Kiew – das „Neue Jerusalem“

Kiew – das „Neue Jerusalem“
I. Zusammenfassung. – II. Zur Geschichte der Stadt. – III. Die Geschichte eines Mythos: Kiew – das
„Zweite Jerusalem“. – IV. Instrumentalisierung des Mythos in der Frühen Neuzeit. – a) Petro Mohyla. –
b) Ivan Mazepa. – V. Die Nationalisierung des Mythos. – VI. Erinnerungsorte in Verbindung mit Kiew
als dem „Neuen Jerusalem“ nach 1991. – VII. Auswahlbibliographie.
I. Zusammenfassung
Die Idee von Kiew als „Neuem“ oder „Zweitem Jerusalem“ entstand in der Zeit der
Kiewer Rus’ in Anlehnung an die entsprechende Idee von Konstantinopel, die als eine
von Gott begnadete Stadt schon im 7. Jahrhundert mit der heiligen Stadt verglichen
wurde. Die bekannte Metapher machten sich die Kiewer Chronisten zu Nutze, als sie
auch Kiew zum „Neuen Jerusalem“ erklärten. Angefangen mit einer stark politisch und
religiös aufgeladenen Bedeutung, diente der Mythos als Fundament für die gewünschte
Entwicklung der Stadt als Herrschaftszentrum einer aufstrebenden Region. Als Quelle
für ihren Ursprungsmythos wurden religiöse Bilder, Klosterarchitektur und Überlieferungen in das Konzept eingefügt, was beispielsweise in der Andreaslegende deutlich
wird. Nach der Verwüstung im 13. Jahrhundert schwächte sich die Erinnerung an Kiew
als „Zweitem Jerusalem“ ab. Ein neues Interesse entstand erst im 17. Jahrhundert in den
Zeiten von Metropolit Petro Mohyla und Kosakenhetman Ivan Mazepa, als der Mythos
eine identitätsstiftende Funktion für die Orthodoxe Kirche und das ruthenische Volk erfüllen sollte. Im 18. Jahrhundert änderte sich die Bedeutung, als die russischen Zaren
versuchten, Kiew als Wiege nunmehr der russischen Orthodoxie und zugleich als geistliches Zentrum des Imperiums zu vermitteln. Die Umformulierung geschah, als die Elite
des Zarenreiches den Mythos zum Bestandteil der großstaatlichen Erzählung machte, die
klar anti-polnisch ausgerichtet war. Aber auch die Geistlichen und Literaten des habsburgischen Galizien setzten dieses historische Werkzeug ein, um ihre eigenen nationalen
Ambitionen zu legitimieren. Diese zwei Hauptlager in der Interpretation der Idee von
„Kiew – dem Zweiten Jerusalem“, die ,imperiozentrische‘ und die ,ukrainozentrische‘,
bestanden durchgehend bis zur Revolution 1917/18. Die Wirkungsgeschichte dieses historischen Konstrukts ging auch im 20. und 21. Jahrhundert weiter, als der Mythos Teil
der Diskussion über das historische Gedächtnis Rußlands und der Ukraine nach 1991
wurde. In diesem Kontext diente das Konzept erneut einer ethnischen, politischen, konfessionellen und kulturellen Abgrenzung nach innen und außen. Neu sind Versuche in
der Ukraine, den Mythos zu entpolitisieren und ihn als Teil der Kulturgeschichte der
Stadt zu präsentieren.
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II. Zur Geschichte der Stadt
Die frühesten Zeugnisse über Siedlungen auf dem Gebiet der heutigen ukrainischen
Hauptstadt stammen aus dem 5. und frühen 6. Jahrhundert. Die Stadt erfuhr unter Fürst
Vladimir dem Großen eine bedeutende Ausweitung. Zunächst entstanden unter seiner
Herrschaft neue Verteidigungsanlagen. Das wichtigste Ereignis war aber die Annahme
des Christentums im ostchristlichen Ritus im Jahr 988. Kiew wurde so zum Zentrum
einer Metropolie des Konstantinopeler Patriarchats, was im Bau der ersten christlichen
Kirche, der sogenannten Zehntkirche, seinen Ausdruck fand. Später, im 10. und 11. Jahrhundert, verzierte die Hauptstadt der Kiewer Rus’ bereits ein einzigartiges architektonisches Ensemble: Die goldenen Pforten (erbaut nach einem Vorbild in Konstantinopel),
die „Kathedrale der heiligen Sophia“ (ebenfalls in Analogie zur Hagia Sophia errichtet),
das „Sankt Michaelskloster“ und das „Höhlenkloster“. Die vorteilhafte geographische
Lage Kiews auf der Route „von den Warägern zu den Griechen“ trug zur Entwicklung
des Handels und des lokalen Handwerks bei. Die Blüte der Stadt wurde schließlich erst
durch den Einfall der Tataren und Mongolen unterbrochen. 1240 wurde Kiew nahezu
vollständig verwüstet, nur einige wenige Kirchen blieben stehen.
Im Jahr 1362 wurde Kiew Teil des Herrschaftsverbandes des Großfürstentums Litauen und 1440 zur neuen Residenz der lokalen litauischen Kiewer Fürsten. Ende des 15.
Jahrhunderts erhielt die Stadt aber auch das Magdeburger Stadtrecht. Nach dem Abschluß der Union von Lublin 1569 zwischen dem Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen fiel Kiew unter die Jurisdiktion der polnischen Krone. Die ganze Zeit
hindurch war die Stadt Sitz eines orthodoxen Metropoliten geblieben. Nicht lange nach
der Lubliner Union wurde in Kiew dessen Residenz wiederhergestellt. In dieser Zeit, in
die auch der bedeutsame Abschluß der Brester Kirchenunion von 1596 fiel, wurde Kiew,
dessen orthodoxe Bevölkerung und Geistlichkeit die Union ablehnten, zu einem Zentrum der Aktivitäten der orthodoxen kirchlichen Bruderschaft. Sie gründete zusammen
mit Metropolit Petro Mohyla das berühmte Kiewer Kollegium, das 1658 zur Akademie
erhoben wurde. Anfang des 17. Jahrhunderts nahm die erste Druckerei in der Stadt ihre
Arbeit auf, und die mittelalterlichen Kirchen wurden gezielt restauriert.
