Kantonsspital Graubünden Departement Personal, Pflege und Fachsupport Fachbereich Spitalhygiene Expertin Infektionsprävention Corina Weber Loëstrasse 170 CH-7000 Chur Hauptstandort Tel. +41 81 256 66 23 Fax +41 81 256 66 67 [email protected] www.ksgr.ch 6. Bündner Hygienesymposium 5. November 2015 THE (NEVER)ENDING MRSA STORY Chronologie einer wahren Geschichte THE (NEVER)ENDING MRSA STORY Einleitung MRSA ist nach wie vor ein Thema dessen Herausforderung gross ist. Vor allem dann, wenn es sich um eine unendliche Geschichte handeln könnte, und von einer solchen Erfahrung / einer wahren Geschichte möchte ich Ihnen berichten. Was Sie nicht hören werden, sind Rezepte oder ultimative Lösungen zu einem komplexen Thema. Die unendliche Geschichte Für diejenigen, welche die Geschichte nicht kennen oder vielleicht vergessen haben, kurz eine Zusammenfassung der unendlichen Geschichte: Diese trägt sich zu im Land Phantásien und in der Realität. Der 10 jährige Junge verliert sich in einem geheimnisvollen Buch, und findet nach unendlich vielen Abenteuer wieder in die Realität zurück. Das Buch jedoch ist nicht auffindbar! …. aber dies ist eine Geschichte die zu einem anderen Zeitpunkt erzählt werden soll…… DAS ENDE Die (un)endliche MRSA Geschichte Der Patient, männlich, 65 Jahre alt und seine Leidensgeschichte mit vielen Kapiteln, die sich in der Realität zugetragen hat. Die scheinbar aussichtslose Diagnose MRSA nimmt Dank unermüdlichem und aktiven Engagement aller Beteiligten und nach aufwändigem, zeitintensivem Verlauf, ein GUTES (offenes) ENDE…. Ausgangslage / Chronologie Februar 2014 externer Befund und Status nach erfolgloser Dekolonisation. Risikofaktoren und erschwerende Umstände: - chronische Wunden - Cystofix-Träger - Rollstuhlabhängig Diagnose Morbus Little = infantile Cerebralparese - schwierige häusliche Verhältnisse Lebenspartnerin hat eine geistige Behinderung, leidet an Epilepsie Patient und Lebenspartnerin werden daheim durch Spitex betreut: Isolationsmassnahmen werden durchgeführt, die Pflege erweist sich jedoch als sehr komplex und herausfordernd. Die häuslichen und hygienischen Verhältnisse des Pat. sind schwierig, da er sich nur 1x pro Tag betreuen lassen will. Am nächsten Tag liegt/sitzt er im Nassen. Die Wundheilung verläuft schleppend, zögernd: Spitex muss im Verlauf 2x tägl. wegen Wundversorgung zum Patienten. Aufenthalt zu Hause ist nicht mehr möglich, da die Wundverhältnisse sich zu Hause verschlechtern, die Spitex die nötige Pflege nicht mehr gewährleisten kann und im Verlauf ihren Auftrag kündigt. April 2014 Eintritt KSGR: Patient wird aufgrund der Gesamtsituation und zur Wundbehandlung stationär aufgenommen Rundtischgespräche mit Ärzten, Sozialdienst, Kantonsarzt, Heimleitungen und Beistand werden schon früh geführt. Die Wundheilung ist erschwert und schleppend aufgrund der Risikofaktoren: Patient ist adipös, Rollstuhlabhängig (Sitzdruck auf Wunde), hat chronischen Juckreiz: Patient kratzt sich Wunden immer wieder auf. Die Wundpflege (Einbezug der Wundexpertinnen) ist sehr zeitintensive, nimmt täglich anderthalb bis zwei Stunden in Anspruch. Die tägliche Umsetzung der Isolationsmassnahmen ist herausfordernd, für das Personal wie auch für den Patienten. Patient fühlt sich eingesperrt. Der Gesamtsituation Rechnung tragend werden situativ Ausnahmen festgelegt (Tages- und Wochenendurlaub). Dabei Miteinbezug des Patienten und der Partnerin; es wird schriftlich festgehalten, wie die Ausnahmen