Neue Ergonomielinie im Volkswagenwerk Salzgitter Andreas Blechner, Betriebsratsvorsitzender Volkswagen Salzgitter Detlef Kays, Mitglied des Betriebsrats Volkswagen Salzgitter Ein Vortrag im Rahmen des Deutschen BetriebsräteTages 2015 Agenda 1 2 3 4 5 6 7 Einleitung Ausgangssituation Vorgehensweise Umsetzung Ergebnis Nach dem Beginn der Serienfertigung Back Up 1 Einleitung Neue Ergonomielinie im Volkwagenwerk Salzgitter Die Ausgangslage für unser Ergonomie Projekt war in erster Linie das hohe Durchschnittsalter unserer Belegschaft von knapp 45 Jahren. In der Vergangenheit hatten das Unternehmen und der Betriebsrat gemeinsam die Auffassung, dass Kollegeninnen und Kollegen mit über 50 Lebensjahren möglichst nicht mehr in der Motormontage eingesetzt werden. Diese Verabredung ist auf Grund des hohen Durchschnittsalters nicht mehr aufrecht zu halten. Von gut 4.000 Kolleginnen und Kollegen im direkten Bereich sind 1.700 bereits 50 Jahre und älter. Davon haben mehr als 600 bereits Einsatzbreiteneinschränkungen. Ein wertschätzender und wertschöpferischer Einsatz in der Montage wird immer schwieriger. Das hieß im Umkehrschluss, dass wir die Montagelinien altersgerecht gestalten müssen. Nach über zweijähriger Diskussion konnten wir das Unternehmen davon überzeugen, dass wir bei Investitionen in neue Montagelinien einen ganzheitlichen ergonomischen Ansatz brauchen. Damit wir auch in Zukunft ältere Kolleginnen und Kollegen weiterhin wertschätzend in der Produktion von Motoren einsetzen können. 2 Ausgangssituation Neue Ergonomielinie im Volkwagenwerk Salzgitter 2008/2009: Versetzungswelle aus der mechanischen Fertigung in die Montage Hier wurde das erste Mal sehr deutlich, dass der Einsatz für ältere Kolleginnen und Kollegen an den bestehenden Montagelinien kaum mehr zumutbar ist. Dem Gremium wurde bewusst, dass die Montagearbeitsplätze ergonomisch verbessert, also altersgerechter gestaltet werden müssen, um dem demographischen Wandel der Belegschaft gerecht zu werden. 2013: Planung der neuen Montagelinie analog einer bestehenden Linie Der Betriebsrat hat darauf gedrängt, dass eine Mitarbeiterbefragung zur Arbeitszufriedenheit in der bestehenden Montagelinie durchgeführt wird. Ziel war es, mit Beteiligung der dort arbeitenden Kolleginnen und Kollegen eine Optimierung der Arbeitsplätze zu erreichen und Erkenntnisse zu generieren, wie die neue Montagelinie optimal geplant und umgesetzt werden sollte, um älter werdenden Kolleginnen und Kollegen die Arbeit in der Montage bis zur Rente zu ermöglichen. 2 Ausgangssituation Neue Ergonomielinie im Volkwagenwerk Salzgitter Der Betriebsrat hat darauf hingewirkt, dass an der neuen Montagelinie Werkzeugträger mit elektrischen Motoren genutzt werden, damit die Werkzeugträger individuell für jeden Arbeitsplatz in Höhe und Drehrichtung verstellbar sind. Baubeginn der neuen Linie war das 3. Quartal 2014. Start of Production war die 20. KW 2015. Dazu wurde im Februar 2015 mit dem Performance Check an der neuen Linie begonnen. Hier wurde mit einer Schicht aus der Referenzlinie an mehreren Tagen die Manufaktur- und Serientauglichkeit überprüft. Dann wurden Mängel beseitigt und anschließend gingen die Kolleginnen und Kollegen aus der Referenzlinie