Wormser Wege in der Flüchtlingspolitik Ein Appell des Runden

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Wormser Wege in der Flüchtlingspolitik
Ein Appell des Runden Tisches
Stand: 14.01.2016
Autorisierte Fassung vom 21.01.2016
Der Runde Tisch „Asyl/Flüchtlinge Worms“ traf sich seit dem 16. April 2015 insgesamt acht
Mal. Die letzte Sitzung fand am 14. Januar 2016 statt. 120 Minuten standen pro Sitzung zur
Verfügung. Alle Sitzungen fanden öffentlich statt. Viele wurden durch online-Streaming live
begleitet. Alle Sitzungen sind protokolliert worden. Die Medien haben intensiv über die
einzelnen Sitzungen berichtet.
1. Selbstverständnis
Die Stadt hat einen gesetzlichen Auftrag zur Unterbringung von Flüchtlingen. Diese
humanitäre Aufgabe soll gleichzeitig den gesellschaftlichen und sozialen Frieden in Worms
sichern. Wie kann der Zusammenhalt der Wormser Bürgergesellschaft durch die neue
Aufgabenstellung gestärkt werden? Wie bleibt Worms lebenswert? Der Runde Tisch bildete
als Dialogforum transparent und öffentlich ein Bürgergespräch ab, in dem Befürworter,
Unterstützer, Helfer und Kritiker gleichberechtigt zu Wort kommen sollten. Die Idee und die
Konstituierung des Runden Tisches erfolgten noch in einer Zeit, in der von einer
sogenannten „Flüchtlingswelle“, die sich seit September 2015 in Deutschland abzeichnete,
nicht geredet wurde. Insofern agierten die Wormser Bürger klug und vorausschauend mit
dem Wunsch der Einrichtung eines Runden Tisches. Es war eine Initiative der Stadt und ihrer
Bürger.
Der Runde Tisch war eine Bürgerkammer, in der Betroffenheit, Expertisen und vor allem
Argumente öffentlich in Streitgesprächen ausgetauscht wurden. Der Runde Tisch war in
Worms ein Instrument neben vielen anderen, um sich den Fragen der Flüchtlingspolitik zu
stellen. Der Runde Tisch sollte keineswegs allein die Flüchtlingsthematik für Worms
adressieren. Alle Teilnehmer wurden angesichts der öffentlichen Berichterstattung
zunehmend zu „Anwälten“ des Themas und Ansprechpartner für die Stadtgesellschaft. Die
selbstgesetzten Ziele lauteten darüber hinaus:
• Einbindung verschiedener Meinungs- und Interessenlagen;
• Herstellen von Öffentlichkeit;
• Gemeinsame Klärung und Erarbeitung von Fakten;
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Streitkultur über Vor- und Nachteile der Wormser Flüchtlingspolitik;
• Deutung und Urteilsbildung im Bereich der neuen Herausforderungen;
• Appelle und Ideenentwicklung im Umfeld der Flüchtlings- und Asylthematik.
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Die Bedingungen des Gesprächs im Sinne einer Geschäftsordnung (Arbeitsweise, Regeln,
etc.) gaben sich die Mitglieder des Runden Tisches gemeinsam, selbstverpflichtend und
kollaborativ in der ersten Sitzung. Damit erkannten alle Beteiligten die Verschiedenheit ihrer
Interessen wechselseitig an. Der Oberbürgermeister sicherte dem Runden Tisch zu, dass sich
der Stadtrat, als das legitim verfasste Entscheidungsgremium, mit den Fragestellungen,
Ergebnissen und Wünschen des Runden Tisches in offiziellen Tagesordnungspunkten der
Stadtratsversammlungen beschäftigen wird. Damit war eine institutionelle Verzahnung
zwischen informellen und formellen Prozessen gegeben.
2. Teilnehmer und Auswahl
Moderne inklusive Partizipation markierte das offene Auswahlverfahren: eine neue
Beteiligungsarchitektur für die Stadtbürger. Zwanzig Teilnehmer waren ständige Mitglieder
des Runden Tisches. Die Größe entsprach dem Erfahrungswert aus der Beteiligungs- und
Partizipationsforschung. Unterschiedliche Legitimationsquellen sollten genutzt werden, um
ein breites Beteiligungsverfahren am Runden Tisch zu sichern:
• Es erfolgte ein Aufruf an die Stadtbürger in den Medien, sich als Teilnehmer für den
Runden Tisch zu bewerben (mit „Bewerbungsmaterial“, wie Motiv und biografischem
Interessenhintergrund).