Im Anschluß an die Kosakenkriege Mitte des 17. Jahrhunderts gelangte Kiew unter
das Hetmanat der Kosaken, eine halbautonome politische Einheit unter dem Protektorat
des Moskauer Staates. In der Stadt war eine moskowitische Garnison stationiert. Zu dieser Zeit wurden in Kiew zusätzliche Verteidigungsanlagen erbaut, um die Stadt weiter
vor türkisch-tatarischen Einfällen zu schützen. Eine weitere Folge der Grenzveränderungen war die Unterstellung der Kiewer Metropolie unter die Jurisdiktion des Moskauer
Patriarchats 1686.
Eine neue Periode kultureller und ökonomischer Blüte der Stadt fiel mit der Herrschaft des Hetmans Ivan Mazepa zusammen, als neue barocke Kirchen entstanden. 1708
wurde Kiew Provinzhauptstadt. Allmählich ging die Macht in der Stadt vom Magistrat
und dem Hetman in die Hände des Generalgouverneurs über, der in St. Petersburg eingesetzt wurde. 1797, im Anschluß an die Teilungen Polens (1772–1795), erhöhte sich der
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Rang Kiews im Rahmen des Rußländischen Reiches zur Hauptstadt der südrussischen
Region. Der neue Status führte zu einem Anwachsen des Handels und der militärischen
Infrastruktur. Nach einem Brand im Jahr 1811 wurde ein Generalplan zum Neuausbau
der Stadt verabschiedet, man legte neue Magistralen an und gemeindete die ehemaligen
Vorstädte ein.
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden erste industrielle Produktionsanlagen und Fabriken. Zugleich wurden zwei neue Universitäten eröffnet: Die dem heiligen Vladimir geweihte Alma mater entstand 183�, aus ihr wurde die heutige Nationale Taras-ŠevčenkoUniversität. 1898 wurde das Polytechnische Institut eröffnet, die heutige Polytechnische
Universität. Ferner begründete man ein Operntheater. Nicht unwichtig war das starke
Anwachsen der jüdischen Gemeinde Kiews in den 1860er und 1870er Jahren. Ende des
19. Jahrhunderts wurde die Stadt zum Zentrum der politischen Opposition, in der national orientierte Parteien und Bewegungen eine Schlüsselrolle spielten. Nach der Machtergreifung der Bolschewiken in Petersburg im Oktober 1917 wurde Kiew für einige
Jahre zur Kampfarena einer Vielzahl bewaffneter politischer Gruppierungen. Im Januar
1918 rief der Zentralrat einen unabhängigen ukrainischen Staat aus. Der Zentralrat wich
im gleichen Jahr zuerst den Bolschewiken, dann den deutschen Truppen und später
dem Hetman Pavlo Skoropads’kyj und der Regierung der ukrainischen Volksrepublik.
Schließlich übernahmen im Jahr 1921 sowjetische Truppen die Macht in der Stadt –
Kiew wurde die Hauptstadt der ukrainischen Sowjetrepublik.
In der Zwischenkriegszeit trat die Stadt, wie die ganze Sowjetunion, in eine Phase der
forcierten Industrialisierung ein, was auch einen erheblichen Bevölkerungszuwachs mit
sich brachte. Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs war Kiew bereits eine Millionenstadt. Diese Entwicklung wurde durch den Krieg jedoch nachhaltig unterbrochen. Schon
einige Wochen nach dem Einfall der deutschen Truppen in die Sowjetunion im Juni 1941
begannen die Kämpfe um Kiew. Die Besetzung der Stadt dauerte bis zum November
19�3 an. Während dieser Phase verloren rund 200.000 Menschen ihr Leben. Eine eigene
Seite in der Geschichte des Holocaust nimmt die Erschießung von 3�.000 Juden in der
Schlucht Babij Jar in der Nähe von Kiew ein. In dem dortigen Massengrab ruhen darüber
hinaus die sterblichen Überreste von weiteren 66.000 Menschen.
Die Wiederherstellungsarbeiten nach der Befreiung der Stadt dauerten bis 1949. In
der Nachkriegszeit kam ein Hauptteil des Steueraufkommens in Kiew aus dem Maschinenbau und der metallverarbeitenden Industrie. Die unsichere ökologische Situation in
der Ukraine, die in der Katastrophe im Atomkraftwerk Tschernobyl 1986 kulminierte, wurde zu einem der Auslöser für die Bildung einer nationalen Opposition in Kiew.
Deren Anführer kritisierten die Unfähigkeit des Zentrums, mit der systemischen Krise
der Industrie fertig zu werden und die Bevölkerung vor den Folgen der ökologischen
Katastrophe zu schützen. Im Unterschied zu den Machthabern in Moskau reagierte die
russisch-orthodoxe Kirche unmittelbar auf die Katastrophe. Die damit verbundene Zunahme der Religiosität führte zum Bau neuer Kirchen zu Ehren der Opfer des Unglücks.
So geriet die Darstellung der Muttergottes auf einer gespaltenen Glocke in der Kirche
des Erzengels Michael in Kiew für viele zum Symbol für Tschernobyl. Die kurz nach
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der Atomreaktorkatastrophe errichtete Kirche war das erste Gotteshaus, das nach Jahrzehnten atheistischer politischer Herrschaft in der ukrainischen Hauptstadt neu gebaut
werden konnte.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde Kiew zur Hauptstadt des unabhängigen ukrainischen Staates. Das wohl bedeutendste Ereignis in der jüngsten Geschichte
der Stadt war die Orangene Revolution des Jahres 2004, während der sich auf den Straßen Kiews Tausende Menschen zur Verteidigung des Wahlrechts zusammenfanden.
Politische Gegensätze kamen aber auch in einer kirchlichen Spaltung zum Ausdruck.
Die Teilung der orthodoxen Kirche in die ukrainische orthodoxe Kirche des Moskauer
Patriarchats (UOK-MP) und in die ukrainische orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats (UOK-KP) sowie die Wiedererstehung der aus dem Untergrund oder dem Exil
zurückgekehrten ukrainischen autokephalen orthodoxen Kirche (UAOK) und der mit
Rom unierten griechisch-katholischen Kirche (UGKK) während der 1990er Jahre wurde
begleitet von Kämpfen um die Heiligtümer der alten Hauptstadt. Die Konfrontationen
sind bis heute nicht gänzlich abgeflaut.
