Rundfunkbeitrag für Beherbergungsbetriebe

Rundfunkbeitrag für Beherbergungsbetriebe
Zusammenfassung
IHK-AK Tourismusausschuss, Mainz - 24. Juni 2015
Agenda:
1.
allgemeine Fakten und Hintergründe zum Rundfunkbeitrag
2.
Konsequenzen für das Beherbergungsgewerbe
3.
Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag
1. Fakten und Hintergründe zum Rundfunkbeitrag
1.1.
Gesamtaufkommen des Rundfunkbeitrags
Rundfunkbeitrag insgesamt ca. 7,2 Millarden € p. a.
(das entspricht ca. 20 Mill. €uro - täglich!)
Das Volumen der PKW-Maut (über die Deutschland seit Monaten heftig diskutiert)
beträgt lediglich ca. 500 - 700 Mill. €uro (lt. Dobrindt)
Das Kirchensteueraufkommen (aller Konfessionen zusammen!) beträgt insgesamt ca. 9,2 Millarden € - damit werden tausende Kirchen u. Gebäude,
Gemeindesäle, soziale Einrichtungen usw. finanziert.
Verwendung des Rundfunkbeitrags ist für
ZDF, Deutschlandfunk und
9 Landesanstalten mit ca. 11 TV-Sendern und ca. 55 Radiosendern
ca. 37.000 feste Mitarbeiter (davon allein 23.000 bei ARD und ca. 3.600 bei
ZDF - Quelle: ZEIT 22/2013), ohne Produktions- oder Tochterfirmen, sind
erforderlich für die Realisierung der Programme.
einer der größten Einzelposten sind Übertragungsrechte für
Sportveranstaltungen (z. B. Fussball-WM in Katar . . .)
allein der Beitragsservice (vormals "GEZ") beschäftigt ca. 1.200
Mitarbeiter für die Eintreibung des Rundfunkbeitrags.
1.2.
Weitere Aspekte zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR)
der ÖRR kommt seinem "Grundversorgungsauftrag" nicht nach
(stattdessen Gottschalk, Kerner & Co., Fernsehgarten, Fussball-WM aus Katar....)
der ÖRR entspricht nicht dem ihm obliegenden Neutralitätsgebot:
die Unabhängigkeit von Politik ist nicht gewährleistet - siehe Zusammensetzung der
Rundfunk- u. Fernsehbeiräte / Berichterstattung z. B. zur Kritik am Rundfunkbeitrag
findet nicht statt / weiteres Beispiel ist die heftig kritisierte einseitige UkraineBerichterstattung (zu der vom Fernsehrat nur sehr zögerliche Reaktion kam) usw.
der ÖRR hat eine unangemessene Marktmacht im Bereich der TVProduktionen (siehe SZ-Artikel aus 2012)
Vergütungen für Rundfunkbeiratsmitglieder und deren Stellvertreter, die
Intendantenvergütungen, vor allem Pensionszusagen usw. sind
unangemessen hoch
umfangreiche, intransparente Beteiligungsstrukturen
(Stand Ende 2012 - Quelle: Meedia.de / Handelsblatt-Tochter: 180 ARD- und ZDF-
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Tochterfirmen (150 ARD, 21 ARD und ZDF gemeinsam, 9 ZDF) mit über 1,6
Milliarden € Umsatz. Beispiel: die DEGETO der ARD, 400 Mill. € Budget,
Geschäftsführerin ist Christine Strobl (Tochter von Wolfgang Schäuble).
Welche dieser Firmen welche Geschäfte betreiben, erschließt sich in vielen Fällen
nicht. Dazu kommen weitere Verzweigungen durch weitere Ausgründungen. Allein die
WDR/SWR/MDR-Tochter Bavaria FilmGmbH z. B. hält über 50 Beteiligungen.
Weitere Infos dazu siehe >> www.medienreform21.de
1.3.
Der Beitragsservice ist eine "Datenkrake"
Durch den "Meldedatenabgleich" erfolgt eine gesetzl. legitimierte
Übertragung der Daten der Einwohnermeldeämter an den RundfunkBeitragsservice
1.3.
Der Rundfunkbeitrag ist unsozial
Die Umstellung von geräte- zu wohnungsabhängiger (bzw.
betriebsstättenabhängiger, im Beherbergungsgewerbe Zimmerzahl-abhäniger)
Berechnung ist dem Grunde nach nachvollziehbar, führt aber in seiner
jetzigen Umsetzung zu Ungleichbehandlung der Bürger.
Beispiel: der Beitrag der 15-Zimmer-Villa mit vielen TV-Geräten und u. U. einer
Vielzahl an Bewohnern ist exakt gleich hoch wie das 1-Zimmer-Appartment mit nur
einem Bewohner ohne TV- oder Radiogerät. Nämlich 17,50 €/Monat, was für
Geringverdiener / Rentenempfänger durchaus ein nennenswerter Betrag sein kann.