• Institutionelle Vertreter der Bürgergesellschaft (wie bspw. Wohlfahrtsverbände und
Wirtschaftsorganisationen), die mit dem Thema Flüchtlinge befasst sind, sollten
gezielt zur Teilnahme aktiviert werden – durchaus auch im Sinne einer Bündelung
gemeinsamer Interessen.
Die Auswahl der Zusammensetzung sollte die kontrovers diskutierte Logik der
Flüchtlingsthematik abbilden und folgte der Zielsetzung, den gesellschaftlichen und sozialen
Frieden der Stadt zu erhalten. Der Runde Tisch wurde von einem Moderator geleitet, der
auch die einzelnen Treffen inhaltlich und organisatorisch vorbereitete.
Die Auswahl der Zusammensetzung erfolgte durch die Sichtung der Bewerbungen durch ein
Team an der Universität Duisburg-Essen. Die Kriterien der Auswahl orientierten sich an den
Evaluationsergebnissen vergleichbarer kommunaler Beteiligungsverfahren. Da radikale
Kritiker im Bereich gesellschaftspolitischer Konflikte in der Regel persönlich nicht an solchen
Runden Tischen der bürgerlichen Mitte teilnehmen – anders als bei allen infrastrukturellen
Problemen – wurde versucht, deren Positionen über das Verlesen von Mails und die
Präsentation von Ergebnissen der Einstellungsforschung zu integrieren.
Der für das Flüchtlingsthema zuständige Beigeordnete, Waldemar Herder, nahm für den
Stadtvorstand am Runden Tisch teil, nicht hingegen die im Stadtrat vertretenen Parteien und
Fraktionen. Der Oberbürgermeister nahm an der Konstituierung des Runden Tisches mit
einem eigenen Beitrag teil. Er kam darüber hinaus auch mehrfach als Gasthörer zu den
einzelnen Treffen.
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Die Ressourcen für die einzelnen Treffen (Getränke, Beamer etc.) organisierte und
finanzierte die Stadtverwaltung in Kooperation mit der Wormser Hochschule, in deren
Räumen sich der Runde Tisch treffen durfte.
3. Themenschwerpunkte
Die Abfolge der Sitzungen wurde durch unterschiedliche Schwerpunktthemen strukturiert.
Dabei spielten folgende Themen leitmotivisch eine zentrale Rolle:
• Unterbringung/Wohnversorgung/Betreuung;
• Spracherwerb und Sprachförderung;
• Arbeit/Beschäftigung;
• Freizeit und kulturelle Bildung;
• Gesundheit;
• Verbesserung von Dienstleistungen/Service;
• Projektvorstellungen;
• Ideen-Entwicklung.
Nach der Erarbeitung der Fakten durch eigene Expertise oder durch Kurz-Impulse von
Referenten/Teilnehmern erfolgte die gemeinsame Urteilsbildung, die sich im Appell des
Runden Tisches und dem Forderungskatalog niedergeschlagen hat. Gesellschaftsberatung
durch das Dialogforum sollte so sichergestellt werden. Die Expertisen sind in Echtzeit über
einen Livestream übermittelt worden. Weiterhin sind sie in die Protokolle eingegangen und
in Dokumenten, Materialien und Handouts an alle Teilnehmer ausgehändigt worden.
4. Appell des Runden Tisches
Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Den Asylanspruch regelt das Grundgesetz.
Flüchtlinge sind nach der Genfer Flüchtlingskonvention geschützt. Für die verschiedenen
Gruppen von Geflüchteten gibt es unterschiedliche rechtliche Regelungen: Asylsuchende,
Asylberechtigte, Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiär
Schutzberechtigte
nach
EU-Qualifikationsrichtlinie,
Inhaber
von
humanitären
Aufenthaltstiteln und sogenannte Geduldete. Auch in Worms leben diese verschiedenen
Gruppen von Geflüchteten. Wir verpflichten uns, diese Menschen in Not auf dem Weg in
eine sichere Zukunft zu unterstützen und in Worms willkommen zu heißen. Wir bitten die
Wormser Bürgerinnen und Bürger dabei um ihre Unterstützung. Der soziale und
gesellschaftliche Frieden in unserer Stadt ist uns wichtig. Er soll erhalten bleiben. Dazu ist es
notwendig, die Flüchtlinge menschenwürdig, sicher und in langfristigen Wohnräumen
unterzubringen, für ihre Integration zu sorgen und ihnen Teilhabemöglichkeiten vielfältiger
Art zu eröffnen.
