Herbst 2015

freisprung
Herbst
2015
Foto: Mika schmidt
Editorial
Liebe Leser_innen,
in nur wenigen Tagen werden wir uns bereits im Ausland befinden und voller Neugier die ersten Schritte im jeweiligen Einsatzland wagen. Freisprung gewährt uns
und allen anderen einen Einblick in die
Zeit am Brandenburger Werbellinsee. Zehn
Tage haben wir im Rahmen unseres Vorbereitungsseminars auf einem „waldläufigen“
Gelände die vegetarische Vollverpflegung,
unterschiedliche Workshops, die Nähe zum
See und den Austausch untereinander genossen. Auch wenn unsere Reiseziele verschiedener nicht sein könnten, so stehen
wir zurzeit vor denselben Fragen: Welche
Herausforderungen warten auf uns? Welche Erlebnisse und Begegnungen werden uns im Gedächtnis bleiben? Welche Geschichten werden wir erzählt bekommen und selbst erzählen?
Mögliche Antworten auf diese Fragen konnten wir sowohl
in den angebotenen Workshops als auch in einer kreativen
Projektarbeit - sei es durch Poesie, Plakat oder Film - finden.
Zum ersten Mal widmet sich Freisprung ausschließlich unseren Projekten und gewährt einen Einblick in unterschiedlichste Themenfelder: Vom kulturweit Überlebensspiel, über
Musik, die uns bewegt, bis hin zu aktuellen Themen wie der
Flüchtlingspolitik oder Genderfragen.
Eine Premiere, die uns ganz besonders freut: Mit den zwölf
Freiwilligen aus der Ukraine, der Republik Moldau und Belarus kommen erstmalig Freiwillige über kulturweit auch nach
Deutschland. Ein Zeichen dafür, dass kulturweit nicht nur
in eine Richtung funktioniert, sondern vom Austausch lebt!
Um es mit den Worten Ulla Keleschovsky zu beschreiben:
„Ein Projekt wird nur dann gut, wenn ihm viele ihr Gesicht
geben.“
In diesem Sinne, auf eine inspirierende, facettenreiche und
aufregende Zeit in der Ferne!
Eure Redakteur_innen
Freisprung / 3
Postpoesieprojektproduktion
Homezone: Amelie
Aus gegebenem Anlass ein Elfchen:
Schriftstücke
Amelies Homezone
schreibt sich Briefe
mit vielen herzlichen Worten
Erinnerung
Und weil dieses Poem die Genialität der großen Amelie
unterfordern würde, aus gegebenem Anlass noch ein Heiku:
Mit sehr viel Elan
und mehr Kreativität
fingen wir schnell an ...
… und irgendwann waren wir dann auch fertig. Voller Vorfreude
und froher Erwartungen dürfen wir uns jetzt nicht nur auf
unseren Freiwilligendienst freuen, sondern auch auf nette Briefe.
4 / Freisprung
Lichtende Erden
Es gibt Orte, die schön sind, aber total überlaufen: die Pyramiden, die Niagara-Fälle, sogar
am Himalaya stehen Urlauber Schlange. Doch Abhilfe naht! • Homezone: Claudia
R
echt einfach zu erraten ist, was uns
hier alle verbindet: unser Freiwilligendienst. In ein paar Tagen werden wir überall auf der Welt sein, verstreut,
mehr oder minder ahnungslos in einem
fremden Land. Erster fixer Wegpunkt in
unbekanntem Terrain ist – klar – unsere
Einsatzstelle. Der Rest bleibt im Vagen. Erst
im Verlauf unseres Aufenthalts wird sich so
manches lichten, nämlich dann, wenn wir
umherreisen. Die Reiserouten werden sich
viele aus Reiseführern zusammensuchen.
An die besonderen Orte, abseits der touristischen Hauptziele wird so aber keiner gelangen. Die Lösung: Insidertipps! Und wie
kommt man an gute Insidertipps? Richtig,
nur durch Leute, die bereits im Einsatzland
waren.
Nun sind wir 239 ehemalige und baldige Reisende, eine gute Basis also für
eine Sammlung der besten Insidertipps
weltweit. Die Grundlage bildet eine Weltkarte, die im Seminarhaus mit Klebeband
und rotem Faden die einzelnen Kontinente
zeigt. Die wirklich besuchenswerten Orte
lassen sich, geschrieben von Reiseexperten
auf bunte Kärtchen in die jeweilige Weltregion kleben. Eine globusumspannende
Sammlung der wirklich wichtigen, schönen
und sehenswerten Orte für uns alle.
