Workshop "Information über sexualisierte Gewalt und Beratung betroffener Mädchen" Referentinnen: Dagmar Stöhr und Rosi Ringer von Wildwasser Nürnberg e.V. 1. Vorstellung von Wildwasser Nürnberg e.V. und der einzelnen Arbeitsbereiche Das Angebot von Wildwasser richtet sich an Frauen, die als Mädchen sexuelle Gewalt erlebt haben und an betroffene Mädchen, an deren UnterstützerInnen und Angehörige und an Professionelle. Wildwasser Nürnberg arbeitet nicht mit TäterInnen (sofern diese bekannt sind). Beratung betroffener Mädchen (ab 8 Jahren) und ihrer Angehöriger Beratung betroffener Frauen, ihrer Angehörigen und UnterstützerInnen Prozessbegleitung Prävention v.a. im Elementar- und Grundschulbereich (mittels Leitfaden, Medienpaket und Elternabenden) Information und Fortbildungen auf Anfrage Beratung von Professionellen und Fallbesprechungen bei Verdacht oder Hinweis auf sexuellen Missbrauch Selbsthilfebereich für erwachsene Frauen 2. Beratungsprinzipien Anonymität Kostenfreiheit keine Täterarbeit Freiwilligkeit Schweigepflicht (Ausnahme: bei Hinweisen auf konkrete Kindeswohlgefährdung mit vorheriger Information des betroffenen Mädchens) für Mädchen ab 8 Jahren, bei jüngeren Mädchen Beratung der UnterstützerInnen und Angehörigen 3. Definition sexueller Missbrauch Sexueller Missbrauch an Kindern ist eine strafbare Handlung und fällt unter die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ( §§ 173 - 179 StGB). Nach dem Gesetz strafbar sind sexuelle Handlungen an und vor einem Kind sowie Pornographie. "Sexueller Missbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter nutzt seine Macht- und Autoritätsposition aus, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen“ (Bange und Deegener, 1996, S. 105) 4. Beispiele und Merkmale sexuellen Missbrauchs Beispiele für sexuellen Missbrauch: Berührungen an Brust, Scheide, Penis oder Po Nötigung, die Geschlechtsteile einer anderen Person anzufassen oder anzuschauen Vaginale, anale und orale Penetration / Eindringen in den Körper (auch mit Gegenständen) Photographieren oder Filmen von Kindern für pornografische Zwecke Auffordern eines Kindes, sich pornografische Darstellungen anzuschauen verbale sexualisierte Äußerungen (ist jedoch kein sexueller Missbrauch im juristischen Sinne) Was spielt immer eine Rolle? Vertrauen und Zuneigung Geheimhaltung/Drohungen Grenzverletzung Macht und Abhängigkeit die Verantwortung liegt immer beim Täter Sexueller Missbrauch wird meist nicht von Fremden, sondern von bekannten, nahestehenden Personen verübt. Er geschieht in der Regel heimlich und hinterlässt meistens keine äußeren Spuren. Sexueller Missbrauch ist Gewalt und hat immer eine Verletzung der Seele eines Kindes zur Folge. Er ist nicht in erster Linie durch den Einsatz körperlicher Überlegenheit, sondern durch das Ausnutzen emotionaler und sozialer kindlicher und jugendlicher Bedürfnisse gekennzeichnet. 5. Gefühle betroffener Mädchen Auszug aus den Ergebnissen der Kleingruppen: Scham, Verwirrung, Schuldgefühle, Angst, Hilflosigkeit, Ekel, Einschüchterung, Aussichtslosigkeit, Wut, Erniedrigung, Ohnmacht, Gefühl von Wertlosigkeit, Einsamkeit Hinzu kommen häufig ambivalente Gefühle Erwachsenen gegenüber, da sie von diesen schon einmal verletzt und im Stich gelassen wurden => testen häufig intensiv Grenzen aus... 6. Was brauchen betroffene Mädchen von PädagogInnen Was braucht ein betroffenes Mädchen von der professionellen