11 Sexualität und Gesetz

Sexualität - Gesetz
11 – Sexualkunde
L-Anweisung
Arbeitsanleitung: Schwangerschaftsabbruch, Missbrauch
Ziel:
 Heisse Eisen diskutieren
 Bewusstwerdungsprozesse fördern
 Tabuthemen auf den Tisch
Arbeitsauftrag:
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Lesen der Arbeitstexte
Eigene Meinungen äussern
LP nimmt selbst Stellung
Verhaltensmassnahmen vorschlagen
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INFOTEXT für die LP 10
Arbeitstexte 11
Statistiken
Zeitungen
Internet
Material:
Sozialform:
Plenum
Zeit:
60
Zusätzliche Informationen:
 Information 1: LP kann seinen Hintergrundinformationen und die
detaillierten Gesetzestexte ab INFOTEXTE für LP 10 beiziehen
Weiterführende Ideen:
 Idee 1: Fallbeispiel „Fussballer in Thun“ recherchieren und diskutieren
 Idee 2: Schicksale in der Familie darstellen (eigene Erfahrungen)
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Sch’ Arbeitstexte
Schwangerschaftsabbruch
Fallbeispiel
Claudia wurde mit 17 schwanger. Den Vater des Kindes kannte sie kaum. Eine
Urlaubsbekanntschaft. Natürlich hat versucht zu verhüten, aber im entscheidenden
Augenblick haben die
beiden das Kondom
weggelassen. Warum nur?
Im Nachhinein stellte sie
sich diese Frage ständig –
aber eben erst im
Nachhinein.
Und noch eine Frage quälte
sie während der ersten
Schwangerschaftswochen:
Sollte sie das Kind
behalten?
Aufgaben
Versetze dich in Claudias
Situation. Besprich dich
nicht mit den Mitschülern.
Wie würdest du spontan
entscheiden? Stimmt
anonym ab und stellt das
Ergebnis an der Tafel dar.
Besprecht gemeinsam das
Ergebnis der Befragung.
Welche Gründe sprechen
für die eine oder andere
Entscheidung?
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Sch’ Arbeitstexte
Grundsätzliche Überlegungen
Der Grossteil von Schwangerschaftsabbrüchen unter Minderjährigen wird von 15jährigen Mädchen vollzogen!
Immer wieder wird sehr engagiert die Frage diskutiert, ob man ein ungewolltes Kind
bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einer Schwangerschaft abtreiben darf. Wenn es
zum Beispiel das "Ergebnis" einer Vergewaltigung" ist, wenn die Mutter oder das
Kind schwer krank werden oder sind.... Hier muss jeder Mensch eine eigene Antwort
finden. Biologisch ist eine Abtreibung eine künstlich herbeigeführte Fehlgeburt. Bis
zum 3. Schwangerschaftsmonat kann der Uterusinhalt (Embryo) noch abgesaugt
werden. Die ersten drei Schwangerschaftsmonate bilden in vielen Ländern auch den
Zeitraum, in dem unter bestimmten Umständen ein Schwangerschaftsabbruch
straffrei durchgeführt werden darf In jedem Falle ist das Einverständnis der
Schwangeren erforderlich und ein Beratungsgespräch mit einem neutralen Arzt oder
in einer anerkannten Beratungsstelle Pflicht.
Diskutiert:
Im Zusammenhang mit der Abtreibung stellt sich immer wieder die Frage: Ab wann
ist der Mensch ein Mensch? Die unterschiedlichsten Antworten hat man auf diese
Frage versucht: Menschliches Leben beginne bei der Geburt oder wenn der Mensch
ein Bewusstsein habe, vielleicht auch, wenn das Gehirn anfängt zu arbeiten oder
sobald das Nervensystem sich auszubilden beginnt. Viele Menschen meinen, das
Leben beginne mit dem Augenblick der Befruchtung. Sie lehnen eine Abtreibung
grundsätzlich strikt ab.
Nach reiflicher Überlegung und
eingehender Beratung entschied
sich Claudia dafür, ihr Kind in
eine Pflegefamilie zu geben.
Ihre Eltern reagierten zwar sehr
verständnisvoll auf ihre
Schwangerschaft, waren jedoch
aus beruflichen Gründen nicht in
der Lage, sich um das Kind zu
kümmern. Wie jede Mutter wollte
Claudia, dass es ihrem Kind gut
geht und es glücklich aufwächst.
Claudia bereut ihre
Entscheidung heute nicht.
Sie konnte Schule und Ausbildung erfolgreich beenden und gleichzeitig den
persönlichen Kontakt zu ihrer kleinen Tochter aufrecht erhalten. „Als für mich
feststand, das Kind auszutragen, habe ich mich ausführlich über meine Möglichkeiten
informiert. Heute bin ich glücklich darüber.“
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Sch’ Arbeitstexte
Sexueller Missbrauch
Das sind die FAKTEN:
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Jährlich werden in der Schweiz viele Mädchen und Jungen aller Altersstufen
sexuell missbraucht. Statistisch gesehen sind jedes dritte/vierte Mädchen
und jeder siebente Junge betroffen.
45 % dieser Kinder und Jugendlichen sind/waren zu Beginn des Missbrauchs
unter zehn Jahre alt.
Missbraucht werden zu 85 % Mädchen, zu 15 % Jungen.
Etwa 34 % der Kinder und Jugendlichen werden im engsten Familienkreis
missbraucht.
Etwa 58 % der Täter sind den Kindern und Jugendlichen aus dem
Alltagsleben bekannt. Nur etwa 6 % der Täter sind ihnen völlig fremd.
