Foto: Werner Nagel
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Bisher sind die Besätze der Europäischen Waldschnepfe trotz Bejagung fast im gesamten Verbreitungsgebiet stabil. Die Jagd ist also weiterhin verantwortbar. Der jagdliche
Einfluss auf die Gesamtmortalität
scheint relativ gering zu sein und
wurde eher als kompensatorisch
eingestuft. Verluste geeigneter Ha-
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bitate, die Klimaerwärmung und
Verstädterung bedrohen die Art
weit mehr als die Jagd. Auch bei der
Waldschnepfe ist es sinnvoll, das
Interesse an dieser Spezies durch
­
eine nachhaltige Jagd zu erhalten,
um sie langfristig als natürliche
Ressource zu nutzen und zu schützen.
Das primäre Ziel der EU-Vogelrichtlinie ist, „die Bestände der Vogelarten
auf einem Stand zu halten oder auf
einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht“. Der Europäische Gerichtshof sah 2007 die Waldschnepfenjagd in Österreich als
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Der
bessere
Weg
JAGD AUF WALDSCHNEPFEN
In Deutschland seit Jahrzehnten verboten, in Österreich durch eine
Ausnahmeregel erlaubt: die Frühjahrsjagd auf dem Schnepfenstrich.
Wie sie dort begründet wird und warum sie vorteilhafter als die
Herbstjagd ist, erklären Prof. Dr. Friedrich Reimoser und Tanja Duscher.
nicht der Vogelrichtlinie entsprechend an. Vorrangig kritisierte er
die Frühjahrsbejagung und die dafür fehlenden Bedingungen zur Ausnahmeregelung nach Artikel 9 (siehe S. 18). In einem Gutachten der
Veterinärmedizinischen Universität
Wien wurde überprüft, ob und in
welcher Weise eine Jagd auf Wald-
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schnepfen in Österreich mit den
Schutzzielen der Richtlinie vereinbar ist, ob die Bestimmungen des
Artikel 9 angewendet werden können und welche Voraussetzungen
dabei erforderlich sind.
Für die Antwort ist die Frage nach
der Jagdart entscheidend. Bei den
Suchjagden im Herbst werden sowohl die Waldschnepfen als auch
alle anderen, im betroffenen Habitat
lebenden Tiere beunruhigt und büßen je nach Witterung erheblich an
Energie ein. Für die Waldschnepfen
ist der Herbst gleichzeitig nachweislich die Zeit mit den größten Gewichtsverlusten. Durch das Suchen
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Wild - Biologie
Artikel 9 der EU-Vogelrichtlinie (Auszug)
(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere
­zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden
­Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:
c) um unter streng überwachten Bedingungen selektiv den
Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung
­bestimmter Vogelarten in geringen Mengen zu ermöglichen.
und Hochmachen wird bei dieser Jagdart auf flüchtendes Wild geschossen. Insbesondere der Zick-Zack-Flug einer abstreichenden
Schnepfe erschwert den Schuss im Vergleich zu einem kontinuierlich
streichenden Vogel. Aus Tierschutzsicht ist das als kritisch zu betrachten. Die im Herbst übliche Suchjagd auf Waldschnepfen ist zudem
nicht selektiv. Da die Waldschnepfen optisch nicht nach Geschlechtern unterschieden werden können, werden auf Jagden im Herbst
und Winter etwa zur Hälfte weibliche Vögel erlegt. Diese spielen eine
deutlich wichtigere Rolle für den Reproduktionserfolg und somit für
den Besatzerhalt als die Männchen.
Foto: Karl-Heinz Volkmar
Bei der Balzjagd im Frühjahr können die Männchen hingegen
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Waidmannsheil am Schnepfenstrich im
Frühjahr: Dabei werden fast ausschließlich
Männchen erlegt. Die Jagd ist also selektiv.
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sicher angesprochen werden, da nur diese den typischen Balzflug
und -gesang zeigen. Bei traditionellen Frühjahrsjagden werden zu
etwa 90 Prozent Hähne geschossen. Auch die Gefahr, sie mit anderen
Arten zu verwechseln, ist in dieser Zeit minimal. Balzende Hähne sind
nachweislich wenig störungsempfindlich. Außerdem werden beim
Abschuss eines Männchens im Balzflug rastende Tiere nicht aufgescheucht und kaum beunruhigt, wie das bei den Herbst- und Winter-
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Foto: Werner Nagel
Foto: Jürgen Schiersmann
Pärchen im April: Wird im Frühjahr
ein Männchen erlegt, rückt bei
dieser polygamen Art rasch ein
neues nach.
Foto: Jacky Bernard
Die männlichen Schnepfen stoßen
bei ihrem Balzflug meist den Ruf
„Kwor-Kwor“ aus.
jagden der Fall ist. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass brütende Weibchen gestört werden, weil diese erst
einige Wochen nach den Männchen in
den Brutgebieten ankommen. Der Einfluss der frühen Balzjagd auf reproduktionsfähige Weibchen ist damit gering
und sollte die Besatzentwicklung nicht
negativ beeinflussen. Wie grundsätzlich bei polygamen Arten, ist auch bei
der Waldschnepfe bekannt, dass sich
ein Teil der Männchen nicht fortpflanzt. Aufgrund dieser „Männchenreserve“ kann ein erlegter Hahn binnen
weniger Tage ersetzt werden. Ein Reproduktionsausfall im betroffenen Habitat ist daher unwahrscheinlich.