Freisprung / 5
Multi single-stories
Von der Rede „The Danger of a Single Story“ begeistert, sind wir zur Idee gekommen ein
mehrstimmiges Projekt zu schaffen. Versuche deine Stimme zu finden! • Homezone: Elke
W
ir sind die erste Incoming Gruppe,
die aus zwölf Personen (neun aus
der Ukraine, zwei aus der Republik Moldau und eine aus Belarus) besteht.
Wir alle machen unseren Freiwilligendienst
in Berlin, aber wir waren überrascht, dass
deutsche Freiwillige in alle Teile der Welt
gehen, wo sie auf verschiedene Leute und
Kulturen treffen.
Deswegen haben wir ihnen vorgeschlagen an unserem Projekt teilzunehmen, das
darin bestand, drei Fragen zu beantworten, und zwar „Mein Weg zum Freiwilligendienst“, „Ein Tag am Werbellinsee“ und
„Mein Leben nach dem Freiwilligendienst“.
Jede_r Teilnehmer_in sollte einen Teil des
Satzes lesen, ihn einfalten und eine eigene
Fortsetzung schreiben. Die Idee bestand
6 / Freisprung
darin, dass eine Person nur einen kleinen
letzten Abschnitt der Geschichte gesehen
hat. Damit möchten wir zeigen, dass eine
Geschichte aus mehreren Stimmen besteht und nicht immer, sogar selten, hören
wir alle diese Stimmen. Aber jeder Laut ist
wichtig, wie ein Stück eines Mosaiks. Und
wenn ein Stück verloren wird, kann man
nie mehr ein vollständiges Bild verstehen.
Da bleibt ein Loch, das in sich immer ein
Geheimnis bewahren wird. Also hoffen wir,
dass dank dieses Projekts viele Teilnehmer_
innen Spaß hatten und gelernt haben, dass
man sich jede Kleinigkeit merken soll um
das Wichtigste nicht zu verpassen.
Viel Spaß beim Freiwilligendienst!
Kurios? Deutschland mal anders!
Standardfrage beim Essen: „Wo kommst du her?“ Felix‘ Homezone präsentiert einen Film
und diese Karte über Interessantes aus Deutschland zum Schmunzeln. • Homezone: Felix
Freisprung / 7
Von der KLOsse zum Blockbuster – eine Erfolgsstory
Homezone: Flo
Stimmung im
Projekt
Stimmung im Projekt
8:55
„Können wir eventuell auch erst um viertel nach neun anfangen?“ – Diese
Aussage stammt nicht von uns, sondern von unserem Trainer
8:55
Start up: Ideensammlung mit inspirierenden Videos
Von der KLOsse zum Blockbuster
- eine Erfolgsstory -
10:30
10:30
12:00
Das Projekt steht, die Plakate auf dem Klo hängen!!!! - Euphorie pur
12:00
14:00
Voll kacke: Die Klodiskussion läuft nicht!!!
Das Projekt steht vor dem Aus!!!!
15:00
Aus lauter Verzweiflung hat ein Gruppenmitglied einen Stuhl auf dem
Kopf und imitiert Sid aus Ice Age. Ein Anderes entwirft Keksplakate. Die
gesamte Gruppe sitzt im Kreis und lacht apatisch.
14:00
15:00
15:30
Tiefpunkt!!! In unserer Not beschließen wir, Flo anzurufen, verwerfen
den Gedanken jedoch wieder, weil sowieso alle Vorschläge doof sind!!! –
Pause!
15:30
16:00
Während wir immer wieder Beauftragte aufs Klo schicken, um die Diskussion zu überwachen und anzufachen, bringt ein Gruppenmitglied eine
Überraschung mit: Flo mit Nenad im Schlepptau!!! Zwei weitere Mitglieder, die wir schon vermisst hatten, erscheinen endlich aus ihrer wohlverdienten Mittagspause.
16:00
18:00
18:00
Flo unser Retter sortiert unsere Gedanken. Ab sofort heißt es: Film ab!!!
Passend zu den letzten Tagen in der Homezone drehen wir
einen Film zum Thema Diskriminierung: „Und welche Privilegien hast
du?“
Zeit
Zeit
8 / Freisprung
Andere Länder, andere Sitten?!?