Der Rundfunkbeitrag schränkt die Entscheidungsfreiheit des Bürgers,
wie viel er für welches Informationsmedium (Bücher, Zeitungen)
ausgibt, unverhältnismäßig ein. Den Rundfunkbeit-rag muss jeder
Haushalt zahlen, unabhängig von der Nutzung.
Hohe Hürden für eine Beitragsbefreiung: so ist z. B. Taubheit oder
Blindheit nur Ermäßigungs-, aber kein Befreiungsgrund. Dafür ist z. B.
nur eine "Taubblindheit" ausreichend . . . .
1.4.
Der Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag ist schwierig
Es sind keine Popularklagen möglich (außer in Bayern), keine
"Sammelklagen", keine Verfassungsbeschwerde, keine direkte
Verfassungsklage
Es ist keine Einflussnahme über das Parlament (Bundestag) möglich
(Rundfunkbeitrag ist - der föderalten Struktur geschuldet - Ländersache)
Entscheider für den Rundfunkstaatsvertrag, der Rahmenbedingungen
und Höhe des Beitrags festsetzt, ist die Ministerpräsidentenkonferenz
der Länder" (den Vorsitz für die Festlegung des neuen geräteunabhängigen
Beitrags in 2010, gültig ab 2013 hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt
Beck, aktuell hat der Brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke den
Vorsitz). Die Länderparlamente sind "nur" zustimmungspflichtig, damit
aber dennoch (neben den Ministerpräsidenten) für die Gestaltung des
Rundfunkbeitrags mitverantwortlich!
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2. Konsequenzen für das Beherbergungsgewerbe
2.1.
Die Höhe des Rundfunkbeitrags für Unterkünfte
Der Rundfunkbeitrag beträgt 5,84 € je Zimmer je Monat (die sog. "1/3Lösung"), vollkommen unabhängig davon, ob Empfangsgeräte (TV, Radio) in
den Zimmern vorhanden sind oder nicht.
Der Beitrag ist also - mit oder ohne Fernseher/Radio - für jedes Zimmer eines
Beherbergungsbetriebes zu entrichten (lediglich die erste Wohneinheit / Zimmer ist
beitragsfrei). Dazu kommt der Betriebsstättenbeitrag (abhängig von der
Mitarbeiterzahl) bzw. der KFZ-Beitrag.
Beispiel: ein 50-Zimmer-Hotel zahlt für seine Zimmer einen Beitrag von
49 Zimmer X 5,84 €/Monat x 12 Monate = 3.433,92 €.
Ob die Zimmer mit Fernseh- oder Radio ausgestattet sind (oder in
Zukunft noch sein werden) ist dabei völlig unerheblich!
2.2.
Ein Praxisbeispiel zeigt die Ungerechtigkeit des Systems:
Hotel ADLON:
382 Zimmer = ca. 26.000 € Rundfunkbeitrag p. a.
ein Hostel in Berlin
400 Zimmer = ca. 28.000 € Rundfunkbeitrag p. a.
Die Betrachtung kommt zu folgenden Ergebnissen:
- das Adlon (49,6 Mill. € Umsatz p. a.) zahlt
ca. 0,05 % des Umsatzes
- das Hostel (ca. 6 bis 6,5 Mill. Umsatz p. a.) ca. 0,50 % des Umsatzes
relativ betrachtet also der etwa 10-fache Wert . . . .
Die Zimmerraten, die Auslastung und der Ertrag des Adlon im Verhältnis zum
Hostel forciert dramatisch die Ungleichheit . Zudem kann die Gästestruktur
der genannten Betriebe kaum unterschiedlicher sein . Das die Gäste des
Hostels, vorwiegend Familien mit Kindern und Jugendliche) einen
vergleichsweise exponentiell höheren Rundfunkbeitrag zu leisten haben als
die Fünf Sterne Adlon Hotel Gäste ist eine augenscheinliche, offensichtliche
Ungerechtigkeit.
Dazu kommt, dass der Verzicht auf TV-/Radioempfang in vielen Bildungsund Seminarhäusern oftmals ausdrücklich zum (pädagogischen) Konzept
gehört.
2.3.
Die Zukunft des "Hotelfernsehers"
wurde bei der Konzeption des Rundfunkbeitrags völlig ignoriert. Jeder
Hotelier weiß, dass der klassische "Fernseher" zunehmend ersetzt wird
durch mobile Empfangsgeräte und W-Lan. Die technische Ausstattung
von Hotelzimmern wird zur "Medien- und Informations-Schaltzentrale".
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2.4.
Warum überhaupt "Rundfunkbeitrag" in Beherbergungsbetrieben?
Für Hotelgäste führt der Rundfunkbeitrag zur Doppelzahlung - schließlich haben alle
(inländischen) Gäste bereits (durch den Beitrag für ihre Wohnung) bezahlt.
