Als PDF herunterladen - beim Deutschen Notarinstitut!

DNotI
Deutsches Notarinstitut
Gutachten-Abruf-Dienst
G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s
Abruf-Nr.:
144642
l e t zt e A k t u a l i s i e r un g :
6. Oktober 2015
BGB §§ 2100, 2139; SGB II §§ 7, 11 Abs. 1, 12 Abs. 1, 33
Bedürftigentestament: Bedürftigkeit des Nacherben; Bedarfsgemeinschaft mit Vorerben
I. Sachverhalt
Eine ältere Dame hat ihre drei volljährigen Kinder in einem Testament zu Erben eingesetzt. Die
beiden Töchter wurden als unbeschränkte Vollerben eingesetzt. Der Sohn bezieht Arbeitslosengeld II ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund wurde der Sohn als Vorerbe eingesetzt, der allen
gesetzlichen Beschränkungen eines Vorerben unterliegen soll. Nacherbe im Fall des Todes des
Vorerben sollen dessen drei minderjährige Kinder (derzeit 4 bis 16 Jahre alt) sein. Die Kinder
leben im Haushalt des Sohnes und bilden mit diesem eine Bedarfsgemeinschaft. Im Testament
ist vorgesehen, dass die Anwartschaft eines jeden Nacherben weder vererblich noch übertragbar
ist, mit Ausnahme der Übertragung auf den Vorerben. Des Weiteren ist
Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Der Testamentsvollstrecker hat insbesondere die
Aufgabe, den Erbteil des Sohnes bis zu dessen Versterben zu verwalten und bis dahin auch alle
Rechte der Nacherben wahrzunehmen; er soll dem Sohn die Erträge aus dem verwalteten
Vermögen nur für bestimmte ausdrücklich genannte Zwecke zur Verfügung stellen, z. B. für
medizinische Versorgung und kulturelle Bedürfnisse (sog. Bedürftigentestament).
II. Fragen
1.
Haben die minderjährigen Kinder ein Nacherbenanwartschaftsrecht, das dem Zugriff der
Agentur für Arbeit unterliegt?
2.
Insbesondere: Stellt das etwaige Nacherbenanwartschaftsrecht der Kinder Vermögen i. S. d.
SGB II dar?
III. Zur Rechtslage
Um die Problemstellung zu erläutern, geht das Gutachten zunächst auf die Frage ein, ob das
Vermögen beim Vorerben geschützt ist (unter 1.). Vor diesem Hintergrund fragt sich, welche
Rechtsstellung die Nacherben einnehmen und welche sozialrechtlichen Auswirkungen das
Bestehen einer Nacherbenanwartschaft hat (unter 2.) und inwieweit das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft von Bedeutung ist (unter 3).
Deutsches Notarinstitut • Gerberstraße 19 • 97070 Würzburg • Telefon (0931) 35576-0 • Fax (0931) 35576-225
email: [email protected] • internet: www.dnoti.de
R:\User\mr\POOL\Gutachten\2015\Fax_Rep_2015_24_144642-fax_web.doc
Seite 2
1.
Zugriff beim bedürftigen Vorerben
Anspruchsvoraussetzung für die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II). Die Hilfsbedürftigkeit ist in § 9
Abs. 2 SGB II geregelt und setzt voraus, dass der Antragsteller mit seinem Einkommen oder
Vermögen seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend sichern kann. Verfügt der Antragsteller
über eine Erbschaft, kann diese unabhängig von ihrer Einordnung als Einkommen i. S. v.
§ 11 SGB II oder Vermögen i. S. v. § 12 Abs. 1 SGB II nur dann verwertet werden, wenn es
sich bei ihr um „bereite Mittel“ handelt (vgl. BSG NJOZ 2012, 1711 Rn. 22).
Die Nacherbenbindung hat zur Konsequenz, dass der Vollstreckungsschutz des § 2115
BGB eingreift. Anderes gilt lediglich bezüglich der Nutzungen der Erbschaft, da diese dem
Vorerben zustehen (vgl. Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, 4. Aufl. 2015, Rn. 5735;
van de Loo, MittRhNotK 1989, 233, 241). Die Anordnung der Testamentsvollstreckung
führt dazu, dass der Erbe vor dem Zugriff von Eigengläubigern (§ 2214 BGB) geschützt ist.
