66 ZUCHT Siglavy-Stamm Der Araberhengst Kuhaylan Zaid Sokol aus der Zucht des Dario Bosniak in Cadjavica – ein Sohn des 740 Kuhaylan Zaid aus einer bosnischen Mutter, der Stute 56 Hamdani IV pferderevue 10 | 2011 Siglavy-Stamm ZUCHT Totgeglaubte leben länger Der berühmte Siglavy-Stamm des Shagya-Arabers gilt als ausgestorben – zu Unrecht, wie sich jüngst herausstellte. Thomas Druml und Gertrud Grilz-Seger zeichnen die wechselhafte Geschichte des bosnischen Gestüts Borike, wo die letzten Vertreter des hochqualitativen Siglavy-Stammes heute leben, und erklären deren Bedeutung als wertvoller Genpool. S arajevo ist 800 Kilometer von Wien entfernt. Dass Distanz keineswegs nur eine geografische Kategorie ist, dämmert einem spätestens dann, wenn man als Zieldestination Bosnien angibt und befremdetes Staunen erntet. Denn nach wie vor ist Bosnien Herzegowina für die allermeisten Terra incognita. Nur zaghaft wagt sich der Blick über den Tellerrand hinaus, und Wissenschaftler, Kulturhistoriker und Naturfilmer erkennen den ungeheuren Schatz, der sich in den Schluchten und Tälern des „wilden Balkans“ erhalten konnte. Und so wird sich Europa erst ganz langsam der atemberaubenden Naturschönheiten, der kulturellen Kleinode und des bedeutenden hippologischen Erbes dieses südosteuropäischen Gebirgslandes bewusst. Und nur so konnte es geschehen, dass selbst in Fachkreisen Bosnien und Herzegowina und dessen einzigartige Pferdezucht in Vergessenheit gerieten und noch heute Verwunderung, gepaart mit Ungläubigkeit, als Reaktion auf Meldungen aus dieser vom Rest der Welt abgeschnittenen Enklave vorherrscht. Dabei hat das Land mit dem Bosnischen Gebirgspferd und dem Bosnischen Araber gleich zwei Pferderassen von vormals europäischer Geltung vorzuweisen. einer weiten Öffentlichkeit … geschildert zu werden.“ Wir schließen uns in diesem Artikel völlig seiner Meinung an und berichten heute, ein Menschenleben später, über eine außerordentliche Zuchtstätte des arabischen Pferdes – das Gestüt Borike. Außerordentlich deswegen, weil seine wechselvolle Geschichte so dramatisch war wie kaum eine andere, weil es eine der letzten Anknüpfungspunkte an die Syrische Araberzucht vor deren Zusammenbruch ist, weil es, beschützt von einigen wenigen, wohlbedacht in das neue Jahrtausend geleitet wurde, und weil es – nach wie vor vergessen, verkannt und verleugnet – noch immer existiert. Den Ursprung der Araber-Gestütszucht hat Bosnien der Okkupation durch Österreich-Ungarn zu verdanken. Um die durch die Kriegshandlungen und den Einmarsch der Österreicher verursachte Schwächung und Schädigung der bosnischen Pferdezucht wiedergutzumachen, überließ Kaiser Franz Joseph den Bosniern im Jahr 1884 fünf Hengste aus dem Hofgestüt Lipizza: die Araber Koheylan Adjouz, Massaud, Massaud Son und die zwei Lipizzaner Pluto Canina und Pluto Bionda. Dies war einer der ersten Schritte zum Wiederaufbau der Infrastruktur des Landes, dem unter zögerlicher Zustimmung der zunächst feindselig gesinnten Bevölkerung viele weitere folgten. Die Österreicher bauten binnen kürzester Zeit Deckstationen, stampften Hengstdepots aus dem Boden, sie kauften arabische Beschäler und Stuten aus dem ungarischen Staatsgestüt Bábolna, unternahmen mehrere Ankaufsexpeditionen nach Syrien, um Hengste und Stuten bester Qualität zu erwerben – Maßnahmen, um entsprechende Vatertiere der bosnischen Landespferdezucht zur Verfügung zu stellen. 