III. Die Geschichte eines Mythos: Kiew – das „Zweite Jerusalem“
Ideologische Konfrontationen der letzten Jahre in der Ukraine nahmen oft Bezug auf
Mythologeme der Vergangenheit. Eine der wichtigen Legitimierungsinstanzen war die
Idee von Kiew als „Neuem Jerusalem“, die bereits in der Zeit der Kiewer Rus’ entstanden war. Die Kiewer Schreiber orientierten sich in diesem Fall an der noch älteren Tradition, Konstantinopel, die Hauptstadt des byzantinischen Reiches, mit der göttlichen
Stadt Jerusalem zu vergleichen. Die Metapher von „Konstantinopel, der von Gott begnadeten Stadt“, erschien etwa im 7. Jahrhundert nach der Einnahme der östlichen Teile
des Oströmischen Reiches durch die Araber. Seit dieser Zeit wurde die Hauptstadt als
sakraler Ort aufgefaßt, wo Erlösung und Schutz in einem Meer von Chaos und Verfall
warten sollten. Dieses Konzept fand seinen Widerhall in theologischen Texten sowie in
der Anlage und der Architektur von Konstantinopel.
Um den Ruf einer gottgeweihten Stadt bemühten sich auch weitere Städte im mittelalterlichen Europa. Konstantinopel stand in einer Reihe mit Aachen, Tărnovo oder Prag.
Was Kiew betrifft, so bestand die Besonderheit der dortigen Interpretation gerade in der
Anerkennung der besonderen Rolle Konstantinopels in der christlichen Heilsgeschichte.
Kiew hatte nun diese Tradition geerbt und übernahm daher die Aureole der Heiligen
Stadt von dort. Dieser Gedanke fand seinen Ausdruck etwa in der Pamjať i pochvala
knjazju Vladimiru (Gedenkschrift und Lobrede zu Ehren des Fürsten Vladimir) nach
1040 im Kontext des Slovo o zakone i blagodati (Predigt über das Recht und die Gnade) des Metropoliten Ilarion von Kiew. So wie Kaiser Konstantin „mit seiner Mutter
Helena das Kreuz aus Jerusalem geholt, es über sein ganzes Friedensreich hin gesandt
und so den Glauben gefestigt“ habe, so habe auch der Kiewer Fürst Vladimir „mit [seiner] Großmutter Oľga das Kreuz aus dem neuen Jerusalem, aus der Stadt Konstantins,
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Der Kupferstich stellt Jesus an der Seite von Johannes dem Täufer und dem Heiligen Andreas dar. Im
Wasser des Jordan ist ein Boot mit der Ikone der Muttergottes zu erkennen. Wahrscheinlich handelt
es sich dabei um die Theotokos-Ikone, die zur Kiewer Entschlafens-Bruderschaft gehörte. Es wird
angenommen, daß der Kupferstich 1662 im Dnjepr gefunden wurde. Ihr Fest wird am 10. Mai gefeiert
und fällt somit mit dem Stadtfest Kiews zusammen. In der oberen Reihe ist eine Gruppe weltlicher
Herrscher abgebildet (unter ihnen auch der Kosakenführer Ivan Mazepa), neben Heiligen wie Boris und
Gleb, die sich auf dem Hügel des Kiewer Berges befinden. Über ihnen ist das Kiewer Höhlenkloster
dargestellt, versehen mit der Inschrift „Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen“ (Psalm 87,1). Im
Vordergrund ist die Person des heiligen Vladimir mit einem Stab zu sehen, der die Macht des weltlichen
Herrschers und gleichzeitig die Taufe der Kiewer Rus‘ symbolisiert. Darüber befinden sich Darstellungen von Gott Zebaoth und dem heiligen Geist in Gestalt einer Taube. Als letztes ist in der unteren Reihe
das Wappen von Mazepa abgebildet. Es erscheint noch zweimal auf dem Kupferstich (zum einen auf
dem Höhlenkloster, zum anderen in Form eines Kreuzes, welches die Taufe der Rus’ auf dem Kiewer
Berg symbolisiert). Das Wappen repräsentiert hier die weltliche Macht des Hetmans in Verbindung mit
der Idee von „Kiew als Zweitem Jerusalem“.
Bildnachweis: Privatarchiv Liliya Berezhnaya.
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gebracht“. Daß Kiew die byzantinische Tradition ererbt habe, fand sein Echo nicht nur
in der Herstellung von Analogien zwischen Großfürst Vladimir und Kaiser Konstantin,
zwischen Fürstin Oľga und Kaiserin Helena, sondern auch in der unmittelbaren Bezugnahme auf biblische Gestalten. So wurden Großfürst Vladimir, als Parallele zum alttestamentarischen König, David, sein Sohn Jaroslav, entsprechend zu König Salomon,
Salomon genannt. Solche biblischen Parallelen vervollständigten die Legitimität der regierenden Dynastie und bezeugten die Sakralität Kiews, ihrer Residenz.
Auf die besondere Rolle Kiews in der christlichen Heilsgeschichte verwies überdies
die populäre Legende über die Weissagung des Apostels Andreas auf den Hügeln von
Kiew. In ihrer vollständigen Form war sie niedergelegt in der Povesť vremennych let
(Erzählung von den vergangenen Jahren) vom Anfang des 12. Jahrhunderts. Gemäß der
Legende segnete der Apostel den Ort, auf dem die Stadt errichtet werden sollte, sagte
ihr besondere göttliche Gunst voraus und errichtete dort ein Kreuz. Auf diese Weise
stand Kiew nicht nur in einer Reihe mit Konstantinopel und Rom (wohin der Legende
nach auch der Apostel Andreas gezogen war), sondern auch mit dem gesegneten Jerusalem. Die Andreaslegende demonstrierte zugleich den apostolischen Vorrang des altrussischen Christentums, da sie quasi den Gründungsakt der Stadt vor dem Aufenthalt
des hl. Petrus in Rom ansetzt.