zu handhaben sind Verantwortung übernehmen. Dies hat positive Auswirkung auf die psych. Verfassung des Patienten und folglich auch auf das Personal. Mai 2014 (Monat 2) MRSA Status: Nachweis in oberflächlichen Wunden Leiste und Gesäss. ….. und so nimmt eine (un)endliche MRSA Geschichte ihren Lauf….. Verlauf / Chronologie Juli – September 2014 Suche nach einer Anschlusslösung: eine Heimaufnahme erweist sich als schwierig bei MRSA-Nachweis, diverse Heime werden angefragt, jedoch ohne positive Antwort. Hinzu kommt, dass eine Anschlusslösung zwingend wird, da eine Rückkehr nach Hause nicht mehr möglich ist, im Verlauf wird die Wohnung gekündigt. September 2014 Zur Entlastung der Erststation erfolgt hausintern die Verlegung auf eine andere Station. Oktober 2014 Der Allgemeinzustand und die Wundverhältnisse verbessern sich während des stationären Aufenthaltes, und nun mit Aussicht nach einer Anschlusslösung (Pflegeheim) wird entschlossen, eine Dekolonisation durchzuführen. Dies trotz der noch bestehenden Risikofaktoren Wunde und Cystofix. Parallel wird auch die Partnerin, welche in einem MRSA Screen positiv war, dekolonisiert. MRSA Status vor Dekolonisation: Nachweis im Urin und Wundabstrich Dekolonisationsschema: Standard 5 Tage Adaptiert 7 Tage plus orale Antibiotika 14 Tage November 2014 Nach 3 Kontrollserien negativ, und nach 8 Monaten Spitalaufenthalt (!) kann der Patient in ein Pflegeheim verlegt werden. Stand Oktober 2015 Die Verlaufskontrollen werden gem. Schema durchgeführt, diese sind bis dato MRSAnegativ. Der Patient hat sich in der neuen Lebenssituation gut zurechtgefunden. Zusammenfassung Schwierigkeiten / Herausforderungen - Risikofaktoren: Wunden, Cystofix Chronische Wunden und Cystofix bergen Reservoir für Keimbesiedlung - Dekolonisation: sehr zeitintensiv, aufwändig Für das Personal bedeutet es eine 1:1 Pflege - Psychosoziale Verhältnisse Erfordern seitens Patient Kooperation und Bereitschaft was unter gegebenen Umständen (eingeschränkte körperliche und psychische Verfassung des Patienten) nicht als selbstverständlich anzusehen ist. - Patient kann nicht zurück nach Hause Die sehr desolaten Wohnverhältnisse lassen eine Rückkehr weder vor, während noch nach der Dekolonisation zu. Die Wohnung wird im Verlauf gekündigt Entmündigung, Verlust der Autonomie - Suche nach einer Anschlusslösung erweist sich als sehr schwierig Pflegeheime sehen keine Verpflichtung zur Aufnahme Medizinisch gesehen kein Anspruch mehr auf ein Akutspitalbett - Finanzielle Bürde, versicherungstechnische Regelung sowie Fragen der Verantwortlichkeit: Akzeptanz / Ablehnung Was bleibt sind die ungelösten Fragen. ….. wider aller Erwartungen jedoch ….. …. nimmt die (un)endliche MRSA Geschichte Dank dem unermüdlichen und aktiven Engagement aller Beteiligten, und nach aufwändigem, sehr zeitintensivem Prozess ein GUTES (offenes) ENDE. Was es braucht sind die notwendigen Rahmenbedingungen: Personelle Ressourcen und nötiges Fachwissen. Diese reale Geschichte zeigt auf, dass der gemeinsame Einsatz und die Zusammenarbeit zwischen Akut- und Langzeitpflege zum Erfolg führen können. Gefordert sind die Bereitschaft und der gute Wille sich einzusetzen. ….. und so schliesst sich für dieses Mal das Buch der (un)endlichen MRSA Geschichte….. Chronologie einer wahren Geschichte THE (NEVER)ENDING MRSA STORY Einen grossen Dank allen Beteiligten für das Engagement und die Zusammenarbeit.
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