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Wir erkennen auch in unserer Stadt das vom Bundespräsidenten angesprochene
fundamentale Dilemma: „Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten
sind endlich“. Die Aufnahmekapazität ist auch in Worms begrenzt. Aber sie ist bislang nicht
ausgehandelt, wozu wir aufrufen möchten. Nur durch politische Aushandlungsprozesse in
dafür vorgesehenen parlamentarisch-repräsentativen Gremien kann das Ergebnis begründet,
gerechtfertigt und zustimmungsabhängig gemacht werden.
Wir gehen davon aus, dass jeder Flüchtling bereit sein muss, die offene Wormser
Gesellschaft nach dem Leitbild des Grundgesetzes mitzugestalten. Das Grundgesetz bietet
viel Raum für kulturelle Vielfalt. Es sichert Freiheit des Glaubens, die Gleichberechtigung
zwischen Frau und Mann sowie die Rechte von Minderheiten. Wir erwarten, dass mit dem
Erlernen der deutschen Sprache auch diese Regeln der offenen Gesellschaft anerkannt
werden.
Da unsere Möglichkeiten „endlich“ sind, entsteht ein doppelter Druck:
(1) Es existieren organisatorische Aufnahmeprobleme, die unsere Stadtverwaltung – wie
jede andere auch – überfordern: unkalkulierbare Zuteilung von Flüchtlingen,
fehlender Wohnraum, zu wenig Geld für Neubauten, nicht vollzogene
Abschiebungen, etc. Worms ist bei diesen Aufgaben auf die Unterstützung von außen
angewiesen. Wir appellieren deshalb an Bund und Land, unsere Stadt nachhaltig
finanziell und materiell zu unterstützen, um Menschen in Not auch angemessen
helfen zu können. Wir regen an zu prüfen, ab wann es möglich sein sollte,
anzuzeigen, dass die städtischen Kapazitäten erschöpft sind. Insgesamt muss es um
einen klugen Ausbau der sozialen Infrastruktur für alle Bürger der Stadt gehen, wenn
eine Neid-Debatte verhindert werden soll.
(2) Es existieren Herausforderungen für die Demokratie: Der Druck auf die kommunale
Demokratie ist auch kulturell erkennbar. Flüchtlinge sind Ausdruck von neuer
Verschiedenheit. Sie verändern die Stadtidentität. Diese Verschiedenheit nehmen
viele Bürgerinnen und Bürger auch als Ungleichheit wahr. Wie viel Ungleichheit
verträgt Worms? Wie viel brauchen wir? Wichtig bleibt, diese Verschiedenheit
demokratisch auszuhandeln und über die berechtigten Sorgen öffentlich zu
diskutieren. Nur das kann die Angst vor Differenz nehmen. Die Angst der
Mehrheitsgesellschaft vor der Minderheit ist ein weltweites Phänomen. Nur durch
Erfahrung und vor allem durch Begegnung lassen sich solche Ängste abbauen. Die
Flüchtlinge sind für Worms sowohl eine kulturelle Bereicherung als auch Anlass für
Ängste, Sorgen, neue Verteilungskonflikte. Die Gefahr der wachsenden Konkurrenz
der Armen besteht. Umso wichtiger wird es sein, dass alle Maßnahmen der Stadt
auch gleichermaßen für alle sozial benachteiligen Bürger von Worms gelten, eben
nicht nur für Flüchtlinge. Nur so wächst Zusammenhalt, nur so kann eine Neiddebatte
um Verteilungsfragen verhindert werden. Eine Lösung für die Bewältigung der
Flüchtlingskrise gibt es nicht. Aber viele einzelne Maßnahmen existieren und werden
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zeitparallel ausgetestet. Alle Initiativen müssen sich an einem Maßstab messen
lassen: jede Verletzung von Menschwürde ist unzulässig. Mit großer Sorge sehen wir,
dass fremdenfeindliche Aktivitäten anwachsen. Wir wenden uns gegen alle
rechtsextremen und fremdenfeindlichen Aktivitäten und treten diesen gemeinsam
entschieden entgegen. Wir appellieren an alle Wormser, uns dabei zu unterstützen!