Außerdem fehlt dem Erben die Verfügungsbefugnis über die der Testamentsvollstreckung
unterliegenden Gegenstände (§§ 2211 Abs. 1, 2205 S. 1 BGB). Er kann daher die Gegenstände nicht verwerten. Der Testamentsvollstrecker hat die Anordnungen des Testamentsvollstreckers zu befolgen (vgl. § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB).
Der Vorerbe kann das Vermögen somit nicht verwerten, wenn es der Testamentsvollstrecker nicht auskehren darf (vgl. LSG Baden-Württemberg ZEV 2008, 147 Rn. 10
ff.; LSG Hamburg BeckRS 2012, 73564; LSG Niedersachsen-Bremen ZEV 2015, ZEV
2015, 291 Rn. 29 ff.; SG Mannheim BeckRS 2011, 72243; LPK-SGB II/Geiger, 5. Aufl.
2013, § 12 Rn. 14; NK-NachfolgeR/Bienert, 2015, §§ 11 ff. SGB II Rn. 35; Krauß,
Rn. 5732-5757; vgl. aus der Gestaltungsliteratur Tersteegen, in: Beck’sches Formularbuch
ErbR, 3. Aufl. 2014, F. I. 2. Anm. 6). Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich um
keine „bereiten Mittel“, wenn der Testamentsvollstrecker das Vermögen in seiner freien
Ermessensentscheidung unterliegenden Raten auszahlen soll, soweit dies nicht „untunlich
ist.“ Der Erbe hat in einem solchen Fall keinen gesicherten Anspruch auf einen bestimmten
monatlichen Betrag (BSG, Urt. v. 17.02.2015 – B 14 KG 1/14 R, ZEV 2015, 484 Rn. 24 =
DNotI-Report 2015, 166). Es fehlt daher an bereiten Mitteln und verwertbarem Vermögen.
Ob die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung sittenwidrig ist (§ 138 Abs. 1
BGB), weil sie dem Erben Mittel zu Lasten der Allgemeinheit Mittel entzieht, ist umstritten.
Insbesondere ist nicht geklärt, ob die Rspr. des BGH (vgl. etwa DNotZ 2011, 381 = DNotIReport 2011, 28) zur Zulässigkeit von Behindertentestamenten auf sonstige bedürftige Erben
zu übertragen ist (hierfür Bienert, §§ 11 ff. SGB II Rn. 43; Keim, ZEV 2010, 56; Ivo,
DNotZ 2011, 387, 389; hiergegen etwa SG Dortmund ZEV 2010, 54). Zu dieser Frage hat
sich kürzlich das BSG geäußert und zu einem Bedürftigentestament kursorisch festgehalten:
„Angesichts dieser rein gewillkürten Erbeinsetzung der Kl.
durch E ist nicht zu erkennen, wieso die Dauervollstreckung
wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten zu Lasten der
öffentlichen Hand nach § 138 BGB anfechtbar sein soll
(BSG ZEV 2015, 484 Rn. 26 = DNotI-Report 2015, 166; s. auch
LSG Baden-Württemberg ZEV 2008, 147).
Ob damit die Diskussion in der Rspr. zur Sittenwidrigkeit von Bedürftigentestamenten
beendet ist, ist noch nicht absehbar.
Seite 3
2.
Rechtsstellung der Nacherben
Solange der Nacherbfall nicht eingetreten ist, steht den Erben nur ein sog.