Langzeitschäden
Die meisten Opfer tragen Langzeitschädigungen davon: psychisch emotionale
Schädigungen wie Vertrauensverlust, Ängste, Zwänge, Bindungsunfähigkeit,
Suchtverhalten/Sucht, Neigung zum Selbstmord, Prostitution und/oder physische
Schädigungen wie psychosomatische, chronische Erkrankungen.
Vorkommen
In jeder sozialen Schicht kommt es zu sexuellem Missbrauch, die Täter der höheren
Schichten sind in der Regel raffinierter, wenn es darum geht, die Taten zu
vertuschen.
Mädchen werden überwiegend im engeren Familienkreis von Vätern, Stief-, Pflege-,
Adoptiv- und Grossvätern, Brüdern, Cousins oder Onkeln zu sexuellen Handlungen
gezwungen.
Bei Jungen sind es in der Regel auch männliche Täter, diese findet man jedoch eher
im weiteren Bekanntenkreis des Opfers. Häufig stehen die Täter in einem
Autoritätsverhältnis zum Opfer, so z.B. Lehrer, Pfarrer, Bademeister oder Nachbar.
Am stärksten betroffen sind Mädchen im Alter zwischen 6 und 12 Jahren.
Sexueller Missbrauch ist ein Delikt, welches überwiegend von Männern an nicht
pubertierenden Mädchen ausgeführt wird, wobei das Mädchen in der Regel mit dem
Täter verwandt ist.
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Sch’ Arbeitstexte
Was ist sexueller Missbrauch?
Wo fängt er an, wo hört er auf? Wann ist Körperkontakt noch Zärtlichkeit, wann
bereits sexueller Missbrauch?
Man kann klar sagen, dass sexueller Missbrauch dort beginnt, wo der Täter sich
bewusst am Körper eines Kindes befriedigt oder sich befriedigen lässt.
Sexueller Missbrauch entsteht nicht fliessend aus einem liebevollen Körperkontakt
mit einem Kind. Es ist ein bewusstes Vorgehen, der Täter plant den Missbrauch,
er sucht und arrangiert Gelegenheiten für diese Taten.
Sexueller Missbrauch ist niemals eine zufällige Begebenheit sondern immer geplant.
Situationen, in denen ein Kind in alltäglichen Handlungen wie Baden oder „ins Bett
der Eltern krabbeln“ den eigenen Körper und die (evtl. nackten) Körper der Eltern
erforscht, sind häufig und dürfen nicht als sexueller Übergriff gewertet werden. Erst
wenn solche Situationen z.B. vom Vater bewusst gesucht und arrangiert werden und
er z.B. das Kind ermutigt oder auch zwingt, etwas zu tun, was ihn erregt, kann man
von sexuellem Missbrauch sprechen. Wie schlimm die Folgen sexueller Gewalt bei
Mädchen sind, können nur die Opfer selber wissen. Ein Mensch, der eine solche
Missbrauchserfahrung niemals gemacht hat, wird auch niemals verstehen, wie
gravierend die Schäden sind, die aus dieser Erfahrung entstehen. Jedes
missbrauchte Kind, egal ob Junge oder Mädchen und egal wie lange und in welcher
Form der Missbrauch andauerte, hat seelische Probleme davon getragen, die das
gesamte weitere Leben mehr oder weniger beeinträchtigen und beeinflussen. Das
eine Opfer kommt besser klar mit der Situation als ein anderes Opfer, aber ein
vollkommen „normales“ Leben führt keines der Opfer. Dafür wurde vom Täter zu viel
zerstört.
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Natürlich ist die entscheidende Frage, wie man sich schützen kann.
Wichtig ist es, NEIN sagen zu können, wenn einem Berührungen,
Zärtlichkeiten und Annäherungen komisch vorkommen und man ein
eigenartiges Gefühl dabei hat.
Deswegen kann ein Kind oder eine Jugendliche / ein Jugendlicher nicht früh
genug ganz eindeutig und klar zeigen: MEIN KÖRPER GEHÖRT MIR! Und
was mit ihm geschieht, entscheide ICH.
Ich kann mich wehren, wenn mir jemand zu nahe kommt. Ich werde nichts
verstecken und verschweigen!
Ich werde mit Vertrauten darüber reden.
Und ich weiss: Der TÄTER ist immer schuld - nie das Opfer! Egal, was mir
erzählt wird!
Ich habe ein RECHT AUF HILFE!
Ich habe das RECHT ZU REDEN!
Ich habe das RECHT, SELBST ZU BESTIMMEN!
Opferhilfestellen und die Polizei können professionelle Unterstützung bieten. (siehe
auch Lehrerinfo 10.
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Strafgesetzbuch STGB (Lehrerinfo 10)
Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
 Wer eine andere Person, die 1. wegen einer geistigen oder
seelischen Krankheit oder Behinderung einschliesslich einer
Suchtkrankheit oder wegen einer tief greifenden
Bewusstseinsstörung oder 2. körperlich zum Widerstand unfähig
ist, dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung der
Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder
an sich von ihr vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
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Ebenso wird bestraft, wer eine widerstandsunfähige Person
(Absatz 1) dadurch missbraucht, dass er sie unter Ausnutzung der
Widerstandsunfähigkeit dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an
einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich
vornehmen zu lassen.
 Der Versuch ist strafbar.
 Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche
sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm
vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper
verbunden sind, 2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich
begangen wird oder 3. der Täter das Opfer durch die Tat in die
Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer
erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen
Entwicklung bringt.
 In minder schweren Fällen der Absätze 1, 2 und 4 ist auf
Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
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