Wir bitten die Wormser, wie bisher ihr vielfältiges ehrenamtliches Engagement für
die Flüchtlinge nicht zu reduzieren, sondern weitere Aktivitäten der
nachbarschaftlichen Zivilgesellschaft zu starten.
Menschen in Not benötigen angemessene Verpflegung, Unterkünfte, medizinische
Versorgung, Spracherwerb, Bildung/Ausbildung und Beschäftigung. Nach der unmittelbaren
Katastrophenhilfe sollten Integrationsmaßnahmen einsetzen.
Konkret fordert der Runde Tisch:
a) Von der Landesregierung:
• Die Landesregierung soll am Ziel der Erarbeitung eines Einwanderungsgesetzes für
die Bundesrepublik Deutschland festhalten.
• Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, dass gerade in Zeiten neuer innerer
und äußerer Bedrohungen grundlegende rechtsstaatliche, humanitäre und soziale
Errungenschaften, die unseren politischen Standort markieren, gesichert werden.
• Die Landesregierung soll eine konzertierte Aktion anregen: Politik, Wirtschaft,
Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft sollten jetzt gemeinsame Pläne entwickeln:
Weg vom Modus des Katastrophenschutzes, hin zu einer Politik der
Einwanderungsgesellschaft.
• Wir fordern die unmittelbare Weitergabe der finanziellen Mittel, die das Land vom
Bund für Menschen in Not erhält, an die Stadt Worms - ohne Abzüge.
• Die Landesregierung soll den Verteilerschlüssel für die Unterbringung von
Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz überprüfen. Strukturschwache Regionen sollten
stärker einbezogen werden.
• Wir fordern eine kurzfristige, befristete Erhöhung der Lehrerstunden an Schulen, die
von Zuwanderung stark betroffen sind.
• Wir fordern die generelle Einrichtung von Sprachförderklassen an besonders
betroffenen Schulen (Lerngruppen-Größe maximal 10 Personen).
• Wir fordern eine Verbesserung des Zugangs zu medizinischer Versorgung für
Flüchtlinge, insbesondere der chronisch Kranken. Das beinhaltet neben der
verbindlichen Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge auch
die freie Arztwahl und Dolmetscherdienste. Die Landesregierung soll den Rahmen für
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eine konzertierte Aktion zur Verbesserung der Lage unter Einbezug von Land,
Kommunen, Ärzten und Krankenkassen schaffen.
• Die Kommunen müssen von dem Morbiditätsrisiko (hohe Kosten durch spezifische
Krankheiten) der ihnen zugewiesenen Asylbewerber entlastet werden. Andernfalls ist
eine Versorgung chronisch Kranker nicht durchführbar.
b) Vom Stadtrat:
Der Stadtrat soll nachfolgende Themen öffentlich beraten und möglichst in Beschlüsse
überführen.
• Wir fordern, dass das „Konzept zur Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern
im Stadtgebiet Worms“ (v. 5.3.2014) ständig an die jeweils neuen Lagen angepasst
wird, ohne die im Konzept enthaltenen Mindeststandards zu unterlaufen. Unter
Beteiligung des Stadtrats sind die im Konzept zugrunde gelegten Standards
permanent zu überprüfen.
Ehrenamt
• Der Stadtrat soll alle Aktivitäten im Bereich des ehrenamtlichen Engagements
besonders wertschätzen, die Anerkennungskultur konkret ausbauen und
Rahmenbedingungen für ein gelingendes Ehrenamt schaffen. Dazu sind zusätzliche
(personelle und finanzielle) Ressourcen notwendig.
Bildung und Ausbildung
• Wir fordern besondere Fördermaßnahmen für alle Kinder und Jugendlichen aus sozial
benachteiligten Bevölkerungsgruppen, um einen nachhaltigen Bildungserfolg zu
ermöglichen und damit der Segregation entgegen zu wirken. Sondermaßnahmen für
einzelne Gruppen lehnen wir ab.