an die neue Linie, um nach den Verbesserungen zu prüfen, ob die Abläufe sich verbessert haben. Dies geschah mehrere Wochen so lange, bis die Performance der neuen Linie zufriedenstellend war. 3 Vorgehensweise Der Fragebogen in der Referenzlinie umfasste u.a.: • Fragen zur körperlichen und psychischen Belastung des Arbeitsplatzes, • Fragen zur Ergonomie des Arbeitsplatzes • Fragen zur Arbeitsumgebung Jede Kollegin und jeder Kollege hat den Fragebogen für seinen Arbeitsplatz ausgefüllt. Im 3-Schichtsystem wurden so zu jedem Arbeitsplatz 3 unabhängige Meinungen eingeholt. (Fragebogen siehe Back Up) 3 Vorgehensweise Ergebnisse des Fragebogens Die Ergebnisse der Befragung wurden der kompletten Mannschaft der Referenzlinie rückgespiegelt. Es wurden besonders kritische Arbeitsplätze wie zum Beispiel die Schwungradmontage, der Verbau des Turboladers, das Aufsetzen des Zylinderkurbelgehäuses, sowie das Fehlen von Sitzarbeitsplätzen identifiziert und dazu Workshops durchgeführt. 3 Vorgehensweise Das Kernteam Die 18 Kolleginnen und Kollegen (Mix aus jung, alt, weiblich, männlich, mit und ohne Einschränkungen) von der Referenzlinie waren als Expertinnen und Experten Mitglied des Kernteams. (Jeweils eine/-r aus einer der 6 Gruppen entsprechend von 3 Schichten) 3 Vorgehensweise Die Workshops Zu jedem als ergonomisch kritisch identifizierten Arbeitsplatz wurden Workshops durchgeführt. Die 18 Kolleginnen und Kollegen (Mix aus jung, alt, weiblich, männlich, mit und ohne Einschränkungen) von der Referenzlinie waren als Expertinnen und Experten immer mit dabei. Sie haben selbst an verbesserten Arbeitsabläufen mitgewirkt und neue Hebehilfen oder Schrauber getestet und mitentschieden. Als Multiplikatoren für die gesamte Mannschaft an der Linie haben sie die Entscheidungen aus den Workshops kommuniziert und mitgetragen. 3 Vorgehensweise Das Projektteam Der Betriebsrat forderte die Bildung eines Projektteams, welches sich über 2,5 Jahre regelmäßig getroffen hat. Dem Projektteam gehörten Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Ergotherapie, Gesundheitswesen, Planung, Industrial Engineering, Personalabteilung, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat, Meister der Montagelinie und temporär Kolleginnen und Kollegen aus dem Kernteam, die tagtäglich an der Linie arbeiten, an. Dabei wurden im Kernteam bessere Arbeitsabläufe erarbeitet und gemeinsam mit der Planung und dem unverzichtbaren Know-How der Kolleginnnen und Kollegen aus der Referenzlinie optimiert. 4 Umsetzung Drehbares Werkstückträgersystem Das drehbare Werkstückträgersystem ermöglicht es den Kolleginnen und Kollegen, den Motor um 180 Grad zu drehen und in jeder Position anzuhalten. Es ist individuell höhenverstellbar. Jede Kollegin und jeder Kollege hat einen Chip, auf dem die persönlichen Höhen an jedem Arbeitsplatz gespeichert sind. Beim Arbeitsplatzwechsel wird der eigene Chip eingeworfen, so dass sich der Werkstückträger ausrichtet. Hier erkennt man drei unterschiedliche Positionen des Motorblocks auf dem drehbaren Werkstückträger 4 Umsetzung Neugestaltung der Arbeitsplätze Nachfolgend die markantesten Beispiele über die Veränderungen der Arbeitsplätze. Montieren des Nebenaggregatehalters NEU