– ein kulturweit-Projekt
Homezone: Götz
W
ährend des Vorbereitungsseminares auf den Auslandsfreiwilligendienst von kulturweit plant
jede Homezone ein Projekt, dass sie innerhalb eines Tages durchführt. Die Durchführung dieses Projektes soll es den Freiwilligen leichter machen ein eigenes Projekt in
ihrem jeweiligen Einsatzland zu organisieren.
Unter dem Motto: Andere Länder, andere Sitten?!? des Projektes verbirgt sich die
Idee einige der Bräuche unserer Austauschländer in Deutschland zu vollführen.
Dabei wollten wir vor allem betrachten wie
die Menschen reagieren, wenn sie ihnen
fremd und merkwürdig vorkommenden
Sitten ausgesetzt werden. Um die Reaktionen der Personen einzufangen, konfron-
tierten wir sie mit den verschiedensten Gepflogenheiten und filmten ihre Reaktionen
mit einer versteckten Kamera. Das daraus
entstandene Videomaterial schnitten wir in
einem kleinen Film. Die Idee zu diesem Projekt entstand im weitesten Sinne aus einem
Gespräch über die unterschiedlichen Bräuche unserer Einsatzländer und der Frage,
ob anderen Deutschen die verschiedenen
Bräuche bekannt sind und wie sie auf diese
reagieren würden.
Das Highlight unseres Projekts war die
Sammlung der vielen kleinen Szenen, aus
denen der Film letztlich zusammengeschnitten wurde. Das direkte Erleben der
unterschiedlichsten Reaktionen hat sowohl
zu großer Belustigung geführt, als auch
zum Nachdenken angeregt.
Freisprung / 9
Hörweit
Haus 8. Team Jana. Dreamteam 33.
#theBrains
Warum immer nur mit offenen Augen durch die Welt gehen und nicht
auch mit offenen Ohren?
Mit viel Energie, tassenweise Keksen, leichten Abschweifungen vom
Thema, einer großen Portion Motivation und Kreativität starteten wir
unser außergewöhnliches Vorhaben, ein eigenes Hörspiel zum Thema
„Was ist unsere Aufgabe im Freiwilligendienst?“
zu entwickeln.
Unser Highlight?
Um die Welt mit anderen Augen zu sehen, muss man manchmal einfach die Ohren spitzen!
10 / Freisprung
Take a peace – Nimm es mit!
Nimm es mit auf den Weg, der vor dir liegt. Nimm es mit zu deinen Höhen und Tiefen, in
den Norden und Süden, in die Sonne, den Schnee und lass es deinen Mut und deine Angst
begleiten. • Homezone: Jessica
D
ie Collage „Take a peace“ ist während
eines regnerischen Seminartages
2015 entstanden und ihre Bedeutung wird über die Zeit des Vorbereitungsseminar hinausgehen. Jede_r von uns wird
einen Teil der zusammengesetzten Collage
aus Bildern, Sprüchen und Zitaten, die im
Bezug zu den zukünftigen Abenteuern liegen, mit auf seinen Weg und somit mit in
das jeweilige Einsatzland nehmen. Jedes
Stück ist Symbol für das tiefgründige Vorbereitungsseminar. Es soll uns in schweren
Zeiten daran erinnern, dass keine_r von uns
alleine ist, denn wir alle - als Teil von kulturweit - stehen vor ähnlichen Herausforderungen.
Die unbeklebte Seite des Puzzles bzw. die
Rückseite lässt Freiraum für die im Ausland
gemachten Erfahrungen, Impressionen
und persönlichen Geschichten. Keiner von
uns wird - egal ob nach sechs oder zwölf
Monaten - mit den gleichen Gefühlen, Gedanken und Denkweisen zurückkommen.
Dementsprechend wird die Collage am
Ende mehr sein als die Summe ihrer ein-
zelnen Teile. Dabei verdeutlicht der Name
des Projektes „Take a peace“, dass jede_r
Freiwillige durch seinen Auslandsaufenthalt
aktiv einen Teil zur Verbesserung der Welt
beitragen kann und sich dessen bewusst
sein sollte.
Damit wir während der Zeit im Ausland
Momente miteinander teilen können, haben wir den #takeapeace ins Leben gerufen. Dieser ermöglicht uns einen Austausch
innerhalb unterschiedlichster Social Media
Kanäle.