Nacherbenanwartschaftsrecht zu (vgl. § 2108 Abs. 2 BGB). Der Erblasser kann die Übertragbarkeit dieses Rechts einschränken (h.M., vgl. RGZ 170, 163, 168 f.;
MünchKommBGB/Grunsky, 6. Aufl. 2013, § 2100 Rn. MünchKommBGB/Grunsky,
6. Aufl. 2013, § 2100 Rn. 34; NK-BGB/Gierl, 4. Aufl. 2014, § 2100 Rn. 61;
Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2100 Rn. 13). So wie im vorliegenden Fall kann
der Erblasser die Übertragbarkeit auch dahingehend einschränken, dass das
Anwartschaftsrecht nur auf den Vorerben übertragen werden kann.
a) Hilfsbedürftigkeit: Keine Verwertungsmöglichkeit bei nur an den Vorerben übertragbaren Nacherbenanwartschaftsrechten
An bereiten Mitteln i. S. v. §§ 11 und 12 SGB II fehlt es, wenn für den Vermögensgegenstand in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden ist und auch keine andere
Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist. Hierbei sind auch der zeitliche Umfang des
Bewilligungszeitraums und die für die Verwertung benötigte Zeit zu berücksichtigen
(BSG ZEV 2015, 484 Rn. 22). Ein Verwertungshindernis ist jeweils für den
Bewilligungsabschnitt zu prognostizieren (BSG ZEV 2009, 403 Rn. 23; Sauer, in:
Jahn, SGB, Std.: 31.10.2014, § 12 SGB II Rn. 15). Der Hilfesuchende darf nicht auf
Mittel verwiesen werden, die ihm erst in Zukunft zur Verfügung stehen.
Berücksichtigungsfähig sind nur „aktuell verfügbare“ Mittel (BSG NJOZ 2012, 1711
Rn. 22).
Nach Auffassung des BSG kann auch ein Miterbenanteil verwertbar sein, wenn es
konkrete Möglichkeiten gibt, den Erbanteil am Markt zu verwerten (BSG ZEV 2009,
403 Rn. 23). Die Rspr. hat auch angenommen, dass ein Nacherbenanwartschaftsrecht
verwertbares Vermögen i. S. d. SGB darstellen kann (so zu § 90 SGB XII SG
Lüneburg, Urt. v. 16.06.2011 – S 22 SO 73/09, zitiert nach juris; vgl. auch zur
Berücksichtigung im Zugewinnausgleich Klein/Müting, Handbuch Familienvermögensrecht, 2. Aufl. 2015, Rn. 1339).
Im vorliegenden Fall dürften die Dinge jedoch anders liegen: Dass der Erblasser zugleich Nacherbenvollstreckung angeordnet hat, dürfte der Verwertbarkeit durch den
Nacherben zwar nicht entgegenstehen (vgl. Keim, ZErb 2008, 5, 10). Ist die Übertragung eines Nacherbenanwartschaftsrechts jedoch ausgeschlossen, kommt eine
Verwertung nicht in Betracht (vgl. zu § 295 InsO Reul, in:
Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 2012, P Rn. 113;
Kesseler, RNotZ 2003, 557, 562; Limmer, in: Tiedtke/Kanzleiter, Erbrechtsberatung
2007, 2007, S. 43, 91; J. Mayer, MittBayNot 2012, 18, 20). Soweit eine Übertragung
nur an den Vorerben möglich ist, wäre eine Verwertung nur denkbar, wenn der Vorerbe
sich zu einem entgeltlichen Erwerb des Nacherbenanwartschaftsrechts entschließen
würde. Dies kann jedoch kaum angenommen werden, wenn der Vorerbe Hilfeleistungen
nach dem SGB II enthält und ihm offensichtlich die Mittel zum Erwerb des
Nacherbenanwartschaftsrechte fehlen. Außerdem wird sich der Vorerbe schon deswegen zu einem Erwerb nicht bereitfinden, weil er sonst Alleinerbe und damit den
Schutz der Nacherbenbindung verlieren würde.
Wir gehen daher davon aus, dass es sich bei dem Nacherbenanwartschaftsrecht im vorliegenden Fall nicht um verwertbares Vermögen handelt.
Seite 4
b) Überleitung des Nacherbenanwartschaftsrechts
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Nacherbenanwartschaftsrecht nicht gem.
