schüler wird. Für Vereine bleibt häufig wenig Zeit, oder man meidet Verbindlichkeiten, die ein Verein mit sich bringt. Dies sehen wir als große Chance auch mit anderen Vereinen intensiver zusammen zu arbeiten (Bsp. Mädchenfußball, Handball, Radsportverein, Reitverein, Judo…). Durch die Zusammenarbeit mit Vereinen verringern sich diese Vorbehalte bei den Kindern und Jugendlichen, so dass sie sich dort anschließend auch dem Verein eher anschließen. Was würdet Ihr Euch fürs Tauchen in der Schule wünschen? Was ist unabdingbar und was langfristiges Ziel? Eines unserer größten Probleme ist es, geeignete Schwimmbecken zu geeigneten Zeiten zu bekommen. Im Rahmen des Schulsports, stehen uns zwar Hallenzeiten zur Verfügung, die aber für den regulären Schwimmunterricht genutzt werden. Selbst wenn um 16.00 Uhr der reguläre Schwimmbadbetrieb läuft, und sich wie erlebt nur 3 pensionierte Schwimmer im Bad befinden, stehen uns häufig nur 1-2 Bahnen zur Verfügung. Auch Schwimmbadzeiten ab 21.00 Uhr in der Woche und am Wochenende, sowie die Nutzung des Freibades während der Deutschlandspiele während der letzten Fußball WM, verlangen einem ein sehr hohes persönliches Engagement ab. Hier sind die Kommunen langfristig gefragt, flexibler auf diese Thematik einzugehen. Schwierig ist es auch Tauchlehrer für die Ausbildung zu gewinnen, sowohl in finanzieller als auch in zeitlicher Hinsicht, wenn man Tauchen kostengünstig und attraktiv anbieten möchte. Auch die pädagogische Kompetenz und Frustrationstoleranz von Tauchlehrern sollte nicht unterschätzt werden. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit deren Eltern, ist nicht immer leicht und fordert ein hohes Maß an Fähigkeiten. Überhaupt nicht förderlich finde ich es, verschiedene TauchVerbands- und Organisationsdiskussionen zu führen hinsichtlich Qualität und Leistungsanforderungen. Mein erster Tauchlehrer war nett, kompetent, interessiert, witzig, fürsorglich und hatte Spaß an seinem Job. Mir war es eigentlich egal, nach welchem Standard er mich ausgebildet hat, sondern dass er mir die Faszination des Tauchens nahe gebracht hat. Welche Möglichkeiten seht Ihr, Lehrer/Schulpersonal für uns zu motivieren? Welche Maßnahmen könnten geeignet sein? Der VDST hatte sicher ein leicht „verstaubtes Image“ in den letzten Jahren und man traute ihm meiner Meinung nach nicht wirklich zu, den Spaß am Tauchen vermitteln zu können. Ähnliche Imageprobleme haben aber auch wir als Schule und wenn ich mich dann mal genauer hier umschaue, denke ich, dass es doch Kollegen gibt, die gerne auch meinen Job machen würden, wenn sie wüssten wie. Deshalb halte ich es für eine gute Möglichkeit, spezielle Angebote und Fortbildungsmöglichkeiten über den VDST für Schulen anzubieten. Der Kontakt zu den Bezirksregierungen wäre dort sinnvoll. Mittlerweile bieten bei uns 3 weitere Schulen aus der direkten Umgebung eine TauchAG an, was sicherlich auch unserer Pionierarbeit zu verdanken ist, weil wir uns nicht gescheut haben, auch eine Vernetzung zu zulassen und andere von unseren Erfahrungen profitieren zu lassen. Seht Ihr das Amt eines Schulbeauftragten im TSV NRW für notwendig und wichtig an? Fände ich prima, wenn es da jemanden gäbe! Als letztes natürlich: Wärt Ihr zu einer weiteren Mitarbeit in diesem Themenkomplex persönlich bereit? Ja - gerne
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