Also nimm es mit, dein Stück Frieden,
und mach es zu deinem persönlichen
Reisebegleiter!
Freisprung / 11
kulturweit Überlebensspiel
Wie meisterst du knifflige Konflikte im erwählten Einsatzland? Teste dein weltweites
Wissen mit abenteuerlichen Aktionen und fordernden Fragen. • Homezone: Joni
Begrüßt euch landestypisch!
Motivierte Mitspieler_
innen auf dem Markt
der Möglichkeiten.
„Total toll! Freude,
Frustration und Fortschritt!“
Von Dr. Walt
er
empfohlen!
12 / Freisprung
Macht bei Nacht –
(k)ein Spiel
Wandle Werwölfe in Industriestaaten
und Jäger in Terrorzellen. Erhalte: Chaos.
Der Versuch, das Spiel Werwolf zu
transformieren. • Homezone: Kalle
D
ies ist eine Geschichte der Diskussionen, der verzweifelten Testphasen und der genervten Entwickler. Eigentlich eine Geschichte, wie sie im
Buche steht: Mit schwungvollem Einstieg,
mehrfachem Twist und einem Happy En …
einem Ende.
10h Entscheidung I: Wir machen ein Spiel!
11h Entscheidung II: Das Spiel Werwolf soll
unsere Basis sein.
11.15h Aus Werwölfen werden Industriestaaten, aus Bürger_innen Länder des
Globalen Südens. Spezialrollen wie Whistleblower_innen, Diplomat_innen und die
Terrorzelle stoßen hinzu.
11.20h Wir führen zusätzlich ein Finanzsystem ein.
12.00h Das klappt so nicht. Aber erstmal
Mittag machen jetzt.
14.00h Wir ahnen: Wir verzetteln uns. Egal,
wir führen mehr Regeln ein. Das Bier (für
das wir rügende Trainerblicke ernten) verfehlt seine erhoffte Genialitäts-Wirkung.
15.00h Testrunde I.
15.10h Abbruch. Diskussion. Änderung.
Keine Änderung. Doch Änderung.
15.30h Testrunde II. Abbruch. Kaffee.
16.00h Diskussion. Testrunde III. Abbruch.
Neuversuch. Testussion. Diskutest.
16.30h Wir specken das Regelwerk ab. Adé
Finanzsystem! Adé Ideen, die ihr zwar sehr
reizvoll, aber viel zu kompliziert für diesen
Rahmen seid!
16.50h Testrunde X. Verzweifelter Anruf an
Trainer Kalle.
17.00h Wir atmen tief durch, jede_r darf
mal die Augen rollen. Ziel nun: IRGEND­
ETWAS von unserer Idee umsetzen.
18.00h „Macht bei Nacht – das nicht ganz
ernst zu nehmende Wirtschaftsspiel“ erblickt das Licht der Welt.
„Macht bei Nacht“ skizziert die globalen Machtverhältnisse und drückt seinen
Spieler_innen mitunter Rollen auf, die sie
sich hoffentlich nie erträumt haben (Atommacht, Terrorzelle & Co.). Bei der Premiere
stößt das Spiel wider Erwarten auf viel positive Resonanz und wird mit hohem emotionalem Einsatz gespielt.
Freisprung / 13
Wo geht‘s hin?
249 Freiwillige reisen im September 2015 mit kulturweit aus. Zwölf von ihnen erstmals
nach Deutschland. Auf der Karte sind die jeweiligen Einsatzländer mit der Anzahl der
Freiwilligen verzeichnet. Jede_r von ihnen führt dort ein eigenständiges Projekt durch.
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14 / Freisprung
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Freisprung / 15
Project Zero
„Eigentlich sind die anderen Vorschläge besser, aber…“ – Zitat Jan • Homezone: Maria A.
Samstag, 05.09.2015 18:29 Uhr:
12 Leute - 1 Gedanke: Projekt?! Hilfe!!
Um am nächsten Tag produktiv in die Projektarbeit zu starten, begannen wir ein
kurzes Brainstorming zur Ideensammlung.
Danach konnten wir den Rest des Abends
unbeschwert genießen.
Sonntag, 06.09.2015 09:05 Uhr:
Verschlafen, aber guter Dinge traten wir
in die erste Phase des Projektzyklus ein.
-STOP! Es gibt Phasen? Die Trennung der
Phasen 1 und 2 war uns etwas einerlei.