Das gelehrte Konzept des Erbes von Konstantinopel beziehungsweise des „Zweiten
Jerusalem“ fand dann auch Ausdruck im architektonischen Aufbau Kiews des 11. und 12.
Jahrhunderts. Die Stadt wurde nach dem Modell Konstantinopels gestaltet, indem auf sie
die sakrale Bedeutung in den Benennungen der Kirchen und der Verteidigungsanlagen
übertragen wurde. So wurde etwa das Goldene Tor von Kiew, wie in Konstantinopel und
in Jerusalem, als Parallele zum Eingang in die Himmlische Stadt Jerusalem aufgefaßt. Als
Pforte zum Paradies galten auch das Höhlenkloster und die Kirche der heiligen Sophia.
Letztere war in Analogie zur zwölftorigen Grabeskirche in Jerusalem erbaut worden. Die
Sophienkathedrale in Kiew ist ebenfalls ein Bau mit zwei marmornen Säulen am Eingang. Die sakrale Zahl zwölf bezieht sich nicht nur auf die biblische Symbolik der zwölf
Stämme Israels, sondern zielt auch auf die Nachkommen Fürst Vladimirs, des Täufers
der Rus’. Auf den Fresken der Sophienkathedrale in Kiew folgen dem Vater dessen zwölf
Söhne. Der Vater hält ein als Zion benanntes Reliquiar in den Händen. Im 16. Jahrhundert
wurde diese Analogie noch durch die Hinzuziehung neuer Symbole verstärkt, indem etwa
ein Jaspis, Symbol des „Neuen Jerusalem“, in den Boden der Kiewer Sophienkirche gegenüber dem Eingang zum Altarraum eingebaut wurde.
Ähnlich wie die Sophienkathedrale war auch das wichtigste Kloster Kiews, das Höhlenkloster (ekfavra), konzipiert und erbaut wie eine Replik der Heiligen Stadt. Die sakrale Topographie des Klosterbaus gibt die wesentlichen Züge der zentralen Teile sowohl
Konstantinopels als auch des Heiligen Landes wieder. Die Entschlafenskirche der Lavra
sah man als zuverlässigen Verteidiger, als unzerstörbares Zion der Stadt. Eine der populären Legenden besagte, daß ein Pilger, der in das Kiewer Höhlenkloster gelangte, zum
Teilnehmenden an den Ereignissen des Evangeliums wurde und geradezu das Leiden
und die Auferstehung Christi miterlebte. Da das Territorium des Klosters mit dem Heili42
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gen Land in Verbindung gebracht wurde, begab sich jeder, der mit einem Gebet seine
Schwelle überschritt, auf den Weg des Heils.
IV. Instrumentalisierung des Mythos in der Frühen Neuzeit
a) Petro Mohyla
Nach der Verwüstung Kiews durch die Mongolen und Tataren schwächte sich die Memoria Kiews als „Neues Jerusalem“ ab. Die geistliche und weltliche Elite hatte nach
dem Verlassen der Stadt kein Interesse mehr an einer Aufrechterhaltung deren besonderen Status auf der sakralen Karte der Region. Allerdings bestand die Vorstellung von
der Gotterwähltheit Kiews, das sich unter der besonderen Fürsprache der Gottesmutter
befand, in folkloristischen Texten fort und fand von dort Eingang in polnische und litauische Chroniken des 13. bis 15. Jahrhunderts.
Eine neue Welle des Interesses am Mythos von Kiew als „Neuem Jerusalem“ fiel in
die Zeit von Metropolit Petro Mohyla. In dieser Periode verschärfte sich im Zusammenhang mit dem Abschluß der Brester Kirchenunion von 1595/96 die konfessionelle Polemik. Die Themen, die in diesen Diskussionen angeschnitten wurden, umfaßten das
Problem der Taufe der Rus’ und die Frage, inwiefern dies ein „katholisches“ Ereignis
gewesen sei. Eine zentrale Figur stellte dabei der Apostel Andreas dar. In ihrer Beschreibung der Ereignisse stellten die orthodoxen Polemiker eine Verbindung zwischen der
apostolischen Tradition Jerusalems und der orthodoxen Kirche Rutheniens her. Die Andreaslegende und Anspielungen auf Fürst Vladimir wurden so zu integralen Bestandteilen des Mythos von „Kiew als Zweitem Jerusalem“. Auslegungen dieses Mythos wiesen
damals vor allem in zwei Richtungen. Einerseits sollte die besondere Mission der orthodoxen Kirche in den ruthenischen Landen unterstrichen werden, die so viele Zeichen
„heiliger Protektion“ erhalten hatte. Andererseits wurde die Rolle Kiews als desjenigen
Ortes betont, wo das Wiedererwachen des „ruthenischen Volkes“, des Volkes der Rus’,
seinen Anfang nehmen sollte.
Im Paterikon des Kiewer Höhlenklosters von Sylvestr Kosiv (1635), einer Sammlung von Heiligenlegenden der Väter und Mönche des alten Klosters, stand die Idee
einer Kontinuität der ruthenischen orthodoxen Tradition im Dienst einer Verstärkung der
polemischen Argumentation. Sie sollte Beweise liefern für Gottes Schutz des Kiewer
Landes. In seiner Einleitung „an den orthodoxen Leser“ verglich Kosiv Kiew und sein
Höhlenkloster mit „einem irdischen Geburtsort der Engel, [...] einem Feld, wo die Lilien der Reinheit, die Rosen des Leidens und die Hyazinthen des Gehorsams sich einst
und jetzt ausbreiten“. Die Publikation des Paterikons sollte zudem als Versuch gesehen
werden, den orthodoxen Metropolitensitz des 17. Jahrhunderts mit dem Kiew der Fürstenzeit in eine ideelle Verbindung zu bringen. In der gleichen Tradition entwickelte das
Werk Τeratourgema von Atanasij Kaľnofojs’kyj (1638) das Konzept des wunderbaren
ruthenischen Landes und Kiews als „Stadt Gottes“.
