krell-consult Konstruktionen außerhalb der Norm - Was tun? Jürgen Krell, Hilden Dr.-Ing., ö.b.u.v Sachverständiger Betontechnologie und Mörtel IK-Bau, NRW . FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 1 Probleme treten immer dann auf, wenn die Erwartung über der Leistung liegt. Mögliche Ursachen: - Erwartung höher als vereinbart - Leistung niedriger als vereinbart Schlüssel: Eindeutiger Vertrag, was ist wirklich geschuldet. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 2 1 krell-consult Vertragsverhältnisse Sie als Bauunternehmer haben einen Werkvertrag Geschuldet: Leistungserfolg Mit ihren Lieferanten (Beton, Folie, Trennmittel,..) schließen Sie je einen Liefervertrag Geschuldet: Mangelfrei nach Kaufrecht gesetzliche Rechte und Pflichten FließestrichForum 3 27.10.2015 Marienfeld Sandwichposition des Bauunternehmers Bauherr Erfolgshaftung aus Werkvertrag Planer Bauunternehmer Lieferant Kontrollpflicht Kontrollpflicht Untaugliche Vorleistung erkennbare Mängel VOB B §4 Kaufrecht HGB § 377 FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 4 2 krell-consult Grundsatz Mangelfrei alle gleichzeitig! bei Abnahme - Vereinbarte Beschaffenheit - Geeignet für Verwendungszweck - Übliche Eigenschaften - entspricht den a.R.d.T. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 5 anerkannte Regeln der Technik - wissenschaftlich abgesichert - in der Praxis bekannt (Fachfirmen) - in der Praxis bewährt dazu gehören (als Mindestanforderungen) Normen, Merkblätter und Herstellervorgaben FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 6 3 krell-consult Rechtsprechung: DIN nicht eingehalten Wer gegen DIN-Normen oder technische Vorgaben anderer Regelwerke verstößt, hat die Vermutung gegen sich, dass sein Werk nicht einmal dem Mindeststandard entspricht, so dass es als mangelhaft bezeichnet werden kann. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 7 Rechtsprechung: DIN voll eingehalten Wer die DIN-Normen eingehalten hat, ist aber keineswegs schon auf der sicheren Seite, denn die Normen können veraltet sein oder hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben. Im Übrigen wird der Mangelbegriff zunächst einmal über den Vertragsinhalt definiert. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 8 4 krell-consult Rechtsprechung: Abweichung Ein Mangel ist jedoch dort zu verneinen, wo das „IST“ so unwesentlich vom „SOLL“ abweicht, dass diese Abweichung ohne jede Bedeutung (für den Nutzer) ist. Unwesentlich FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld keine Bedeutung (Nutzer) 9 Rechtsprechung: Gleichwertig Wesentlich „funktionale Gleichwertigkeit“ Geringe Abweichungen in Einzeleigenschaften zulässig, weil üblich! Abweichungen dann relevant, wenn sie erheblich sind und zu spürbaren Nachteilen für den Auftraggeber führen. erheblich FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld spürbare Nachteile 10 5 krell-consult Zwischenfazit Wenn nichts Gegenteiliges vereinbart ist, dann gelten im Werkvertrag auch die a.R.d.T. also u.a. die VOB C (DIN 18353). Aber man kann auch Abweichungen vom Regelwerk und auch von den a.R.d.T vereinbaren. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 11 Abweichungen/Varianten Will man Abweichen oder gibt es Varianten, so müssen dem Bauherren diese Abweichungen mit allen Folgen für die Nutzung (beim Gebrauch) so erklärt werden, dass er die Entscheidung treffen kann. Reihenhaustrennwände unüblicher Schallschutz BGH 20.12.2012 - VII ZR 209/11 FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 12 6 krell-consult Wenn beweisbar die Vor- und Nachteile für den Bauherren verstehbar dargelegt wurden und dieser in Kenntnis der Tragweite und Bedeutung der Unterschiede eine Ausführung wählt, dann kann hieraus (bei sachgerechter Ausführung) kein Mangel konstruiert werden. Das muss i.d.R. der Planer machen! FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 13 Soweit die §§§§§§§§§§???? FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 14 7 krell-consult Fälle: „Dünn“-Estriche außerhalb DIN vom Fachplaner vorgegeben, Angebot kennzeichnen mit „nach Vorgabe des Planers, Aufbau außerhalb der DIN …, also nicht nach a.R.d.T.“ eigener Vorschlag oder eigene Planung Hinweis auf „spürbare Nachteile“ gegenüber „Üblichem“. