Darmstädter Echo, 4. März 2016, von Elke Lipp Schulen als Integrationsmotor FLÜCHTLINGE In Ober-Ramstadt berichtet Schweizer über Erfahrungen in seiner Heimat OBER-RAMSTADT - Die Situation von Flüchtlingen in der Schweiz war Thema eines Abends im Prälat-Diehl-Haus in Ober-Ramstadt. Thomas Huber erklärte, wie sein Heimatland die Herausforderung bewältigt. „Vom Flüchtling zum Mitbürger – Schlaglichter auf eine grundlegende gesellschaftliche Herausforderung“ hatte das evangelische Dekanat Darmstadt-Land die Einladung zu Vortrag und Diskussion mit dem Schweizer Thomas Huber überschrieben. Der Referent, Delegierter für Flüchtlingsfragen in seinem Heimatland, nannte den siebzig Zuhörern erst einmal Zahlen: „8,5 Millionen Menschen leben in der Schweiz, davon 2,5 Millionen Ausländer ohne Schweizer Bürgerrecht. Täglich kommen 250.000 Grenzgänger ins Land, davon 150.000 aus Deutschland.“ Was mit Flüchtlingen geschehe, fuhr er fort, entscheide in der Eidgenossenschaft der direkte Volkswille („der Souverän“) und nicht die Regierung. „Integrationspolitische Knochenarbeit“ Die Integration sei bisher ein Erfolg, sagte Huber und bezeichnete die Schulen als Integrationsmotor: „Wir sprechen Mundart und lernen alle miteinander erst mal sechs Jahre Deutsch.“ Die Schule betreibe einen immensen Aufwand, damit auch ein Junge aus Eritrea mithalten könne. Jedes Jahr erhielten tausende Muslime eine Berufsausbildung, das sei „integrationspolitische Knochenarbeit“, die aber mehr nutze als jede Sonntagsrede. Denn wer in die Arbeitswelt integriert sei, verfüge über Lohn und Kontakte. Froh sei er über das „Nein“ der Schweizer zur Verschärfung des Ausländerrechts am vergangenen Wochenende, erklärte Huber: „Man muss die Migranten schon deshalb eingliedern, weil viele niemand zurücknimmt.“ Freiheit brauche Schutz, weshalb Gesetze auch umgesetzt werden müssten: „Andernfalls breiten sich geistige und politische Instabilität aus.“ Verschiedene Welten prallen aufeinander Denn Offenheit und Liberalität lasse sich mit einigen Schüssen schnell verletzen, wie Frankreich zeige. Huber sagte aber auch: „Wir müssen die Leute ausbilden und dann zurückschicken, die Herkunftsländer bluten aus.“ Zudem prallten mit ihnen hier völlig verschiedene Welten aufeinander: „Das Patriarchat trifft auf die Kleinfamilie, die Systeme sind nicht kompatibel.“ Wie das mit dem Titel des Vortrags zu vereinbaren sei, fragte eine Zuhörerin bei der anschließenden Diskussion. So werde ein Flüchtling nicht zum Mitbürger. „Das befremdet mich, ich sehe das etwas differenzierter“, befand eine andere. Ein Mann wandte ein: „Die Leute werden in ihrem Herkunftsland nach der Rückkehr nicht mehr als Einheimische, sondern als Ausländer gesehen. „Manche Länder sind seit Jahren Kriegsgebiet, eine Rückkehr ist kompliziert“, ergänzte ein weiterer Zuhörer. Es gebe viele Ansatzpunkte, eine Lösung habe er auch nicht parat, meinte Huber und fügte hinzu: „Aber man darf sich nicht entmutigen lassen.“ Bilder von der Veranstaltung mit Dr. Thomas Huber Bildquelle: Evangelisches Dekanat Darmstadt-Land
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