§ 33 Abs. 1 S. 1 SGB II auf den Sozialhilfeträger übergehen kann. Haben Personen für
die Zeit, für die die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen,
geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Sozialhilfeträger
über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen die Leistung zur Sicherung des
Lebensunterhalts nicht erbracht worden wäre. Der Übergang erfolgt auch dann, wenn
der Anspruch nicht übertragbar ist (§ 33 Abs. 1 S. 3 SGB II). Damit dürfte auch ein
nicht übertragbares Nacherbenanwartschaftsrecht grundsätzlich übertragbar i. S. v. § 33
Abs. 1 S. 3 SGB II sein (so die h.M. zu § 851 Abs. 2 ZPO, vgl. Hartmann, ZNotP 2005,
82, 88; Krauß, Rn. 5776; J. Mayer, MittBayNot 2012, 18, 20; Roth, NJW-Spezial 2013,
418; v. Dickhuth-Harrach, Handbuch der Erbfolgegestaltung, 2010, § 69 Rn. 10;
Limmer, in: Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Rn. 430). Die Literatur weist
vor diesem Hintergrund darauf hin, dass auch das Nacherbenanwartschaftsrecht nach
§ 33 Abs. 1 SGB II überleitungsfähig ist (Herrler, in: DAI-Skript Gestaltungen im
Pflichtteilsrecht, 28.09.2015, S. 348; Litzenburger, ZEV 2009, 278, 279).
Fraglich ist jedoch, ob die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB II
gegeben sind. Auch künftige Ansprüche können von der Überleitung erfasst sein (vgl.
LPK-SGB II/Münder, § 33 Rn. 16; zu § 93 SGB XII entsprechend v. Koppenfels-Spies,
in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Sozialrecht, 4. Aufl. 2015, § 93 SGB XII Rn.
4). Der Nacherbe hat gegen den Vorerben einen künftigen Anspruch auf Herausgabe der
Erbschaft. Damit stellt das Nacherbenanwartschaftsrecht einen nach § 33 Abs. 1 SGB II
überleitbaren Anspruch dar.
Insbesondere im Zusammenhang mit künftigen Ansprüchen ist allerdings zu beachten,
dass § 33 Abs. 1 SGB II noch weitere Voraussetzungen normiert: Zum einen muss bei
rechtzeitiger Leistung des Drittschuldners die Hilfeleistung nicht erforderlich gewesen
sein (sog. kausale Verknüpfung). Außerdem müssen überzuleitender Anspruch und
Hilfegewährung gleichzeitig auf einander bezogen sein (Prinzip der Gleichzeitigkeit).
Maßgeblich ist insoweit der Bewilligungszeitraum (Eicher/Link, SGB II, 3. Aufl.
2013, § 33 Rn. 34). Der Bewilligungszeitraum beträgt in der Regel sechs Monate (vgl.
§ 41 Abs. 1 S. 4 SGB II). Zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs muss also noch
Hilfe für den jeweiligen Bewilligungszeitraum gewährt worden sein. Ist dies nicht der
Fall, ist die aufschiebende Bedingung für die Überleitung des künftigen Anspruchs nicht
eingetreten (Münder, a. a. O; a. A. Eicher/Link, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 33 Rn. 34 – für
Rückübertragung aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs).
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Nacherbenanwartschaft als künftiger
Anspruch zwar auf den Sozialhilfeträger übergehen kann. Dem Sozialhilfeträger steht
der Anspruch aber nicht zu, wenn im Bewilligungszeitraum der Nacherbfall nicht eingetreten ist. Denn solange der Nacherbfall noch nicht eintritt, fehlt es an einem
erfüllbaren Anspruch, bei dessen Erfüllung die Hilfe nicht gewährt worden wäre. Der
Schuldner des Anspruchs (Vorerbe) muss keinen Anspruch erfüllen, solange der
Nacherbe nur über ein Anwartschaftsrecht verfügt. Mithin fehlt es sowohl an einer
kausalen Verknüpfung von Hilfegewährung und rechtzeitiger Leistung als auch an der
erforderlichen Gleichzeitigkeit.
