Regierungsrat Philippe Perrenoud, Gesundheits

Kommunikation
Kanton Bern
Staatskanzlei
Anlass
Medienkonferenz des Regierungsrates
Thema
Weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Verselbstständigung der drei
kantonalen Psychiatriebetriebe
Datum
Freitag, 18. Dezember 2015
Referent
Regierungsrat Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor
Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlich Willkommen zu dieser Medienkonferenz
über die laufenden Arbeiten auf dem Weg Verselbstständigung der drei kantonalen
Psychiatriebetriebe UPD, PZM und PDBBJ.
Mit den Beschlüssen zum Meilenstein 3, welche der Regierungsrat letzte Woche gefasst hat,
haben wir die Halbzeit des Verselbstständigungsprojektes erreicht.
Bisher – bei der Erreichung der bisherigen zwei Meilensteinen – hatten wir sehr summarisch
via Medienmitteilungen informiert. Nun nehmen wir den Abschluss der ersten Phase des
Projektes zum Anlass, etwas breiter über die bisherigen Ergebnisse und das weitere
Vorgehen zu orientieren.
Die Ergebnisse, die wir Ihnen präsentieren werden, zeigen, dass wir konsequent und aus
meiner Sicht erfolgreich gearbeitet haben.
Trotz aller mindestens zu Beginn des Projektes geäusserten Vorbehalte und Skepsis, haben
wir die gesetzten Projektziele erreicht, dazu gehören die inhaltlichen Ziele, jedoch auch die
Ziele hinsichtlich der Akzeptanz.
Ich darf heute beispielsweise behaupten, dass der Grosse Rat mehrheitlich hinter der Art
und Weise sowie den bisherigen Ergebnissen des Projektes steht.
Ebenso konnten mit den Personalverbänden Lösungen gefunden werden, so dass wir auch
von einer Akzeptanz der Sozialpartner sprechen dürfen.
Die Verselbstständigung ist ein „technisches“ Projekt
Ich muss Sie jedoch bereits jetzt warnen: Der Newswert der Informationen dürfte für Sie
beschränkt sein. Denn bei diesem Projekt geht es nicht um ein hochpolitisches Vorhaben,
sondern in erster Linie um ein „technisches“, bei dem handwerklich saubere Arbeit geleistet
werden muss.
Hochpolitisch war seinerzeit der Entscheid des Grossen Rates, die Verselbständigung
einzuleiten.
Diese Mediendokumentation ist auch online: www.be.ch/medienmitteilungen
Medienkonferenz des Regierungsrates vom Freitag, 18. Dezember 2015
Zur Erinnerung: Die drei kantonalen Psychiatriebetriebe sind gewichtige Akteure. Sie tragen
zu 60% zur stationären und zu 40% zur spitalgestützten ambulanten Versorgung der
Kantonsbevölkerung bei.
Auch wenn diese Herauslösung aus der Kantonsverwaltung mit vielen Herausforderungen
verbunden ist, geht es beim Projekt „nur“ darum, die Betriebe in eigenständige
Aktiengesellschaften, also in neue Trägerschaften zu überführen.
Es ist nichts anders, als die rechtliche Situation der drei Psychiatriebetriebe zu
normalisieren, denn die heute breit akzeptierte Norm für Spitäler ist nicht, Teil einer
Gemeinde- oder Kantonsverwaltung zu sein.
Natürlich gibt es auf diesem Weg auch Einzelfragen, welche durchaus von politischer
Bedeutung sein können und werden.
So zum Beispiel die Frage, wie hoch die Kapitalausstattung der Betriebe sein muss und
unter welchen Bedingungen das Personal in den neugeschaffenen Aktiengesellschaften
künftig arbeiten soll.
Kurz zusammengefasst geht es beim Projekt jedoch darum, Bedingungen zu schaffen,
welche es den Betrieben in der neuen Rechtsform ermöglichen, nachhaltig zu wirtschaften,
das heisst unter anderem auch die benötigten Versorgungsleistungen wirtschaftlich und in
der nötigen Qualität zu erbringen.
Wichtige Themen im Umfeld
Somit könnten wir auch bereits zu den konkreten Projektinfos übergehen.