Nach frustrierenden Diskussionen einigten
wir uns auf ein Video, das fast all’ unsere
Bedürfnisse miteinander vereinte. Unsere
Themen waren beispielsweise Erinnerung,
Vernetzung, Motivation und Ermunterung
für unsere Zeit im Ausland.
Uff, Riesenaufgabe! Gute Planung war
gefragt, also stürzten wir uns eifrig in die
16 / Freisprung
Arbeit und sammelten spezifische Ideen,
die wir schließlich in ein fertiges Konzept
brachten.
Nach einer verkürzten Mittagspause hieß es
„Klappe die Erste“:
Zusammen filmten wir Portraitaufnahmen unserer Homezone, den beschwerlichen weiten Weg vom Zentrum zum Haus
0, nahmen ein Lied auf, führten Interviews
zu unterschiedlichen Aspekten unserer
Ausreise (Vorfreude, Ängste, Wünsche …)
und filmten weitere homezonespezifische
Rituale. Wichsi-Mixii! …äh.. Whiskey-Mixer!
Der Filmdreh führte uns zum See und
mündete in einem stürmischen Foto­
shooting.
Das Highlight unseres Projektes war definitiv der Sprung ins kalte Wasser, welcher
nicht nur eine schöne Erinnerung an unsere Homezone ist, sondern auch symbolisch
für unseren Start in den Freiwilligendienst
steht.
Secret Friends weltweit
Ziel des Projekts ist es die kulturweit-Freiwilligen untereinander auch über das Vorbereitungsseminar hinaus zu vernetzen, gegenseitig zu überraschen und Freude zu bereiten. •
Homezone: Maria R.+Sophie
Freisprung / 17
Denk dir was!?
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte! Gemäß diesem Motto haben wir ein Projekt auf die Beine
gestellt, das zum Nachdenken und Reflektieren anregen soll. • Homezone: Marlen
M
it Schwimmring und Sonnencreme
machten wir uns unter grauen
Wolken als erstes auf den Weg zum
See, wo sich ein wagemutiger Freiwilliger
– im wahrsten Sinne des Wortes – ins kalte
Wasser werfen ließ. Weitere Schnappschüsse hielten fest, wie mehrere Freiwillige ein
Netzwerk aus Menschen bildeten, wie eine
Person in einem Meer aus Eindrücken und
Erfahrungen regelrecht badet und schließlich, wie aus ‚Abschied‘ ein Neubeginn wird.
Mit solchen und anderen Bildern war
es unser Ziel, im übertragenen Sinne acht
verschiedene Themen und Gefühle, die uns
18 / Freisprung
während oder vor unseres kulturweit-Freiwilligendienstes begegnen können, festzuhalten. Ermutigend – auch im Hinblick auf
unser Freiwilligenprojekt im Ausland – war
nicht nur das erfolgreiche Beenden des
Projekts, sondern vor allem die motivierte
und unterhaltsame Zusammenarbeit untereinander.
Das Ergebnis: 16 Bilder zu Themen wie
Vielfältigkeit, Motivation, Unsicherheit und
Abschied, die wir aus unterschiedlichen
Perspektiven beleuchtet haben und die
hoffentlich nicht nur uns zum Nachdenken
angeregt haben.
Privilegien verpflichten?!
Am Abend des Projekttages konnten alle Homezones ein konkretes Projektergebnis ausstellen, außer unsere. • Homezone: Matze & Caro
J
edoch lag ein sehr langer Tag voller
Diskussionen, Improtheater-Einlagen
und Meinungsverschiedenheiten hinter uns.
Wir wollten verdeutlichen, dass Mensch
gleich Mensch ist, egal aus welcher Region
er_sie stammt, welche Hautfarbe er_sie hat
oder welche Sprache er_sie spricht.
Unsere Grundidee war es, die Situation
von Freiwilligen und Flüchtlingen gegenüber zu stellen, um zu zeigen, wie extrem
unterschiedlich die Privilegienlage sein
kann. Vielfältige, zum Teil kontroverse Reaktionen auf das Projektergebnis haben
uns zurück in den Diskussionsmodus geführt, wo wir feststellen mussten, dass diese
Komplexität an einem Tag nicht zu erfassen
war. Letztendlich haben wir uns dazu entschieden, diese Erfahrungen als Ergebnis in
unserem Text festzuhalten.
Unser Projekt wurde zu einem inneren
Projekt.
