48 Tier BAUERNBLATT l 25. Juli 2015 ■ Ortungssystem erspart langwierige Suche von Einzeltieren Wo ist die Kuh „Elsa“? Mit zunehmender Automatisierung der Milcherzeugung beansprucht das Auffinden von Einzeltieren in Großgruppen viel Arbeitszeit des Herdenmanagers. Um dies zu erleichtern, wurden verschiedene Indoor-Ortungssysteme entwickelt. In der Markteinführung befinden sich aktive Systeme mit batteriebetriebenen Sendern am Tier, die ständig Positionssignale an ein Empfängernetzwerk funken. Als Alternative zu diesen aktiven Ortungssystemen wurde ein neues Verfahren zur Indoor-Positionsbestimmung mit passiven SAWTranspondern im Rahmen eines von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderten Verbundprojektes entwickelt und im praktischen Einsatz Ein Gegengewicht richtet das Halsband so aus, dass auf jeder Körperseite ein getestet. Ortungstransponder im Nacken der Kuh sitzt. Fotos: Dr. Steffen Pache Das neue Ortungssystem für Rinder basiert auf dem SAW-Prinzip (surface acoustic wave – akustische Oberflächenwellen). Es besteht aus SAW-Transpondern am Halsband der Tiere, aus mehreren, an das Stalllayout angepassten Leseeinheiten mit speziell für den Einsatzzweck optimierten Antennen sowie einem Prozessrechner zur Darstellung, Verwaltung und weiteren Verarbeitung der Positionsdaten für das Herdenmanagement. Die SAW-Technologie unterscheidet sich in Aufbau und Funktion grundsätzlich von Niederfrequenzsystemen. SAW-Transponder sind passive Bauteile und können bei minimaler Sendeleistung im 2,4-GHzISM-Band bei größeren Lesereichweiten und bei deutlich kürzerer Aktivierungszeit sich schnell bewegende Objekte identifizieren. Im Gegensatz zu aktiven, batteriegestützten Transpondern bedarf es zur Identifizierung von passiven SAW-Transpondern keiner Schwellenergie. Die Lesereichweite kann nahezu beliebig durch den Faktor Zeit erhöht werden. Je größer die Entfernung zwischen SAW-Transponder und Leseeinheit ist, desto schwächer ist das Antwortsignal, es ist jedoch stets vorhanden. Zudem können aus dem Antwortsignal weitere Zustandsgrößen des SAW-Chips wie Temperatur, Druck, Entfernung und Geschwindigkeit detektiert werden. Eine große Robustheit gegenüber Umwelteinflüssen wie mechanischer Belastung, Verschmutzung, Kälte und ho- tungsraum wurde ein innovatives Verfahren zur Pulkerkennung entwickelt. Die Erprobung des ersten Funktionsmusters eines SAW-Ortungssystems mit einer mechanisch schwenkbaren Antenne erfolgte in verschiedenen Simulationsversuch mit zwölf Transpondern und ermöglichte es, die Transponder mit einer mittleren Rate von 80 % dem korrekten Ort zuzuordnen. Die Spannweite der richtigen Lokalisation lag bei 51,7 % bis 95,4 % mit einer Wiederholbarkeit von 92 %. Anschließend wurde das entwickelte Tierortungssystem in einem 2 x2-reihigen Liegeboxenlaufstall für 120 Milchkühe, unterteilt in vier Gruppen, erprobt. Eine Leseeinheit wurde über dem Fressgang einer Gruppe in 5 m Höhe an der Dachkonstruktion befestigt. Die zu überwachende Stallfläche hat eine Grundfläche von 13,20 m x 14,60 m und umfasst 22 Liegeboxen, zwei Laufgänge sowie den Futtertisch. Als Leseeinheit wurde eine mechanisch geschwenkte Antenne mit einem weiterentwickelten FMCWHybridreader (frequencymodulated continuous wave) eingesetzt. Die Stallfläche wurde permanent mäanderförmig in zirka 100 s abgescannt, und die Ortungskoordinaten wurden zeitaufgeDie Transponder sind robust und funktionieren in löst in einer Datenbank hinterlegt. rauer Umgebung. hen Temperaturen lässt die SAWTransponder auch in rauer Umgebung zuverlässig funktionieren. Durch die Hardwarecodierung des SAW-Chips ist der Code dauerhaft fälschungssicher. Das System ist resistent gegen elektromagnetische Felder und aufgrund der sehr geringen Sendeleistung von unter 100 mW selbst nur für eine geringe elektromagnetische Belastung verantwortlich. SAW-Transponder benötigen keine dem Verbrauch unterliegende, regelmäßig auszutauschende Energiequelle. Der miniaturisierte, robuste Aufbau des SAW-Inlays erlaubt eine fast unbegrenzte Betriebsdauer. SAW-Transponder zeichnen sich durch ein sehr geringes Gewicht aus, enthalten keine umweltgefährdenden Schwermetalle und sind recycelbar. Für die gleichzeitige räumliche Identifizierung von mehreren SAWTranspondern in einem Beobach- Die der Gruppe zugeordneten 29 Kühe wurden mit einem Halsband mit jeweils zwei SAW-Transpondern mit gleichem Code ausgestattet. Ein Gegengewicht sollte das Halsband so ausrichten, dass auf jeder Körperseite ein SAW-Transponder im Nacken der Kuh zu erwarten war. Zur Validierung des Ortungssystems wurde im Auswertungszeitraum das Tierverhalten der Gruppe mittels Videotechnik aufgezeichnet und die Lokalisation von Fokustieren bestimmt. Während der ausgewählten Zeitspanne von acht Stunden war es möglich, alle 29 Kühe im Beobachtungsfeld zu orten. Die gleichzeitige Lokalisation der Tiere variierte zwischen fünf bis 21 Kühen je Zyklus. Dies zeigt, dass eine pulkfähige Lokalisation mit dem SAW-Ortungssystem erreicht wird. Die Nichterkennung vereinzelter Tiere ist darauf zurückzuführen, dass das Beobachtungsfeld nicht den kompletten Stallbereich umfasst und die Kühe den Beobachtungsbereich verlassen konnten beziehungsweise einige SAW-Transponder zum Beispiel durch verdrehte Halsbänder nicht lesbar waren. Beispielhaft wurde für die Kuh mit der Transpondernummer 03-42-52 der Ortungsverlauf analysiert. Innerhalb von 60 min wurden für das Tier mit einer Zeitauflösung von etwa 2 min insgesamt 29 Raum-Zeit-Koordinaten registriert. Während dieser Zeit wurde der Aufenthaltsort der Kuh im Bereich von drei Liegeboxen lokalisiert. Das theoretisch für den Landwirt ausgegebene Suchfeld würde für diese Kuh 5,0 m x 3,75 m betragen. Zum Auffinden von Kühen in der Gruppe ist diese Ortsangabe mit der Ausgabe von Rasterfeldern mit der Grundfläche einer Liegebox (1,25 m x 2,50 m) zunächst ausreichend. Die praktische Erprobung eines weiterentwickelten Funktionsmusters des Ortungssystems mit spezieller Leseeinheit in Form einer elektronisch schwenkbaren Antenne ist im Aufbau. Caroline Klutke Dr. Steffen Pache Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Sachsen Tel.: 03 42 22 46-22 22 [email protected]
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