1895 wurde Mrkonjicevo, das erste Staatsgestüt, gegründet. Zunächst in Sarajevo-Butimir, dann in Livno untergebracht, übersiedelte es 1899 in die neu errichtete Anlage Goražde. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das Gestüt nach Modriča evakuiert, und 1919 der gesamte Pferdebestand wieder aufgeteilt: Ein Teil verblieb bis 1923 in den verwüsteten Stallungen von Goražde und kam dann auf die Rennbahn Butimir bei Sarajevo, der andere Teil wurde am Hochplateau bei Rogatica untergebracht. Als 1930 die Holzstallungen in Borike fertiggestellt waren, konnten beide FOTO: GERTRUD GRILZ-SEGER Herden wieder zusammengeführt werden. Der Genpool FOTO LINKS: THOMAS DRUML Ein verstecktes Juwel Schon 1938 erkannte Gustav Rau den ungeheuren Wert des Bosnischen Araberpferdes und ließ sich in einem Artikel im St. Georg zu folgender Einleitung hinreißen: „Man findet in Bosnien tief in den Bergen und ziemlich abgelegen von der Welt eine außerordentlich wertvolle, sorgsam behütete Quelle arabischen Blutes, die wert ist, 10 | 2011 pferderevue Ein Stećak, ein bogumilischer Grabstein aus dem Spätmittelalter, gefunden in Osovo, in der Nähe von Rogatica. Pferde, insbesondere orientalische Pferde spielten in Bosnien allzeit eine große Rolle. Die Zuchtbasis von Borike/ Goražde bildeten drei verschiedene Genpools: Die erste Grundlage (1897–1914) waren Ankäufe von Original Arabern. Darunter wirkten folgende Hengste als Beschäler: Koheylan Abu Argub, Massud, (bis 1897); Managhie Sbaali, Simhan, Ferhan en Nedjd, O’Bajan es Sheraki (1898–1905); O’Bajan es Sheraki, Shehun, Meshun, El 67 68 Von oben nach unten: Der Hauptbeschäler des Siglavystamms in Borike, der Hengst 93 Siglavy XIX, geb. 2002 a. d. 650 O’Bajan. ZUCHT Siglavy-Stamm Der Hauptbeschäler des Gazal-Stammes, 89 Gazal X, geb. 1995 a. d. 580 O’Bajan XVII. Der Vertreter des Lenkoran-Stammes, 86 Lenkoran XI, geb. 1989 a. d. 580 O’Bajan XVII. Osmanische Gräber aus dem 17. Jahrhundert am Hochplateau des Veležgebirge der Dinariden. Der Legende nach liegt hier eine osmanische Hochzeitsgesellschaft, die im Sommer von einem Schneesturm überrascht wurde. Hafi, Gazal (1906–1914). Auf die Importe in dieser Zeit sind folgende Stutenfamilien zurückzuführen: Kefija, Kadina, Alka, En Nasira, Shita, Siglavy, El Hafi. Der zweite Genpool ging auf Ankäufe zwischen 1885 und 1938 aus dem ungarischen Staatsgestüt Bábolna zurück. Damit wurden die Hengststämme Siglavy (durch den Hengst 14 Siglavy V-15, geb. 1905 Bab., gekauft 1908) und Kuhaylan Zaid (durch die Hengste 46 Kuhaylan Zaid I, geb. 1934, und 47 Kuhaylan Zaid II, geb. 1934, 1938 gegen den in Borike gezogenen Hengst 29 Siglavy III, geb. 1922, später in Bábolna Siglavy VI umbenannt, getauscht) in der bosnischen Araberzucht etabliert. Auf Ankäufe aus Bábolna gehen folgende Boriker Stutenfamilien zurück: Luna (mit 5 Zarif I, gekauft 1895), Hamdani (mit 36 Hamdani Semri I, gekauft 1906), Fatinica (mit 8 Zarif Bagdadi, gekauft 1896), O’Bajan (mit 35 O’Bajan, gekauft 1896). Der dritte Genpool bestand aus zwei polnischen Hengststämmen des Gestüts Gumnisca bei Slawuta von Fürst Sangusko, die über die Hengste 24 Lenkoran (gekauft 1913) und 17 Ilderim (gekauft 1914) in die bosnische Araberzucht eingegliedert wurden. Weiters wurde mit den Radautzer Hengsten 19 Shagya X-13 