Freisprung / 19
Kleine Dinge, vielleicht?
Teilen, über das sprachliche „Mit-Teilen“ hinaus • Homezone: Mika
I
n unserem Projekt ging es darum von
den Single-Homezone-Stories weg zu
kommen, neue Seiten an den anderen
kennen zu lernen – und auch an sich selbst.
In den letzten Tagen haben wir für uns
festgestellt, dass wir selten wirklich über die
eigenen Talente nachdenken. Maßstäbe an
uns selbst setzen wir oft hoch, sodass wir
manchmal das Gefühl haben „eigentlich
können wir nichts“.
Dadurch entstand die Idee sich selbst
bewusst zu machen, was er_sie in eine
Gruppe einbringen kann. Wichtig war uns
20 / Freisprung
dabei, dass es nicht um große Leistungen
geht, sondern – um die kleinen Dinge, die
wir können, jemand anderes vielleicht aber
nicht.
Entzückt davon einfach mal diskussionslos was zu machen, war unser Projekttag
ziemlich dufte.
Über Ländergrenzen hinweg fliegen mit
uns nun nicht nur unsere gebastelten Kraniche, sondern vor allem die Erkenntnis:
„Die beste Art etwas zu tun, ist es zu tun.“
- Unbekannt
Das unendliche Projekt
Unser Projekt, welches mit der Idee eines Willkommensgeschenks
begann und nun auch über die Grenzen dieses Vorbereitungsseminars
hinaus geht?! • Homezone: Nahide
D
ie Aufgabe war klar: plant ein Projekt
und führt es durch. Mit unserer „Homezone“, eine Gruppe mit der man
den größten Teil des Seminars verbringt
und verschiedenen Themen bearbeitet, saßen wir nun da. Es ist nicht so als hätten
wir keine Ideen gehabt. Im Gegenteil. Wir
hatten zu viele. Es ging sogar soweit, dass
wir uns nicht entscheiden konnten und erst
noch eine Nacht über die Auswahl geschlafen haben.
Schlussendlich haben wir uns doch auf
ein Thema geeinigt – und das mit Überzeugung! Wir wollten ein Projekt für die
Incoming-Freiwilligen machen, eine Gruppe junger Menschen aus der Ukraine, der
Republik Moldau und Belarus. Es war uns
dabei wichtig, diese Menschen einfach mal
Willkommen zu heißen. Aber mit welcher
Geste? Ein Reiseführer, das wär´s! Aber wir
wollten keinen 08/15 Reiseführer, sondern
einen ganz besonderen.
Jede*r von uns hat sich also an die Arbeit gemacht und seine*ihre Lieblings- und
Geheimtipps aus der Heimatstadt/Region
zusammen getragen. Unsere Absicht dabei
war, eine gedruckte Version an jede*n Incoming-Freiwillige*n zu verteilen. Gleichzeitig sollte der „Ongoing“ für alle zugänglich sein. Deshalb ist dieser nun auf dem
Gemeinschaftslaptop im Seminarhaus vorhanden und jede*r darf sich den Reiseführer auf einen USB-Stick ziehen. Aber das ist
noch nicht alles! Ja ihr habt richtig gelesen,
es geht noch weiter. Wir laden jede*n herzlichst dazu ein, seine*ihre persönlichen Geheimtipps zu teilen und den Reiseführer zu
vervollständigen. Wir hoffen, dass dies ein
niemals endendes Projekt ist, welches auch
nach unserer Zeit von anderen Freiwilligen
genutzt und mit viel Insiderwissen gefüttert
wird.
In diesem Sinne: Wir freuen uns von
euch zu lesen!
Freisprung / 21
Die Elite auf Reisen?
In einer Ausstellung haben wir uns mit kritischen Punkten an kulturweit auseinandergesetzt, unser Fazit gezogen und euch zum Nachdenken eingeladen. • Homezone: Nenad
W
ir hätten auch was Lustiges machen können. Freiwilligendienst
ist was Schönes, was Erfüllendes.
Ein bisschen Kulturaustausch betreiben,
andere Länder sehen, dafür bezahlt werden
... Was bedeutet das? Muss man da mal kritisch drüber nachdenken?
Irgendwie mussten wir. Und euch alle
haben wir eingeladen, in unser kulturwhite-awareness-Programm. Oh, kwap.
