Buchhandlung zum Wetzstein Der Wetzsteinbrief Oktober 2015 Die lieben Nachbarn Von Susanne Bader Keine Streitigkeiten, keine erbitterten Fehden. Der Blick schweift lediglich über die Grenze zum französischen Nachbarn. In den frühen Sechzigerjahren war dieser Blick geprägt von einer Mischung aus Bewunderung und Unverständnis. Das Wort Jumelage war plötzlich allgegenwärtig. Jumelage hieß auch kommunal organisiertes, gegenseitiges Kennenlernen. Städtepartnerschaften wurden geschlossen. Und so luden wir eine vierköpfige Familie aus der Normandie zu uns ein, radebrechten uns durch die Tage und die Abende. Lediglich meine Mutter sprach fließend Französisch. Wir Jugendlichen waren Zaungäste, beobachteten und – verliebten uns. Françoise und Joël hießen die Angebeteten, die durch die Sprachbarriere unerreichbar, geheimnisvoll und umso begehrenswerter erschienen. Mit den Jahren wurden die gegenseitigen Besuche weniger, aber gelernt hatten wir sehr viel. Wussten einiges vom täglichen Leben in unserem Nachbarland und dessen Gesellschaft, von den Schulen und Universitäten, hatten viel über das Essen und Trinken erfahren, über Kunst, Musik, Theater, Literatur. Schauten manches ab, gaben manches weiter. Paris war über die Zeit zu der Stadt geworden, die wir am häufigsten besuchten. Vincent Klink, Ein Bauch spaziert durch Paris Herrlich frech und unterhaltsam liest sich dieses Buch. Da geht nicht nur ein Bauch, da geht ein sehr, sehr kluger Kopf spazieren. Wissenswertes, Neues und Altbekanntes, blitzgescheit angerichtet, garniert mit feinsten Rezepten, gewürzt mit viel Kenntnis von Literatur und Kunst. Das ist amüsante, profunde Gesellschaftsgeschichte, französische wie deutsche, kurz: französisch-deutschschwäbisches Savoir vivre auf Sterne-Niveau. Was für gute, was für schöne Bücher es gibt! In Inhalt und in Form. Neu erschienen im mare Verlag in moderner Übersetzung Guy de Maupassants erster Roman, Ein Leben. In schimmernden, feinen Stoff gewandet, auf edlem Buchhandlung zum Wetzstein Papier gedruckt. Jeanne ist eine fröhliche, naive, äußerst liebenswerte junge Dame aus sehr gutem Haus. Wohl behütet aufgewachsen treiben in ihrem Leben Träume und Wirklichkeit viel zu weit auseinander, als dass sie sich gegenseitig bereichern könnten. Jeanne wird zutiefst enttäuscht, verletzt, aber letztendlich nicht gebrochen. "Wissen Sie, das Leben ist nie so gut oder so schlecht, wie man glaubt." Patrick Modiano, Damit du dich im Viertel nicht verirrst Ein verloren gegangenes Adressbuch, Verdrängtes, Vergessenes. Jean Daragane, ein alternder Schriftsteller, begibt sich auf die Suche nach Namen, Menschen, Schicksalen, und nach der Erinnerung. Fein und bedacht lässt Modiano diese Suche nach dem Vergangenen, bei der sich Vieles ineinander fügt, aber auch große Lücken bleiben, zu diesem guten, kleinen Roman sich fügen – wie stets ein wenig rätselhaft, geheimnisvoll. "Ich kann die Wirklichkeit des Geschehenen nicht darstellen, ich kann nur seinen Schatten zeigen." Diesen Satz von Stendhal hat Modiano seinem klugen Buch voran gestellt. Germaine Tillion, Frauenkonzentrationslager Ravensbrück dies., Die gestohlene Unschuld Sie habe vor allem aufgrund des Zufalls, der Wut, der Freundschaft und zuletzt wegen ihres Willens überlebt, ein Zeugnis über eines der größten Verbrechen der Menschheit abzulegen, über die dumpfe, unsagbare Brutalität des Naziregimes, Zeugnis auch von der Résistance und dem Zustandekommen von Kriegsverbrechen. Germaine Tillions Schrift über das „Frauenkonzentrationslager Ravensbrück“, entstanden in drei Etappen, Mitte der vierziger, der siebziger und der achtziger Jahre, ist das erste fundierte Dokument über die Entwicklung der wissenschaftlichen Aufarbeitung des KZ-Systems. In "Die gestohlene Unschuld" werden Texte aus verschiedenen Lebensphasen dieser großen französischen Intellektuellen und Ethnologin über ihre Arbeit zusammengeführt. Texte, die ihr Leiden als Résistance-Mitglied, als Deportierte, inhaftierte, ehemalige Lagerinsassin, und ihr Wirken als Ethnologin in Algerien und ihr Engagement in Frankreich vor und nach 1945 dokumentieren. Tillion starb 2008 und wurde im Mai 2015 als vierte Frau im Panthéon beigesetzt. Buchhandlung zum Wetzstein Marceline Loridan-Ivens, Und du bist nicht zurückgekommen Ein Brief, von dem nur die Anrede und der Gruß im Gedächtnis der jungen Marceline haften geblieben sind. Von Auschwitz nach Birkenau geschmuggelt. Ein Brief des Vaters an die Tochter. Der Vater wird ermordet, die Tochter überlebt. 16 Jahre ist sie alt, als der Krieg zu Ende geht und sie zurückkehrt in ihre Heimat, zu ihrer Familie, die alle nichts wissen wollen von den Gräueln, dem Leid, dem Schmerz, der den Lagerinsassen und ihr, Marceline, widerfahren war und sie ein Leben lang begleiten wird. So, wie die Liebe zu ihrem Vater. Jetzt, mit 87 Jahren, schreibt die erfolgreiche französische Regisseurin, Drehbuchautorin und Schauspielerin eine Antwort auf den Brief von damals, in einem großartigen schmalen Bändchen. Das ist ergreifend, erschütternd, bewegend. Man kehre nie aus Auschwitz zurück, das Lager bleibe im Kopf. Und der Vater. Immer. André François-Poncet, Tagebuch eines Gefangenen Botschafter in Deutschland bis 1938, dann in Italien, wird François-Poncet 1943 von einem SS-Kommando verhaftet und als „Ehrengefangener“ in ein Schloss in Kleinwalsertal gebracht. Die privilegierten Haftbedingungen, der Kontakt mit anderen prominenten Gefangenen ermöglichen ihm in dieser Geiselhaft ein Anschreiben gegen Ungewissheit und Resignation. Diese Aufzeichnungen sind scharfsinnige Beobachtungen und präzise Folgerungen aus den Begegnungen mit Einheimischen und dem zunehmend ambivalenten nationalsozialistischen Oberkommando, aufschlussreich und äußerst lesenswert. Der Humanist, Schriftsteller und Literaturkenner gab nie die Hoffnung auf, die Hoffnung auf Frieden und eine wieder mögliche Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich. Im Zug nach Berlin und am nächsten Tag nach Hamburg bin ich fasziniert von den Essgewohnheiten meiner Mitreisenden, in ihrem Umfang, über viele Stunden hinweg, und in ihrer Art und Weise, und kann mich nicht wehren gegen Geräusche und Gerüche. Aber, zurück in Freiburg, werde ich auf den üppigen herbstlichen Münstermarkt gehen, einkaufen und am Abend ein mehrgängiges Essen zubereiten, den Tisch aufwändig decken, Kerzen anzünden und feinen Wein und schöne Musik als Begleitung wählen. Genießen werde ich und denken, an die lieben Nachbarn, an deren savoir vivre, ihre Literatur. Und Buchhandlung zum Wetzstein mich freuen über Altbekanntes, über wieder Gelesenes und über Neues. Leben und Tod, Überleben (zu welchem Preis?), Vergangenheit und Zukunft, Grausamkeit, Liebe und Verzicht, Schönheit und Genuss, Vertrautes und Fremdes, Beruhigendes und Verstörendes gesellen sich in meinem Kopf nebeneinander. Wie in der Literatur und in diesem Wetzsteinbrief über einen spazierenden Bauch, einen in Geiselhaft genommenen Botschafter, eine Ethnologin, die als