und 32 Amurath Shagya ein kurzer Zuchtversuch durchgeführt, der jedoch aufgrund zu starken Kali- bers in der Nachkommenschaft wieder auf- einen wohlüberlegten Neustart. Es gelang gegeben wurde. ihm, die Hengststämme Siglavy, Gazal, Soviel zur genetischen Basis. Lenkoran, Kuhaylan Zaid und Ilderim zu erhalten, und auch bei den Stuten konnte Idealisten er das beste Material vor dem VerschwinAls gegen Ende des Zweiten Weltkriegs das den schützen. Folgende Familien wurden Arabergestüt niederbrannte und der Groß- weitergeführt: Hamdani (Bábolna), El Hafi teil des Zuchtmaterials verloren ging, (Org. Araber), Kefija (Org. Araber), Kadina schien die Araberzucht in Bosnien beendet. (Org. Araber), O’Bajan (Bábolna), Luna Es kam jedoch anders. Von der Titoregie- (Bábolna), En Nasira (Org. Araber), Fatinirung wurden anfangs immense Anstren- ca (Bábolna) und Darinka (Innocenzdvor/ gungen betrieben, um Jugoslawien auf Weil)* (siehe Kasten auf Seite 71). Unterstüteigenständige wirtschaftliche und militäri- zung erhielt Fahrudin Hrasnica durch den sche Beine zu stellen. 1946 steht Bosnien jungen und engagierten Tierzuchtstudenganz im Zeichen der Pferde: In Prnjavor, ten Refik Telalbašić, der 1965 bei Hrasnica 80 Kilometer von Banja Luka entfernt, promovierte und später die Leitung des wurde das Lipizzanergestüt Vućijak ge- bosnischen Pferdezuchtwesens und den gründet, in Han Pijesak, 50 Kilometer von Lehrstuhl für Tierzucht in Sarajevo überRogatica, wurde ein Militärgestüt für die nahm. Beide engagierten sich über das norProduktion von Tragtieren aus der Wiege male Maß hinaus für ihre bosnischen Pfergehoben, und in Borike baute man die zer- de und kämpften mitunter mit enormem störten Stallungen wieder auf. Der ur- persönlichen Einsatz für den Fortbestand sprüngliche Pferdebestand von Borike war des Bosnischen Arabers und des Bosnizerstreut und überaltert – die Weiterfüh- schen Gebirgspferdes. Telalbašić, heute rung der Zucht schien sinnlos. Ein Mann über 80 Jahre alt, ist nach wie vor an vorjedoch war anderer Meinung und machte derster Front zu finden, und er verliert keisich auf den Weg, den verschlungenen Pfa- ne Minute, um seine schützende Hand für den der bosnischen Araber durch die die ihm sein Leben lang anvertrauten Pferschwierigen letzten Jahre nachzuspüren – de zu erheben. Aber auch er musste mitDr. Fahrudin Hrasnica. erleben, wie der Krieg 1992 ins Land zog Hrasnica rekonstruierte die Zuchtherde und an den Grundpfeilern des Lebens rütund wagte mit den teilweise alten Pferden telte. Die staatliche Organisation brach * Dr. Heinrich Lehrner, der ehemalige Gestütsdirektor von Piber, verbrachte seine Kindheit im kroatischen Gestüt Innocenzdvor an der kroatisch-serbischen Grenze und sammelte hier seine ersten hippologischen Erfahrungen. pferderevue 10 | 2011 Siglavy-Stamm ZUCHT FOTOS: THOMAS DRUML vollständig zusammen, wie durch ein Wunder wurde das Gestüt Borike und seine Pferde verschont, und obwohl Telalbašić durch die Front und die spätere Grenze zur Republika Srpska von seinen Pferden getrennt war, gelang es ihm, eine Brücke über die neue, durch ethnische Säuberungen gezogene Kluft zu schlagen. So sorgt er weiterhin für das Wohl „seiner“ Pferde. Eine hippologisch Sensation Das kleine Gestüt Borike, von der Welt spätestens seit 1992 vergessen, birgt heute eine hippologische Sensation – die letzten