Walter Dubler muss sich vor Gericht verantworten

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FREITAG, 9. OKTOBER 2015
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Swetlana Alexijewitsch
Die Nobelpreisträgerin schreibt
menschlich über Unmenschliches
SPORT 15
KULTUR 19
Sepp Blatter wird vom Thron
gestossen und geht in die Ferien
Fussball Der Fifa-Präsident wird für 90 Tage suspendiert und akzeptiert seine Niederlage
VON FRANÇOIS SCHMID-BECHTEL
90 Tage lang kein Rampenlicht. 90 Tage lang kein aufsehenerregender Auftritt als Fifa-Präsident. Sepp Blatter hat
sich sein 40-Jahr-Jubiläum bei der Fifa
anders vorgestellt. Nun aber ist er von
der eigenen Ethikkommission für 90
Tage von allen fussballerischen Tätigkeiten suspendiert worden. Aber nicht
nur er. Michel Platini, den Präsidenten
der Uefa, hat es ebenfalls erwischt.
Auch der Franzose muss für 90 Tage
ins Fussball-Exil.
Während Blatter für den nächsten
Fifa-Kongress im kommenden Februar
seinen Rücktritt angekündigt hat, dürften die Konsequenzen für Platini dramatischer sein. Zwar hat die Lichtgestalt des französischen Fussballs unmittelbar vor dem Urteil seine Kandidatur
als Fifa-Präsident offizialisiert. Aber sei-
ne Ambitionen auf das Erbe Blatters
sind aussichtslos.
Zurück zu Blatter: Der 79-jährige
Walliser ist ein zäher, häufig auch ein
trotziger Kämpfer. Trotzdem will er die
Sperre akzeptieren. «Nach aktuellem
Stand wird Sepp Blatter nicht in Berufung gehen», sagt sein Berater Klaus J.
Stöhlker. «Blatter wird jetzt drei Monate Ferien machen, was er sich redlich
verdient hat. Schliesslich ist der Herbst
im Wallis besonders schön. Aber in 90
Tagen wird er wieder in die Fifa-Zentrale zurückkehren. Das garantiere ich.»
In der Zwischenzeit übernimmt Vizepräsident Issa Hayatou aus Kamerun
das Ruder bei der Fifa. Das Problem:
Hayatou ist schwer krank und er steht
im Verdacht, Geld für seine Stimme für
die WM-Vergabe nach Katar kassiert zu
haben. Kurz: De facto ist die Fifa führungslos. KOMMENTAR RECHTS, SEITEN 2/3, 4
Gestern wurde in
St. Gallen zum 73.
Mal die Olma, die
Schweizer Messe für
Landwirtschaft und
Ernährung, eröffnet.
Zum dritten Mal
zeigte sich dabei der
Aargau als Gastkanton von seiner besten Seite. Dazu gehören auch sogenannte
Elitekühe, die der
Aargau mitbrachte.
Stolz begutachtete
die Delegation um
Landammann Urs
Hofmann die Tiere
bei einem Besuch im
Messestall. SEITE 26
S
epp Blatter spricht gerne und
häufig über Fairplay, über den
Fussball als Lebensschule. Doch
als guter Verlierer ist der Walliser
nicht bekannt. Das wissen die Menschen, die schon mit ihm oder gegen
ihn Fussball gespielt haben. Denn da gilt
von François
Schmid-Bechtel
das Gesetz: Blatter muss mindestens ein
Tor erzielen. Im Notfall erstarren die
gegnerischen Verteidiger halt zu Salzsäulen.
Blatter wird nicht 90 Sabbattage einlegen. Er wird einen Nachfolger aufbauen,
der ihn nicht aus der Familie verbannt.
Der ihm die Option offeriert, sein Kind,
die Fifa, zu behüten, bis der Tod die
beiden scheidet. Denn die Fifa ist
Blatters Lebenselixier. Weiter wird er
wohl alles daransetzen, der Ethikkommission Fehler bei ihrer Untersuchung zu unterstellen und gleichzeitig
seine Unschuld zu beweisen. Und seinen Intimfeind Michel Platini, den er
mit in den Abgrund gerissen hat, definitiv zu versenken.
FOTO: SANDRA ARDIZZONE
Betrug und ungetreue Geschäftsbesorgung
EU
Swisscom bastelt am Ammann unter Anklage: Walter Dubler
Netz der Zukunft
muss sich vor Gericht verantworten
Ausschaffungen sollen
beschleunigt werden
Telefonieren ist out, stattdessen werden
immer mehr Daten verschickt. Das stellt
die Mobilfunknetze vor besondere Herausforderungen. Sie müssen zuverlässig
sein und ausserdem brauchen sie eine
ausreichend hohe Kapazität. Die Swisscom bereitet sich darauf vor. Gestern
hat sie ihre Massnahmen für das künftige Netz vorgestellt – und das Ende eines
Standards verkündet. SEITE 5
Die EU will jene Menschen, die keinen
Anspruch auf Asyl haben, schneller in ihre Heimatländer abschieben können.
Nur so könne die Flüchtlingskrise bewältigt und jenen Schutzsuchenden Zuflucht
gewährt werden, welche das Recht darauf hätten. Die EU-Innenminister diskutierten ein Massnahmenpaket. Für die
Schweiz nahm Simonetta Sommaruga
am Treffen in Luxemburg teil. SEITE 9
INSERAT
Bis der Tod
sie scheidet
Blatter ist ein schlechter Verlierer. Trotzdem nimmt er die 90-Tage-Suspendierung scheinbar klaglos hin. Sprich: Er
verzichtet auf einen Rekurs. Was man
auch als Schuldeingeständnis interpretieren kann. Sein Ruf ist ihm natürlich
nicht egal. Aber Blatter hat unmittelbar
Wichtigeres im Sinn, als seinen Kopf in
den Tornado zu halten.
Besuch im Stall
Kommunikation
KOMMENTAR
Seit gut drei Monaten läuft ein Strafverfahren gegen Walter Dubler – nun wird
es eng für den parteilosen Gemeindeammann von Wohlen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben, diese lautet auf mehrfachen Betrug und ungetreue Geschäftsbesorgung. Dafür beantragt sie eine bedingte Geldstrafe von
150 Tagessätzen und eine Busse von
5000 Franken. Dubler soll zu hohe
Pensionskassenbeiträge bezogen und
Sitzungsgelder nicht in die Gemeindekasse abgeliefert haben. Der angeklagte
Ammann weist die Vorwürfe zurück. Er
sieht sich als Opfer einer Kampagne
von SVP-Einwohnerrat Jean-Pierre Gallati. Dieser hält an der Forderung nach
einer Amtsenthebung fest, der Gemeinderat will heute über das weitere Vorgehen informieren. SEITEN 24/25
Das alles braucht Zeit und Energie. Ein
Rekurs würde ihm beides rauben. Und
Blatter liefe Gefahr, definitiv durch die
Hintertüre abtreten zu müssen. Denn in
90 Tagen ist erst Anfang Januar. Danach
steht die pompöse Wahl zum Fussballer
des Jahres mit Sepp Blatter in der
Hauptrolle des Gastgebers auf dem
Programm. Die Eröffnung des FifaMuseums in Zürich. Und natürlich der
Fifa-Kongress am 26. Februar, wo sein
Nachfolger gewählt wird. Ein Nachfolger, der ihm die grässlichen Verteidiger
vom Leibe hält, damit er weiterhin den
Ball im leeren Tor versenken kann.
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