• Der Stadtrat soll darauf hinwirken, allen Flüchtlingen einen kostenlosen Zugang zu
Grundbildung zu ermöglichen, um möglichst auch einen Übergang in berufliche
Bildung und damit in Arbeit zu fördern. Die Steuerung und Stärkung von nachhaltigen
Bildungsmaßnahmen soll durch ein vernetzt arbeitendes Bildungsmanagement
erfolgen.
• Wir fordern, dass qualifizierte Bildungsberatung angeboten wird. Der Stadtrat soll
eine träger- und konfessionsübergreifende, koordinierende Stelle für Bildungs- und
Beschäftigungsangebote für Asylbegehrende schaffen.
• Der Stadtrat soll sich zur Aufgabe machen, den deutschen Spracherwerb für
Flüchtlinge sicher zu stellen, denn Sprache ist das zentrale Integrationsmittel.
• Der Stadtrat soll Rahmenbedingungen schaffen, um zusätzliche Unterrichtsräume für
den Unterricht von Jugendlichen und Erwachsenen zu erschließen (z.B.
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Ortsverwaltungen, Kirchengemeinden, oder Versammlungsräume in Sportheimen).
Dabei sollte die Stadt die Mehrkosten (z.B. zusätzliche Heiz- und Reinigungskosten)
übernehmen, um wohnortnahe Sprach- und Grundbildungskurse anbieten zu
können.
• Wir fordern, auch den Zugang zu kultureller Bildung zu ermöglichen (z.B. durch den
Sozialausweis, Kultur-Paten etc.).
Frühkindliche Bildung
• Wir fordern, Kita-Leistungen auszubauen, sowohl von öffentlichen, als auch von
freien Trägern. Das beinhaltet:
o Um der inklusiven Arbeit und der sprachlichen Bildung der Kinder gerecht zu
werden, benötigen die Kindertagesstätten ausreichend qualifiziertes Personal
und genügend Kita-Plätze.
o Für die Arbeit mit Kindern aus unterschiedlichen Herkunftsländern benötigen
die Erzieher/innen besondere Kenntnisse, entsprechende Förderung und
Unterstützung, um der Vielfalt der Herkunftsländer gerecht zu werden.
o Dolmetscher/Sprachmittler sollen zur Verfügung stehen, die bei Bedarf
kostenfrei, unbürokratisch und bedarfsgerecht von den KitaMitarbeiter/innen zur Verständigung mit den Eltern genutzt werden können.
Kapazitäten
• Wir fordern, zusätzliche Personalressourcen für die Herausforderungen der
Flüchtlingsthematik zu schaffen.
• Der Stadtrat soll den sozialen Wohnungsbau für alle bedürftigen Wormser
vorantreiben.
c) Von der Stadtverwaltung:
• Wir fordern eine Zentralisierung der Aufgaben, im Idealfall durch Ernennung eines
sogenannten Flüchtlingsbeauftragten, der dem Büro des Oberbürgermeisters
unmittelbar zugeordnet ist. Der Beigeordnete könnte so entlastet werden.
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Wir fordern klar erkennbare Ansprechpartner. Diese Ansprechpartner sollten
Aufgaben koordinieren, an die richtigen Stellen weiterleiten und sich miteinander
vernetzen. Sie sollten darüber hinaus über interkulturelle Kompetenzen verfügen.
Fortbildungen sollten aktiv angeboten werden.
• Die Stadtverwaltung soll eine stärkere Mitwirkung der Flüchtlinge hinsichtlich ihres
Lebensalltags in den Gemeinschaftsunterkünften ermöglichen. Wer mitgestalten
kann, fühlt sich auch verantwortlich.
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• Wir fordern von der Stadtverwaltung Angebote für Beschäftigungsmöglichkeiten:
Dafür ist eine Reflektion darüber nötig, wo Flüchtlinge unmittelbar – auch ohne
deutsche Sprachkenntnisse – über die Dezernate der Stadt (z.B. freiwillige
Bürgerdienste) oder die Agentur für Arbeit eingesetzt werden können.
• Wir fordern eine stärkere Koordinierung und Begleitung ehrenamtlicher Helfer.
