DC-Kabel als Qualitätsfaktor

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DC-Kabel als
Qualitätsfaktor
Photovoltaik
Stehendes Wasser unter einem
Aerodynamik-Montagesystem
(links) und in einem Generatoranschlusskasten
Fotos (3): Volker Hense
Die Lebensdauer einer Solarstromanlage hängt zum guten Teil von der
Qualität der Module ab. Doch auch die anderen Komponenten sollten
hochwertig sein. In der Praxis limitieren nicht selten auf den ersten
Blick einfache Komponenten wie Kabel, Leitungen und Schalter die
­Lebensdauer. Auch die DC-Leitung kann zum kritischen Faktor werden.
I
n den Anfangsjahren der Photovoltaik war es ein
Novum, Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen.
Entsprechend übersichtlich war die Auswahl der
zur Verfügung stehenden Komponenten. Der einzige
geeignete Leitungstyp war H07RNF, eine schwere
Gummischlauchleitung in 2,5 mm². Die Version in 4
mm² kam erst später. Einadrige Leiter und doppelte
Isolierung für Gleichstrom waren schon damals normativ vorgeschrieben. Die ersten für Solarstrom produzierten und für damalige Anlagen geeigneten Solarleitungen kamen etwa im Jahr 2000 auf den Markt.
Heute gilt die Anwendungsrichtlinie VDE AR 22834 aus dem Jahr 2011, die eindeutige Anforderungen
an PV-Leitungen stellt: Prüfspannung 1800 V, Umgebungstemperatur bis 90 °C, Leitertemperatur bis 120
°C. Leitungen, die alle Prüfungen der Anwendungsrichtlinie bestehen, dürfen den Aufdruck PV-1F tragen.
Für solche Leitungen ist grundsätzlich eine Betriebstauglichkeit von 25 Jahren zu erwarten. Leider schlägt
sich das nicht in der Produktgarantie der Leitungshersteller nieder, beträgt doch die übliche Produktgewährleistung zwei Jahre.
Qualität der Kabel ersetzt nicht
die Sorgfaltspflicht
Die bei SolarWorld-Solarstromanlagen eingesetzten
Kabel sind nach einer ganzen Reihe von Normen getestet: Brandverhalten gemäß IEC 60332-1 und IEC
60332—3-24, Rauchemission gemäß IEC 61034, EN
50268-2, geringe Brandlast gemäß DIN 51900 und
andere mehr. Der Installateur, der mit einem Quali-
tätshersteller zusammenarbeitet, kann sicher sein,
auch bei den Komponenten hochwertige Produkte zu
bekommen, die nach allen gängigen Normen geprüft
wurden. Dennoch hängt die Lebensdauer der Leitungen auch davon ab, wie sorgfältig der Installateur arbeitet. Folgende Beispiele sollen deutlich machen,
dass trotz der erhöhten normativen Anforderungen
immer noch die Arbeit des Installateurs ausschlaggebend für die Lebensdauer von DC-Leitungen ist.
Beispiel UV-Beständigkeit
Einige Kabelhersteller geben auf den Datenblättern
ihrer Solarkabel eine UV-Beständigkeit bzw. Witterungsbeständigkeit nach EN ISO 4892-2 an. Nahezu
alle Prüfvorschriften landen beim UV-Test bei dieser
Norm: die TÜV-Bauart-Prüfung 2PFG 1169/08.2007
referenziert z.B. auf HD605/A1 (Harmonisierungsdokument der Europäischen normgebenden Gremien),
diese entspricht der DIN VDE 0276-605, die Norm
verweist auf die EN ISO 4892-2. Damit schließt sich
der Kreis und wir landen bei folgendem Verfahren: Der
UV-Beständigkeitstest nach der Norm EN ISO 48922 wird von einem Prüfinstitut mit einer UV-Lichtquelle (Xenon-Bogenlampe) mit 60W/m² durchgeführt.
Dies entspricht dem Anteil, der auch im Sonnenlicht
enthalten ist, also keine verstärkte oder konzentrierte
Strahlendosis. Die Testdauer beträgt 720 Stunden,
­also 2 Monate. Leitungen, die diese Anforderung erfüllen, dürfen sich UV-beständig nennen.
Eine offen auf einem nach Süden geneigten Dach
verlegte Leitung erfährt die in der Norm eingesetzte
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Aus einem Panzerrohr
geborgene DC-Leitung: Die
Isolierschicht ist zerstört.
Strahlendosis an UV-Strahlung in etwa ein bis zwei
Jahren. Leitungen hinter Modulen erfahren keine nennenswerte Dosis UV, aber alle ungeschützten Leitungen zwischen Modulfeldern oder Leitungsbündel, die
über ein Dach zu Leitungseinführung verlegt werden.
Da bedarf es keiner Diskussion über UV-Festigkeit.