Vertreter des hochqualitativen SiglavyStammes des Shagya-Arabers. Dieser Hengststamm gilt als ausgestorben, und obwohl viele der besten Pferde des Shagya- Arabers und des Gidrans auf Siglavy-Blut basierten, gelang es in der internationalen Shagyazucht nicht, diesen geschätzten Stamm weiterzuführen. Der legendäre Hengst Lapis, geb. 1938 in Dušanovo, Leistungsvererber in der Trakehnerzucht, war ein Siglavy, ein Sohn des 561 Siglavy II-22, der 1925 in Borike auf die Welt kam. Aber auch die zahlreichen importierten 10 | 2011 pferderevue Siglavystuten wirkten positiv, wenn nicht fundamental auf die noch junge internationalisierte Shagyazucht. So führte beispielsweise der Ausnahmehengst Shagal in der zweiten Generation Siglavy-Blut, und auch der O’Bajan-Stamm in Bábolna konnte durch Siglavystuten gerettet werden. Den Siglavy-Hengststamm gibt es sowohl beim Lipizzaner als auch beim Shagya-Araber, und bei beiden Rassen ist er auf den Originalaraber Siglavy, geb. 1810, der durch Fürst Schwarzenberg importiert wurde, zurückzuführen. Seine größte Bedeutung in der Araberrasse hatte dieser Stamm im Staatsgestüt Radautz, von wo er über den Hengst Siglavy XXXVII-9 Eingang ins ungarische Staatsgestüt Bábolna fand. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass dieser Stamm in Bábolna mit Siglavy V, geb. 1897 (deckte 1903–1913), ausstarb, von dem sich Gustav Rau bei seinen hippologischen Wanderungen im Jahr 1909 Großes erwartete: „Der beste der Halbbluthengste ist Siglavy V, schwarz, 1897 in Bábolna gezogen, 163 (Stockmaß 151) Zentimeter hoch. Das ist ein Haupthengst, dessen ausgezeichnete Ver- Prof. Refik Telalbašić (li.) bei einem Besuch im ehemaligen erbung einem bei Besichtigung der Jahr- Militärgestüt Han Pjiesak in der Republika Srpska 69 ZUCHT Siglavy-Stamm 70 Bosnische Gebirgsstuten vor dem Stutenstall in Borike – die Stallungen in Borike wurden von Anbeginn an in Blockbauweise aus Holz gefertig. gänge immer wieder auffällt.“ Der Hengst wurde jedoch 1913 ausgemustert und hinterließ in Bábolna keinen Nachfolger. Stamm erhalter wurde damit das junge bosnische Staatsgestüt Goražde, wo 1908 einer seiner Söhne, der Hengst 14 Siglavy V-15, geb. 1905 in Bábolna, in den Pépinière-Stall wechselte. Seitdem ist das bosnische Arabergestüt Borike/Goražde der konstante Hüter dieses Stammes – und es gelang hier, obwohl stets auf kleinster züchterischer Basis (die Stutenherde schwankte immer um die 30 Stück), trotz zahlreicher bedrohlicher historischer Einschnitte und in den letzten 20 Jahren nahezu bar jeglicher finanzieller Mittel diese wertvolle Genetik der Nachwelt zu erhalten. Im großen ungarischen Gestüt Bábolna versuchte Tibor v. Pettkó Szandtner diesen hervorragenden Vaterstamm 1938 mit dem Boriker Fuchshengst 29 Siglavy III, geb. 1922, wieder nach Ungarn zurückzuholen und scheiterte aufgrund der Nachkriegsverhältnisse – trotz bester Nachzucht. Als außerhalb von Bosnien in den späten 1970ern die letzten Siglavy-Hengste von der Bildfläche verschwanden, ohne männliche Nachzucht aufgestellt zu haben, breitete sich der Mantel des Vergessens über den Siglavy-Stamm. Und obwohl gleichzeitig viele Stuten aus Borike, Visnjica (HR) und Karad¯jord¯evo (SER), teilweise viel Siglavy-Blut führend, nach Europa importiert wurden, hielt die Fachwelt in der Araberszene starrköpfig an ihren Dünkeln fest – die, bestärkt