Da ich jedoch weiss, dass es im Umfeld des Verselbstständigungsprojektes verschiedene für
Sie sowie die Öffentlichkeit interessante Themen gibt, werde ich mich einleitend etwas
ausführlicher damit beschäftigen.
Es geht dabei um das Thema der Versorgung und das Thema der
Ergebnisverbesserungsmassnahmen. Meine Ausführungen sollen dabei helfen, dass die
Themen nicht durcheinandergebracht werden: Das heisst, dass der Kern des
Verselbstständigungsvorhabens weiterhin sichtbar bleibt und nicht von anderen Themen
zugedeckt wird.
Versorgung: trägerschaftsneutral und ökonomisiert
Zuerst zur Versorgung: Aus Sicht der Öffentlichkeit dürfte dies wohl das wichtigste Thema
sein. Letztlich geht es um die Frage, wie die Verselbstständigung die Versorgung
beeinflussen wird.
Ich fasse mich kurz: im Grundsatz sollte kein Einfluss existieren. Die Steuerung der
Psychiatrieversorgung erfolgt – analog zu derjenigen der somatischen Versorgung –
trägerschaftsneutral.
Die Instrumente sind bekannt: Die Versorgungsplanung, die Spitalliste für den stationären
Bereich, die Leistungsverträge für den ambulanten Bereich. Sie hatten bereits jetzt Gültigkeit
für die Psychiatriebetriebe und werden es auch künftig haben.
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Inhaltlich geht es weiterhin darum, eine patientenorientierte und regionalisierte Versorgung
anzubieten. In welcher Rechtsform die Psychiatriebetriebe ihre Leistungen erbringen, ist
nicht entscheidend.
Dies ist auch einer der entscheidenden Gründe, weshalb der Regierungsrat in einer früheren
Phase in einer Abwägung der verschiedenen Aspekte die Verselbstständigung nicht als
oberste Priorität bezeichnet und deshalb sistiert hatte.
Im Rahmen des Projektes haben die Betriebe selbstverständlich ihre Strategien überprüft,
aktualisiert und Anpassungen vorgenommen. Weiterhin bewegen sie sich – wie ich bereits
erwähnt habe – innerhalb des vom Kanton definierten Versorgungsrahmens.
Dynamisiert wurden die Kooperationen insbesondere mit den somatischen Spitälern. Dies
wird langfristig zu einer verstärkten Integration in die regionalen Versorgungsnetze und zu
einem konkreten Nutzen für mindestens einen Teil der Patienten führen.
Die einleitende Frage betreffend Einfluss des Verselbstständigungsprojektes auf die
Versorgung müsste anders gestellt werden, nämlich: Welchen Einfluss die Ökonomisierung
– deren Ausdruck die Verselbstständigung auch ist – auf die Versorgung hat – nicht nur auf
die Psychiatrieversorgung.
Dies würde dann die Optik öffnen für ein grösseres, auch politisches Bild und den engen
Fokus erweitern.
Ich kann zwar heute auf diese Frage keine abschliessende Antwort geben, bin aber
überzeugt, dass die kommende Generation sich mit einem Pendel befassen muss, das in die
andere Richtung schlägt, nämlich weg vom heutigen, einseitigen Wettbewerbsparadigma.
Gerade in der Psychiatrie sehe ich hier ein echtes Problem, besonders bei den
anspruchsvollsten Patienten, welche meistens auch noch komplexe soziale
Herausforderungen zu bewältigen haben.
Durch die Ökonomisierung und die dadurch verbundene Standardisierung nimmt die
Tragfähigkeit der Betriebe bezogen auf diese Menschen ab.
Dies ist eine Feststellung, nicht eine Bewertung. Erst die Zukunft wird uns die tatsächlichen
Wirkungen aufzeigen.
Übrigens stelle ich im Kleinen – im Zusammenhang mit der Diskussion um die
Spitalstandortinitiative – bereits eine Bewegung in die andere Pendelrichtung fest. Breit
werden nun Steuerungsmöglichkeiten gefordert, welche noch vor Kurzem, vermutlich auch
weil sie von der Regierung und deshalb aus der falschen Richtung kamen, vehement
abgelehnt worden waren.