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 15 Jetzt unser Fall Üblicher Estrich auf Dämmschicht VOB B; ATV DIN 18353 Abs. 3.2.3 - Heizestrich immer F4 - Nenndicke über Heizrohren (OK Heizrohr 17 mm) - Normalestrich: 45 mm Dicke 62 mm - Fließestrich: 40 mm Dicke 57 mm Übliche Dämmschichtdicke: 35-55 mm Gesamtaufbau 92-117 mm FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 16 8 krell-consult Abweichung Dünnheizestrich gegenüber „Üblich“ - Verbund (Gesamthöhe) ca. 20 mm - Trennlage ca. 35 mm - auf Dämmschicht ca. 50 mm FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 17 Klassisch Üblich (Fließestrich) 40 20 40 FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 18 9 krell-consult Dünnestrich auf Dämmschicht Halb so dick, wie Üblich! FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 19 Dünnestrich als Verbundestrich 1/5 so dick, wie Üblich! FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 20 10 krell-consult Eindeutige Abweichungen weniger als 40 mm über Heizrohr, allein deshalb schon nicht a.R.d.T. (VOB C DIN 18353) Systemanbieter im Verkaufsprospekt: „Diese Dünnkonstruktionen sind nicht in der DIN 18560 erfasst und stellen somit Sonderkonstruktionen dar.“ Dann Kennwerte zum Produkt im Prospekt. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 21 Für einen Fachkundigen also für jeden Estrichlegebetrieb, ist aus der Formulierung ablesbar, dass nicht a.R.d.T. Was das alles bedeutet, muss der Estrichfachbetrieb wegen seines „überlegenen Fachwissens“ selbst wissen. Wer muss es dem Bauherrn erläutern? FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 22 11 krell-consult Fälle: Ausführung Dünnestrich - Der Planer des Bauherrn gibt einen Plan mit Dünnestrich vor. Ausführung nach VOB. Anmeldung von Bedenken und Freistellung von a.R.d.T./VOB nach Vorgabe des Planers. - Der Estrichbetrieb schlägt diese Dünnestrichlösung vor. Estrichbetrieb muss Abweichung mit Bauherren mit allen Folgen beweisbar und für Bauherren verständlich vereinbaren. FließestrichForum 23 27.10.2015 Marienfeld Übliche technische Fragen dünnere Schicht über den Rohren: - wird das zu heiß? - hält das die Lasten? - gibt es Risse? Dazu gibt es die Herstelleraussage „alles OK“! Ist damit alles erledigt? FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld NEIN !!! 24 12 krell-consult Grundanforderungen an Bauwerke (BPV) 1 Mechanische Festigkeit und Standsicherheit 2 Brandschutz 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz Neu: gesamte Lebenszyklus des Bauwerks, Freisetzung gefährlicher Stoffe, u.a. in das Trinkwasser und klimarelevanter Stoffe (z. B. Treibhausgase) 4 Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung 5 Schallschutz ? ? 6 Energieeinsparung und Wärmeschutz 7 Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen Neu: nach dem Abriss wiederverwendbar oder recyclebar FließestrichForum Nachweis: keine spürbaren 25Nachteile 27.10.2015 Marienfeld Trittschallschutz Üblich sollte sein 46 dB für Decke mit Estrich 18 cm Betondecke = 72 dB - Minderung +2 dB ein üblicher Estrich bringt 28-30 dB Minderung erreichbar 72-28+2= 46 dB ein Dünnverbundestrich 0 dB Minderung erreichbar 72- 0+2= 72 dB ein Dünn-Dämm-Estrich bis 20 dB Minderung erreichbar 72-20+2= 54 dB FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 26 13 krell-consult Ist das im Trittschall ein spürbarer Nachteil? JA, denn auch beim „besten“ Dünnestrich ist das Verbesserungsmaß mit 20 dB im Vergleich zu üblich 28-30 dB deutlich geringer! 10 dB sind als Faustformel „doppelt so laut“ das ist erheblich spürbar! FließestrichForum 27 27.10.2015 Marienfeld Subjektiver Höreindruck -- Trittschall Üblich Dünn-Dämm Verbund Mindestmaß erh. Schallschutz Quelle: http://www.baunetzwissen.de/standardartikel/Daemmstoffe_Trittschall_152300.html FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 28 14 krell-consult Zwingender Hinweis: - Aufgrund der gewünschten Aufbauhöhe hier (z.B. ≤ 50 mm) ist ein übliches Trittschallverbesserungsmaß nicht erreichbar! Der Höreindruck Trittschall ist, wie im beigefügten Bild dargestellt, deutlich lauter, auch das nach DIN 4109 vorgegebene Mindestmaß wird nicht erreicht! FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 