Bei der in Österreich bisher praktizierten Frühjahrsjagd auf balzende
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Hähne werden gezielt einzelne
Männchen erlegt und keine Massenstrecken gemacht, wie es bei Suchjagden mit Hunden vorkommen
kann. Diese Art der Frühjahrsjagd
kann somit die Population kaum negativ beeinflussen.
Das in Deutschland 1977 erlassene
Verbot der Balzjagd im Frühjahr hatte
keine Auswirkungen auf die Besätze
der Waldschnepfe. Faragó (2003)
weist sogar darauf hin, dass sich diese in Ungarn bei reiner Frühjahrsjagd
auf balzende Hähne positiv entwickeln konnten. Sie sollte aber zu biologisch vertretbaren Zeiten stattfinden, also ab Beginn des Frühjahrszuges bis zum Beginn der Bruten, je
nach Höhenlage und klimatischen
Unterschieden im Zeitraum Anfang
März bis Mitte April.
Die Frühjahrsjagd auf balzende Hähne stellt in Österreich die einzige zufriedenstellende Lösung dar: Sie ist selektiv,
besatzsichernd und störungsarm. Darüber hinaus hat sich die dort übliche
Jagd am Schnepfenstrich im Frühjahr
über viele Generationen hinweg entwickelt und bisher zu keinem merklichen
Rückgang der Besätze geführt. Ein Erhalt dieser Jagdart ermöglicht somit
nicht nur eine nachhaltige Nutzung,
sondern bewahrt auch langfristig das
Interesse der Jägerschaft an dieser Art
und fördert den Anreiz zu zusätzlichen
Habitatschutzmaßnahmen.
Deshalb
wurde eine Abweichung von Artikel 7,
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Foto: Jacky Bernard
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Absatz 4 nach Artikel 9 Abs. 1 c (Ausnahmeregelung) erwirkt, „um unter streng überwachten
Bedingungen selektiv […] eine vernünftige
Nutzung“ der Europäischen Waldschnepfe „in
geringen Mengen zu ermöglichen“.
Die Waldschnepfe als Nahrung, Trophäe
Foto: Sven-Erik Arndt
Ab Herbst schalten die Schnepfen auf „Sparflamme“. Die Jagd in dieser
Zeit ist daher für die Art besonders energieraubend.
oder Präparat zu nutzen, kann als „vernünftige Nutzung“ im Sinne der Vogelrichtlinie angesehen werden. Außerdem kann sich dieser
Begriff auch auf die Jagdart und -technik aus
Sicht des Tierschutzes beziehen. In diesem
Punkt ist die Frühjahrsjagd auf balzende Hähne der herbstlichen Suchjagd vorzuziehen,
denn nicht flüchtende Waldschnepfen können sicherer erlegt werden. Zudem bedeutet
die Herbstjagd eine zusätzliche physiologische Belastung in der für Waldschnepfen
energetisch ungünstigsten Jahreszeit.
Eine „vernünftige Nutzung“ kann mit dem
Begriff der „nachhaltigen Nutzung“ gleichgesetzt werden. Die Jagd ist, sofern sie nachhaltig
ausgeübt wird, eine anerkannte Form der Nutzung und kann zum Erhalt von Arten beitragen
(siehe Grundsatzerklärung der IUCN). Um
durch die Jagd nicht mehr zu entnehmen, als
Bei den herbstlichen Treibjagden sind die Schnepfenstrecken meist größer als bei der Frühjahrsjagd auf balzende Hähne.
Zudem ist sie deutlich weniger selektiv. Denn rund die Hälfte der erlegten Vögel sind Weibchen.
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Foto: Werner Nagel
Foto: Christoph Burgstaller
der Besatz verkraften kann, sind Kenntnisse über die
Dynamik (Anzahl, natürliche Sterberaten, Zugverhalten) der bejagten Populationen notwendig.
Im Zuge des Gutachtens wurde entsprechend den
Vorgaben der EU eine Anleitung erstellt, wie die „geringen Mengen“ berechnet sowie die Stabilität der Besätze überprüft werden. Empfehlungen für ein langfristiges Monitoring, Begleitforschungen und ein Waldschnepfen-Management wurden zudem ergänzt.
Die Frühjahrsjagd ist in Österreich über Artikel 9 der
Vogelrichtlinie möglich. Dazu ist Folgendes erforderlich: Die Besätze und deren Trends werden durch ein
systematisches Monitoring erfasst, die Schusszeit begrenzt und die Freigaben auf geringe Mengen beschränkt. Die Jagd muss selektiv sein – also nur auf
streichende Waldschnepfen, die am Balzruf als Hähne
erkennbar sind. Zudem muss es möglich sein, rasch
auf veränderte negative Besatzentwicklungen zu reagieren.
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Brütendes Weibchen: Eine zeitige Frühjahrsjagd beeinflusst das
Brutgeschehen kaum.
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