durch die Gräuel des Balkankriegs 1992–1995, bis heute tief in den Köpfen der Züchter verankert sind. Vor drei Jahren tauchte erstmals ein weiterer verloren geglaubter Hengststamm bei einem privaten Züchter in Kroatien auf – der Stamm Kuhaylan Zaid – und verursachte ziemliche Aufregung in der Araberwelt. Dem aufmerksamen Leser dieser Zeilen wird nicht entgangen sein, dass zwei FOTO: THOMAS DRUML Söhne des 1923 geborenen Originalarabers Kuhaylan Zaid im Tausch gegen einen Siglavy-Hengst ihren Weg von Bábolna nach Borike fanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wechselte der Kuhaylan-Zaid-Stamm von Borike ins Militärgestüt Karad̄jord̄evo, wo er bis in die 1980er Jahre weitergezüchtet wurde. Zu dieser Zeit war der Stamm in Ungarn bereits ausgestorben. Im serbischen Gestüt Karad̄jord̄evo wurden mehrere Rassen gezüchtet. Es verfügt heute über eine englische Vollblutherde, eine Lipizzanerzucht und eine Noniuszucht. Die Araberherde, großteils auf das bosnische Gestüt Borike zurückgehend, wurde in den 1980er Jahren vom kroatischen Gestüt Visnjica übernommen – dadurch gelangte auch der Kuhaylan-Zaid-Stamm nach Kroatien. Im seinerzeit gesperrten Militärgestüt Karad̄jord̄evo waren auch zahlreiche Privatpferde von Josip Broz, genannt Tito, untergebracht, die selbstverständlich auch zur Zucht genutzt wurden. Und so kam es auch, dass der letzte staatliche KuhaylanZaid-Hengst, 740 Kuhaylan Zaid – 4, geb. 1973, die tunesische Vollblutaraberstute 588 Fekhra – ein Gastgeschenk des tunesischen Königs an Tito – zur Mutter hatte. Derzeit heißt es, die spärlichen Reste der ex-jugoslawischen Araberzucht, darunter auch der bosnische Araber, führten beträchtliche Anteile von „Tunesierfremdblut“. Dass dem nicht so ist, wird folgend dargestellt. Die Araber von Borike gehen ausschließlich, wie zuvor erwähnt, auf die zwischen 1897 und 1914 erworbenen OriginalaraberStuten sowie auf die von Bábolna erworbenen Stuten zurück (siehe Kasten auf Seite 71). Von den Hengststämmen konnten sich Siglavy, Gazal, und Lenkoran erhalten. Der Stamm Ilderim ist 1953 ausgestorben. Um die dadurch eingeschränkte genetische Variabilität der ohnehin schon kleinen Zuchtherde auf ein nachhaltiges Niveau zu brin- gen, hatte man den Marbacher Hengst Saabih, geb. 1968, importiert, von dem heute ein weiterer Hengststamm ausgeht. Aus ähnlichen Gründen wurde von 1997 bis 1999 der spanische Vollblutaraber 846 Bucare, geb. 1982 von Kiew, eingesetzt, der mit Bedacht nur sehr vorsichtig in der zahlenmäßig größten Stutenfamilie Kadina zur Wirkung kam, und von dem keine männliche Nachzucht remontiert wurde. Fünf Gestütshengste (zwei PépinierèHengste und drei Junghengste) sichern heute den Weiterbestand des Siglavystammes in Borike, die Verstärkung durch zwei Siglavyhengste in der bosnischen Privatzucht erhalten. Siglavy und Kuhaylan Zaid stehen in dieser Geschichte stellvertretend für das große hippologische Erbe des Balkans und den Bosnischen Araber, dessen Leistungsfähigkeit legendär ist. Von der enormen Härte und Ausdauer kann man sich heute auf der Rennbahn in Butimir oder noch besser bei den wieder abgehaltenen Bergrennen überzeugen. Diese von Volksfesten begleiteten Rennen nützen das vorhandene Terrain und führen in halsbrecherischem Tempo über Schotterpisten, Steilhänge und durch Schluchten und demonstrieren eine