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Kultur.
| Dienstag, 1. Dezember 2015 | Seite 23
Nicht nur die Sicherung
brennt durch
«Komödie im Dunkeln» im Förnbacher-Theater
Von Thomas Waldmann
Basel. Sie stossen mit dem Knie an
Sessel und Tische, stolpern über den
Teppich und fallen der Länge nach hin,
hauen sich die Tür an den Kopf,
schimpfen in die falsche Richtung.
Denn im Haus des Künstlers Brindsley
Miller ist die Sicherung durchgebrannt.
Es ist stockfinster.
Der Trick in Peter Shaffers «Komödie im Dunkeln» ist, dass zu Beginn des
Stückes kein Licht ist auf der Bühne.
Doch wenn die Jukebox mit dem SousaMarsch eingeschaltet wird, gibts einen
Kurzschluss, und dann erst gehen die
Scheinwerfer an. Die verkehrte Technik
ermöglicht es dem Publikum, alles, was
«im Dunkeln» geschieht, zu sehen.
Der britische Autor Peter Shaffer
erlangte mit «Equus» und «Amadeus»
Weltruhm. Seine «Komödie im Dunkeln» von 1965 erfordert von den
Mitwirkenden, dass sie sich eineinhalb
Stunden so bewegen, wie man sich eben
durch eine dunkle Wohnung tastet. Die
Situationskomik verlangt perfektes
Timing, Positions- und Körperspiel. Das
Ensemble im Theater im Badischen
Bahnhof macht das in Helmut Förnbachers Regie höchst lustvoll.
Für Brindsley Miller kommt der
Kurzschluss ungelegen. Er und seine
Verlobte Carol (herrlich tapsig und
hysterisch: Michèle Bielser) erwarten
einen reichen Kunstsammler, der sich
Brindsleys Werke ansehen will, und
Carols Vater, Colonel Melkett (komisch
sturer Militärkopf: Percy von Tomëi).
Um die Besucher zu beeindrucken, hat
sich Brindsley die schönen Möbel des
Nachbarn Harold, eines schwulen
Kunstfreunds (witzig, mit köstlichem
Wutanfall: Lothar Hohmann), ohne
dessen Wissen «ausgeliehen». Zwei
Buddha-Köpfe aus Porzellan inklusive.
Doch der kommt zu früh nach Hause;
Brindsley versucht im Dunkeln, Harolds
Schätze in dessen Wohnung zurückzuspedieren. Zu allem Überfluss taucht
Brindsleys attraktive Ex-Geliebte Clea
auf (schön frech: Lea-Sina Bühler). Der
kunsttheoretisch gebildete Elektriker
(skurril: Matthias Zelazko) wird mit
dem reichen Sammler verwechselt.
Seelische Abgründe
Im Zentrum der Aufführung steht
Falk Döhler als Brindsley, virtuos und
urkomisch präsent in seiner Verstrickung, symbolisch auch im Kampf mit
dem Telefonkabel. Die Nummer mit
dem Goldfischglas, das über ein Treppengeländer gehievt werden muss, ist
zirkusreif. Darüber hinaus macht er
glaubhaft, wie eine Welt über ihm
zusammenbricht; da brennt nicht nur
eine Sicherung durch. Das Stück – der
Originaltitel «Black Comedy» ist aussagekräftiger als der deutsche Titel –
eröffnet auch Abgründe. Und absurde
seelische Not, wenn Kristina Nel als
Nachbarin Miss Furnival, die nebenbei den ganzen Whisky aussäuft, von
ihrem Supermarkt-Albtraum («Pyramiden von Ketchup!») befallen wird und
sich in Urangst am Sofa festklammert.
Zum ganzen Vergnügen kommen
weitere drollige Überraschungen – etwa
die «Falltür», in die der echte Kunstsammler stürzt. Ein Toptip für den
Silvesterabend.
Förnbacher-Theater, Basel.