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Beide Apologien wurden auf Anweisung Petro Mohylas veröffentlicht und waren
Ausdruck einer neuen propagandistischen Linie. Metropolit Mohylas Bemühungen um
eine Wiederherstellung Kiews als alte Hauptstadt der Rus’ und die Wiederbelebung der
Idee vom „ruthenischen Zion“ führten zur Renovierung der Kiewer Kathedralen, zur
Überführung der Reliquien des heiligen Vladimir und zum Bau eines Monuments und
einer Kapelle zu Ehren Vladimirs und seines Nachfolgers Jaroslav des Weisen. Auch in
der visuellen Symbolik der Druckwerke fand dieser Rekurs auf die orthodoxe Tradition
der Rus’ ihren Ausdruck. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts begannen ruthenische
Druckwerkstätten systematisch mit der Publikation von Holzschnitten mit Abbildungen
der Heiligen des Kiewer Höhlenklosters, des heiligen Vladimir, der heiligen Oľga und
des Apostels Andreas. Zudem wurden diese Bilder oft auf die Titelseiten der Druckwerke aus Kiew plaziert, woraus sich mit der Zeit eine standardisierte Buchumkleidung
entwickelte, die die wichtigsten Komponenten des Konzepts vom „Neuen Jerusalem“ reproduzierte. Dieser und andere Faktoren trugen schließlich dazu bei, daß die spirituelle,
heilsgeschichtliche Rolle Kiews als wichtiger wahrgenommen wurde als seine weltliche
und historische Bedeutung.
b) Ivan Mazepa
In der Periode nach Mohyla erschien das Konzept des „ruthenischen Zion“ reduziert zu
einer etwas schlichteren und weniger mystischen Formel, doch blieb sein spiritueller
Gehalt bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts von Belang. Dann erfuhr es eine Bereicherung durch neue visuelle Konnotationen, die sich besonders auf die Rolle des weltlichen Herrschers bezogen. So traten entsprechende Bemühungen in Predigten und in der
dramatischen Literatur hervor, etwa aus der Feder der damaligen Mitstreiter des Kosakenhetmans Ivan Mazepa. Es war vor allem der Kirchenreformer und Theologe Feofan
Prokopovič, der Kiew unmittelbar mit dem „neuen Zion“ verband. Er hatte damit sowohl
die orthodoxe Kirche als auch das russische Reich im Auge. Derartige Anspielungen
erhielten eine besondere Bedeutung, da sie eine Beziehung zwischen dem „Neuen Jerusalem“ auf den Kiewer Hügeln und der altrussischen Geschichte einerseits sowie der biblischen Überlieferung andererseits herstellen konnten. Eine entsprechende Konzeption
fand sich dann in zahlreichen Panegyriken zu Ehren des Hetmans Mazepa wieder. Mazepa wurde von den Poeten aus Kiew und Černihiv mit den alttestamentarischen Gestalten
Gideon, Salomon und selbst mit König David gleichgesetzt.
Zudem fand diese Konzeption Ausdruck in Gravuren aus dieser Zeit, insbesondere
in der Kreuzigung des Herrn von Innokentij Ščyrs’kyj. Der Künstler stellte darauf die
Kiewer Hügel dar, mit Christus, Johannes dem Täufer und dem Apostel Andreas neben
ihm. Auf den Wassern des Jordan schwimmt ein kleines Boot mit der Muttergottesikone
der Kiewer Bruderschaft. Oben plazierte Ščirs’kyj eine Gruppe weltlicher Machthaber
und geistlicher Personen, unter denen die heiligen Boris und Gleb, der heilige Großfürst
Vladimir mit Zepter sowie Hetman Mazepa zu identifizieren sind. Die Argumente, die
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seinerzeit Ende des 16. Jahrhunderts und im frühen 17. Jahrhundert von den orthodoxen
Theologen in ihren Polemiken mit den Unierten benutzt wurden, wurden also später in
der Umgebung Mazepas zu einer Neubelebung des alten Mythos – nun allerdings mit
sowohl kirchlicher als auch herrschaftlich-staatlicher Konnotation – wieder verwendet.
Allerdings sorgten die damaligen politischen Verhältnisse für neue Schattierungen im
Begründungssystem des Konzeptes. Im Jahr 1700 zeichnete Zar Peter I. Hetman Mazepa mit dem Orden des heiligen Andreas aus, was für eine erneute Wiederbelebung der
alten Legende sorgte. Auf der Gravur Ščirs’kyjs war der heilige Andreas keine zufällige Erscheinung, sondern assoziierte sich unmittelbar mit Mazepa. Weitere Beispiele
allegorischer Abbildungen des Mythos von „Kiew – dem Neuen Jerusalem“ aus dieser
Zeit sind der Kupferstich von Ivan Mihura Panegyrikon zu Ehren Mazepas (1706) oder
allegorische Darstellungen mit dem Bild der Gottesmutter.
Ein allegorisches Bild mit der heiligen Sophia, der betenden Gottesmutter (oranta)
und des himmlischen Jerusalem wurde auf dem Bogen des von Mazepa angefügten Teils
der Kiewer Sophienkathedrale gezeichnet. Die Wandmalerei der Kirche, die man zu Beginn des 18. Jahrhunderts dank der Bemühungen Mazepas wiederherstellen konnte, wurde zugleich mit neuen Details aus dem Fundus der Ikonographie der heiligen Sophia als
der Göttlichen Weisheit in barocker Bildersprache aufgefüllt. So wurde dort eine Rotonde mit sieben Säulen als Symbol des himmlischen Jerusalem abgebildet. Eine analoge
Abbildung hatte eigentlich nach dem Willen Mazepas auch die Himmelfahrtskirche des
Kiewer Höhlenklosters schmücken sollen. Im entsprechenden Projekt kam zudem einer
Darstellung des „Neuen Jerusalem“ ein zentraler Platz zu, dessen Ausführung sich unmittelbar mit Kiew assoziieren ließ. Darüber sollte auch die Aufschrift auf den Mauern
der Kirche Auskunft geben: „Der Berg des Neuen Jerusalem, des ruthenischen Zion –
der Berg Kiews, den Gott erwählte“.
