sachverständiger haftet für falsches gutachten im

Rechtsprechnung
STRAFRECHT
Sachverständiger haftet für falsches Gutachten
im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
von RA, FA für MedR, Dr. Maximilian Warntjen, Kanzlei Dierks+Bohle
Rechtsanwälte, www.db-law.de
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. März 2014 (Az. III ZR
312/12, Abruf-Nr. 141607) entschieden, dass der im Auftrag der Staatsanwaltschaft in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ein Gutachten
erstattende Sachverständige grundsätzlich nach § 839a BGB analog für
ein unrichtiges Gutachten haftet.
Der Fall
Der Beklagte hatte in einem Ermittlungsverfahren im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein toxikologisches Sachverständigengutachten erstattet. In diesem stellte er (zu Unrecht) fest, einer verstorbenen Patientin sei Heroin verabreicht worden, woraufhin gegen den behandelnden Chefarzt Haftbefehl
wegen Verdacht des Mordes erlassen und seine Dienst- und Privaträume
durchsucht wurden. Der Verdacht konnte entkräftet werden, sodass der Haftbefehl aufgehoben und das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden
Tatverdachts eingestellt wurde. Der Chefarzt argumentierte, der Sachverständige habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Durch die
strafprozessualen Zwangsmaßnahmen und die damit verbundene Berichterstattung habe er eine dauerhafte irreparable Rufschädigung erlitten, weshalb eine Geldentschädigung von mindestens 150.000 Euro geboten sei.
PDF erstellt für Gast am 22.04.2016
Die Entscheidung
Der BGH hat die Annahme der Vorinstanzen bestätigt, wonach § 839a BGB
auf die Sachverständigentätigkeit im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren analog anwendbar ist. Entscheidend stellt der BGH auf
die organisatorische und institutionelle Nähe der Staatsanwaltschaft zum
Gericht ab. Diese rechtfertige es, den seinem Wortlaut nach nur auf den vom
Gericht ernannten Sachverständigen anwendbaren § 839a BGB grundsätzlich
auch dann heranzuziehen, wenn die Staatsanwaltschaft das Gutachten einholt. Im Ergebnis lehnte der BGH eine persönliche Haftung des Sachverständigen gleichwohl ab: Die im Rahmen der Todesursachenermittlung durchzuführenden Tätigkeiten wie etwa die Obduktion und die toxikologische Untersuchung seien dem hoheitlichen Aufgabenbereich zuzuordnen, sodass dem
Beklagten die befreiende Haftungsübernahme des Staates nach § 839 BGB
i.V.m. Art. 34 Satz 1 Grundgesetz zu Gute kommen müsse.
FAZIT | Strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchung und/oder
Verhaftung können zu erheblichen Nachteilen des Betroffenen führen. Soweit die
Maßnahmen auf ein unrichtiges Sachverständigengutachten zurückzuführen
sind, bietet die Entscheidung Ansatzpunkte für eine Kompensation. Allerdings ist
darauf zu achten, ob anstelle einer persönlichen Inanspruchnahme des Sachverständigen nicht vorrangige Amtshaftungsansprüche geltend zu machen sind.
6-2014
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Abruf-Nr. 141607
§ 839a BGB auf
staatsanwaltliche
Ermittlungen
analog anwendbar
Amtshaftung
vorrangig!
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