Ergebnisverbesserung
Zum zweiten wichtigen Thema: der Ergebnisverbesserung, über welche wir bereits im
vergangenen August informiert haben. Mir ist es wichtig, dass wir die Ergebnisverbesserung
und die entsprechenden Massnahmen von der Verselbstständigung trennen, auch wenn sie
diese mit beeinflusst und auch wenn dies etwas akademisch tönt. Trotzdem ist die
Differenzierung wichtig.
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Weshalb ist die Ergebnisverbesserung nötig? Was verlangt nach einer generellen Erhöhung
der Produktivität?
Erstens und direkt mit der Verselbstständigung verbunden: Mit der Selbstständigkeit fallen
bei allen drei Betrieben, den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD), dem
Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) und den Psychiatrischen Diensten Biel-Seeland –
Berner Jura (PDBBJ) Kosten für Leistungen an, die bisher vom Kanton erbracht wurden.
Grosse Änderungen bezüglich Entwicklung der Einnahmen müssen ebenfalls berücksichtigt
werden.
Zweitens und unabhängig von der Verselbstständigung: die absehbare Einführung eines
neuen Finanzierungssystems für die stationäre Psychiatrie. Anstelle der heute üblichen
Tagespauschalen werden die Leistungen künftig mittels Fallpauschale abgegolten werden.
Das System wird als TARPSY bezeichnet.
Dieses System hat insbesondere dann Auswirkungen, wenn nach therapeutischen
Konzepten gearbeitet wird, welche tendenziell zu längeren Aufenthaltsdauern führen und
wenn der Anteil chronischer Patienten verhältnismässig gross ist.
Beides war und ist insbesondere in den PDBBJ der Fall. Deshalb ist hier der
Veränderungsbedarf gegenüber demjenigen in den UPD und PZM deutlich höher.
Und wie weiter?
Soweit also zur Einbettung des Projektes und zur Beleuchtung verschiedener wichtiger
Aspekte, welche jedoch nur indirekt mit dem Verselbstständigungsprojekt „verhängt“ sind.
Die Ergebnisse der Phase A werden uns nun Herr Martin Rumpf, der künftige
Gesamtprojektleiter und der Mandatsleiter der PwC, Herr Gustav Baldinger, erläutern.
Die amtierende Gesamtprojektleiterin, Frau Katharina Schönbucher Seitz, kann heute leider
aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass
wir die Phase A des Projektes erfolgreich abschliessen können. Ich möchte diese
Gelegenheit nicht verpassen, Ihr meine tiefe Anerkennung auszusprechen.
Aufgrund ihres Austrittes aus der GEF per Ende März 2016 wird Martin Rumpf, der bisherige
Projektkoordinator, im Laufe des ersten Quartals 2016 die Gesamtprojektleitung
übernehmen.
Was die Ergebnisse der Phase A betrifft, ist natürlich auch die PwC namentlich zu
erwähnen. Auch dank ihres Wirkens auf allen Projektebenen und in allen Themen stehen wir
heute da, wo wir stehen. Die PwC wird übrigens auch die Projektphase B begleiten, so
haben wir Gewähr für Kontinuität im Projekt.
Jeweils aus der spezifischen Sicht der Betriebe werden dann die drei operativ
Verantwortlichen der Psychiatriebetriebe über den Stand der Arbeiten und die wichtigsten
Herausforderungen informieren.
Dies sind Stefan Aebi, CEO der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern UPD, Dr. Rolf
Ineichen, Direktor des Psychiatriezentrums Münsingen PZM und Dr. Jan von Overbeck,
Kantonsarzt und seit Ende Oktober interimistischer Direktor der PDBBJ.
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Ihnen und ihren Mitarbeitenden möchte ich – auch im Namen des Regierungsrates –
herzlich danken für das engagierte und professionelle Mitwirken sowie die Loyalität. Für die
Mitarbeitenden der drei Betriebe stellt die Verselbstständigung nicht nur eine
organisatorische und fachliche Herausforderung dar, sie ist auch existentieller Natur.
Insbesondere für die Menschen, welche im Rahmen der Ergebnisverbesserung ihre Stellen
verlieren.
Zum guten Schluss stehen wir alle gerne bei der gewöhnlichen Fragenrunde zu Ihrer
Verfügung.
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