Gruppe 3_Aktion T4 Verschickung in grauen Bussen

In Memoriam
„Euthanasie“ im Nationalsozialismus
Gruppe 3
Aktion T4 – Verschickung in „grauen Bussen“
Als Arbeitsmaterial benötigt ihr Schreibzeug und einen Notizblock.
Arbeitsaufträge
1. Lest den Informationstext aufmerksam durch. Bearbeitet anschließend die Aufgaben
der Reihe nach.
2. Im Einführungstext sind zwei Textlücken. Auf den gelben Karten stehen Begriffe und
Definitionen. Ordnet die Begriffe ihrer entsprechenden Definition zu und füllt die
Lücken im Einführungstext mit den passenden Begriffen aus.
3. Die Ordensschwestern beschreiben in Text 1, dass sie gewusst haben was mit den
Patienten geschehen ist, nachdem sie abtransportiert worden sind. Diskutiert in
eurer Gruppe, ob die Klosterfrauen für die Tötung der Menschen mitverantwortlich
gemacht werden können.
4. Lest Text 2 gemeinsam durch. Auch hier sind im Text Lücken. Mit Hilfe der grünen
Wortkarten könnt ihr sie mit den passenden Begriffen füllen. Auf der Rückseite der
grünen Karten sind die Begriffe nochmals erklärt. Besprecht in eurer Gruppe wie die
Transporte nach Grafeneck und Hartheim abgelaufen sind. Notiert eure Ergebnisse
stichpunktartig.
5. Der Irseer Pfarrer Joseph Wille (*1897 +1983) hat zu Lebzeiten ein Tagebuch
geschrieben. Darin hat er notiert, dass am 5. September 1940 insgesamt 75 Männer
in zwei Bussen abtransportiert wurden. Betrachtet in der Sonderausstellung Fahne 7
und lest das Zitat in roter Schrift. Beschreibt ausgehend von diesem Zitat die
Beziehung zwischen Anstaltsmitarbeitern und Patienten.
6. Betrachtet gemeinsam die letzte Spalte auf der Doppelseite der „Standliste der
Frauen“. Diskutiert in eurer Gruppe was dieser Vermerk im Rahmen der Aktion T4
zur Folge hatte. Macht euch dazu Notizen.
Zusammenfassung:
Erarbeitet einen Kurzvortrag von höchstens 5 Minuten Dauer, in dem ihr eure
Mitschüler/-innen von euren Arbeitsergebnissen informiert. Nutzt für den Vortrag
eure Notizen sowie das ausgeteilte Bildmaterial und/ oder Abbildungen in der
Ausstellung. Begründet abschließend, welche Menschenrechte verletzt worden sind
und zeigt dies anhand der ausgeteilten Symbolkarten.
In Memoriam
„Euthanasie“ im Nationalsozialismus
Informationstext:
Adolf Hitler hat am 1. September 1939 den „Gnadentod-Erlaß“ ausgesprochen. Dieser Erlass
erlaubte die Tötung von Geisteskranken, also von psychisch Erkrankten und Behinderten. Sie
wurden üblicherweise in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht und dort betreut. Die Ärzte
und Anstaltsleiter wurden vom damaligen Reichsinnenministerium in Berlin beauftragt in
Meldebögen alle Patienten zu erfassen. Die ausgefüllten Meldebögen wurden an eine
eigens geschaffene Verwaltung in Berlin geschickt. Anhand der Bögen wurde von
ausgewählten Psychiatern entschieden, welche Patienten in eigens gegründete
Vernichtungslager gebracht werden sollten. Dieser Vorgang wurde als „Aktion T4“
bezeichnet. Auch aus der Heil- und Pflegeanstalt in Kaufbeuren wurden Patienten
abtransportiert. Die Patienten wurden in „grauen Bussen“ von der sog. Gemeinnützigen
Krankentransportgesellschaft in die Tötungsanstalten Grafeneck und Hartheim gebracht.
Text 1
Eine Ordensschwester aus dem Kloster Irsee berichtet als Augenzeugin:
„Also auf den Listen waren die Namen und jeder Name hatte eine Nummer. Und wir haben
dann jedem Kranken, der auf der Liste stand, so einen Leukoplaststreifen1 auf den Rücken
geklebt und darauf die Nummer und den Namen geschrieben. Uns hat man gesagt, diese
Leute kommen in Wohltätigkeitsanstalten, zur Caritas2 oder so. Damit´s billiger wird. Ja,
dann haben wir sie ganz schön angezogen, die schönsten Kleider und Wäsche haben wir
mitgegeben, die schönsten Sachen, damit sie einen guten Eindruck machen.
Ein paar Wochen später, als man schon wieder Kranke abtransportierte, kamen Kisten zu uns
und da waren die ganzen Sachen der Kranken drin, Kleider und Wäsche und das hat alles
nach Gas gestunken. Richtig gestunken hat´s! Und die Kleider waren alle verkehrt rum, die
Nähte nach außen. Da hat man ganz sicher den Patienten, wenn sie tot am Boden lagen,
einfach die Kleider ´runtergezogen und in die Kisten geworfen. Da wußten wir dann, daß die
vergast werden; wir nahmen es mindestens an.“3
1
Leukoplaststreifen sind vergleichbar mit Pflastern, die bei kleineren Verletzungen auf die Haut geklebt
werden.
2
Der Deutsche Caritasverband ist ein Hilfswerk der römisch-katholischen Kirche für Menschen mit geistiger
und/oder körperlicher Behinderung, Flüchtlinge und bedürftige Menschen.
3
Mader, Ernst T.: „Das erzwungene Sterben von Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee nach
Dokumenten und Berichten von Augenzeugen“. Blöcktach 1985, S. 16.
In Memoriam
„Euthanasie“ im Nationalsozialismus
Eine andere Klosterschwester erzählt über einen Abtransport von Kindern: „Die Kranken4
waren anhänglich und wir haben sie gern mögen. Man hat ihnen vor den Transporten
zugesprochen: Sie bekämen´s jetzt schöner. Alles verlogenes Zeug. Aber man hat keine
andere Wahl gehabt.“5
Text 2
Ein Pflegesekretär, der in Kaufbeuren gearbeitet hat wurde zu den Abtransporten 1948 als
Zeuge vor dem Landgericht Kempten befragt. Über die Transporte in Vernichtungslager
sagte er aus:
„Zu Beginn der Vernichtungstransporte wurde mir vom Verwaltungsinspektor Frick eine
namentliche Liste übergeben. Ich bekam die Weisung, dafür zu sorgen, diese Leute zum
Abtransport in eine andere Anstalt vorzubereiten. Es war allerdings auffallend, daß es
offensichtlich ausgesuchte Patienten waren wie Sittlichkeitsverbrecher, polizeilich Belastete
und sonst erbliche Belastete. Bei der Aussuchung der für diese Transporte vorgesehenen
Kranken war des öfteren eine auswärtige Kommission da, die vom Direktor durch die
Abteilungen geführt wurde. Dieser Kommission wurde der oder jener Kranke gezeigt. Ich
selbst hatte keine Ahnung, was diese Besichtigung für einen Zweck hatte. Als nach dem
ersten Transport die Kleider wieder zurückkamen und immer dieselben Autos zur Abholung
der Kranken kamen, wurde mir klar, daß es sich hier um etwas anderes handelt. Auch einige
Pfleger hatten die gleiche Meinung. Später ist es von außen her eingesickert, daß die Leute
zur Vernichtung wegkommen. Dienstlich wurde uns nichts bekannt. Wir hatten
Schweigepflicht und wurden hierzu besonders belehrt. Eine Belehrung allgemein fand nicht
statt. Ich wurde von Inspektor Frick gerufen. Er machte mich auf meine Pflichten als Beamter
aufmerksam und belehrte mich, daß ich über alle Vorkommnisse in der Heil- und
Pflegeanstalt strengstens zu schweigen habe. Es war mir daher nicht möglich, die
Angehörigen von Kranken über den bevorstehenden Abtransport zu benachrichtigen.“6
4
hier sind Kinder gemeint
Gernot Roemer: „Die grauen Busse in Schwaben“. Augsburg1986, S. 148.
6
Protokoll seiner Zeugenvernehmung vom 14.5.1948 vor dem Landgericht Kempten, AZ: 2WS 2p/48. In:
Cranach, Michael von/Siemen, Hans-Ludwig: Psychiatrie im Nationalsozialismus. München 1999, S. 281.
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In Memoriam
„Euthanasie“ im Nationalsozialismus
Bild 1