Aber wir glauben, wenn wir als Botschafter_innen der deutschen Kultur in die Welt
fahren, dürfen wir die Vergangenheit nicht
vergessen. Wo fährst du hin? Ghana? Chile?
Da bist du nicht die erste Europäer_in, die
dort hinfährt, um ihre Kultur zu verbreiten,
das hat eine lange Geschichte …
In unserer Ausstellung haben wir uns mit
drei Themenkomplexen beschäftigt. Deutsche Kolonialgeschichte, weiße Privilegien,
Gedanken zu kulturweit. Dass wir ein Hau-
22 / Freisprung
fen gebildeter, wohlhabender, zum Großteil
weißer deutscher Menschen sind, die dafür
bezahlt werden, Menschen in wirtschaftlich
schlechter gestellten Ländern und teilweise
ehemaligen Kolonien von Deutschland zu
erzählen, lässt sich eben leider nicht leugnen.
Versteht uns nicht falsch: Wir glauben
fest, dass wir mit kulturweit sinnvoll zur
Völkerverständigung und zum internationalen Austausch beitragen können.
Aber reflektieren hilft verstehen. Nur wer
die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verbessern. Was wir euch mitgeben
wollen:
kulturweit ist ein Rahmen. Das Bild malt
ihr selbst.
Neue Energie
aus der Hosentasche
Homezone: Nurey
Was ist ein Energizer?
rechte Stuhl frei ist, rückt auf und sagt: „Ich
Es war ein langer Tag; deine Gruppe ist
müde, du stellst immer wieder Fragen an
sie, aber es kommen einfach keine neuen Impulse mehr. Zeit für einen Energizer!
Energizer sind Spiele, die du spontan und
meist ohne Hilfsmittel mit deiner Gruppe
spielen kannst und die deine Gruppe mit
Bewegung wieder fit machen.
Warum einen Pocket Energizer
Guide?
Wir wollen dir etwas Praktisches für deine
Arbeit mit auf den Weg geben. Dafür haben
wir verschiedene Energizer intensiv getestet und in nervenaufreibenden Stunden
sechs Spielvorschläge ausgewählt, die deine Gruppe, Klasse, Mitarbeiter*innen wieder in Schwung bringen!
Du kannst sie sogar zum Vokabellernen
einsetzen, wenn du die deutschen Vokabeln vorher deinen Schüler*innen erklärst.
Unser Pocket Guide passt zusammengefaltet locker in jede Hosentasche; die Spiele
darin können das Kennenlernen innerhalb
einer Gruppe unterstützen oder als lockerer
Einstieg in den Tag dienen.
Beispiel-Energizer „Ich fahre mit
dem Zug“:
Die Gruppe bildet einen Stuhlkreis, für jede
Person ist ein Stuhl da. Eine Person stellt
sich in die Mitte und lässt seinen_ihren
Stuhl frei. Die Person, neben der nun der
fahre mit dem Zug“, die Person links neben ihr_ihm rückt ebenfalls auf und sagt:
„Ich fahre mit“, die Person links davon rückt
wiederum auf und sagt: „Ohne Ticket!“, die
vierte Person legt ihre Hand auf den Stuhl
und sagt einen Namen aus der Gruppe.
Der_die Angesprochene muss sich auf den
freien Stuhl setzen. Das Ziel der in der Mitte
stehenden Person ist es, sich auf einen freien Stuhl zu setzen. Auf welchen ist dabei
egal. Der*diejenige, der_die zu langsam reagiert oder einen Fehler macht, muss dann
in die Mitte.
Freisprung / 23
Die kulturweit-Playlist
Von der Idee „Gemeinschaftsbild“ über das Thema „Entspannung“ zur Spotify-Playlist •
Homezone: Roberto
A
m sechsten Tag des Seminars saßen wir topfit, hochmotiviert und
elektrolytisiert in der Homezone bei
Roberto und fingen an, uns Gedanken zu
machen, wie denn eigentlich unser Projekt
aussehen soll. Wir begannen damit, Themen und Methoden aufzuschreiben, wie
man die Sache angehen könnte, um anschließend darüber abzustimmen. Der Sieger wurde schließlich das Gemeinschaftsbild mit dem Thema Entspannung. Als es
darum ging dies in die Tat umzusetzen kamen die ersten Zweifel auf:
„Ist das nicht total sinnlos?“
„Wollen wir nicht vormittags entspannen und nachmittags das Bild malen?“
„Entspannung ist doch ein blödes Thema für ein Gemeinschaftsbild?!“
„Ich finde das schwachsinnig!“
Es folgten volle zwei Stunden angeregter
Diskussion, in der Sinn und Zweck eines
24 / Freisprung
solchen erzwungenen Projekts infrage gestellt wurde.
