Der Duke hat sich gemacht

Berlin genießen
Der Duke hat sich gemacht
Heinz Horrmann besucht das Restaurant im Ellington
Hotel in Wilmersdorf und freut sich über die Fortschritte
Herzlicher Service, kreative Küche
Wie ist die Qualität, wenn man ganz bewusst nicht nach Sternen trachtet, sondern nur ordentlich bewirten will? Es
passiert mir so gut wie nie, dass ich in einem Restaurant entweder alles hundertprozentig perfekt oder komplett miserabel antreffe. Am häufigsten erlebe ich ein
„sowohl als auch“. Ein geradezu typisches Beispiel dafür ist die gute, aber gewiss nicht aufregende Küche dieses Restaurants, das mittags Lunch anbietet
und ab 18 Uhr das Abendprogramm abspult. Kurz nach der Eröffnung war ich
schon einmal da und fand mehr
Schwachstellen in der Küche. Heute
überwiegt das Plus und die Ausschläge
nach oben werden zunehmend größer.
Der damals ungeschulte Service hatte
mich eher amüsiert, bei meinem aktuellen Besuch funktionierte alles, gastorientiert und sehr herzlich. Da freut man
sich als Gast. Wahrlich nicht alle Tage
bekommt man derart kreative Ausflüge
wie die Coulis von Esskastanien mit
Herbsttrompeten (aromatische Pilze),
Kakao-Bohnen und Belper Knolle (FestKäse, der gerieben wird) oder einen Salat vom Müritz Reh-Tafelspitz, mit Holunder, Pastinake und schwarzen Nüssen. Die Portionen sind übersichtlich,
aber ganz gewiss nicht so winzig wie in
einem Berliner Sternerestaurant, wo jedes Gericht auf einen Löffel passt. So
macht beispielsweise die kleine Portion
Auberginenpüree mit gerösteten Jakobsmuscheln als Zwischengang Appetit auf
mehr, ist aber auch mit 10 Euro Aufpreis
als Hauptgang bestellbar. Als ein leidenschaftlicher Trüffel-Jünger akzeptierte
ich die 15 Euro Aufpreis beim Feldsalat
mit eingemachten Quitten und Walnüssen, dafür bekam ich eine Rosette von
gehobelten Trüffelscheiben. Allerdings
von den preiswerten Sommertrüffeln.
Zwei Merkmale bestimmen die allgemeine Richtung. Bei den Gewürzen „crossover“ mit mediterranen
als auch exotischen Aroma-Kombinationen. Dann verbindet Glauert gern Geschmortes und Kurzgebratenes wie Bauch und Backe vom Schwein mit Japan
Rettich, Quatre-épices und
Malzjus. Hier ist die Bewertung ein klassisches
50 zu 50. Ganz großartig,
wie der Schweinbauch
mit einer perfekt krossen Kruste auf den
Teller kommt. Von einer wenig gelungenen Geschmacksneutralität sind die geschmorten Bäckchen geprägt. Im Zusammenspiel besser harmoniert da die
Variation vom Kalb, wobei die Ravioli
mit Kalbsschwanzragout hervorstechen.
Beim Lunch ist die Küche erkennbar
gut durchorganisiert. Darum klappt das
hier mit dem Mittagstisch, wo ansonsten
immer mehr Restaurants dazu übergehen, nur noch Abendprogramm zu bieten. Unkompliziert, einfach und schnell
geht es zu. Mittags und abends beginnt
die Mahlzeit mit frischem, sehr gutem
Brot, wo doch häufig in der Stadt blasses
Industrie-Baguette dominiert. Im Gegensatz zur Lunch-Zeit steht ab 18 Uhr
das mit 62 Euro kundenfreundlich kalkulierte Fünf-Gang-Menü auf dem Programm. Wählt der Gast sehr gute, korrespondierende Weine zu jedem Gang,
stehen 99 Euro auf der Rechnung. Auch
das ist ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis, wenn ich berücksichtige, das
Reh-Tafelspitz, Coulis von Esskastanien,
MONIQUE WÜSTENHAGEN
Florian Glauert ist angekommen. Der
sympathische Koch, der schon im Grill
Royal und im Hotel Palace verantwortlich am Herd stand, ist nun Küchenchef
im Restaurant Duke des Ellington Hotels an der Nürnberger Straße. Das
scheint für beide Seiten recht gut zu passen. Mit Weinregalen, Bildern und feiner Tischwäsche vermittelt das ganze
Restaurant ein wenig New Yorker Atmosphäre: Metropole halt. Florian Glauert
agiert mit seinem Team in der offenen
Küche. An warmen Tagen drängt alles in
den schön gestalteten Innenhof. Die Küche ist originell, neben den Menü-Empfehlungen ist die Speisekarte in „logique“ und „légère“ gegliedert. Der erste
Teil ist für die reinen Genuss-Esser, der
zweite mehr für die Kalorienzähler.
Küchenchef Florian Glauert arbeitet
seit rund einem Jahr im Restaurant Duke
die Variation vom Kalb, ein Sorbet mit
Pink Grapefruit sowie gebackene Schokoladentrüffel mit türkischen Feigen,
Vanille Crumble und Eiscreme aufwendig ist und unter anderem von einem
Château Batailley aus der Magnum- Flasche begleitet wird. Die Weinkarte
reicht über Deutschland und Österreich
weit hinaus, bietet ordentliche Burgunder und Mittelklasse-Lagen aus Bordeaux, dazu ein paar Spitzenweine, alles
zu sehr fairen Preisen. Der erstklassige
Pauillac Pichon Longueville Comtesse
de Lalande wird hier kaum teurer als in
Weingeschäften offeriert. Die exzellente
Weinkarte ist gewiss ein Verdienst des
Hausherrn Ekkehard Streletzki, für den
Wein auch ein Teil persönlicher Lebensphilosophie ist. Ein Wort noch zum coolen, gelungenen Ambiente. Das Ellington Hotel in der Nürnberger Straße wurde konsequent gestaltet. Das gilt auch
für das Restaurant Duke, frei nach Duke
Ellington, der in den 50-er Jahren im
Berliner Jazz Club „Badewanne“
spielte.
Restaurant Duke
Nürnberger Straße 50-55,
Wilmersdorf, Mo.-Sbd. ab
11.30 Uhr G 683 15 40 00,
www.duke-restaurant.com
Heinz Horrmann
schreibt jeden Sonnabend für
die Berliner Morgenpost