unterstützenden Person => Handlungsleitlinien für ein Gespräch Parteilichkeit Rückmeldung, dass es gut ist, wenn sie sich an sie wendet Schuldgefühle nehmen, Verantwortung klar beim Täter benennen Schweigepflicht erklären und falls weitere Stellen informiert werden müssen, erklären wer und warum kein Versprechen geben, das ich nicht halten kann Gesprächsangebote wiederholen offene Fragen, keine Detailfragen nach dem konkreten Geschehen 7. Symptome, Strategien, Auffälligkeiten, Verhaltensänderung Häufig treten z.B. auf: Bauch- und Kopfschmerzen, Schlafschwierigkeiten, sozialer Rückzug, sexualisiertes Verhalten, Leistungsabfall, Essstörungen.... Jede Verhaltensänderung sollte ernst genommen werden. Sie könnte ein Signal sein, kann aber auch verschiedene Ursachen haben!! Ein Mädchen muss durchschnittlich 7 Personen von dem Missbrauch erzählen, bis ihr geglaubt wird. 8. Intervention Zentral ist immer eine Unterstützung und der Schutz des Mädchens Intervention bei einem Verdacht Vertrauen auf die eigene Wahrnehmung Ruhe bewahren, keine übereilten Handlungen dem Mädchen gegenüber eigene Sorgen klar benennen Mädchen nicht zum Reden zwingen, Brücken bauen, Gesprächsangebote wiederholen nicht versprechen, was ich nicht halten kann, aber zusichern, dass ich mich kümmere andere mögliche Ursachen nicht aus dem Blick verlieren Intervention bei konkretem Hinweis Hilfe holen, Netzwerkarbeit Täter nicht informieren, da er u.U. sonst den Druck auf das Mädchen erhöht das betroffene Mädchen informieren, wen ich warum informiere Dokumentation ohne Interpretation (zitieren, Datum, Uhrzeit, Vorfall) eigene Grenzen beachten beachten: manchmal wird erst eine andere Person als der Täter selbst als dieser genannt, manchmal gibt es mehrere Täter Was ist wichtig von Seiten der Einrichtung geschützter ungestörter Ort für Gespräch Liste mit Anlaufstellen griffbereit Handlungsschema im Team abgesprochen und von allen getragen weibliche Ansprechperson Supervision (v.a. nach einem Vorfall) Wissensvermittlung zum Thema, Fortbildungen... 9. Was ist wichtig für die/den Pädagogin/en Kenntnis rechtlicher Hintergrund, § 8a Kindeswohlgefährdung eigene Grenzen und Gefühle beachten Schweigepflicht im Team klare Rolle, klarer Auftrag, klare Zieldefinition Kenntnis der eigenen Grenzen der Kompetenz => Weitervermittlung Ruhe, nicht überstürzt handeln Respekt vor dem betroffene Mädchen Kenntnis eigener Ressourcen Ambivalenztoleranz selbst Unterstützung holen 10. Anlaufstellen für Betroffene und Profis Sorgen- und Nottelefon von Schlupfwinkel Polizei (muss eingreifen, wenn sie von Verbrechen erfährt => Namen nicht nennen, Recht auf anonyme Beratung) Kinderschutzstelle Jugendamt Kinderschutzbund Paroli (für ältere Jungen und Männer) Frauennotruf (für erwachsene Frauen) Erziehungsberatungsstellen Aura (Stärkung, Selbstbehauptung) www.wildwasser-nuernberg.de www.kinderschutzbund-nuernberg.de www.frauennotruf.info www.kjnd.nuernberg.de www.frauenmittelfranken.de/polizei.htm www.jugendamt.nuernberg.de/erziehungsberatung/angebote.html www.eb-stadtmission-nuernberg.de www.aura-nuernberg.de www.praevention.org www.bzga.de www.donnavita.de www.zartbitter.de www.profamilia-nuernberg.de für Jugendliche: www.spass-oder-gewalt.de www.save-selma.de www.talkaboutit.eu (Talk about it – Radio gegen sexuellen Missbrauch) für Jungen: www.tauwetter.de
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