Ausländische Gäste zahlen im Hotel ebenfalls Rundfunkbeitrag, wiewohl diese ja der
ÖRR in Deutschland gar nicht interessiert.
Die (Hotel)-Verbände haben im Vorfeld der Neuordnung des Rundfunkbeitrags die
Chance zur grundsätzlichen Beitragsbefreiung des Beherbergungsgewerbes leider
vertan. Stattdessen wurde der zweifelhafte Erfolg der "1/3-Lösung" (unter völliger
Verkennung des technischen Wandels in der Hotellerie und des
"Doppelzahlungscharakter" (s. o.) als Erfolg gewertet.
Einzig: die größte Unterkunftskette in Deutschlands hat eine clevere Lobbyarbeit
geleistet und für alle ihre (ca. 580) Mitgliedshäuser eine Beitragsbefreiung für die
Gästezimmer erreicht. Es sind die Jugendherbergen des DJH . . .
3. Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag
Etliche Initiativen kämpfen, speziell für das Beherbergungsgewerbe sind das
3.1.
Reisenetz - Deutscher Fachverband für Jugendreisen:
politische Einflussnahme
bereits seit 2012 durch Schreiben an alle Ministerpräsidenten der
Länder - mit (inhaltlich und sprachlich!) gleichlautenden Antworten.... , Eingaben an die "Evaluationsgruppe Rundfunkbeitrag", diverse Pressemitteilungen (Veröff. in u. a. ZEIT, Bild...)
3.2.
Backpacker-Network Germany
durch Petitionen in den Länderparlamenten, Schreiben an Abgeordnete und
Ministerien etc.
3.3.
Reisenetz - Gutachten Prof. Dr. Degenhard
Der Fachverband hat (finanziert durch ein Solidarprojekt von über 100
Betrieben!) ein umfangreiches Rechtsgutachten durch einen der bekanntesten
Verfassungsrechtler in Deutschland erstellen lassen, welches die
Verfassungswidrigkeit des neuen Rundfunkbeitrags eindrucksvoll bestätigt.
3.4.
Reisenetz - Leitfaden "Widerstand gegen den Rundfunkbeitrag"
Der Fachverband beschreibt in seinem Leitfaden ausführlich den "Status Quo"
und zeigt die grundsätzlichen Möglichkeiten des Widerstandes gegen den
Rundfunkbeitrag für Beherbergungsbetriebe (unter Verweis auf
entsprechende Fachjuristen) nachvollziehbar auf.
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3.5.
Widerspruch und Klageverfahren
Eine Vielzahl von Widerspruchverfahren von Unterkünften liegt dem "Beitragsservice" bereits vor, Klageverfahren gegen den Rundfunkbeitrag vor den Verwaltungsgerichten häufen sich.
Die Verwaltungsgerichte sehen sich einer Flut von Verfahren (neben Klagen
von Privatleuten / Haushalten auch aus dem Bereich Handel, Dienstleistung)
gegenüber.
Die Ministerpräsidenten der Länder und die den Rundfunkbeitrag-Staatsvertrag genehmigenden Länderparlamente ignorieren bislang jede Änderung des
Staatsvertrags und lassen dadurch die Überlastung der Verwaltungsgerichte
tatenlos zu.
Fazit und Forderungen
an die tourismuspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen:
der ÖRR ist teuer, intransparent und nicht unabhängig ("Politiknähe")
der Rundfunkbeitrag ist verfassungswidrig (Verstoß gg. Gleichheitsgrundsatz
im GG), teuer, intransparent und unsozial
Im Beherbergungsbereich gilt:
Rundfunkbeitrag ist unzeitgemäß (Technik), ungerecht (umsatz-/auslastungs/ertragsunabhängig), unfair (u. a. auch durch Befreiung DJH-Häuser)
==> Gleiches wird ungleich, Ungleiches wird gleich behandelt!
Die Landtagsfraktionen müssen die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder
auffordern, eine grundsätzliche Reform des Rundfunkbeitrags auf
Grundlage einer einkommensabhängigen Bemessungsgrundlage (als
Ableitung aus Mehrwertsteuer und / oder Einkommenssteuer, z. B. ähnlich der
Kirchensteuer) zu realisieren und damit den Rundfunkbeitrag transparent, vor
allem aber sozial zu gestalten.
Zumindest eine Reform, unter Einbeziehung (auch und besonders) des
"niedrigschwelligen" Beherbergungsgewerbes ist dringend einzufordern mit
dem begründeten Ziel (s. o.), den Rundfunkbeitrag für Beherbergungsbetriebe
abzuschaffen oder zumindest auf Zimmer mit max. zwei Betten (der Transparenz und Realisierung von Erfassung und Kontrolle des Beitrags wegen) zu
beschränken.
Unabhängigkeit von Politik und vor allem transparente Kosten- und
Budgetkontrollen der Rundfunkanstalten sind einzufordern.
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