Der normative UV-Test ist somit nur bedingt geeignet,
die Dauerfestigkeit einer in der Sonne liegenden DCLeitung zu bewerten, weil die Ansprüche in der Realität deutlich höher sind. Zusätzlich wird in der PV-Installationsnorm DIN VDE 0100-712 gefordert, Leitungen witterungsgeschützt gegen Sonne, Wind, Schnee
und Eis zu installieren. Es liegt am Installateur, diese
Forderung bei der Montage entsprechend umzusetzen.
Beispiel Verlegung
Hochwertige Komponenten und fachgerechte
Installation sorgen für eine
hohe Lebensdauer.
Foto: SolarWorld
Werden bei der UV-Stabilität die Aussagen ziemlich
unscharf gehalten, sind sich die Hersteller der PV-1FLeitungen einig: Die Leitungen sind nicht geeignet, um
dauerhaft im Wasser zu liegen. Besonders auf Flachdächern oder in Freifeldanlagen kommt es aber trotzdem vor. Bei Foliendächern sinkt der weiche Belag etwas ein, unter den Aerodynamik-Montagesystemen
bilden sich Pfützen oder sogar kleine Seen. In Freifeldanlagen stehen in DC-Stringanschlusskästen oder in
den unterirdisch verlegten Panzerrohren große Wassermengen. Panzerrohre als Leitungsführungen, die
Stringreihen überbrücken oder zum Generatoranschlusskasten führen, sind oft mit Wasser gefüllt, weil
entweder die Rohre mit Stößen verbaut sind, die Roh-
re durch scharfkantige Steinchen beschädigt sind
oder Kondenswasser in der Rohren entsteht. PV-1FLeitungen haben in den meisten Fällen PE (Poly-Ethylen) Isolierungen, PE generell ist wasserabweisend.
Durch die Forderungen nach brandhemmenden Eigenschaften besonders in der aktuellen VDE AR 22834 werden Brandhemmer (häufig halogenhaltige Verbindungen mit Brom oder Chlor) zugesetzt. Leider
sind diese hydrophil, ziehen also Wasser an.
Panzerrohre müssen demnach immer so verlegt
sein, dass Wasser ablaufen kann, damit die Leitungen
nicht dauerhaft im Wasser liegen. Beachtet der Installateur das nicht, kann Folgendes entstehen: Die Isolierungsschichten sind durchdrungen, die Leitungen haben einen elektrischen Kurzschluss gegen Erde, der
Isolationswiderstand ist nahe Null, der Wechselrichter
schaltet erst gar nicht an. Das Bild oben links stammt
aus einem Solarpark in Italien – keine drei Jahre nach
der Inbetriebnahme.
Mittlerweile haben einige Leitungshersteller erdverlegefähige Solarkabel auf den Markt gebracht. In
einem normgerecht erstellten Kabelgraben wird der
Kabelsand Wasser ableiten; durch die Schotterschicht
unterhalb des Kabelsandes wird Oberflächenwasser
ablaufen können. Damit liegen die Leitungen nicht
dauerhaft im Wasser. Bei hohem Grundwasserstand
bietet aber auch das keine ausreichende Sicherheit.
Leider hat es auch mit dem erdverlegefähigen Solarkabel schon Probleme gegeben, mit zum Teil dramatisch abgesunkenen Isolationswiderständen und entsprechend hohen Ertragsverlusten. Nicht nur, dass eine solche betroffene Anlage zwingend als geschlossene elektrische Betriebsstätte deklariert werden muss,
was bedeutet, dass nur Elektrofachkräfte die Anlage
betreten dürfen. Es besteht zudem eine massive Gefahr für Personenschäden, weil ein Strompfad Richtung elektrisch leitendes Gestell bestehen könnte.
Leitungen mit ähnlichen Phänomenen – sogar von
Marken-Kabelherstellen – sind zu tausenden Kilometern installiert.
Fazit
Der Installateur tut gut daran, zwei Dinge zu beachten. Erstens sollte er bei der Montage der Solarstromanlage Sorgfalt walten lassen – nicht nur, aber auch
bei der einwandfreien Verlegung der Kabel. Zweitens
sollte er mit einem Hersteller zusammenarbeiten, der
auch bei vermeintlich unwichtigen Komponenten wie
Kabeln einen hohen Qualitätsanspruch mitbringt und
idealerweise sogar über die Standardnormen hinausgehende Prüfungen durchführt. Bei der SolarWorld
AG wird jede einzelne Komponente, die in den Solarstromanlagen eingesetzt wird, gründlich betrachtet
und von unabhängigen Instituten untersucht. Nur
wenn die Installation mit der nötigen Sorgfalt erfolgt
und geprüfte Komponenten zum Einsatz kommen,
wird die Solarstromanlage dauerhaft und zuverlässig
ihren Dienst tun.
Volker Hense, Ingenieur- und Sachverständigenbüro Inside PV,
Manuela Jakobi, SolarWorld AG
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