eine der wenigen Frauen im Panthéon beigesetzt wurde. Eins kommt zum anderen: das neueste, kluge Werk des französischen Nobelpreisträgers, der bewegende, erschütternde Brief einer kleinwüchsigen französischen Jüdin, die Birkenau überlebte und ihren ermordeten Vater ein Leben lang betrauerte, und der mitreißende Roman des großen Maupassant, diesem Wanderer zwischen allen gesellschaftlichen Welten seiner Heimat. Der ungezügelte, heiße Sommer ist beinahe über Nacht in einen farbenfrohen, leuchtenden Herbst übergegangen. Glänzende, braune Kastanien liegen am Wegrand. Am späten Nachmittag wird es kühl. In der Nacht fällt Regen. Am Morgen danach scheint die Sonne. Die Bücher zu diesem Wetzsteinbrief finden Sie auf dem beigefügten Bestellzettel. Den regelmäßig erscheinenden Wetzsteinbrief senden wir Ihnen gerne an Ihre Email-Adresse, wenn Sie uns diese mitteilen. Der Wetzsteinbrief steht auch im Internet, in der Buchhandlung gibt es ihn in gedruckter Form. Alle antiquarischen Bücher, Vorzugsausgaben, Signiertes, Kunstwerke und sehr vieles andere finden Sie unter: www.buchwetzstein.de Alle Rechte am Text: Buchhandlung zum Wetzstein Unsere Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 9 bis 13 und 14 bis 18 Uhr Samstag von 10 bis 16 Uhr Buchhandlung zum Wetzstein GmbH Geschäftsführende Gesellschafterin: Susanne Bader Eingetragen im Handelsregister Freiburg HRB 1658 Salzstraße 31 am Augustinerplatz 79098 Freiburg Telefon 0761 33999 Telefax 0761 39280 E-Mail [email protected] Internet www.buch-wetzstein.de Buchhandlung zum Wetzstein Buchhandlung zum Wetzstein Salzstraße 31 am Augustinerplatz 79098 Freiburg Bestellungen bitte per Telefon 0761 33999 oder per Telefax 0761 39280 oder per E-Mail [email protected] BESTELLSCHEIN Die Bücher zu diesem Wetzsteinbrief Hiermit bestelle ich die angekreuzten Titel: o Vincent Klink, Ein Bauch spaziert durch Paris. Rowohlt Verlag. 19,95 EUR o Guy de Maupassant, Ein Leben. Roman. Übersetzung von Cornelia Hasting. Mit einem Nachwort von Julian Barnes. Mare Verlag. 28 EUR o Patrick Modiano, Damit du dich im Viertel nicht verirrst. Roman. Übersetzung von Elisabeth Edl. Hanser Verlag. 18,90 EUR o Germaine Tillion, Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Beiträge von Anise Postel Vinay. Übersetzt von Barbara Glassmann. Dietrich zu Klampen Verlag. 24 EUR o Germaine Tillion, Die gestohlene Unschuld. Ein Leben zwischen Résistance und Ethnologie. Ausgewählt und mit einem Nachwort von Tzvetan Todorov. Übersetzt und mit einem einführenden Essay von Mechthild Gilzmer. Aviva Verlag. 22 EUR o Marecline Loridan-Ivens, Und du bist nicht zurückgekommen. Mit Judith Perrignon. Übersetzung von Eva Moldenhauer. Insel Verlag. 15 EUR o André François-Poncet, Tagebuch eines Gefangenen. Erinnerungen eines Jahrhundertzeugen. Botschafter in Berlin 1931-1938. Botschafter in Rom 1938-1940. Alliierter Hochkommissar 1949-1955. Übersetzung: Barbara Sommer und Geneviève Unger-Forray. Hrsg. von Thomas Gayda. Europa Verlag. 29,99 EUR Buchhandlung zum Wetzstein Buchhandlung zum Wetzstein Salzstraße 31 am Augustinerplatz 79098 Freiburg Bestellungen bitte per Telefon 0761 33999 oder per Telefax 0761 39280 oder per E-Mail [email protected] o zur Abholung in der Buchhandlung zum Wetzstein o zum Versand gegen Rechnung (ich bin bereits Kunde der Buchhandlung) o zum Versand gegen Vorkasse (ich bin noch nicht Kunde der Buchhandlung) an folgende Adresse: Name: Unterschrift: Datum:
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