Badischer Bahnhof. 3., 5., 16., 18. Dez.,
20 Uhr; 27. Dez., 18 Uhr; 31. Dez., 17, 19.45
und 22.30 Uhr. www.foernbacher.ch
Am Küchentisch darf
gelacht werden
«Ich mag Tisch» von David Bröckelmann und Salomé Jantz
Von Heinz Eckert
Basel. Sie kommen nach Hause, stellen
die volle Einkaufstasche auf den
Küchentisch, das Einkaufen war
anstrengend, gekocht werden müsste
auch noch. Was liegt also näher, als sich
zuerst mal an den Tisch zu setzen, einen
Apéro zu trinken und in Ruhe das weitere Vorgehen zu besprechen. Doch
dann beginnt das «Echo der Zeit» mit
den Nachrichten, und es entwickeln
sich Diskussionen, die allesamt in Parodien münden.
Der Küchentisch wird im neuen Programm von David Bröckelmann und
Salomé Jantz als dominierendes Requisit zum Mittelpunkt eines Literaturclubs, zum «Glanz & Gloria»-Dekor,
zum Sport- und zum Kochstudio. In der
Comedyshow «Ich mag Tisch» fliesst
eine Situation in die nächste, eine
Pointe jagt die andere. Dass Bröckelmann hervorragend imitieren kann, ist
längst bekannt. Und seine Partnerin
Salomé Jantz – sie sind auch im wirklichen Leben ein Paar – steht ihm in
nichts nach. Beide scheinen zudem so
ziemlich alle Dialekte zu beherrschen,
was den Abend auch dann zum Vergnügen macht, wenn die Texte nicht immer
höheren Ansprüchen genügen. Aber
das muss Comedy vielleicht auch nicht.
Bröckelmann und Jantz beobachten
den Alltag um sich herum und machen
sich ihre Gedanken, schauen populäre
Fernsehsendungen und nehmen sich
der Prominenz an, die wir vom medialen Boulevard kennen. Von der
politischen Garde bekommen Mörgeli
und die Blochers sowie Bundesrat
Schneider-Ammann ihr Fett ab, während sich Levrat als Modeberater für die
Farbe Rot profilieren darf: harmlose,
politisch korrekte Scherze, wie es sich
für Schweizer Politsatire gehört.
Auch im echten Leben ein Paar. Die
beiden Stimm-imitatoren Salomé Jantz
und David Bröckelmann. Foto Marc gilgen
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Obwohl Bröckelmanns Imitationen
von Hakan Yakin, Matthias Hüppi,
Christian Gross und Kurt Aeschbacher
nach wie vor sitzen, sollte er sie dosierter einsetzen. An Hakan Yakin und
Christian Gross erinnern sich bald nur
noch ältere Fussballfans, und Hüppi
und Aeschbacher können auch nicht
beliebig variiert werden. Und was bitte,
haben Yakin und Gross in einer Persiflage auf den SRF-«Literaturclub» verloren? Vorteilhafter und wohl auch
ergiebiger wäre es gewesen, wenn sich
Bröckelmann und Jantz mit ihrem
Talent, Deutsche zu imitieren, die
Literaturkritiker und deren oft so eitles
Geschwätz vorgeknöpft hätten. Das
hätten sie bestimmt bravourös gemacht.
Petkovic und Grönemeyer
Glänzend hingegen war die Imitation von Fussball-Nationaltrainer Vladimir Petkovic und zum Brüllen komisch
Bröckelmanns Auftritt als Sänger Herbert Grönemeyer. Von beiden hätte man
sich noch mehr gewünscht. Hervorragend auch Salomé Jantz als Märchentante Trudi Gerster, Schönheitskönigin
Christa Rigozzi oder Millionärsgattin
Irina Beller.
Es gab viel zu lachen an der Premiere im Theater Fauteuil, und das
Publikum bedankte sich mit einer stehenden Ovation bei den beiden Komödianten. Wer Bröckelmann und Jantz
im neuen Programm im Fauteuil sehen
will, muss sich allerdings bis zum 26.
und 27. Februar 2016 gedulden. Weitere drei Vorstellungen stehen vom 2.
bis 5. Mai auf dem Spielplan.