V. Die Nationalisierung des Mythos
Nach der Schlacht bei Poltawa 1709, die den Sieg der russischen Armee über die schwedisch-kosakischen Truppen im Nordischen Krieg bedeutete, verlor die Mazepa-Version
der Idee von „Kiew – dem Neuen Jerusalem“ alle Bedeutung. Stattdessen tauchte eine
neue Version auf, in der Kiew die Rolle einer Wiege der russischen Orthodoxie zugeschrieben wurde und damit zugleich eines geistlichen Zentrums des Imperiums. Diese
Idee erschien erstmals im Text der Kiewer Sinopsis (167�), herausgegeben wahrscheinlich auf Initiative des Archimandriten des Höhlenklosters, Innokentij Gizel. Kiew erscheint hier als „gottgesegnete, ruhmreiche und allererste Stadt der ganzen Rus’“. Die
Sinopsis wurde in den folgenden Jahrzehnten vielfach neu aufgelegt. Die Idee von Kiew
als der gottgesegneten Hauptstadt eines geeinten slawischen Staates fand ihren Weg in
die Schulbücher und in die Texte der Geschichtsschreiber.
In diesem Zusammenhang gewann der Kult des Apostels Andreas, den man im Moskauer Reich und seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts im gesamten russischen Imperium
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als herausragenden Verkünder der Gotterwähltheit der „russischen Lande“ und als Täufer der Rus’ verehrte, eine besondere Bedeutung. So wurde etwa auf einer handschriftlichen Karte der Gottgesegneten Stadt Kiew von 1695 namentlich derjenige Ort hervorgehoben, „den der Apostel Andreas der Erstberufene mit dem Kreuz segnete“. Die Periode
der Fürsten in der Geschichte Kiews erschien nun nur als Teil der Geschichte des Reiches. Der Mythos vom „Neuen Jerusalem Kiew“ verlor das Adjektiv „ruthenisch“, das
man in den Zeiten Mohylas und Mazepas eingebracht hatte. Die Eliten des Zarenreiches
übernahmen jetzt die Initiative bei einer erneuten Umformulierung des Mythos. Wichtig
war hier vor allem eine Visite von Zarin Elisabeth I. in Kiew im Jahr 17��. Sie legte bei
dieser Gelegenheit eigenhändig den Grundstein der „Andreaskirche“ auf jenem Hügel,
auf dem der Legende nach der Apostel gestanden hatte. Einige Jahre danach begannen
die Bauarbeiten nach Plänen des italienischen Architekten Rastrelli. 1767 wurde die Kirche auf besondere Anweisung des Zarenhofes eingeweiht.
Nicht nur die kirchliche, auch die bürgerliche Bebauung sollte sich im 19. Jahrhundert
an der Idee von Kiew als sakralem Zentrum des Imperiums orientieren. Im November
1833 erließ Zar Nikolaus I. im Zusammenhang mit der Einrichtung der russischen Universität des heiligen Vladimir in Kiew einen Befehl an den Senat, in dem er die Stadt
als „Wiege des heiligen Glaubens unserer Vorfahren und zugleich erster Zeugin unserer
staatlichen Selbständigkeit“ bezeichnete. 1853 wurde mit Unterstützung eben dieses Zaren in Kiew ein Denkmal für den Täufer der Kiewer Rus’, den heiligen Vladimir, errichtet. Ferner faßte man das Projekt einer Vladimir geweihten Kirche ins Auge. Die Aktivität von Nikolaus I. zur Wiederbelebung der Kiewer Rus’ in der Erinnerungskultur setzte
Zar Alexander II. fort. In einem Reskript von 1856 nannte er Kiew „das Jerusalem der
russischen Lande“ und verfügte wenig später, den Bau der Vladimir-Kirche zu Ende zu
führen. Für die Inszenierung Kiews als Heiligtum des Gesamtreiches im 19. Jahrhundert
sorgten nicht nur Initiativen seitens des Zaren, sondern auch ein nicht abreißender Strom
von Pilgern. Die Stadt wurde beinahe zum Hauptpilgerort des Rußländischen Reiches.
Die in Kiew Ankommenden hielten es für ihre Pflicht, den lokalen Heiligtümern ihre
Ehre zu erweisen. Davon zeugen die Notizen der Reisenden, Dokumente des Aufenthaltes der Zarenfamilie in Kiew und zahlreiche literarische Produkte der Epoche. Die am
häufigsten für Kiew gebrauchte Metapher in diesen Texten war „das russische Jerusalem“. Neben den alten Kirchen sollte noch eine weitere Sehenswürdigkeit Kiews Zeugnis geben für das „russische Jerusalem“. Im Januar 1902 wurde auf dem Vladimir-Hügel
unweit des Denkmals ein Panorama-Pavillon unter dem Namen „Golgotha“ eröffnet. In
der hölzernen Rotonde wurde zur Ansicht für das Publikum eine Leinwand von 9� x 13
Metern aufgestellt, die das Leiden und den Tod Christi darstellte. Die Attraktion stand
mit einer Unterbrechung für ein auswärtiges Gastspiel bis zur Revolution von 1917/18.
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts war Kiew noch zu einer anderen Art Pilgerort
geworden – zu einem archäologischen. Der romantische Zug hin zu den alten Wurzeln,
gerichtet hier auf die Bewußtmachung der heiligen Elemente der Kiewer Topographie
und Geschichte, weckte ein Interesse an der mittelalterlichen Vergangenheit und in Verbindung damit auch an der Idee von „Kiew – dem Zweiten Jerusalem“. Einen Höhepunkt
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Kiew – das „Neue Jerusalem“
erreichten die archäologischen Grabungen in den 1820er Jahren. Die „säkulare“ und „antiquarische“ Entdeckung Kiews durch die Eliten des Imperiums und seine Umwandlung
in ein „slawisches Pompeii“ fügte neue Nuancen zum „russischen“ Bild der Stadt hinzu. Von jetzt an dominierte eine national-russische Auffassung von der mittelalterlichen
Vergangenheit der Stadt, nicht im ethnischen, sondern im kulturellen Sinn. Die Epoche
der Kiewer Rus’ wurde ausschließlich in der Perspektive des imperialen Narrativs als
„Wiege der russischen Geschichte“ gesehen, und Kiew erschien darin als die älteste
Hauptstadt des Rußländischen Reichs. Die ukrainischen, polnisch-litauischen oder jüdischen Seiten dieser Geschichte hatten damit nichts mehr zu tun. Der Mythos von „Kiew
– dem Jerusalem der russischen Lande“ wurde zu einem Bestandteil der großstaatlichen
Erzählungen. Dieses Narrativ hatte eine klare anti-polnische Ausrichtung. In der polnischen romantischen Tradition nannte man Kiew auch Jahrhunderte nach seiner Eingliederung in den Bestand des Rußländischen Reiches noch „unser Kiew“, beispielsweise
bei Wincenty Pol. Allerdings betrachteten die polnischen Reisenden, die Kiew im 19.
