STROM 05.04.2016 strom INHALTSVERZEICHNIS Hölder: "Die Grünstromkennzeichnung hat keinen Effekt für die Marktintegration" energate: Einige Experten sehen die Gefahr eines Etikettenschwindels, da Versorger ohne eigene Grünstromerzeugung über das Modell Ökostrom liefern können. Teilen Sie diese Einschätzung? Daniel Hölder wünscht sich ein echtes Vermarktungsinstrument für Ökostrom. (Foto: Clens) 3 FRAGEN AN DANIEL HÖLDER, CLEAN ENERGY SOURCING Hölder: "Die Grünstromkennzeichnung hat keinen Effekt für die Marktintegration" Berlin (energate) - Daniel Hölder, Leiter Politik des Direktvermarkters Clean Energy Sourcing, sprach im Kurzinterview mit energate über das geplante Modell zur Grünstromkennzeichnung. Dieses hält er für wenig nützlich. energate: Herr Hölder, erlaubt das Modell zur Grünstromkennzeichnung wieder eine umfängliche Belieferung von Kunden mit EEG-Strom? Hölder: Leider nein. Für Stromversorger eröffnet das Modell keine Möglichkeit für eine echte Grünstrom-Belieferung. Was konkret passieren würde, wäre lediglich die Umetikettierung eines Kuchenstücks des ohnehin schon in der Stromkennzeichnung vorhandenen EEG-Stroms. Ausschließlich dieses Kuchenstück sollen Stromversorger künftig als "regional" kennzeichnen können. Im Grunde ändert sich an der Belieferung also nichts. Auch hinsichtlich der Zielgruppe bietet das Modell nur sehr eingeschränkte Vermarktungsmöglichkeiten. Grund ist die regionale Beschränkung der Kennzeichnung. Für bundesweit tätige Versorger würde dies bedeuten, dass sie für jedes regionale Produkt eine eigene Stromkennzeichnung erstellen müssten - ein Nachteil gegenüber lokalen Anbietern. Zudem ist geplant, dass bei einer regionalen Kennzeichnung die Vergütung des Stroms über das EEG sinken soll. Das würde zu Mehrkosten für den Versorger und am Ende für den Stromkunden führen. Hölder: Ich stimme zu, dass Kunden Gefahr laufen, getäuscht zu werden. Der Grund ist aber nicht, dass Versorger keine eigene Erzeugung vorweisen müssen, sondern dass mithilfe eines "amtlichen Siegels" ein Mehrwert suggeriert wird, der nicht vorhanden ist. Durch den Kauf von regionalem Strom würde der Kunde weder die Anlagen vor Ort, noch die Marktintegration der Erneuerbaren fördern. Vielmehr würde er für einen grünen Anteil des Stroms bezahlen, für den er über die EEG-Umlage schon gezahlt hat. Der Kunde zahlt also doppelt. Wenn man im Rahmen des Modells 100 Prozent Grünstrom liefern möchte, müssen für den EEG-Anteil zusätzlich auch noch Grünstromzertifikate zugekauft werden, die von Anlagen stammen, die nicht über das EEG gefördert werden und meist in Skandinavien stehen. Dann bezahlt der Kunde sogar dreifach. Daran sieht man, dass durch das Modell die ohnehin intransparente Stromkennzeichnung für den Kunden noch weniger nachvollziehbar wird. Und gerade für das, was der Kunde will, eine Belieferung mit echtem Ökostrom, eignet sich das Modell nicht. energate: Welchen Effekt hat die Grünstromkennzeichnung für die Marktintegration der Erneuerbaren? Hölder: Beim vorgeschlagen Modell handelt es sich um kein Vermarktungs-, sondern lediglich um ein Kennzeichnungsmodell. Es hätte daher keinerlei energiewirtschaftlichen Mehrwert und somit auch keinen Effekt für die Marktintegration. Bei der regionalen Grünstromkennzeichnung würde kein Anlagenbetreiber, Vermarkter oder Versorger etwas Anderes machen als bisher. Und ob die Akzeptanz für Anlagen vor Ort durch das Modell steigen würde? Das ist eher zweifelhaft. Das vorgeschlagene Modell stellt in jedem Fall keine Alternative für ein echtes Vermarktungsmodell für Grünstrom dar. Also ein Modell, das die Integration der Erneuerbaren in das System mittels Marktmechanismen wirksam fördert.
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