DIE LINKE.Kreistagsfaktion, Mühlenstr. 46, 53721 Siegburg An die Regierungspräsidentin Frau Gisela Walken Zeughausstraße 2-10 50667 Köln Michael Otter Fraktionsvorsitzender Mühlenstr. 46 53721 Siegburg Telefon 02241 / 1694865 [email protected] www.dielinke-rhein-sieg.de Siegburg, den 24.06.2015 Aufsichtsrechtliche Prüfung hier: Wiederwahl der Kreisdirektorin des Rhein-Sieg-Kreises Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Walken, im Namen der Kreistagsfraktion DIE LINKEN sowie der Kreistagsgruppe FUW/Piraten bitte ich aus den nachgenannten Gründen um eine aufsichtsrechtliche Prüfung des in der Sitzung des Kreistages am 23. Juni 2015 erfolgten Vorganges der Wiederwahl der Kreisdirektorin. Sachverhalt In der als Anlage beigefügten Beschlussvorlage des Rhein-Sieg-Kreises für den Kreistag heißt es: „Der Kreistag wählt Frau Annerose Heinze für die Dauer von acht Jahren (Beginn der neuen Wahlzeit am 01.10.2015) erneut zur Kreisdirektorin.“ Bei Aufruf des Tagesordnungspunktes wurde vom Fraktionsvorsitzenden der LINKEN, Michael Otter, geheime Abstimmung beantragt. Der Landrat entsprach diesem Antrag nicht, mit der Begründung, es handele sich hier nicht um eine Wahl, sondern um eine Abstimmung über eine Beschlussvorlage und damit sei für eine Abstimmung ein Antrag von einem Fünftel der Kreistagsmitglieder erforderlich. Kreistagsmitglied Frank Kemper (LINKE) zitierte daraufhin den § 35, Abs. 2, Satz 1 der Kreisordnung NRW wörtlich: "Wahlen werden, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt oder wenn niemand widerspricht, durch offene Abstimmung, sonst durch Abgabe von Stimmzetteln vollzogen." Er widersprach förmlich. Der Landrat nahm dies zu Kenntnis, ließ jedoch offen abstimmen. Der Beschlussvorschlag erhielt eine Mehrheit. Es erfolgte somit keine Wahl gemäß § 35 Abs. 2 der Kreisordnung, sondern lediglich eine Abstimmung gemäß § 35 Abs. 1 der Kreisordnung. Nach unserer Auffassung ist die Wiederwahl der Kreisdirektorin damit nicht erfolgt. Laut Hauptsatzung des Rhein-Sieg-Kreises vom 13.12.2013 §13 Allgemeiner Vertreter des Landrates Satz gilt: „Der allgemeine Vertreter des Landrates wird durch den Kreistag für die Dauer von 8 Jahren gewählt.“ Entsprechend wurde zur Kreistagssitzung am 23.06.2015 eingeladen, vgl. Anlage. Im § 35 der Kreisordnung wird zwischen Abstimmungen und Wahlen unterschieden. Absatz 1 regelt die „normalen“ Abstimmungen. Nach dieser Vorschrift erfolgt eine geheime Abstimmung nur dann, wenn dies von 1/5 der Kreistagsmitglieder verlangt wird. Der Absatz 2 regelt Wahlen. Dort heißt es: „Wahlen werden, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt oder wenn niemand widerspricht, durch offene Abstimmung, sonst durch Abgabe von Stimmzetteln vollzogen“. Aus der Formulierung „wenn niemand widerspricht“ geht hervor, dass bereits auf Antrag eines einzigen Mitglieds geheim mit Stimmzetteln abgestimmt werden muss. Auf diese gesetzliche Regelung bezieht sich dann auch die Regelung im § 20 Absatz 2 der Geschäftsordnung, die sagt: „Auf Verlangen eines Kreistagsabgeordneten muss die Wahl in geheimer Abstimmung durch Abgabe von Stimmzetteln erfolgen (§ 35 Abs. 2 KrO)“. In der Standardkommentierung (Kirchhoff, Wansleben, Becker, Winkel) zum § 35 Abs. 2 der Kreisordnung heißt es: „5.7 Einzelne Wahlverfahren Wahl des allgemeinen Vertreters § 47 Abs. 1 Satz 2 KrO Das Gesetz schreibt die Wahl vor, regelt das Verfahren aber nicht. Somit ist nach § 35 Abs. 2 KrO zu wählen. Auch für den Fall der Wiederwahl des allgemeinen Vertreters (§ 47 Abs. 2 KrO mit Verweis auf § 71 Abs. 2 GO NRW) ist das Wahlverfahren anzuwenden. Denn der auf die ältere Rechtsprechung des OVG NRW zurückgehende Satz 4 in § 71 Abs. 2 GO NRW, bei der Wiederwahl sei durch Beschluss zu entscheiden, ist … dem Urt. vom 5.2.2002 …15 A 2604/99 …, NWVBl. 2002 S. 381) folgend … durch das Änderungsgesetz vom 9.10.2007 (GV. NRW. S. 380) aufgehoben worden.“ In der Fachliteratur gibt es keine hiervon abweichenden Meinungen. Dies wird auch daraus deutlich, dass in der Kommentierung zum § 50 der Gemeindeordnung die gleiche Kommentierung zu Wahlen verwendet wird. Die Änderung erfolgte, wie aus der Kommentierung hervorgeht, mit dem GO-Reformgesetz 2007. Bis dahin hieß es im § 71 Absatz 2 letzter Satz der Gemeindeordnung: „Über die Wiederwahl entscheidet der Rat durch Beschluss nach § 50 Abs. 1“. Mit der Streichung dieser Vorschrift wurde klargestellt, dass nunmehr für die Wiederwahl die Regelung des Absatzes 2 anzuwenden ist. Daraus folgt eindeutig, dass die Wiederwahl der Kreisdirektorin nicht durch einfachen Beschluss gem. § 35 Abs. 1, sondern nach dem Wahlverfahren des Absatzes 2 hätte erfolgen müssen. Hierbei hätte aufgrund des Antrages des Abgeordneten Otter geheime Abstimmung erfolgen müssen. Gemäß § 47 Absatz 1 der Kreisordnung bedarf die Wahl der Kreisdirektorin der Bestätigung durch die Bezirksregierung Köln. Ich bitte daher, diese Eingabe bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der durch die Mehrheit des Kreistages erfolgten Wiederwahl der Kreisdirektorin entsprechend zu berücksichtigen. Herr Landrat Schuster erhält eine Durchschrift dieses Schreibens. Mit freundlichen Grüßen Frank Kemper
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