Jahrhundert besuchten, die Stadt trotz allem als Ort der Taufe der Rus’ und die Kiewer
Heiligtümer als das „russische Jerusalem“, wie zum Beispiel Jósef Ignacy Kraszewski.
Anders verhielten sich zu dieser Idee die gebildeten jüdischen Bevölkerungskreise der
Stadt. Das Kiew des 19. Jahrhunderts war für sie Objekt in einer fiktiven Geographie,
bekannt unter dem Namen „Yehupetz“. Als eine große Stadt, in die alles strebt, war sie
zugleich ein Hort der Gefahr. Der berühmteste jüdische Kiewer Schriftsteller dieser Zeit,
Sholom Aleykhem, drückte dies 1898 in seiner Schrift Oyf vos badarfn Yidn a land (Warum brauchen die Juden ein eigenes Land?) so aus: „Wo ist unser ‚Jerusalem, die Stadt‘,
die wir Tag um Tag wiederholen? [...] Wir erinnern Jerusalem jeden Tag, aber was wir
wirklich meinen, ist Yehupetz.“
Eine Alternative zur imperialrussischen Version des Mythos von „Kiew – dem Neuen Jerusalem“ waren die literarischen Schöpfungen ukrainischsprachiger Autoren. Taras
Ševčenko etwa schrieb 18�8 in seinem Gedicht Varnak (Der Sträfling): „Unser Kiew“ ist
„wie ein Wunder, schwebend/ [...] Oben noch am Himmel [...]/ Aller goldenen Gotteskirchen/ Leuchtendes Gewimmel [...]/ Über Kiew/ Läuten alle Glocken./ Wunderbarer
Gott, im Himmel/ Hör’ ich sie flocken.“
Analoge Passagen über Kiew als „unser ukrainisches Jerusalem“ finden sich in den
Werken von Pantelejmon Kuliš Černa Rada. Chronika 1663 roku (Der Schwarze Rat,
eine Chronik des Jahres 1663, 18��–18�6) und von Ivan Nečuj-Levyc’kyj Chmary
(Wolken, 187�). In der ukrainischen Version des „neujerusalemischen Mythos“ fanden
sich freilich auch bestimmte Eigenheiten. Im Unterschied zur russischen Historiographie
und Literatur schenkten die ukrainischen Schriftsteller vor allem der Kosakenepoche
besondere Aufmerksamkeit, nicht aber der Kiewer Rus’. Entsprechend hatte der Mythos
vom „Neuen Jerusalem“ bei ihnen keine offen ausgedrückte „kieworussische“ Komponente. Kiew war für sie ein ukrainisches geistliches Zentrum, ein Ort der Reue und der
Erlösung, der der russifizierenden, „dämonischen“ Politik aus Sankt Petersburg entgegenstand. Diese zwei Hauptlager in der Deutung der Idee von „Kiew – dem Zweiten
Jerusalem“ – die ukrainozentrische und die imperozentrische – bestanden bis zur Revo�7
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lution 1917/18. Mit der Etablierung der Sowjetmacht erfuhr die imperiale Version der
kieworussischen Geschichte eine Modifikation. Kiew erschien noch immer als Wiege
der drei slawischen Völker (der Russen, Ukrainer und Weißrussen), doch gab es in diesem Narrativ keinen Platz mehr für den Mythos vom „Neuen Jerusalem“, da jede religiöse Anschauung als schädlich betrachtet wurde.
Die Kulturschaffenden der russischen Emigration versuchten, die sakrale Bedeutung
Kiews in der Geschichte Rußlands weiter hervorzuheben. Für den Religionsphilosophen
Georgij Fedotov standen in seinem Werk Tri stolicy (Drei Hauptstädte, 1926) „die westliche Versuchung Petersburgs, die asiatische Versuchung Moskaus“, aber auch die polnisch-ukrainischen Elemente im Lauf der Jahrhunderte dem „byzantinisch-russischen“
Prinzip Kiews entgegen. Nach Meinung Fedotovs bedeutete das Schicksal Kiews „die
Erfahrung des slawischen Hellenismus“, der per se in der christlichen Geschichte einzigartig gewesen sei.
Als Gegengewicht zur sowjetischen Interpretation und derjenigen der russischen
Emigration belebten Historiker aus dem polnischen Galizien der Zwischenkriegszeit
eine Reihe von prinzipiellen Aspekten des Mythos von „Kiew – dem Neuen Jerusalem“
wieder. Um ihre Idee eines nationalen Messianismus zu begründen, erweiterten sie das
Spektrum ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen und wandten sich dem Studium der
fürstlichen Epoche zu. So sollte sich Kiew nach Ansicht von Dmytro Doncov, einem
der Theoretiker des integralen ukrainischen Nationalismus, „in ein spirituelles Zentrum
Europas, oder doch zumindest der slawischen Völker, verwandeln“.
Andere galizische Historiker der Zwischenkriegszeit versuchten die These zu beweisen, daß das „Neue Jerusalem“ im 13. Jahrhundert von Kiew nicht nach Moskau überführt worden sei, wie es die offizielle sowjetische Doktrin lehrte, sondern nach Halyč,
in die Hauptstadt des Fürstentums Galizien-Wolhynien. Visuell fand diese These 1926
Ausdruck in Skizzen zu den Glasfenstern der Himmelfahrtskathedrale von Lemberg des
ukrainischen Künstlers Petro Cholodnyj des Älteren. Hauptgegenstände waren hier die
Gottesmutter und die Kiewer Heiligen des Höhlenklosters. Hier sollten die Darstellungen Kiewer Heiligtümer in Lemberg die geistliche Verwandtschaft der Kiewer Rus’ mit
dem Galizien der Nachkriegszeit unterstreichen.