29 Wärmeschutz Eine dickere Dämmung unter der Fußbodenheizung bedeutet: - weniger Wärmeverlust nach unten (höherer Nutzungsgrad der Wärme nach oben) - bessere Dämmung gegen unten kalt (geringere Wärmeverluste nach Unten) FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 30 15 krell-consult Übliche Wärmedämmung Fußboden Dämmschichtdicke zu gleich beheizten Wohnräumen : 35 mm Nicht gleich beheizte Räume oder gewerblich genutzt : 55 mm Keller (ungeheizt) : 110 mm Erdreich / Außenluft : 120 mm FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 31 Zwingender Hinweis: - Aufgrund der gewünschten Aufbauhöhe hier (z.B. ≤ 50 mm) ist die übliche Dämmschichtdicke nicht erreichbar! Die Wärmeverluste sind höher, ggf. werden die Vorgaben der EnEV nicht erreicht! Erforderlichenfalls Wärmeschutzkonzept vom Fachplaner berechnen lassen. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 32 16 krell-consult Abweichung von DIN grundsätzlich Mangel, es sei denn Abweichung und Auswirkung werden vorher dem Bauherrn gegenüber beweisbar dargestellt und dieser beauftragt in Kenntnis der Bedeutung und Tragweite die von „üblich“ und DIN abweichende Ausführung. Üblich: Aufgabe des Planers Wenn Estrichfirma plant, dann sie FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 33 Fazit 1 Abweichung von NORM Aufgrund der vom Auftraggeber gewünschten geringen Aufbauhöhe (Bauen im Bestand) wird ein von den a.R.d.T. abweichendes dünneres System Typ: XXXX gewählt. Nach Herstellerangaben: - Tragfähigkeit von … kg/m² (MN/m²) und - rechnerisches Trittschallverbesserungsmaß von … dB. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 34 17 krell-consult Fazit 2 Trittschall Dieses System weist unvermeidbar einen geringen Trittschallschutz auf als ein dickerer Estrich auf Dämmschicht, dies ist deutlich hörbar, die Bedeutung ist im beigefügtes Blatt dargestellt. Hinweis: Hier werden von der vorhanden Decke (Tabellenwert … dB) mit dem neuen System (Herstellerangabe des Verbesserungsmaßes … dB) zusammen … dB erreicht. FließestrichForum 35 27.10.2015 Marienfeld Fazit 2 Trittschall Mindestmaß FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld erh. Schallschutz 36 18 krell-consult Fazit 2 Trittschall Hier 56 dB bedeutet, das ist etwa doppelt so laut, wie bei „üblicher dicker Ausführung. D.h. der für Wohnungstrenndecken als üblich geltende Wert von 46 dB wird nicht erreicht! Auch wird das nach DIN 4109 vorgegebene Mindestmaß von 53 dB wird nicht erreicht! oder wird nur durch schallweichen Belag Teppichboden (Verbesserung 4 dB) erreicht FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 37 Fazit 3 Wärmeschutz Ebenso sind unvermeidbar aus der dünneren Dämmschicht, die Wärmeverluste in die Konstruktion und in den unten liegenden Raum höher, damit die Heizausnutzung für den Raum geringer. Liegt ein Umbau nach neuem Regelwerk vor, wird meist ein EnEV Nachweis gefordert, dieser ist vor Beginn der Arbeiten vom Bauherrn zu beauftragen. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 38 19 krell-consult Abweichung muss vereinbart sein! Bei Vorgabe einer von den a.R.d.T. abweichenden Konstruktion durch den Planer: Bedenken anmelden „Vorgegebene Planung der Ausführung weicht von a.R.d.T. ab, daher melden wir Bedenken insbesondere hinsichtlich Dicken, Trittschallund Wärmeschutz an, da wir nach VOB die Einhaltung der a.R.d.T. schulden.“ Nach schriftlicher Freistellung des AG, darf so ausgeführt werden. FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 39 Plant der Fußbodenbauer selbst volle beweisbare Hinweispflicht auf Folgen: Dünner weil Raumhöhe gebraucht wird, daher - Abweichung von Regelwerk - Angaben des Systemherstellers … - geringerer Trittschallschutz (Bedeutung) - geringere Wärmedämmung (Bedeutung) (- ggf. sonst nach BPV geforderte Eigenschaft) FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 40 20 krell-consult Erfolg ist die Summe richtiger Entscheidungen FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 41 Jürgen Krell krell-consult Am Strauch 86 40723 Hilden Telefon 02103 895946 Fax 02103 895947 Mail [email protected] FließestrichForum 27.10.2015 Marienfeld 42 21
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