ALT Der Kollege muss den 5 kg schweren Nebenaggretatehalter unergonomisch mit einer Hand an den Motor halten und mit der anderen Hand verschrauben. Der Motor ist mit dem Werkstückträger so gedreht, dass der Kollege den Nebenaggregatehalter auf dem Motor ergonomisch ablegen und dann verschrauben kann. Andocken des Zylinderkurbelgehäuses ALT Der Kollege schiebt das schwere Zylinderkurbelgehäuse mit dem Wagen an die Linie. Dabei muss er etwa 35 kg bewegen. Per Hand wird es am Motorblock verschraub. Diesen Arbeitsplatz konnten Frauen aufgrund des schweren Gewichts teilweise nicht ausüben. NEU Der Kollege setzt das Zylinderkurbelgehäuse mit der Hebehilfe in den Aufsatz der Anlage. Das Verschrauben am Motorblock erfolgt jetzt vollautomatisch in der Anlage. Diese Tätigkeit können jetzt auch Frauen ausüben. Montieren des ZSB-Kolbens ALT In der Referenzlinie waren die vier Arbeitsplätze unkoordiniert angeordnet. NEU Nachdem alle Kolbenvormontagen im Werk von den Kolleginnen und Kollegen bewertet wurden, ist diese strukturierte KolbenVormontage entstanden. Aufsetzen des ZSB-Zylinderkopfes ALT NEU Die kleine Kollegin hat große Probleme den ZSB-Zylinderkopf aus den Boxen zu entnehmen und auf den Motorblock zu setzen. Die ebenfalls kleine Kollegin kann Dank des höhenverstellbaren Werkstückträgers den Zylinderkopf sehr viel ergonomischer aufsetzen. Neues Werkstückträgersystem: Individuell Höhenverstellbarer In der hier dargestellten Bandbreite kann der Werkstückträger in der Höhe verstellt werden. Außerdem ist es möglich, den kompletten Motor um 180 Grad zu drehen und in jeder Position anzuhalten. Die individuelle Höhenverstellung wird für jede Kollegin/ jeden Kollegen für jeden Arbeitsplatz auf einem Chip gespeichert. Dieser Chip wird am Arbeitsplatz eingesteckt, so dass der Werkstückträger sich entsprechend am Vorstopper einstellt. 5 Ergebnis Abgestimmtes Personalkonzept Mit dem Unternehmen haben wir für die neue Linie vereinbart, dass zu je ein Drittel • Junge Kolleginnen und Kollegen • Kolleginnen und Kollegen über 50 Jahre • Kolleginnen und Kollegen mit Tätigkeitseinschränkungen in der Ergonomielinie eingesetzt werden. 6 Nach dem Beginn der Serienfertigung • Nach wie vor gibt es weitere ergonomische Optimierungsbedarfe an der Linie. • Diese werden kontinuierlich aufgelistet und wöchentlich mit der Unternehmensseite besprochen, um diese schnellst möglich umzusetzen. Die Befragung aus 2013 in der Referenzlinie soll im 1. Quartal 2016 in der neuen Linie stattfinden, um einen Vergleich über die Unterschiede zwischen der Referenzlinie und der Ergonomieline zu erhalten. 7 Back Up A Fragebogen B Vereinbarung zum Personaleinsatz C Erste Auswertung der Ergotherapeutin zur Umsetzung A Fragebogen A Fragebogen B Vereinbarung zum Personaleinsatz C. 1.Auswertung der Ergotherapeutin 4 Wochen nach Beginn der Zeigt Tendenzen, aber noch nicht aussagekräftig Serienfertigung C. 1. Auswertung der Ergotherapeutin 4 Wochen nach Beginn der Zeigt Tendenzen, aber noch nicht aussagekräftig Serienfertigung Deutscher BetriebsräteTag 2016 – 08. bis 11.11.2015 im ehemaligen Bundestag in Bonn. Informationen & Anmeldung unter: www.betriebsraetetag.de
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