Für die geistliche Hierarchie in Galizien diente der Mythos von „Kiew – dem Zweiten
Jerusalem“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ferner zur Begründung ihres Anspruchs auf die Einrichtung eines von Moskau unabhängigen Kiewer Patriarchats. Andrej Šeptyckyj, der Metropolit der griechisch-katholischen Kirche, arbeitete in Lemberg
an einem ökumenischen Projekt zur Vereinigung der ukrainischen orthodoxen und der
griechisch-katholischen Kirche mit Zentrum in Kiew. Sein Nachfolger auf dem Stuhl des
Metropoliten, Josyf Slipyj, träumte in seinem Werk Zapovit (Testament) von einer „Wiedergeburt deines [Kiews] alten Ruhms!“ und von „unserem Jerusalem“ als Zentrum einer vereinigten nationalen Kirche. Für die griechisch-katholischen Hierarchen sollte das
patriarchale Kiew ferner Symbol für die Synthese von östlicher und westlicher christlicher Tradition sein, ein „kulturelles Jerusalem“.
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Kiew – das „Neue Jerusalem“
VI. Erinnerungsorte in Verbindung mit Kiew als dem „Neuen Jerusalem“ nach 1991
Nach Erlangung der ukrainischen Unabhängigkeit im Jahr 1991 erhielt die Thematik
von „Kiew – dem Zweiten Jerusalem“ erneute Aktualität. Mediale Debatten darüber,
wem nun wirklich das „Neue Jerusalem“ gehört, wurden zum Teil der Diskussion über
das historische Gedächtnis Rußlands und der Ukraine. Doch im Unterschied zum 19.
Jahrhundert kamen, infolge der postsowjetischen Kirchenspaltungen, neue Seiten dazu.
Die hauptsächliche Trennlinie zwischen den Lagern verlief nun zwischen den Anhängern einer Konzeption der „Kiewer Kirche“ und der „russischen Welt“. Zur ersteren gehörte ein Teil der Hierarchie der UOK-MP, die Führung der UOK-KP, UAOK und der
UGKK. Indem sie das „Erstgeburtsrecht“ der Kiewer geistlichen Tradition gegenüber
der Moskauer Tradition unterstrichen, erblickten die Anhänger der „Kiewer Kirche“ in
der Geschichte Kiews die „byzantinisch-jerusalemische Dimension“ der ukrainischen
Geschichte. Grundlegende Positionen der Konzeption einer „Kiewer Kirche als Erbin
des Neuen Jerusalem“ wurden in der offiziellen Doktrin der UAOK beschrieben. Sie fanden sich aber auch in Sendschreiben der Leitung von UGKK, UOK-KP und zeitweise
sogar der UOK-MP.
Unter der „russischen Welt“ wurde demgegenüber eine kulturell-zivilisatorische Gemeinschaft verstanden, die durch ihre Zugehörigkeit zur russischen Kultur, Sprache, zur
Orthodoxie und zum gemeinsamen historischen Gedächtnis vereint wurde. Hierzu zählten die orthodoxen Gläubigen der Ukraine, Rußlands, Weißrußlands, Moldawiens und
Kasachstans. Unter den Anhängern der „russischen Welt“ befanden sich ein Teil der
Hierarchen der UOK-MP und die Führung der russisch-orthodoxen Kirche. „Kiew – das
Jerusalem der russischen Erde“ erschien in dieser Konzeption als Wiege der östlichchristlichen orthodoxen Zivilisation. Der russische Patriarch Kyrill unterstrich diese Position besonders deutlich während seines Antrittsbesuches in Kiew im Jahr 2009, als
ihn die Gläubigen der UOK-MP begeistert begrüßten. Zugleich wurde Kyrills Besuch
von Protesten ukrainischer Nationalisten begleitet. Um Zusammenstöße zu vermeiden,
wurden beide Lager von ukrainischen Polizisten auseinander gehalten; dennoch kam
es zu kleineren Auseinandersetzungen. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche
selbst tat sich mit einem Aufruf zur Einheit in Kiew hervor, welches „unser russisches
Jerusalem und Konstantinopel in einer Gestalt ist [...]. Von hierher kommt unser orthodoxer Glaube.“ Derart hochgegriffene Einschätzungen und die leidenschaftliche Debatte
während des Besuchs von Patriarch Kyrill in Kiew illustrieren deutlich die scharfe Politisierung des kirchlichen Lebens in der Ukraine.
Ein weiteres Zeugnis dieser Entwicklung stellten die politischen Manifeste am Vorabend der Parlamentswahlen 2012 in der Ukraine dar. Im Juli 2012 nahm die Leitung
der Allukrainischen Vereinigung Svoboda (ehemals Sozial-Nationale Partei der Ukraine
[SNPU] mit Oleh Tjahnybok an der Spitze) an einer Prozession in Kiew teil, die von der
UOK-KP organisiert worden war. Dabei wurden Losungen wie „Kiew – unser Zweites
Jerusalem“, „Der Dnjepr ist der ukrainische Jordan, Vladimir ist unser Großfürst und
Täufer!“ oder „Eine einheitliche lokale orthodoxe Kirche für die Ukraine!“ mitgeführt.
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Liliya Berezhnaya
Neben solchen offensichtlichen politischen Instrumentalisierungen lassen sich in den
letzten Jahren auch Versuche beobachten, den Mythos von „Kiew – dem Zweiten Jerusalem“ einfach als Teil der Kulturgeschichte der Stadt zu präsentieren. Seit kurzer Zeit arbeitet in der Stadt bei einer der Kirchen der Wohltätigkeitsfond „Kiewer Jerusalem“. Im
Jahr 2012 begannen in Kiew die Aufnahmen zur vierteiligen Dokumentarserie „Zweites
Jerusalem“, in der der russische Schauspieler ukrainischer Herkunft, Sergej Makoveckij,
mitwirkte. Eine weitere Entpolitisierung des Mythos von „Kiew – dem Zweiten Jerusalem“ hängt unter anderem davon ab, wieweit es gelingt, innerukrainische Konflikte um
das historische Gedächtnis zu entschärfen.
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Liliya Berezhnaya
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