tiefe Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd in einem Land, in dem das Leben alles war – nur nicht einfach. Epilog Bosnien Herzegowina ist im Sommer brütend heiß, ein heftiger Gewitterregen kann die Luft in ein türkisches Dampfbad verwandeln, und die Herbststürme tauchen das Land in ein Meer aus Kälte. Bosnien Herzegowina ist ein schroffes Land, mit starken Kontrasten, und gleichzeitig zum Weinen schön. All dies muss man wissen, um zu verstehen, was das Pferd hier war: lebensnotwendig. Bis heute ist der Import von Pferden aus Bosnien Herzegowina in die EU nicht erlaubt. Eine Exportmöglichkeit aber ist unabdingbare Voraussetzung für die Zucht einer so internationalisierten Pferderasse wie des Arabers. Damit sich daran etwas ändert, ist ein tiefgehendes Umdenken in „Europa“ notwendig. Bis dahin erinnert Sarajevo an den großen europäischen Traum von Toleranz, Freiheit und Achtung des anderen im Anderssein, der gerade hier einmal Wirklichkeit war: Als sich in das Rufen der Muezzins das Glockengeläut der katholischen Kirche mischte, und die Rabbiner am Weg zur Synagoge an der serbisch-orthodoxen Kirche vorbeigingen. Einen Traum, der hier auf das Fürchterlichste zerbrach. Dr. Thomas Druml & MMag. Gertrud Grilz-Seger l pferderevue 10 | 2011 Siglavy-Stamm ZUCHT Die heute in Borike vertretenen Stutenfamilien Boriker Gründerstute Stutenfamilie Familie in Borike 34 Hamda ex Samra en El Hafi 73 Kadina Nedjd, 1890 34 Hamda ex 34 Hamda ex Samra en Kadina Samra en Nedjd Nedjd, 1890 36 Hamdani Hamdani Semri 370 Moldauerin, 1783 O’Bajan 35 O’Bajan 819 Mezöhegyes, 1815 Luna 5 Zarif I 380 Moldauerin, 1785 Hengststämme in Borike Hengst- Gründer stamm in Borike Siglavy 14 Siglavy V-15 Gazal 13 Gazal Lenkoran 24 Lenkoran Saabih 77 Saabih Borike Privat BIH 5 3 14 7 4 5 2 5 2 5 Stammbegründer Borike Siglavy Orig., 1810 13 Gazal Orig. Araber, 1903 Lenkoran, Orig. Araber, 1891 Kuhailan Haifi, Orig. Araber, 1923 5 7 Privat BIH 2 1 5 5 4 8 Ausgestorbene und nicht mehr in Bosnien vorkommende Familien der Boriker Gestütszucht Boriker Gründerstute Stutenfamilie Familie in Borike Kefija 53 Kefija 10 Hadbe ez Zeebie, 1890 En Nasira 12 En Nasira 10 Hadbe ez Zeebie, 1890 Fatinica 8 Zarif Bagdadi 59 Siebenbürgerin, 1786 Darinka 168 Darinka Czebessie II, 1814 ausgestorben in GER ausgestorben in GER Siglavy V M: 142 Gazlan 1897 Babolna Siglavy Org. Sch. 1810 Schwarzenbergimport Siglavystamm endet in Babolna 21 Siglavy II M: 75 Simhan O’Bajan 1909 Gorazde 29 Siglavy III M: 108 Luna IV 1922 Borike Siglavystamm wird in Babolna eingeführt, endet aber in Ungarn um 1960; von hier erfährt er eine int. Verbreitung bis er 1978 in Deutschland erlischt 55 Siglavy IX M: 201 Hamdani VI 1935 Borike 68 Siglavy XII M: 262 Kadina XLII 1944 Borike P-9 Siglavy (priv.) M: P-6 El Hafi 1999 BiH 75 Siglavy XIV M: 392 O’Bajan III 1963 Borike 80 Siglavy XV M: 422 Luna XX 1970 Borike 92 Siglavy XVIII M: 505 Luna XXVIII 1986 Borike 221 Siglavy XV-5 M: 87 El Hafi LIII 1978 Borike P-21 Siglavy (priv.) M: P-8 Luna 2006 BiH 10 | 2011 pferderevue 88 Siglavy XVII M: 611 Kadina XXXIV 1991 Borike 372 Siglavy XVII-3 M: 643 Luna XLIV 2005 Borike 93 Siglavy XIX M: 650 O’Bajan XXVIII 2002 Borike 339 Siglavy XIX-1 M: 678 ElHafi IV 2009 Borike + Vollbruder 2011 345 Siglavy XIX-2 M: 675 Kadina LIX 2010 Borike 71
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