Seite 5
c) Eintritt des Nacherbfalls
Tritt der Nacherbfall ein, ist das Vermögen des Nacherben im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung des § 7 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Der Nacherbe ist dann Vollerbe; er unterliegt keinen Beschränkungen. Anderes würde gelten, wenn die Nacherbschaft gestuft wäre, der Nacherbe also seinerseits einer Nacherbenbindung unterliegen würde (Nachnacherbfolge) oder der Nacherbe über den Nacherbfall hinaus der
Testamentsvollstreckung unterliegen würde. Handelt es sich bei der Nacherbschaft um
verwertbares Vermögen, kann die Hilfsbedürftigkeit somit bei Eintritt des Nacherbfalls
entfallen.
Eine Haftung für die gegenüber dem Vorerben erbrachten Sozialleistungen kommt
nicht in Betracht. Da der Nacherbe nicht Erbe des Vorerben ist, scheidet auch eine
Erbenhaftung für die an den Vorerben innerhalb der letzten 10 Jahre erbrachten
Sozialleistungen gem. § 35 Abs. 1 SGB II (bzw. § 102 SGB XII) aus (Bengel/Dietz, in:
Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 5. Aufl. 2013, 5. Kapitel
Rn. 428; Litzenburger, ZEV 2009, 278, 279; Vaupel, RNotZ 2009, 497, 513).
d) Gewährung der Hilfe als Darlehen?
Möglicherweise kann der Sozialhilfeträger gegenüber dem Nacherben die Leistung zur
Sicherung des Lebensunterhalts nur als Darlehen gewähren. Nach § 24 Abs. 5 S. 1
SGB II sind Leistungen als Darlehen zu gewähren, wenn dem Leistungsberechtigten die
sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist. Dies
gilt für alle Formen der Gewährung von Arbeitslosengeld II (vgl. nur BeckOKSozR/Breitkreuz, SGB II, Std.: 01.06.2015, § 24 Rn. 28).
Dabei reicht es nach Auffassung des BSG für eine lediglich darlehensweise Gewährung
von Leistungen nicht aus, dass Vermögen vorhanden ist. Ist im Zeitpunkt der
Darlehensgewährung „bis auf weiteres nicht absehbar“, ob der Hilfeempfänger einen
wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können, erfolgt die Hilfeleistung als Zuschuss ohne Darlehensgewährung. Ist „völlig ungewiss […], wann eine
für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt“, liegt ein Fall der generellen
Unverwertbarkeit vor. Maßgeblich ist dabei der Bewilligungszeitraum von i. d. R.
sechs Monaten (BSG ZEV 2009, 403 Rn. 22; BeckRS 2011, 79124 Rn. 15; BeckOKSozR/Breitkreuz, a. a. O.; Eicher/Blüggel, § 24 Rn. 144). Ein Fall der generellen
Unverwertbarkeit liegt auch vor, wenn die Leistung vom Tod einer bestimmten
Person abhängt. Dann soll es sich um tatsächlich nicht verwertbares Vermögen handeln
(BSG ZEV 2008, 542 Rn. 15).
Da nicht absehbar ist, wann der Nacherbfall eintritt, handelt es sich bei der Nacherbenanwartschaft somit um generell nicht verwertbares Vermögen. Es ist daher nicht
zulässig, dem Nacherben die Hilfe nur als Darlehen zu gewähren. Der Nacherbe hat
einen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses.
3.
Bedarfsgemeinschaft
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zählen zu einer Bedarfsgemeinschaft auch die dem Haushalt
angehörenden unverheirateten Kinder eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wenn die
Kinder unter 25 Jahre alt sind und sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts
nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Verfügt ein Kind über
Seite 6
ausreichendes Vermögen, scheidet es aus der Bedarfsgemeinschaft aus (vgl. Beck’sches
Notarhandbuch/Krauß, 6. Aufl. 2015, A. V. Rn. 546; Eicher/Spellbrink/Becker, § 7
Rn. 110). Im vorliegenden Fall dürften die Kinder (= Nacherben) jedoch bis zum Eintritt des
Nacherbfalls nicht über eigenes ausreichendes Vermögen verfügen (s.o.). Die Bedarfsgemeinschaft dürfte daher solange fortbestehen, bis der Nacherbfall eintritt. Mit dem Eintritt
des Nacherbfalls wäre die Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis zum Vorerben ohnehin aufgelöst.