• Eine Prüfung der Umnutzung leer stehender Gebäude bleibt wichtig, konkret:
o Eine Prüfung, welche Optionen genutzt werden sollten: zentrale
Unterbringung (Gemeinschaftsunterkünfte) oder dezentrale;
o eine offensive Information der Vermieter über Angebote der Landesregierung
bei der Unterbringung von Flüchtlingen ist erforderlich.
d) Von den Ortsbeiräten:
Die Ortsvorsteher und die Ortsbeiräte sollen nachfolgende Themen öffentlich beraten
und möglichst in Beschlüsse überführen.
• Wir fordern eine Ideenbörse, die festhält, wie jeder Stadtteil das ehrenamtliche
Engagement steigern kann.
• Alle Ortsbeiräte der Stadt sollte in einen humanitären Wettbewerb eintreten: Wer
findet die meisten Wohnraum-Potentiale? Wer hat die originellsten IntegrationsIdeen? Wer motiviert die meisten Helfer? Was können Ortsbeiräte ganz konkret zur
Hilfe der Menschen in Not anbieten?
e) Von der Zivilgesellschaft (Vereine, Kirchen, etc.):
• Die konkreten Angebote zur Hilfe, Unterstützung und Integration durch Bürger,
Vereine, Kirchen, Wohlfahrts-Einrichtungen etc. unserer Stadtgesellschaft sind
extrem vielfältig und unschätzbar wichtig. Wir wünschen uns, dass weder Vielfalt
noch Engagement nachlassen.
• Die Zivilgesellschaft soll aktive Werbung für Patenschaften für Flüchtlinge betreiben.
Das könnte z.B. über kirchliche Einrichtungen koordiniert werden. Solche
Patenschaften könnten sich auch auf viele kulturelle Aktivitäten wie z.B. für
Museumsbesuche (für Inhaber von Sozialausweisen) erstrecken.
• Die Zivilgesellschaft soll Helfer- und Unterstützerkreise in möglichst allen Stadtteilen
etablieren.
• Die Zivilgesellschaft soll weiterhin Begegnungsfeste initiieren, die von vielen
Organisationen bereits bewährt angeboten werden.
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• Sport eignet sich sehr als Integrationsvehikel. Der Landessportbund hat alle
rechtlichen, finanziellen und versicherungstechnischen Rahmenbedingungen als Hilfe
für die Menschen in Not abgestimmt. Jeder Verein sollte Maßnahmen anbieten.
f) Von den Unternehmen/der Wirtschaft:
• Wir fordern von den Unternehmen, eine Willkommenskultur für Flüchtlinge zu
schaffen. Ängste und/oder Vorbehalte in den Belegschaften müssen abgebaut
werden. Das beinhaltet auch, interkulturelle Kompetenzen in den Belegschaften
durch Weiterbildungen zu stärken.
• Unternehmen sollen Praktikums-, Einstiegsqualifizierungs- und Ausbildungsplätze für
ausbildungsfähige junge Flüchtlinge bereitstellen.
• Unternehmen sollen prüfen, ob bei noch nicht ausreichender Sprachkompetenz
niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen oder geschaffen werden
können.
• Die Wirtschaft soll in Kooperation mit bestehenden Netzwerken spezielle
berufsvorbereitende Maßnahmen für Flüchtlingsklassen anbieten.
• Wir fordern von Unternehmen, die Flüchtlinge einstellen, die Bereitschaft, in Arbeitsund Einsatzplänen „Zeit für sprachliche Bildung“ zu lassen.
• Unternehmen sollen innerhalb ihrer Betriebe Ansprechpartner für Flüchtlinge
installieren. Diese sollen besonderen Unterstützungsbedarf erkennen und in
Kooperation mit Partnern Hilfe organisieren.
• Die Interessenvertretungen der Wirtschaft sollen auf eine stärkere Vernetzung mit
der Stadt und den Hilfseinrichtungen für Flüchtlinge hinarbeiten.
g) Von Bildungseinrichtungen:
• Die Anerkennung von ausländischen beruflichen, schulischen, hochschulrelevanten
Qualifizierungen durch Bildungseinrichtungen muss beschleunigt werden.
• Wir fordern von den Trägern der Bildungseinrichtungen, mehr Ressourcen für
Bildung, Fortbildung und Qualifikation von Flüchtlingen und andere Menschen in Not
zur Verfügung zu stellen, damit sie sich schneller intergieren können, schneller aus
der Abhängigkeit vom Staat herauskommen, eine Arbeit finden können, und damit
schließlich selbst Steuerzahler werden können.