Als die Idee, ein Gemeinschaftsbild zu
malen ergänzt wurde, dass man daraus ja
ein Puzzle mit einem „Homezone Charakterbild“ machen könne, von dem jeder ein
Teil mit in sein Gastland nehmen solle, verließ unser Trainer Roberto den Raum, um
uns alleine diskutieren zu lassen.
In der darauffolgenden Entspannung der
Atmosphäre kamen uns nun ganz andere
Gedanken. Wir hatten, wie ja bereits in der
Themenwahl deutlich wurde, Lust auf Entspannung und machten uns deshalb Musik
an. Damit wir nicht die ganze Zeit dem Lied
„Lena“ von Pur in Dauerschleife lauschen
mussten (Lena war davon nämlich eher
weniger begeistert), erstellte Nici auf Spotify eine Playlist mit den Lieblingsliedern
unserer „Homies“. Damit war das Konzept
einer kulturweit-Playlist geboren und wir
begannen, die Lieblingslieder der Freiwilligen der Ausreise 2015 zu sammeln.
Projekt „Blickwinkel Wolfgang“
Homezone: Sandra & Selim
P
rojektarbeit- muss das denn sein? Ja,
das musste und war im Nachhinein
dann wohl doch viel spannender als
zuerst gedacht!
Angefangen hat das Ganze mit einer
Schnaps- bzw. Weinidee am Vorabend, als
eine der Freiwilligen aus unserer Homezone das Kuscheltier „Wolfgang“ auf dem
Nachttisch eines Homis entdeckte. Die Idee
für das Projekt „Blickwinkel Wolfgang“ war
geboren.
Wir wollten dem Grübeln kommender
kulturweit-Freiwillige über die mysteriösen
zehn Tage des Vorbereitungsseminars vorbeugen, indem wir unsere Zeit hier dokumentieren und – nachhaltig, wie wir nun
mal sind - digital festhalten. Diese Idee
fand in unserer Homezone vor allem deshalb Anklang, weil wir uns im Voraus selbst
mehr Infos zum Vorbereitungsseminar gewünscht hätten. Wolfgang
bekam in unserem Projekt den Auftrag über unsere Erfahrungen und
die Umgebung hier am Werbellinsee zu
berichten.
Gefühlt war dies das erste Mal, dass wir
uns innerhalb der Homezone so schnell
auf ein gemeinsames Ziel einigen konnten. Die Ausgestaltung des Projekts kam
derweil einem kreativen Chaos gleich: Die
Diskussion zwischen den Homis gestaltete
sich anfangs so enthusiastisch, dass es sich
zu einer Herausforderung entwickelte, all die kreativen
Beiträge unter einen Hut
zu bringen.
Wir teilten uns in Klein-
gruppen auf, verfassten Texte darüber, was
unser Model Wolfgang auf unserem Vorbereitungsseminar alles so beobachten
konnte und schleppten ihn stundenlang
quer übers Gelände. Da war Koordination
gefragt! Unser Model Wolfgang war heiß
begehrt und musste immer da, wo sich
gerade eines unserer Fototalente aus der
Homezone befand, posieren. Zur gleichen
Zeit tüftelte das Layout-Team an der Datei,
die Wolfgangs Beobachtungen festhalten
sollte.
Abends dann: Gespannt und mit hungrigen Bäuchen warteten wir auf die Präsentation der finalen Version unseres Projekts.
Fazit: Erwartungen übertroffen!
Freisprung / 25
Impressum
kulturweit - Seminarzeitschrift
freisprung Nr. 13, September 2015
Gefördert durch:
Herausgeber / V.i.s.d.P.:
Peter Martin, Rea Ost
Deutsche UNESCO-Kommission e.V.
Hasenheide 54, 10967 Berlin;
www.kulturweit.de
Autor_innen:
Homezone-Redakteur_ innen
Gestaltung: Paul Ramisch
Fotos: Till Budde, Mika Schmidt,
Homezone-Fotograf_innen
Titelbild: Madlen Schwarzenberger
Druck: MMM Studio Berlin
Auflage: 300
26 / Freisprung
Partner: