Der Solarstrom macht keinen Umweg

Mittwoch, 6. Januar 2016 / Nr. 3
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B OT E D E R U R S C H W EI Z
Der Solarstrom macht keinen Umweg
BECKENRIED Thomas Käslin
setzt bei seinem 7-FamilienHaus auf innovative Energielösungen. Der Bau wurde erst
dank des Hochwasserschutzes
beim Träschlibach möglich.
MARTIN UEBELHART
[email protected]
Vom über 100 Jahre alten Haus Oberbächli in Beckenried, einem Dreifamilienhaus in unmittelbarer Nachbarschaft
zur Ridlikapelle, sind nur noch einige
wenige Reste zu sehen. Der Abriss ist
weit fortgeschritten. Das neue Wohnhaus, das der gebürtige Beckenrieder
und heute in Hergiswil wohnhafte Thomas Käslin an dem Ort baut, ist gleich
in mehrfacher Hinsicht besonders.
Bis vor kurzem wäre der Bau an dieser Stelle überhaupt nicht möglich gewesen. Wegen der Gefahren, die vom
Träschlibach gleich daneben ausgingen,
lag das Grundstück in der Bauverbotszone. Schon 2010 hat Thomas Käslin
mit der Gemeinde das Gespräch gesucht, um die Möglichkeiten auszuloten.
«Die Zusammenarbeit war stets sehr
gut», lobt Käslin die Gemeindebehörden. Mittlerweile ist das Bachverbauungsprojekt am Träschlibach Tatsache.
Ein Sammler weiter oben am Bachlauf
soll verhindern, dass Geschiebe in Richtung See gelangt, und die neue Brücke
zur Ridlikapelle wurde höher gelegt, um
ein Blockieren des Flusslaufs möglichst
zu verhindern. «Bei einem grossen Ereignis kann der Bach über die Ufer
treten», sagt Käslin. Doch dank einer
Mauer entlang des Grundstücks werde
das Wasser abgeleitet. Sollte es dennoch
Bauherr Thomas Käslin (rechts) im Gespräch mit Remigi Zumbühl, Bauleiter der Stanser
Kontur Architekten AG. So wie auf dem Bild links soll das neue Haus dereinst aussehen.
Bild Corinne Glanzmann/Visualisierung PD
überschwappen, rinne es neben dem
Haus vorbei.
Höchster Minergie-Standard
Das 7-Familien-Haus, das innerhalb
rund eines Jahres entstehen soll, wird
nach dem Minergie-A-Standard gebaut.
Acht Erdsonden versorgen die Wärmepumpe. «Das Haus ist das erste Mehrfamilienhaus im Kanton in diesem Standard. Bis jetzt gibt es erst zwei Einfamilienhäuser in Minergie-A», sagt Käslin.
Er habe sich stets gegen ein Atomendlager am Wellenberg ausgesprochen,
sagt Käslin. «Nun liegt es auch an mir,
etwas für die Energiewende zu tun.»
Niederschlag findet dies in einer Fotovoltaikanlage, die auf dem Flachdach
installiert wird. Rein rechnerisch genügt
die Anlage, um gut vier Fünftel des
Strombedarfs des gesamten Hauses abzudecken. «Allerdings fällt ein schöner
Teil des Solarstroms zu Zeiten an, wo
er nicht gebraucht wird.» Auch hier
denkt der bei Schindler Aufzüge tätige
Elektroingenieur bereits weiter. Zu
einem späteren Zeitpunkt will er das
Haus mit einem Energiespeicher ausrüsten. Überschüssiger Solarstrom wird
dort gespeichert und kann dann genutzt
werden, wenn man ihn braucht, etwa
am Morgen und am Abend. Dass Käslin
den Energiespeicher nicht schon auf
den Bezugstermin Anfang 2017 einrichtet, hat seinen guten Grund: «Ich gehe
davon aus, dass die Batterietechnik in
den kommenden Jahren deutliche Fortschritte machen wird, und auch die
Preise dürften sich um 40 bis 60 Prozent
verbilligen.»
Eigenverbrauchsgemeinschaft
Als Mieter für die Wohnungen kann
er sich sehr gut Personen vorstellen, die
ein Elektroauto haben und von der
hauseigenen Stromproduktion profitieren. Der Solarstrom wird im Übrigen
nicht via Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) ins öffentliche Stromnetz
eingespeist. Vielmehr wählt Käslin einen
Ansatz, der erst seit 2014 möglich ist.
«Ich setze auf eine Eigenverbrauchsgemeinschaft, an der sich möglichst alle
Mieter beteiligen sollen», erklärt der
43-Jährige das System. Die Mieter beziehen den Strom vom Dach direkt – und
das zu Preisen, die mit der Energie aus
dem Netz mithalten können: 20 Rappen
pro Kilowattstunde. Den überschüssigen
Solarstrom verkauft er für 6,5 Rappen
ans Gemeindewerk. «Diese Entschädigung wird in den kommenden Jahren
gegen null sinken», sagt Käslin. Was den
Einsatz des erwähnten Energiespeichers
umso eher rechtfertige.
Mehrere Millionen Franken investiert
Käslin in dieses Haus, das von den
Kontur-Architekten in Stans geplant
wurde. Die Wohnungen werden zwischen 21/2 und 51/2 Zimmer (Attika)
haben, und er vermietet sie über seine
Firma Kaeslin Solutions GmbH. Dazu
gibt es zehn Einstellplätze und sechs
Aussenparkplätze sowie Gewerberäumlichkeiten im Parterre. Die Mietpreise
stehen noch nicht im Detail fest.